Nikolaus Krell

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Nikolaus Krell, Ölgemälde eines unbekannten Künstlers.
Ehrentafel für Nikolaus Krell im Gymnasium St. Augustin Grimma (im Durchgang des Hauptportals)
Kupferstich seines Kopfes nach der Hinrichtung
Krellstein auf dem Dresdner Jüdenhof

Nikolaus Krell, zeitgenössisch auch Nicolaus Crell, (* um 1550 in Leipzig; † 9. Oktober 1601 in Dresden) war ab 1589 der calvinistische Kanzler des Kurfürsten Christian I. von Sachsen. Auf Betreiben orthodoxer Lutheraner wurde er 1591 verhaftet, nach einem zehnjährigen Prozess zum Tode verurteilt und 1601 hingerichtet.[1]

Leben

Krell war ein Sohn des Leipziger Juristen, Oberschöppenmeister und Ratsherrn Wolfgang Krell und seiner Frau Katharina.[2] Nach der Ausbildung an der Fürstenschule in Grimma, wo er vom 27. Juli 1568 bis 1. März 1571 Schüler war, studierte er ab dem Wintersemester 1569 in Leipzig. 1572 wurde er zum Baccalaureus Artium, 1575 zum Magister Artium und wahrscheinlich 1576 zum Baccalaureus der Rechte promoviert.

Auf Reisen in die Schweiz und nach Frankreich begann er, sich für den Calvinismus zu interessieren und wandte sich dem reformierten Bekenntnis zu. In Genf traf er den Reformator Théodore de Bèze und den Juristen François Hotman. Vermutlich 1577 wurde er an der französischen Universität Valence zum Doktor der Rechte promoviert.

1580 ernannte Kurfürst August von Sachsen Krell zum Hofrat und berief ihn 1584 in seine kleine Regierung. Nach der Regierungsübernahme 1586 des Kurfürsten Christian I. von Sachsen, den er schon vorher beraten hatte, wurde er 1589 als Nachfolger David Peifers zum Kanzler des Kurfürstentums bestellt. Krell arbeitete darauf hin, die lutherische Orthodoxie zurückzudrängen und den habsburgischen Einfluss zu vermindern, indem eine Annäherung an Heinrich IV. von Frankreich, Königin Elisabeth I. von England und an protestantische Fürsten suchte. 1591 wurde mit der calvinistischen Kurpfalz das Bündnis der Torgauer Union gebildet, die Reformierten in Frankreich wurden finanziell und militärisch unterstützt und die Praxis des Taufexorzismus während der Taufe wurde am 4. Juli 1591 verboten.

Nach dem plötzlichen Tod Christians I. am 25. September 1591 begann auf Betreiben der lutherischen Orthodoxie und des Adels durch dessen Witwe Sophie von Sachsen, einer orthodoxen Lutheranerin, eine Verfolgungswelle gegen den „Kryptocalvinismus“. Alle sächsischen Kirchen- und Staatsbeamten mussten die anticalvinischen Visitationsartikel unterschreiben, ansonsten wurden sie abgesetzt.[3] Krell wurde am 23. Oktober 1591 verhaftet und auf der Festung Königstein in der später nach ihm benannten Krellburg eingekerkert. Die Anklage gegen ihn wurde 1595 zu einem Inquisitionsprozess umgewandelt. Kaiser Rudolf II. beauftragte 1599 die Böhmische Appellationskammer in Prag mit dem Fall, und am 8. September 1601 wurde er wegen Landfriedensbruch zum Tod verurteilt. In Dresden fand am 9. Oktober seine öffentliche Hinrichtung durch das Schwert statt.[4] Er wurde auf dem Dresdner Frauenkirchhof in der Gruft des Oberfeldzeugmeisters Caspar Vogt von Wierandt beigesetzt.

Seine Hinrichtung löste einen politischen Tumult aus. Schließlich distanzierte sich Kurfürst Christian II. von Krells Verurteilung – er sei vom damaligen Administrator Kursachsens Friedrich Wilhelm beeinflusst gewesen. Zu Ehren Krells soll er an dessen Hinrichtungsstätte neben dem Brunnen auf dem Dresdner Jüdenhof ein steinernes Kreuz errichtet haben.

Heute erinnert an der Stelle, wo er den Tod fand, ein Pflasterstein mit der Aufschrift „Kr.“ an Krells Hinrichtung.

Familie

Er war verheiratet mit Margarethe geb. Griebe(n), einer Tochter des Kaufmanns und Leipziger Ratsherrn Jacob Grieben d. Ä. († 1566) und Schwester des Baumeisters Jacob Griebe.[5] Sie wohnten in Dresden auf dem Grundstück des späteren Beichling'schen Palais zwischen Moritzstraße und Landhausstraße.[6]

Literatur

  • anonym: Leben, Schicksal und Ende des Dr. Nicolaus Krell, Website books.google.de (Leipzig 1798).
  • Friedrich Wilhelm BautzCrell, Nikolaus. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 1, Bautz, Hamm 1975. 2., unveränderte Auflage. Hamm 1990, ISBN 3-88309-013-1, Sp. 1156–1157.
  • Roland Böhm: Krell, Nikolaus. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 4, Bautz, Herzberg 1992, ISBN 3-88309-038-7, Sp. 641–642.
  • Volker Beyrich: „Cave Calviniane“ – „Hüte dich, Kalvinist!“ (über das Leben und Wirken von Nikolaus Krell). In: Archivstäubchen Nr. 6, März 2014, S. 4–10.
  • Karlheinz Blaschke: Religion und Politik in Kursachsen 1586-1591, in: Heinz Schilling: Die reformierte Konfessionalisierung in Deutschland - Das Problem der „Zweiten Reformation“, Gütersloh 1986, S. 79–97.
  • Benno Bohnenstädt: Das Processverfahren gegen den kursächsischen Kanzler Dr. Nicolaus Krell 1591 bis 1601. Dargestellt nach den Akten des Dresdener Haupt-Staats-Archivs, Halle/Saale 1901.
  • Johann Samuel Ersch, Johann Gottfried Gruber: Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, Band 20, S. 122.
  • Annemarie Hagmayer: Calvinismus als Etikett. Zuschreibungspraktiken in Leichenpredigten auf sächsische landesherrliche Beamte und Kurfürst Christian I. von Sachsen (1589-1613), in: Eric Piltz, Gerd Schwerhoff: Gottlosigkeit und Eigensinn. Religiöse Devianz im konfessionellen Zeitalter, Berlin 2015, S. 149–186.
  • Siegfried Hoyer: Stände und calvinistische Landespolitik unter Christian I. (1587-1591) in Kursachsen, in: Meinrad Schaab: Territorialstaat und Calvinismus, Stuttgart 1993, S. 137–148.
  • Thomas Klein: Der Kampf um die zweite Reformation in Kursachsen 1586-1591, Köln und Graz 1962.
  • Reinhard Kluge: Fürst, Kammer und Geheimer Rat in Kursachsen von der Mitte des 16. bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts, Dissertation, Leipzig 1960.
  • Hartmut Krell: Das Verfahren gegen den 1601 hingerichteten Kanzler Dr. Nicolaus Krell, Frankfurt am Main 2006.
  • Ernst Koch: Ausbau, Gefährdung und Festigung der lutherischen Landeskirche von 1553 bis 1601, in: Helmar Junghans: Das Jahrhundert der Reformation in Sachsen, Berlin 1989, S. 195–222.
  • Sebastian Kusche: Gesichter der Uni: Nikolaus Krell (1550/53–1601). In: Journal Universität Leipzig (6) 2009, S. 15.
  • Franz Lau: Die Zweite Reformation in Kursachsen, Neue Forschungen zum sogenannten sächsischen Kryptocalvinismus, in: Verantwortung. Untersuchungen über Fragen aus Theologie und Geschichte. Zum 60. Geburtstag von Landesbischof D. Gottfried Noth, Evangelisch-Lutherischen Landeskirchenamt Sachsen, Berlin 1964, S. 137–164.
  • Werner Ohnsorge: Die Verwaltungsreform unter Christian I. Ein Beitrag zur Geschichte der zentralen Behördenbildung Kursachsens im 16. Jahrhundert, in: NASG 63/1942, S. 26–80.
  • August Victor Richard: Der kurfürstlich sächsische Kanzler Dr. Nicolaus Krell, Dresden 1859.
  • Moriz Ritter, Ernst Arnold: Crell, Nikolaus. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 17, Duncker & Humblot, Leipzig 1883, S. 116–122.
  • Christa Schille: Crell, Nikolaus. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 3, Duncker & Humblot, Berlin 1957, ISBN 3-428-00184-2, S. 407 f. (Digitalisat).
  • Dieter Wyduckel: Der sächsische Kanzler Dr. Nikolaus Krell (1552-1601) - Ein Jurist als Justizopfer? - Zugleich ein Beitrag zum Verhältnis von Recht, Politik und Religion, in: Klaus Peter Berger: Zivil- und Wirtschaftsrecht im Europäischen und Globalen Kontext, Berlin 2006, S. 1285–1306.
Commons: Nikolaus Krell – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. "Das war ein calvinischer Streich! Seine Teufelsgesellen mögen sich vorsehen; denn man schont allhier keinen", zur Erinnerung an die Hinrichtung von Dr. Nikolaus Krell am 09. Oktober 1601 auf dem Dresdner Neumarkt, Website archiv.neumarkt-dresden.de (abgerufen am 5. Juli 2025)
  2. Christa Schille: Crell, Nikolaus. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 3, Duncker & Humblot, Berlin 1957, ISBN 3-428-00184-2, S. 407 f. (Digitalisat).
  3. "Das war ein calvinischer Streich! Seine Teufelsgesellen mögen sich vorsehen; denn man schont allhier keinen", zur Erinnerung an die Hinrichtung von Dr. Nikolaus Krell am 09. Oktober 1601 auf dem Dresdner Neumarkt, Website archiv.neumarkt-dresden.de (abgerufen am 5. Juli 2025)
  4. Hartmut Krell: Nicolaus Krell, in: Sächsische Biografie, Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde, Website saebi.isgv.de (13. April 2023, abgerufen am 4. Juli 2025)
  5. Christa Schille: Crell, Nikolaus. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 3, Duncker & Humblot, Berlin 1957, ISBN 3-428-00184-2, S. 407 f. (Digitalisat).
  6. "Das war ein calvinischer Streich! Seine Teufelsgesellen mögen sich vorsehen; denn man schont allhier keinen", zur Erinnerung an die Hinrichtung von Dr. Nikolaus Krell am 09. Oktober 1601 auf dem Dresdner Neumarkt, Website archiv.neumarkt-dresden.de (abgerufen am 5. Juli 2025)