Orientalischer Gamander

Orientalischer Gamander

Orientalischer Gamander (Teucrium orientale)

Systematik
Euasteriden I
Ordnung: Lippenblütlerartige (Lamiales)
Familie: Lippenblütler (Lamiaceae)
Unterfamilie: Ajugoideae
Gattung: Gamander (Teucrium)
Art: Orientalischer Gamander
Wissenschaftlicher Name
Teucrium orientale
L.

Der Orientalische Gamander (Teucrium orientale) ist eine Pflanzenart aus der Gattung Gamander (Teucrium) in der Familie der Lippenblütler (Lamiaceae).[1] Die staudige bis halbstrauchige Pflanze ist von Kleinasien über Kaukasien bis in den Iran verbreitet und wird selten als Zierpflanze verwendet.

Beschreibung

Blüte mit herausragenden Staubfäden
Blütenstand mit fiederschnittigen Laubblättern
Habitat an einem Straßenrand in Armenien

Vegetative Merkmale

Der Orientalische Gamander ist eine etwas aromatische, staudige bis halbstrauchige Pflanze,[1] die Wuchshöhen von 10 bis 50 Zentimetern erreicht. Die meist zahlreichen, deutlich vierkantigen Stängel sind an der Basis leicht aufsteigend oder aufrecht und stark verzweigt. Die 1 bis 3 Zentimeter langen und 1,2 bis 4 Zentimeter breiten Laubblätter stehen weit auseinander und sind tief dreifach gefiedert. Die langen, schmal linealen, leicht zurückgerollten Fiederabschnitte sind grün bis graufilzig.[2][3]

Generative Merkmale

Die Blütezeit reicht von Juni bis August.[4][2] Der lockere, rispige bis schirmrispige Blütenstand besitzt längliche Zweige mit kurzen Nebenästen und Scheinquirlen aus ein bis drei Blüten. Der 3 bis 5 Millimeter lange, kurz glockenförmige Blütenkelch hat dreieckige bis lanzettliche Kelchzähne. Die 1 bis 1,7 Zentimeter lange, lilafarbene, dunkler geaderte Blütenkrone besitzt eine längliche, konkave Unterlippe und vier kleinere, eiförmige bis lanzettliche Oberlippen, die zur Unterlippe gerückt sind. Die vier bis zu 1,7 Zentimeter langen Staubfäden ragen weit aus der Krone heraus.[2][3]

Zur Fruchtzeit bilden sich Klausenfrüchte mit jeweils vier kahlen, runzeligen, braunen Nüsschen, die mit kleinen, körnigen Drüsen besetzt sind.[2][3]

Chromosomensatz

Die Chromosomengrundzahl beträgt x = 13; es tritt Diploidie mit einer Chromosomenzahl von 2n = 26 auf.[5]

Vorkommen

Das natürliche Verbreitungsgebiet des Orientalischen Gamanders erstreckt sich von der Türkei und Syrien über Palästina, Israel und Jordanien bis in den Nord- und Südkaukasus sowie den Irak und den Iran.[6]

Der Orientalische Gamander besiedelt in den Bergregionen seines Verbreitungsgebiets felsige, meist über Kalkstein liegende Gelände,[1] kiesige und lehmige Flussufer, sandige Hügel, trockene Hänge, Wiesen und Kiefernwälder[2] mit sommerwarmen Mittelmeerklima bis in subalpine Höhenlagen. Dort gibt es milde, regenlose Sommer und kühle, feuchte und oft schneereiche Winter.[7][4]

Systematik

Die Erstveröffentlichung von Teucrium orientale erfolgte im Jahr 1753 durch Carl von Linné in Species Plantarum, Tomus II, S. 564.[8][6] Das Artepitheton orientale bedeutet „morgenländisch“, „östlich“. Ein Synonym für Teucrium orientale ist Melosmon orientale (L.) Raf. Drei Varietäten und zwei Unterarten sind bekannt:[6]

  • Teucrium orientale L. var. orientale: Das Verbreitungsgebiet reicht von der Türkei bis zum Kaukasusraum. Charakteristisch sind die leicht behaarten, nicht drüsigen Stängel und die bis 35 Zentimeter langen Blütenstände.[3]
  • Teucrium orientale var. glabrescens Hausskn. ex Bornm.: Sie kommt in der Türkei, in Syrien und im westlichen Iran vor. Charakteristisch sind die kahlen Stängel.[3]
  • Teucrium orientale var. puberulens Ekim: Sie kommt in der zentralen Türkei, im Südkaukasus und im Iran vor. Charakteristisch ist eine kurze, weiche Behaarung.[9]
  • Teucrium orientale subsp. gloeotrichum Rech.f.: Sie kommt vom westlichen bis zum zentralen Iran vor. Charakteristisch ist die feine, drüsige Behaarung.[3]
  • Teucrium orientale subsp. taylorii (Boiss.) Rech.f.: Sie kommt im Südkaukasus, Irak und Iran vor. Charakteristisch sind die feine, grau-filzige, nicht drüsige Behaarung mit sehr kurzen, anliegenden Haaren und die bis 29 Zentimeter langen Blütenstände.[3]

Verwendung

In der libanesischen Volksmedizin wird ein Aufguss aus den Blüten des Orientalischen Gamanders als blutzuckersenkendes, wurmabtreibendes und fiebersenkendes Mittel sowie zur Behandlung von Magen- und Darmproblemen verwendet.[10] Bei der medizinischen Behandlung mit anderen Gamanderarten, wie dem Echten Gamander, sind allerdings akute und chronische Leberschäden bekannt geworden, die durch Neo-Clerodan-Diterpenoide wie Teucrin A verursacht werden.[11] Diese toxischen Verbindungen sind auch im Orientalischen Gamander enthalten.[10]

Bei der Wasserdampfdestillation von Pflanzenteilen des Orientalischen Gamanders werden zahlreiche weitere sekundäre Pflanzenstoffe gewonnen, darunter β-Caryophyllen, Germacren D, α- und β-Cubeben und Spathulenol.[12] Mit dem Lösungsmittel Aceton konnten aus den oberirdischen Pflanzenteilen zudem der Duftstoff Sclareol und die gelben Naturfarbstoffe Quercetin und Luteolin isoliert werden.[13]

Der Orientalische Gamander wird selten als Zierpflanze für vollsonnige, trockenwarme Steingärten, Kiesgärten und Trockenmauern genutzt. Er benötigt einen trockenen Standort mit durchlässigem Boden und gilt als winterhart bis −23 °C (Zone 6).[14][1]

Literatur

  • Leo Jelitto, Wilhelm Schacht, Hans Simon: Die Freiland-Schmuckstauden, Handbuch und Lexikon der Gartenstauden. Band 2: I bis Z. 5., völlig neu bearbeitete Auflage. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2002, ISBN 3-8001-3265-6, S. 889.
Commons: Orientalischer Gamander (Teucrium orientale) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d Leo Jelitto, Wilhelm Schacht, Hans Simon: Die Freiland-Schmuckstauden, Handbuch und Lexikon der Gartenstauden. 5., völlig neu bearbeitete Auflage. 2: I bis Z. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2002, ISBN 3-8001-3265-6, S. 889.
  2. a b c d e S.V. Yuzepchuk: T. orientale. In: B. K. Shishkin, S.V. Yuzepchuk (Hrsg.): Flora of the USSR. Begründet von Vladimir Leontyevich Komarov. Volume XX: Labiatae. herausgegeben von V. L. Komarov, übersetzt von Israel Program for Scientific Translations, Jerusalem 1976, S. 27, Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3Dhttps%3A%2F%2Fwww.biodiversitylibrary.org%2Fpage%2F30443958~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D.
  3. a b c d e f g Hossein Bagheri Moghadam, Navaz Kharazian: Morphologic and chemotaxonomic studies of some Teucrium L.(Lamiaceae) in Zagros region, Iran. In: Iranian Journal of Science and Technology, Transactions A: Science. Band 44, Nr. 4, Juli 2020, S. 933–953, doi:10.1007/s40995-020-00908-1.
  4. a b Avinoam Danin, Ori Fragman-Sapir: Flora of Israel and adjacent areas. The Jerusalem Botanical Gardens. Datenblatt Teucrium orientale L.
  5. Massoud Ranjbar, Chonour Mahmoudi, Hamid Nazari: An overview of chromosomal criteria and biogeography in the genus Teucrium (Lamiaceae). In: Caryologia. Band 71, Nr. 1, Februar 2018, S. 63–79, doi:10.1080/00087114.2017.1420587.
  6. a b c Datenblatt Teucrium orientale L. bei POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science.
  7. S. Aslanova: Subalpine Meadow Vegetation of Talish Highlands of Azerbaijan. In: Бюллетень науки и практики. Band 10, Nr. 2, Februar 2024, S. 38–46, doi:10.33619/2414-2948/99/04.
  8. Carl von Linné: Species Plantarum. Band 2, Impensis Laurentii Salvii, Holmiae 1753, S. 562, Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3Dhttps%3A%2F%2Fwww.biodiversitylibrary.org%2Fpage%2F358583~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D
  9. Gülay Ecevit Genç, Taner Özcan, Tuncay Dirmenci: Micromorphological characters on nutlet and leaf indumentum of Teucrium sect. Teucrium (Lamiaceae) in Turkey. In: Turkish Journal of Botany. Band 39, Nr. 3, Mai 2015, S. 439–448, doi:10.3906/bot-1406-18.
  10. a b Maurizio Bruno, Sergio Rosselli, Antonella Maggio, Franco Piozzi, Leonardo Scaglioni, Nelly A. Arnold, Monique S.J. Simmonds: Neoclerodanes from Teucrium orientale. In: Chemical and pharmaceutical bulletin. Band 52, Nr. 12, 2004, S. 1497–1500, doi:10.1248/cpb.52.1497.
  11. Felix Stickel, Daniel Shouval: Hepatotoxicity of herbal and dietary supplements: an update. In: Archives of toxicology. Band 89, Nr. 6, Februar 2015, S. 851–865, doi:10.1007/s00204-015-1471-3.
  12. Mahshid Rahimifard, Fatemeh Sefidkon, Razieh Azimi, Somayeh Fekri Qomi, Maryam Makkizadeh Tafti, Mahmoud Naderi, Mahdi Yahyazadeh, Parvin Salehi Shanjani: Effect of Geographical Location on Yield and Chemical Composition of Teucrium orientale L. Essential Oils Collected from Eleven Different Localities in Iran. In: Journal of Medicinal plants and By-products. Band 12, Nr. 1, März 2023, S. 69–76, doi:10.22092/jmpb.2022.358502.1469.
  13. Melika Alviri, Mir Babak Bahadori, Shahram Bahadori: Flavonoid and Diterpenoid Components from Teucrium orientale subsp. orientale and their Radical Scavenging Activity. In: Biointerface Research in Applied Chemistry. Band 12, Nr. 1, Februar 2024, S. 682–689, doi:10.33263/BRIAC121.682689.
  14. Teucrium orientale bei Denver Botanic Gardens