Niederrennersdorfer Schloss


Das Niederrennersdorfer Schloss befand sich in Rennersdorf, heute ein Ortsteil der sächsischen Stadt Herrnhut in der östlichen Oberlausitz im Landkreis Görlitz.
Es lag auf halber Höhe an einer flachen Berglehne am Ufer der Pließnitz. Den Schutz verstärkte vermutlich ein im Tal angestauter Teich. Der quadratisch gewölbten Flurhalle war ein 22 Meter hoher Turm vorgelagert, durch dessen Erdgeschoss der Eingang erfolgte. Das Schloss weist verschiedene bauzeitliche Epochen auf, deren Elemente möglicherweise bis hin zur Gotik zurückreichen. Um das Jahr 1718 erfolgten an der Südseite umfangreiche Baumaßnahmen zur Erweiterung des Anwesens. Das Schloss wurde im Mai 1945 in Brand gesetzt; die verbliebene Ruine in den darauf folgenden Jahren abgetragen. Reste sind heute nur noch schwer erkennbar.
Geschichte
Aus der Familie von Radeberg wird 1413 ein Hans zu Reynersdorf erwähnt. Unter der Familie von Gersdorf, die den 1406 im Stadtbuch zu Görlitz verzeichneten Rittersitz Reinherstorf seit 1464 besaß, lassen sich nach 1477 eine doppelte Besitzerreihe der Güter von Ober- und Nieder-Rennersdorf erkennen. 1480 ist Heinrich von Heinersdorf verzeichnet, ab 1521 für zwei Jahrzehnte die Familie von Lottitz. In den nächsten Jahrhunderten wechselten die Besitzer mehrfach. Verzeichnet sind ab 1541 die Familie von Breitenbach, ab 1560 die Familie von Gersdorf, ab 1572 die Familie von Schwantz, ab 1584 die Familie von Klüx auf Strahwalde, welche seit 1581 im Besitze von Ober-Rennersdorf war und dann ab 1594 erneut die Familie von Gersdorf. Im Jahre 1643 gelangte Nieder-Rennersdorf an die Schwestern Anna Margarethe von Nostitz sowie Anna Sophie, beide geborene von Gersdorf, bis zum Jahre 1647 in gemeinschaftlichem Besitze. 1648 ward Anna Margarethe alleinige Besitzerin von Nieder-Rennersdorf.
Ihr folgte 1649 die Familie von Eberhard, die das Rittergut 1718 an den Zittauer Bürgermeister, Johann Christian Nesen, verkaufte.[1] Die nachfolgenden Besitzer waren ab 1727 Nesens Witwe Christiane Sophie, spätere von Carlowitz. Sie vererbte es 1759 an Christian Siegfried Nesen, der es 1793 wiederum seiner Tochter Christiane Friedrike Nesen (1723–1795) vererbte, die es qua Heirat in die Familie (von) Mücke einbrachte; sie ehelichte den noch bürgerlichen Carl Siegfried Mücke, Kammerdiener des Herzogs von Kurland, später beim bekanntgewordenen kurfürstlich sächsischen Minister Graf Brühl. Nach der Nobilitierung 1806 des kurf. sächs. und poln. Leutnant Christan von Mücke (1744–1818) wurde Gut Nieder-Rennersdorf zum Stammsitz der Familie von Mücke. Erben wurden für drei Monate der früh verstorbene Forstakademiker Carl Friedrich August von Mücke (1777–1818), dann gleich dessen jüngerer Bruder Gustav I. von Mücke (1780–1847). Aus seiner Ehe mit Christiane Elisabeth Horn (1775–1822) stammt der Nachfolger Gustav II. von Mücke (1809–1859), verheiratet mit Karoline Dornberger Schmidt (1815–1890). Als Majoratsherr folgte der Rechtsanwalt Gustav III. von Mücke (1844–1910). Seine Frau Hedwig Voigt (* 1860) stammte aus Leipzig.[2] Der Jurist Alexander Eduard von Mücke stammt gleichfalss aus Nieder-Rennersdorf.
Mitte der 1920er Jahre war der damalige Rittmeister a. D. und spätere Major Werner von Mücke der Gutsherr. Er war auch als Kunstgewerbler und Kunstmaler tätig und bewirtschaftete das hiesige Gut nicht selbst, sondern verpachte das 324 ha-Anwesen an Hermann Schaper. Der arbeitete mit zwei Verwaltern, Hrn. Richter und Förster W. Schlaefke.[3] Das Herrenhaus samt Gut blieb bis zur Enteignung 1945 in Familienbesitz. Werner von Mücke und seine Ehefrau Margarete Hesse, Tochter eines Nordhausener Fabrikanten, wohnten in den 1950er Jahren in Durach bei Kempten im Allgäu. Ihr ältester Sohn war 1942 als Offiziers-Anwärter gefallen.[4]
Der Wirtschafts- und Pachthof wurde im Zuge der Bodenreform aufgesiedelt.
Literatur
- Karl Gustav Maximilian von Mücke: Das Rittergut zu Nieder-Rennersdorf und seine Besitzer. Ein Beitrag zur Oberlausitzischen Ortsgeschichte, Herrn Gustav Adolph Maximilian von Mücke Majoratsherrn von Nieder-Rennersdorf zur Jubelweihe 25jährigen Besitzes am 13. October 1843. B. G. Teubner, Leipzig 1843, DNB 361238347 (digital.slub-dresden.de).
- Moritz Grimmel: Nieder-Rennersdorf. In: Gustav Adolf Poenicke: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. 3. Sektion Markgrafenthum Oberlausitz. Heft 6, Selbstverlag, Leipzig 1859, S. 108–110 (Volltext [Wikisource]).
- H. L. Hofmann: Die Rittergüter des Königreichs Sachsen. Ein Abriss ihrer Geschichte und rechtlichen Stellung nebst topographischen und statistischen Nachrichten über sämtliche Rittergüter. Hofverlag R. von Grumbkow, Dresden-Blasewitz 1901, S. 139 (digital.slub-dresden.de).
- Cornelius Gurlitt: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen|Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen: Amtshauptmannschaft Löbau. Verlag C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1910, S. 432–442 (digital.slub-dresden.de).
- Walter von Boetticher: Geschichte des Oberlausitzischen Adels und seiner Güter 1635–1815. Band 3, Hrsg. Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften zu Görlitz, Selbstverlag d. Hrsg., Oberlößnitz/Görlitz 1919, S. 408–409. (digital.ub.uni-duesseldorf.de).
Weblinks
- Schloss Niederrennersdorf (Foto von 1942 in der Deutschen Fotothek)
- Lindenallee Schloss Niederrennersdorf (Foto von 1942 in der Deutschen Fotothek)
- Schloss Niederrennersdorf (Foto von 1942 in der Deutschen Fotothek).
Einzelnachweise
- ↑ Karl Gustav Maximilian von Mücke: Nesensche Familienbilder zu Nieder-Rennersdorf. In: J. Leopold Haupt (Hrsg.): Neues Lausitzisches Magazin. 21. Band N. F. 8, G. Heinze u. Comp., Görlitz 1843, 257–261 (books.google.de).
- ↑ Hans Friedrich von Ehrenkrook, Jürgen von Flotow, u. a.: Genealogisches Handbuch der Adeligen Häuser. B (Briefadel). 1958. Band III, Band 17 der Gesamtreihe GHdA, Hrsg. Deutsches Adelsarchiv, C. A. Starke, Glücksburg (Ostsee) 1958, S. 332–334.
- ↑ Ernst Ullrich, Ernst Seyfert (Hrsg.): Landwirtschaftliches Adreßbuch der Güter und Wirtschaften im Freistaat Sachsen. [1925]. Verzeichnis sämtlicher Rittergüter und Güter bis zur Größe von ungefähr 20 ha. Nach amtlichen Quellen und auf Grund direkter Angaben bearbeitet. In: Niekammer’s Landwirtschaftliche Güter-Adreßbücher. Band IX, 3. Auflage, Amtshauptmannschaft Löbau, (Letzte Ausgabe-Paul Niekammer-Reihe), Reichenbach`sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1925, S. 55.
- ↑ Matthias Graf von Schmettow (Hrsg.): Gedenkbuch des deutschen Adels. (Hauptband), In: Aus dem Deutschen Adelsarchiv, Band 3, C. A. Starke, Limburg an der Lahn 1968, S. 222.