Oskar Garvens

Oskar Garvens, auch Oscar Garvens geschrieben[1], (* 20. November 1874 in Hannover; † 18. November 1951 in Berlin)[2] war ein deutscher Bildhauer, Zeichner und Karikaturist[1], der seit den 1920er Jahren im Kladderadatsch antisemitische[3] sowie fremden- und menschenfeindliche politische Karikaturen im Sinne des Nationalsozialismus verbreitete.[4]

Leben

Familie

Oskar Garvens war das zweitälteste von vier Kindern des Kaufmanns Franz Garvens (* 13. Februar 1846 in Hannover; † 18. August 1921 ebenda), Inhaber des Unternehmens Carl Wilh. Runde und Bruder des geadelten Kaufmanns und Unternehmers Wilhelm Garvens, und dessen Ehefrau Helene Garvens geb. Lameyer (* 25. Mai 1851 in Hannover; † 29. Juli 1879 ebenda), einer Tochter des ehemals königlich hannoverschen Hofgoldarbeiters Wilhelm Conrad Joseph Lameyer[2] aus dem Haus des Juweliers Lameyer & Sohn[5] und der Marie Cathrine Lameyer geb. Segeler.[2]

Vor 1912 heiratete Oskar Garvens Margarete Unger († in Berlin), mit der er die beiden Kinder Klaus (* 9. September 1912 in Berlin; † 1949 in Falkenstein im Taunus) und Ursula (* 1914 in Berlin; † 1965 in München) hatte.[2]

Werdegang

Grabmal der Familien Richard Platz und Paul Gassner auf dem Stadtfriedhof Engesohde in Hannover (um 1920)

Oskar Garvens durchlief eine Ausbildung zum Bildhauer und schuf anfänglich insbesondere monumentale Genre-Plastiken. Für das Neue Rathaus in seiner Geburtsstadt schuf er unter anderem Reliefs[4] für die Innenausstattung[6] sowie eine Fürstenfigur auf der Südseite des Rathauses zum Maschpark hin. Zudem lieferte er die Vorlage für zur Einweihung des Gebäudes 1913 geprägte Erinnerungsmedaille.[7]

Ab 1919 wandte sich Garvens nahezu ausschließlich politischen Karikaturen zu, er wurde 1924 ständiger Mitarbeiter des Karikaturenblatts Kladderadatsch. Seine Zeichnungen waren zumeist flächig, plakativ und klar gegliedert. Sie vermittelten gegenüber Nicht-Deutschen eine deutschnational-chauvinistische Weltsicht. Sie wandten sich gegen die Moderne, griffen deren Künstler, Kunstvermittler und Publikum an. Menschen – vor allem auch Juden oder politische Gegner des Nationalsozialismus wie etwa Sozialdemokraten – verzerrten sie und setzten sie bildhaft herab, während Garvens zugleich die Kunstpolitik der Nationalsozialisten wohlwollend kommentierte.[2]

Die Gedenkstätte Yad Vashem entwickelte für die Internationale Schule für Holocaust-Studien (ISHS) einen Unterrichtsplan für die Klassen 9 bis 12, insbesondere zur Analyse einer von Oskar Garvens gefertigten vierteiligen Karikatur aus dem Jahr der Machtergreifung 1933. Unter dem Titel „Der Bildhauer Deutschlands“ zeigt die Bildfolge Adolf Hitler, dem ein stereotyp jüdisch gezeichneter kleiner und demütig wirkender Künstler mit Brille auf der großen Nase dem Diktator eine Skulptur anbietet, die ein Gewimmel aus kleinen und miteinander kämpfenden Menschen zeigt. Daraufhin zerschlägt Hitler die Skulptur und formt aus der verbliebenen Masse einen übergroßen, kraftstrotzenden nackten Mann – den von der nationalsozialistischen Propaganda favorisierten „Arier“ und „Herrenmenschen“, mit heroischem Gestus in die Ferne blickend.[8]

Während des Zweiten Weltkriegs wurde Garvens im Juli 1940 bei einer Würdigung der „[…] politisch besten Karikaturisten“ im Sinne der Nationalsozialisten bezeichnet und erhielt, gemeinsam mit seinen Kollegen Andreas Paul Weber, Schweitzer-Mjölnir, Erich Köhler und Gerhard Brinkmann, 1.000 Reichsmark als Gratifikation.[9]

Literatur

  • Bernd A. Gülker: Die verzerrte Moderne. Die Karikatur als populäre Kunstkritik in deutschen satirischen Zeitschriften. (Dissertation, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, 1998.) (= Kunstgeschichte, Band 70.) Lit Verlag, Münster / Hamburg / London 2001, ISBN 3-8258-5224-5, passim, vor allem S. 193. (Vorschau über Google-Bücher)
Commons: Oskar Garvens – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Vergleiche die Angaben unter der GND-Nummer der Deutschen Nationalbibliothek
  2. a b c d e Oskar Garvens mit Querverweisen auf der Seite des Vereins für Computergenealogie [o. D.], zuletzt abgerufen am 8. Oktober 2016
  3. N.N.: Die Internationale Schule für Holocaust-Studien (ISHS) / „Der Bildhauer Deutschlands“ / Propaganda und die Bildenden Künste im Dritten Reich (Memento des Originals vom 8. Oktober 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.yadvashem.org auf der Seite von Yad Vashem, zuletzt abgerufen am 8. Oktober 2016
  4. a b Bernd A. Gülker: Die verzerrte Moderne. Die Karikatur als populäre Kunstkritik in deutschen satirischen Zeitschriften. Lit Verlag, Münster / Hamburg / London 2001, ISBN 3-8258-5224-5, passim, vor allem S. 193. (vergleiche Literatur)
  5. Waldemar R. Röhrbein: Lameyer, Wilhelm. In: Hannoversches Biographisches Lexikon, S. 220
  6. Gerd Weiss (Bearb.): Dehio-Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Bremen, Niedersachsen. Deutscher Kunstverlag, Berlin / München 1992, ISBN 3-422-03022-0, S. 618. (Vorschau über Google Bücher)
  7. Paul Rowald: Das neue Rathaus der Stadt Hannover. In: Zeitschrift für Architektur und Ingenieurwesen, 13. Jahrgang 1913, Heft 4, Sp. 351–368, insbesondere Sp. 361. (online über das Internetarchiv archive.org)
  8. N.N.: Die Internationale Schule für Holocaust-Studien (ISHS) / „Der Bildhauer Deutschlands“ / Propaganda und die Bildenden Künste im Dritten Reich (Memento des Originals vom 8. Oktober 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.yadvashem.org auf der Seite von Yad Vashem
  9. Peter Dittmar: Kunstvoll camouflierter Opportunismus / Prophet, Mitläufer, Antisemit? Der Streit um den Zeichner Andreas Paul Weber geht weiter auf der Seite der Tageszeitung Die Welt vom 11. Juli 2001