Otto Weidt

Otto Weidt

Otto Max August Weidt (* 2. Mai 1883 in Rostock; † 22. Dezember 1947 in Berlin) war Besitzer einer Berliner Blindenwerkstatt. Als junger Mann engagierte sich Weidt in der anarchistischen Arbeiterbewegung. Während des Holocaust stellte sich Weidt schützend vor seine jüdischen Mitarbeiter und rettete mehreren Juden das Leben. Postum wurde er 1971 als Gerechter unter den Völkern geehrt.

Leben

Otto Weidt, Sohn des Tapezierers Max Joachim Johann Weidt (1855–1918) und der Auguste Henriette Christiane Grell (* 1857), war eins von insgesamt neun Geschwistern, von denen die meisten bereits im Säuglings- oder Kleinkindalter starben. Nur die jüngere Schwester Wilhelmine (1886–1967) und der ältere Bruder Martin (* 1879) erreichten das Erwachsenenalter.[1] Er wuchs in ärmlichen Verhältnissen zunächst in Rostock und nach dem Umzug der Familie im Juli 1888 in Berlin auf. Otto Weidt entwickelte schon in seiner Jugend ein ausgeprägtes Gespür für soziale Ungerechtigkeiten.[2][3] Nach Ende der Schulzeit erlernte er das Handwerk des Malers und Vergolders. Ab seinem 17. Geburtstag musste er Wehrdienst leisten, kam seinem Dienst beim Landsturm allerdings nicht immer nach.[4]

Engagement in der anarchistischen Bewegung

Im Sommer 1903 ging Otto Weidt für ein Jahr nach Hamburg,[4] wo er erste Kontakte zu den dortigen Vertretern der anarchistischen Bewegung aufnahm und ab Juli 1903 rege am Vereinsleben des Hamburger anarchistischen „Club Simplicissimus“ teilnahm. Dies führte zu seiner Überwachung durch die Politische Polizei.Zurück in Berlin übernahm Weidt im Frühjahr 1905 als „Sitzredakteur“ die Herausgabe der Zeitung Der Anarchist.[5][6] Er lernte unter anderem Erich Mühsam (1878–1934), Fritz Oerter (1869–1935), Josef Oerter (1870–1928), Rudolf Lange (1873–1914) sowie Werner (Daya) Karfunkelstein (1881–1941) kennen. Zwischen 1907 und 1908 kam es zum Bruch der Berliner Anarchisten mit Weidt, weil er unter anderem Gelder anarchistischer Zeitungen unterschlug, um seinen Lebensunterhalt davon zu bestreiten. Auf der Suche nach einem neuen anarchistischen Betätigungsfeld bereiste er 1908 die Schweiz, Italien und Österreich-Ungarn, ohne dort Anschluss zu finden. Zurück in Berlin, wohnte er bei seinen Eltern in Berlin-Wilmersdorf und arbeitete als Tapetenkleber auf Baustellen. Er zog sich schließlich aus dem organisierten politischen Anarchismus zurück, blieb aber der Idee verbunden. Seine polizeiliche Beobachtung wurde 1912 eingestellt.[1][7]

Weiterer Werdegang

Ab 1912 arbeitete Otto Weidt als Tapezierer. Im Jahr 1913 heiratete er die Schneiderin Martha Karoline Gustava Konieczny (* 1887).[8] Mit dem Dekorateur Arnold Gerhardt gründete Weidt 1914 die Firma „Raumkunst Weidt & Gerhardt, Tapezierer u. Dekorateure“, die allerdings nur kurz nachweisbar war. Das Ehepaar Weidt wohnte ab 1914 in Steglitz und danach in der Sedanstraße 41 in Schöneberg und bekam die Söhne Werner (* 1914) und Hans (* 1915). Da Weidt sich nur wenig um seine Familie kümmerte, wurde die Ehe Anfang 1916 geschieden. Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges konnte er sich als überzeugter Pazifist dem Fronteinsatz dank eines Ohrenleidens entziehen. Stattdessen leistete er seinen Kriegsdienst von November 1916 bis Oktober 1918 als Militärkrankenwärter in einem Reservelazarett in Küstrin.[1][9] In zweiter Ehe war er von 1919 bis zur Scheidung 1928 mit der Pförtnerin Johanna Stoll (* 1884) verheiratet[1][10] und wohnte in der Kronenstraße 36 in Berlin-Mitte. Zu Beginn der 1920er Jahre gründete Otto Weidt in Berlin die Firma „Vereinigte Werkstätten für Innenausbau Otto Weidt“ und trat als selbständiger Innenarchitekt – die Berufsbezeichnung war damals noch nicht geschützt – auf. Um 1922/1923 zog er mit seiner Frau in die Friedrichstraße 32 in Berlin-Kreuzberg.[11] Obwohl er finanziell nicht gut gestellt war und den Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seinen Söhnen aus erster Ehe nur selten nachkam, suchte er regelmäßig die Treffpunkte der Intellektuellen und Künstler in den Berliner Caféhäusern auf, um sich auszutauschen. Mit vielen Gästen des Romanischen Cafés war er gut bekannt.[1][11]

Um 1924 ließ sein Augenlicht stark nach und er galt als „praktisch erblindet“.[11] Bald darauf schulte er zum Bürstenmacher im Blindenhandwerk um und war nach Abschluss der Ausbildung ab 1931 selbständig tätig.[12] Im Oktober 1935 wurde er von der Handwerkskammer in ihre Rolle der Berliner Handwerker aufgenommen und sein Einzelunternehmen Mitglied im Reichsinnungsverband des Bürsten- und Pinselmacher-Handwerks. Im Jahr 1936 heiratete er Else Erna Nast (1902–1974) aus Breslau, die er 1935 kennengelernt hatte,[1] und arbeitete zusammen mit ihr als Bürstenmacher in der damaligen Wohnung am Halleschen Ufer 58.[13]

Blindenwerkstätte Otto Weidt

Im Frühjahr 1939 gründete Otto Weidt mit seinem langjährigen Freund Gustav Kremmert (* 1899) in der Großbeerenstraße 92 in Berlin-Kreuzberg die Firma „Blinden-Werkstätte Otto Weidt“,[14][15] in der die blinde Belegschaft „Besen und Bürsten für Industrie und Haushalt“ sowie Korbwaren, Matten und Seilerwaren fertigte. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs kam die Lieferung der benötigten Rohstoffe aus dem Ausland nahezu zum Erliegen und die Werkstatt war auf die Zuteilungen der zuständigen Reichsstellen angewiesen.[16] Da Weidt sich um Aufträge der Wehrmacht bemühte, galt die Blindenwerkstatt als „wehrwichtiger Betrieb“, der bevorzugt mit Rohstoffen beliefert wurde. 1940 zog die Werkstatt in die Rosenthaler Straße 39 in Berlin-Mitte um, wo sie das gesamte erste Stockwerk im Seitenflügel eines Hauses im ersten Hinterhof belegte.[17]

Weidt beschäftigte hauptsächlich blinde, seh- und hörbehinderte Jüdinnen und Juden, die durch die Zentrale Dienststelle für Juden des Arbeitsamtes Berlin im Geschlossenen Arbeitseinsatz zur Zwangsarbeit herangezogen wurden. Anfang 1941 erhielt er die Erlaubnis der Zentralen Dienststelle für Juden, neben tauben und blinden jüdischen Menschen auch Sehende in seiner Werkstatt zu beschäftigen. Zu ihnen zählten Inge Deutschkron, Hans Israelowicz und Alice Licht.[18] Ende 1941 waren über 30 Menschen bei Weidt beschäftigt, in den Jahren 1942/43 waren es zwischen 40 und 65 Angestellte, die meisten davon blinde jüdische Zwangsarbeiter.[19]

Hilfe für verfolgte Juden

Es gelang Weidt durch gute Beziehungen, Bestechung, Passfälschung und mit Unterstützung anderer Menschen, seine Mitarbeiter zu versorgen und zunächst teilweise vor den ab 1941 einsetzenden Deportationen der Berliner Juden zu schützen. Er intervenierte beim „Judenreferat“ der Berliner Gestapo, bei der „Zentralen Dienststelle für Juden des Arbeitsamtes Berlin“ und bestach Beamte.[20] Im Rahmen der „Fabrikaktion“ wurden im Februar 1943 viele Mitarbeiter Weidts verhaftet, um in der Folge in Vernichtungslagern ermordet zu werden.[21] Weidt gelang es, einen Teil seiner Beschäftigten aus dem Sammellager in der Großen Hamburger Straße zurückzubringen.[22][21]

Otto Weidt (Mitte), rechts Alice Licht, links Gustav Kremmert sowie Rosa Katz und Herbert Sommerfeld

Ab Anfang 1943 unterstützte Weidt viele seiner Angestellten und Bekannten bei der Flucht in den Untergrund, organisierte Verstecke, Verpflegung, Kleidung, medizinische Versorgung, falsche Papiere und Arbeit. Unterstützt wurde er von seiner Frau Else und auch von seinem Freund und Teilhaber Gustav Kremmert. Er baute ein weitverzweigtes Netzwerk von Helfern und Unterstützern auf[1][23] oder konnte auf andere Helferkreise zurückgreifen.[24][25] Unter anderem konnte er die 1922 geborenen Zwillinge Anneliese und Marianne Bernstein bei seiner guten Bekannten Hedwig Porschütz in der Alexanderstraße 5 unterbringen. Sie nahm beide in ihre kleine Wohnung auf, versorgte sie und sicherte ihr Überleben. Porschütz beherbergte auch noch andere Untergetauchte, wie etwa Greta Seelig und deren Nichte Lucie Ballhorn, eine enge Freundin von Alice Licht. Die Familie Horn versteckte Weidt in einem Hinterraum seiner Werkstatt, bis sie nach neun Monaten von einem Gestapo-Spitzel verraten wurde.[26] Als Alice Licht im Jahr 1943 beschloss, gemeinsam mit ihren Eltern unterzutauchen, konnte sie mit Hilfe und unter dem Namen von Otto Weidt Wertgegenstände und Möbel aus der elterlichen Wohnung bei einer Spedition einlagern. Otto Weidt versteckte die Familie Licht ab 5. Februar[27][28] in den Kellerräumen eines von ihm angemieteten fingierten Auslieferungslagers in der Neanderstraße 12 (seit 1960 Heinrich-Heine-Straße) in Berlin-Mitte,[29][25] bis auch sie im Oktober 1943 durch Verrat der Gestapo in die Hände fielen und deportiert wurden.

Von Ende 1943 bis Oktober 1944 organisierte Otto Weidt die Versorgung von wenigstens 25 Menschen, die im Ghetto Theresienstadt inhaftiert waren, mit mindestens 150 Lebensmittelpaketen, die unter Verwendung zahlreicher fingierter Absender geschickt wurden.[1] Von den bedachten Personen überlebten drei; die anderen wurden im Herbst 1944 ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert und dort ermordet. Kurz vor Kriegsende fuhr er nach Auschwitz, um zu Alice Licht Kontakt aufzunehmen und sie bei einer Flucht zu unterstützen. Von Christianstadt, wo sie bei der Munitionsproduktion eingesetzt wurde, konnte sie bei einem Todesmarsch aus dem Außenlager des KZ Groß-Rosen fliehen. Danach tauchte sie bei Else und Otto Weidt in Berlin unter, die sie bis zum Kriegsende bei sich im Rhumeweg 20 in Berlin-Zehlendorf, wohin sie nach der Ausbombung ihrer Wohnung am 3. Februar 1945 gezogen waren, versteckten. Während der Schlacht um Berlin ab April hielt Otto Weidt seine Blindenwerkstatt geschlossen.[30]

Leben nach dem Krieg

Letzter Wohnort, Salzachstraße 6

Am 15. Mai 1945 erklärte Otto Weidt Alice Licht zur Teilhaberin seiner Firma,[25] die neugegründet den Betrieb wiederaufnehmen durfte. Im Juli 1945 beschäftigten Otto Weidt und Alice Licht 19 Angestellte, im Februar 1946 bereits 25 Personen, hatten aber Probleme wegen der Knappheit an Rohstoffen wie Rosshaar, Stroh und Borsten. Alice Licht engagierte sich vor ihrer Emigration in die USA zudem im American Jewish Joint Distribution Committee (AJDC). Das AJDC hatte ihr Unterstützung bei ihren Bemühungen um eine Einreiseerlaubnis für das Ehepaar Weidt zugesagt, doch letztendlich blieb das Paar in Berlin und Otto Weidt begann, seinen Betrieb auszubauen. 1947 beschäftigte er etwa dreißig bis vierzig Angestellte.[30]

Im Juni 1946 wurde dem Antrag des Ehepaars Weidt auf Anerkennung als Opfer des Faschismus entsprochen.[31] Daneben setzte Weidt sich weiterhin für seine jüdischen Mitbürger ein. Er übernahm mit anderen 1947 die Renovierung des jüdischen Kinder- und Altenheimes der Gemeinde in Pankow-Niederschönhausen.[32] Otto Weidt war bereits 1943 mehrere Monate im Krankenhaus und erneut im Januar 1945, vermutlich wegen einer Herzerkrankung, behandelt worden. Im Januar 1946 wurde eine Herz-Lungenschwäche aufgrund eines Lungenephysems diagnostiziert. Er starb Ende 1947 im Alter von 64 Jahren im Haus Salzachstraße 6 (bis zur Umbenennung 1947 Gobineaustraße) in Berlin-Schlachtensee, wohin das Ehepaar Weidt im November 1945 gezogen war. Er wurde auf dem Friedhof Zehlendorf beigesetzt.[33][34]

Nach Otto Weidts Tod

Otto Weidts Frau Else wohnte zunächst weiter in der Salzachstraße[35][34] und versuchte die Blindenwerkstatt weiterzuführen, obwohl sie zuvor nicht in die Geschäftsabläufe involviert war. Ende 1947 betrug die Anzahl der Angestellten 36, Ende März desselben Jahres 33. Erschwert wurde die wirtschaftliche Situation zusätzlich durch eine mehrere Jahre anhaltende gravierende Rohstoffknappheit und die Lage des Betriebs im sowjetischen Sektor der Stadt, die ab dem Sommer 1948 einen Verkauf der Produkte in den Westteil der Stadt unmöglich machte. Im Juli 1948 waren nur noch 28 Arbeiter beschäftigt, im Februar 1952 nur noch fünf Personen. Im März 1950 zog Else Weidt nach Ost-Berlin. Im Jahr 1951 war der Betrieb mit Miet- und Steuerzahlungen im Rückstand. Wegen der verbotenen Einfuhr von Rohstoffen aus West-Berlin, die sie im Betrieb verarbeitete, wurde Else Weidt am 6. März 1952 wegen Verstoßes gegen das „Gesetz zum Schutz des innerdeutschen Handels“ verhaftet und in die Justizhaftanstalt Neuruppin überstellt. Der verschuldete Betrieb wurde auf Anordnung der Wirtschaftsverwaltung des Magistrats 1952 geschlossen und aufgelöst. Die völlige Liquidierung der Blindenwerkstatt war im Juli 1956 abgeschlossen.[34][31]

Nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis arbeitete Else Weidt ab Mai 1955 als Platzanweiserin und Kassiererin in einem Ost-Berliner Kino. Anfang Oktober 1956 zog sie nach West-Berlin. Im Juli 1957 wurde sie ihrem Antrag entsprechend als Hinterbliebene eines „politisch, rassisch oder politisch Verfolgten des Nationalsozialismus“ (PrV) anerkannt. Dadurch erhielt sie ab 1958 eine kleine PrV-Witwenrente. Zudem wurde sie mit anderen im Rahmen der Initiative „Unbesungene Helden“ des West-Berliner Senats geehrt und erhielt als sozial Bedürftige eine monatliche Beihilfe von 50 DM.[31][36] Else Weidt starb verarmt nach einem Herzinfarkt am 8. Juni 1974 in Berlin-Zehlendorf.[34]

Ehrungen und Gedenken

Im September 1971 wurde Otto Weidt posthum in die Liste der Gerechten unter den Völkern der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem aufgenommen, nachdem sich im Oktober 1962 Alice Licht und ebenso Inge Deutschkron Ende 1969 an die Gedenkstätte gewendet hatten.[31][37]

Auf Beschluss des Berliner Senats ist die letzte Ruhestätte von Otto Weidt (Feld 22 U 319) seit 1994 als Ehrengrab des Landes Berlin gewidmet.[31] Die Widmung wurde im Jahr 2018 um die übliche Frist von zwanzig Jahren verlängert.[38]

Museum Blindenwerkstatt Otto Weidt

1993 wurde auf Initiative von Inge Deutschkron am Haus Rosenthaler Straße 39 Otto Weidt zu Ehren eine Gedenktafel angebracht und 1999 durch eine im Boden der Hofeinfahrt verlegte Bronzetafel ersetzt.[1] Sie setzte sich maßgeblich für die Gründung eines Museums in der ehemaligen Blindenwerkstatt Otto Weidt ein. Studierende der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft (FHTW Berlin) richteten 1999 eine erste Ausstellung ein, aus der das Museum Blindenwerkstatt Otto Weidt im Haus Schwarzenberg entstand. Sechs Jahre später wurde es eine Einrichtung der Gedenkstätte Deutscher Widerstand.[31] Im Innenhof neben dem Eingang zum Museum im ersten Stock befindet sich ein großes Wandbild mit dem Porträt Otto Weidts. Von 2008 bis 2017 war im Museum die Gedenkstätte Stille Helden beheimatet, die nach ihrem Umzug im Februar 2018 im Bendlerblock (Stauffenbergstraße 13–14) wiedereröffnet wurde.[39]

Eine weitere Gedenktafel befindet sich seit 2007 am Haus Großbeerenstr 92, dem ersten Standort der Werkstatt.[1][14] 2018 wurde in Berlin-Mitte mit dem Bau eines Platzes in der Europacity begonnen, der Otto-Weidt-Platz benannt wurde.[31][40] Die Randbebauung des Otto-Weidt-Platzes sowohl auf der Nordseite (Hausnummern 1–13) wie auf der Südseite (Hausnummern 2–16) war im Frühjahr 2023 fertiggestellt, die Gestaltung des Platzes als Parkanlage im Frühjahr 2025.[41] Ein Weg verbindet ihn mit dem Golda-Meir-Steig, der über den Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal führt.[42] Die Straßenschilder an den beiden Ecken des Otto-Weidt-Platzes mit der Heidestraße enthalten Tafeln mit der biographischen Angabe „Otto Weidt, Inhaber einer Blindenwerkstatt, Gegner des Nationalsozialismus, Retter von Jüdinnen und Juden, geb. 1883, gest. 1947“.[43] Das elfgeschossige Hochhaus an der Südecke des Platzes nimmt dessen Namen auf und heißt Weidt Park Corner[44], die Bushaltestelle der Linie 147 an der Nordecke zur Heidestraße trägt den Namen Otto-Weidt-Platz und verbindet diesen in drei Minuten mit dem Berliner Hauptbahnhof.[45] Von der Bushaltestelle sind es nur wenige Schritte nordwärts zur Hedwig-Porschütz-Straße, benannt nach der Mitstreiterin Otto Weidts.

Auf den letzten Wohnsitz und das Wirken von Otto Weidt weist seit 2003 eine Gedenktafel am Haus Salzachstraße 6 in Berlin-Schlachtensee hin.[46] Auch am Haus Wollenweberstraße 12 in Rostock, dem Geburtshaus und Wohnort der Familie Weidt bis zu ihrem Umzug nach Berlin 1888, wurde 2014 eine Gedenktafel angebracht.[1][31]

Medien

Im Jahr 2001 erschien das Kinder- und Jugendbuch Papa Weidt: Er bot den Nazis die Stirn von Inge Deutschkron mit Illustrationen von Lukas Ruegenberg,[47] das in mehrere Sprachen übersetzt wurde.[31] Robert Kain veröffentlichte mit Otto Weidt. Anarchist und „Gerechter unter den Völkern“ eine umfassende Forschungsarbeit, die auch Otto Weidts Arbeit in der anarchistischen Bewegung darstellt.[48]

2014 wurde der Film Ein blinder Held – Die Liebe des Otto Weidt nach den Erinnerungen von Inge Deutschkron in der Regie von Kai Christiansen mit Edgar Selge als Otto Weidt erstmals im Fernsehen ausgestrahlt.[31] Am 2. Mai 2023 erinnerte die WDR-Sendung ZeitZeichen an Otto Weidt.[49]

Literatur

  • Inge Deutschkron, Lukas Ruegenberg: Papa Weidt: Er bot den Nazis die Stirn. Butzon & Bercker, Kevelaer 2001, ISBN 3-7666-0210-1.
  • Abraham Ingber: „Stille Helden“? Moralische Grauzonen von Judenhelfer*innen am Beispiel des Hilfsnetzwerk um den Bürstenfabrikanten Otto Weidt. In: informationen. Wissenschaftliche Zeitschrift des Studienkreises Deutscher Widerstand 1933–1945 46 (2021), S. 94.
  • Robert Kain: Otto Weidt. Anarchist und „Gerechter unter den Völkern“ (Schriften der Gedenkstätte Deutscher Widerstand / Reihe A / Analysen und Darstellungen; Band 10). Lukas Verlag, Berlin 2017, ISBN 978-3-86732-271-3 (Volltext in Leseprobe Online).
  • Robert Kain: Pierre Ramus’ Begegnung mit dem späteren „Stillen Helden“ Otto Weidt. In: Erkenntnis, Jg. 19, Nr. 19 (2011), S. 82–89; ramus.at (PDF; 836 kB).
  • Robert Kain: Otto Weidt: Vom Anarchisten zum „Gerechten unter den Völkern“. In: Hans Coppi, Stefan Heinz (Hrsg.): Der vergessene Widerstand der Arbeiter – Gewerkschafter, Kommunisten, Sozialdemokraten, Trotzkisten, Anarchisten und Zwangsarbeiter. Dietz, Berlin 2012, ISBN 978-3-320-02264-8, S. 185–198.
  • David Koser et al.: Blindenwerkstatt Otto Weidt. In: Hauptstadt des Holocaust. Orte nationalsozialistischer Rassenpolitik in Berlin. Stadtagentur, Berlin 2009, ISBN 978-3-9813154-0-0. Ort 35, S. 154; Volltext in Leseprobe (PDF; 1,3 MB) stadtagentur.de
  • Barbara Schieb-Samizadeh: Die kleinen Schritte der Forschung. Über die Schwierigkeiten, die Geschichte der Helfer der während der NS-Zeit versteckten Juden zu recherchieren. In: Zeitgeschichte, Heft 11/1990, S. 420–423 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/ztg
  • Otto Weidt. In: Deutsche Biographie (Index-Eintrag).
Commons: Otto Weidt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j k Robert Kain: Weidt, Otto. In: Neue Deutsche Biographie 27, 2020, S. 585–586 (Online-Version). Abgerufen am 13. August 2025.
  2. Robert Kain: Otto Weidt. Anarchist und „Gerechter unter den Völkern“. Lukas Verlag, Berlin 2017, S. 519
  3. Robert Kain: Otto Weidt. Anarchist und „Gerechter unter den Völkern“. Lukas Verlag, Berlin 2017, S. 34–38
  4. a b Robert Kain: Otto Weidt. Anarchist und „Gerechter unter den Völkern“. Lukas Verlag, Berlin 2017, S. 44
  5. Otto Weidt, Mit-Herausgeber der anarchistischen Zeitschrift „Der Anarchist“. In: Datenbank des deutschsprachigen Anarchismus (DadA). Abgerufen am 13. August 2025
  6. Otto Weidt, Herausgeber der anarchistischen „Deutschen Arbeiterbibliothek“. In: Datenbank des deutschsprachigen Anarchismus (DadA). Abgerufen am 13. August 2025
  7. Robert Kain: Otto Weidt. Anarchist und „Gerechter unter den Völkern“. Lukas Verlag, Berlin 2017, S. 162–175
  8. Heiratsregister StA Schöneberg I, Nr. 175/1913
  9. Robert Kain: Otto Weidt. Anarchist und „Gerechter unter den Völkern“. Lukas Verlag, Berlin 2017, S. 176–184
  10. Heiratsregister StA Berlin I/II, Nr. 902/1919
  11. a b c Robert Kain: Otto Weidt. Anarchist und „Gerechter unter den Völkern“. Lukas Verlag, Berlin 2017, S. 184–194
  12. Robert Kain: Otto Weidt. Anarchist und „Gerechter unter den Völkern“. Lukas Verlag, Berlin 2017, S. 196–202
  13. Robert Kain: Otto Weidt. Anarchist und „Gerechter unter den Völkern“. Lukas Verlag, Berlin 2017, S. 212–215
  14. a b Blindenwerkstatt Otto Weidt. Großbeerenstraße 92. In: Gedenktafeln in Berlin. Abgerufen am 12. August 2025
  15. Robert Kain: Otto Weidt. Anarchist und „Gerechter unter den Völkern“. Lukas Verlag, Berlin 2017, S. 217
  16. Robert Kain: Otto Weidt. Anarchist und „Gerechter unter den Völkern“. Lukas Verlag, Berlin 2017, S. 222–226
  17. Robert Kain: Otto Weidt. Anarchist und „Gerechter unter den Völkern“. Lukas Verlag, Berlin 2017, S. 246–249
  18. Alice Licht. In: Gedenkstätte Deutscher Widerstand. Abgerufen am 15. August 2025.
  19. Robert Kain: Otto Weidt. Anarchist und „Gerechter unter den Völkern“. Lukas Verlag, Berlin 2017, S. 249–258
  20. Robert Kain: Otto Weidt. Anarchist und „Gerechter unter den Völkern“. Lukas Verlag, Berlin 2017, S. 263–270
  21. a b Robert Kain: Otto Weidt. Anarchist und „Gerechter unter den Völkern“. Lukas Verlag, Berlin 2017, S. 271–279
  22. Dauerausstellung. In: Museum Blindenwerkstatt Otto Weidt. Abgerufen am 13. August 2025
  23. Robert Kain: Otto Weidt. Anarchist und „Gerechter unter den Völkern“. Lukas Verlag, Berlin 2017, S. 280–281
  24. Robert Kain: Otto Weidt. Anarchist und „Gerechter unter den Völkern“. Lukas Verlag, Berlin 2017, S. 502–518
  25. a b c Robert Kain: Otto Weidt. Anarchist und „Gerechter unter den Völkern“. Lukas Verlag, Berlin 2017, S. 561–562
  26. Robert Kain: Otto Weidt. Anarchist und „Gerechter unter den Völkern“. Lukas Verlag, Berlin 2017, S. 285–303
  27. Alice Licht. In: Gedenkstätte Deutscher Widerstand. Abgerufen am 13. August 2025.
  28. Alice Licht. In: Museum Blindenwerkstatt Otto Weidt. Abgerufen am 13. August 2025.
  29. Robert Kain: Otto Weidt. Anarchist und „Gerechter unter den Völkern“. Lukas Verlag, Berlin 2017, S. 357–361
  30. a b Robert Kain: Otto Weidt. Anarchist und "Gerechter unter den Völkern". Lukas Verlag 2017, S. 466–475.
  31. a b c d e f g h i j Robert Kain: Otto Weidt. Anarchist und "Gerechter unter den Völkern". Lukas Verlag 2017, S. 493–501
  32. Robert Kain: Otto Weidt. Anarchist und "Gerechter unter den Völkern". Lukas Verlag 2017, S. 476–483.
  33. Hans-Jürgen Mende: Lexikon Berliner Begräbnisstätten. Pharus-Plan, Berlin 2018, ISBN 978-3-86514-206-1, S. 679.
  34. a b c d Robert Kain: Otto Weidt. Anarchist und "Gerechter unter den Völkern". Lukas Verlag 2017, S. 483–492
  35. Alexander O. Müller: Reinhard Höhn. Ein Leben zwischen Kontinuität und Neubeginn. Bebra-Wissenschaftsverlag, Berlin 2019, ISBN 978-3-9476-8625-4, S. 144
  36. Otto und Else Weidt. In: Museum Blindenwerkstatt Otto Weidt. Abgerufen am 20. August 2025
  37. Otto Weidt. In: Yad Vashem. Abgerufen am 13. August 2025
  38. Ehrengrabstätten des Landes Berlin (Stand: November 2018). (PDF, 413 kB) Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, S. 91; abgerufen am 18. März 2019. Anerkennung und weitere Erhaltung von Grabstätten als Ehrengrabstätten des Landes Berlin. (PDF, 369 kB) Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucksache 18/1489 vom 21. November 2018, S. 1 und Anlage 2, S. 13; abgerufen am 18. März 2019.
  39. Website Museum Blindenwerkstatt Otto Weidt. In: blindes-vertrauen.de. Abgerufen am 13. August 2025
  40. Der Otto-Weidt-Platz – ein kleines Wunder: Initiative der NS-Zeitzeugin Inge Deutschkron
  41. Otto-Weidt-Platz: neuer Stadtplatz für die Europacity. In nachhaltige-erneuerung.berlin.de. Abgerufen am 12. August 2025
  42. Otto-Weidt-Platz: Lieferung der Brunnensteine Mitte Dezember 2022. In: Blog return42 by Jan Wedel, 9. Oktober 2022.
  43. Inaugenscheinnahme bei einer Ortsbegehung am 4. Juni 2023. Auf der Website SR2 KulturRadio gibt es als Illustration zur Sendung ZeitZeichen vom 3. Mai 2023 aus Anlass des 140. Geburtstags von Otto Weidt am 3. Mai 1883 eine Aufnahme des Fotografen Jürgen Ritter vom 22. April 2022 (Quelle: Bildagentur Imago), die eines der Straßenschilder mit biographischer Tafel zeigt.
  44. Beschreibung des Gebäudes auf der Website des Immobilienunternehmens Premium Properties by Generali
  45. Haltestelle der Linie 147 Otto-Weidt-Platz auf der Website der BVG
  46. Otto Weidt. Salzachstraße 6 . In: Gedenktafeln in Berlin. Abgerufen am 13. August 2025
  47. Die Vernichtung der europäischen Juden als Thema der Geschichtswissenschaft und einer Ausstellung des DHM. In: Humboldt-Universität zu Berlin. Institut für Geschichtswissenschaften. Abgerufen am 13. August 2025
  48. Otto Weidt, 1883–1947. Vom Anarchisten zum „Gerechten unter den Völkern“. Forschungsseite zur Dissertation von Robert Kain
  49. Claudia Belemann: 2. Mai 1883 – Nazi-Widerständler Otto Weidt wird geboren WDR ZeitZeichen vom 2. Mai 2023. (Podcast, verfügbar bis 2. Mai 2099.)