Niederdünzebach

Niederdünzebach
Stadt Eschwege
Koordinaten: 51° 11′ N, 10° 6′ O
Höhe: 171 (162–191) m ü. NHN
Fläche: 4,23 km²[1]
Einwohner: 622 (31. Dez. 2024) HW[2]
Bevölkerungsdichte: 147 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1972
Postleitzahl: 37269
Vorwahl: 05651
Blick auf Niederdünzebach
Evangelische Pfarrkirche Niederdünzebach

Niederdünzebach ist ein Stadtteil von Eschwege im nordhessischen Werra-Meißner-Kreis.

Geographie

Das Dorf Niederdünzebach liegt im Eschweger Becken im Tal des Dünzbaches, kurz vor dessen Zufluss in die Werra, ca. 2,7 km südöstlich der Stadtverwaltung von Eschwege. Die Ortslage erstreckt sich entlang des Baches und stößt in auf eine in Ost-West-Richtung verlaufende Handelsstraße, wo sich eine Kirche auf kleiner Anhöhe befindet. Das Gebiet des Stadtteils besteht aus der Gemarkung Niederdünzebach im Südosten des Gemeindegebiets mit einer Fläche von 423 Hektar[1], davon sind 62 Hektar Wald.[3] In der Gemarkung liegt der Siedlungsplatz Hof Am Weinberg.[4] Die Ortslage befindet sich auf 162 bis 192 m ü. NHN und der höchste Punkt der Gemarkung liegt bei etwa 335 Meter im Südosten der Gemarkung. An den Stadtteil Niederdünzebach grenzen, von Norden beginnend, im Uhrzeigersinn, der Ortsteil Schwebda der Gemeinde Meinhard, im Osten an den Ortsteil Aue der Gemeinde Wanfried, im Süden an die Gemarkung Eschwege und im Westen an den Ortsteil Oberdünzebach sowie an die Gemarkung Eschwege.

Durch den Ort führt die Landesstraße 3244 die Eschwege mit Wanfried verbindet.

Geschichte

Ortsgeschichte

Bei dem 1263 urkundlich erwähnten „Thuncenbach“ handelt es sich vermutlich um Niederdünzebach.[3] Explizit wir Niederdünzebach als inferius Tunzebach im Jahr 1308 in einem Klosterarchiv genannt. Durch die relativ späte Ersterwähnung kann nicht geklärt werde welche Rechte das Eschweger Königsgut an Niederdünzebachn hatte. Vom Spätmittelalter bis zum Ende des Heiligen Römischen Reiches scheinen die Boyneburger die überwiegende Herrschaft über Niederdünzebach ausgeübt zu haben. Der Beginn der Herrschaft scheint durch die Güterübertragung an das Kloster Germerode im Jahr 1272 zu liegen. Im Jahr 1444 belehnt der hessische Landgraf Ludwig die Brüder Heimbrod, Rabe und Reinhard von Boyneburg genannt von Hohenstein u. a. mit den Wüstungen Ober- und Niederdünzebach mit Kirchlehen, Gericht und Rechten. Die genauer Verhältnisse bleiben jedoch ungeklärt. Erst im Grundlagenvertrag zwischen den Landgrafen und denen von Boyneburg wird 1602 die Hochgerichtsbarkeit in Nieder- und Oberdünzebach dem Landgrafen zugesprochen.[3] In diesem Vertrag konnte die Landgrafschaft Hessen die peinliche Gerichtsbarkeit für sich gewinnen. Straffällig Gewordene mussten von den von Boyneburg dann nach Eschwege ausgeliefert werden, landgräfliche Beamte hatten in Niederdünzebach weiterhin keine Hoheitsrechte.[5]

Bezüglich der Grundherrschaft und Grundbesitz sind die folgenden Ereignisse belegt:[3]

  • 1272 lassen die Herren von Aue ihren Lehnsherren, denen von Boyneburg-Hohenstein, Güter zu Dünzebach auf und übertragen diese dann dem Kloster Germerode. 1480 wird das Vorwerk des Klosters Germerode an Bürger aus Eschwege verpachtet. 1568 wird das Gut, die sogenannte Germeröder Hufe, von den Landgrafen der Stadt Eschwege übertragen.
  • 1353 übertragen die von Aue eine Hufe dem Eschweger St. Cyriacusstift. Dieses hat nach dem Zinsregister von 1400 Einkünfte in Niederdünzebach.
  • 1392 verkaufen die von Dimerod dem Augustinerkloster zu Eschwege Einkünfte in Niederdünzebach von einer Hofstatt des Conrad Rode gegenüber dem Kirchhof. 1433 kommen weitere Güter durch die von Duderstadt hinzu.
  • Die von Eschwege und die von Keudell haben Grundbesitz in der Gemarkung, letztere in der Werra-Aue nördlich von Niederdünzebach.
  • Ferner haben die Familien Hüther, Ihring, Homberg zu Vach und von Hattorf zusammenhängende Güter als Lehen von den Boyneburgern.

Als die Herren von Boyneburg-Hohenstein 1444 und 1471 mit Niederdünzebach samt Kirchhof belehnt wurden, nannte man den Ort in den Urkunden eine Wüstung. Da die zur Pfarrei Oberdünzebach gehörende Kirche im Jahre 1516 erbaut wurde, muss der Ort in dieser Zeit wieder besiedelt gewesen sein. Kirchenpatrone waren die Herren von Boyneburg. Der Ort gehörte zu dem in der Frühen Neuzeit 19 Dörfer umfassenden, teilautonomen Gericht Boyneburg.

Im Jahr 1770 war in Oberdünzebach ein Schulhaus vorhanden und für 1910 ist eine einklassige Volksschule dokumentiert. 1953 erfolgte dann der Neubau einer Schule.[3]

Seit 1821 gehörte Niederdünzebach zum Kreis Eschwege. 1939 hatte der Ort 433 Einwohner. Schon damals gehörte Niederdünzebach zum Amtsgericht und Finanzamt Eschwege.

Zum 31. Dezember 1971 wurde im Zuge der Gebietsreform in Hessen der bis dahin selbständige Gemeinde auf freiwilliger Basis als Stadtteil in die Kreisstadt Eschwege eingemeindet.[6][7] Für Niederdünzebach wurde, wie für die anderen eingemeindeten ehemals eigenständigen Gemeinden von Eschwege, ein Ortsbezirk eingerichtet.[8]

Gerichte

Die Gerichtsbarkeit über Niederdünzebach wurde im Mittelalter durch die Herren von Boyneburg ausgeübt. Im Jahr 1480 erhielten nach langen Auseinandersetzungen die früher reichsunmittelbaren Ritter die Boyneburg und damit das Gericht Boyneburg als erbliches Lehen der hessen-darmstädter Landgrafen. In einem Vertrag von 1602 wurde festgelegt, dass die peinliche Gerichtsbarkeit den Landgrafen zustand, die niedere Gerichtsbarkeit wurde den von Boyneburg überlassen. In der Landgrafschaft Hessen-Kassel und im Kurfürstentum Hessen war ab 1654 das Amt Bischhausen neben der Verwaltung auch für die peinliche Gerichtsbarkeit in Niederdünzebach zuständig. Das Boyneburgische Justizamt Bischhausen war bis Aussterben der Hessen-Rotenburgischen Linie für die Niedere Gerichtsbarkeit zuständig. Danach wurde dessen Zuständigkeit in die kurhessische Justizämter überführt. Die weitere Zuständigkeit entwickelte sich wie folgt:[3]

Verwaltungsgeschichte im Überblick

Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 2] denen Niederdünzebach angehört(e):[3][9]

Bevölkerung

Einwohnerstruktur 2011

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Niederdünzebach 624 Einwohner. Darunter waren 6 (1,0 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 108 Einwohner unter 18 Jahren, 222 waren zwischen 18 und 49, 156 zwischen 50 und 64 und 138 Einwohner waren älter.[11] Die Einwohner lebten in 285 Haushalten. Davon waren 90 Singlehaushalte, 87 Paare ohne Kinder und 78 Paare mit Kindern, sowie 27 Alleinerziehende und 3 Wohngemeinschaften. In 69 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 171 Haushaltungen lebten keine Senioren.[11]

Einwohnerentwicklung

Quelle: Historisches Ortslexikon[3]
• 1585: 35 Haushaltungen
• 1747: 55 Haushaltungen
• 1750: An Gewerbetreibenden: 4 Schmiede, 2 Leinweber, 4 Ackerleute und Leinweber, 3 Schneider, 1 Schreiner, 1 Schuhflicker, 1 Zimmermann, 10 Tagelöhner, 3 einzelne Weibspersonen
• 1770: 62 Häuser mit 321 Einwohnern
• 1854: 80 Häuser mit 480 Einwohnern
Niederdünzebach: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2024
Jahr  Einwohner
1834
  
477
1840
  
483
1846
  
483
1852
  
494
1858
  
477
1864
  
495
1871
  
455
1875
  
449
1885
  
429
1895
  
427
1905
  
439
1910
  
451
1925
  
493
1939
  
432
1946
  
648
1950
  
674
1956
  
605
1961
  
576
1967
  
611
1970
  
675
1972
  
677
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2011
  
624
2024
  
622
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS:[3]; Stadt Eschwege[2]; Zensus 2011[11]

Historische Religionszugehörigkeit

Quelle: Historisches Ortslexikon[3]
• 1865: 429 evangelische (= 100 %)
• 1961: 497 evangelische (= 86,28 %), 63 katholische (= 10,94 %) Einwohner[3]

Religion

Kirchengebäude[3]
  • Im Jahr 1392 wurde ein Kirchhof genannt.
  • 1556 wird ein Spätgotischer Saalbau mit geschlossenem Chor und holzverkleidetem Fachwerkturmaufbau genannt der 1721, 1823–25 verändert und ausgebessert wurde.
  • 1975, 1983 und 2004 wurde die Kirche renoviert.
Bekenntniswechsel[3]
Pfarrzugehörigkeit[3]
  • 1585 gehört Oberdünzebach als Filalort zu Niederdünzebach. Kirchenpatrone waren die von Boyneburg.
  • Auch 1750 und 1872 wird Oberdünzebach als Filialort genannt.
  • 1971 kommt Aue als weitere Filialgemeinde zu Niederdünzebach.

Politik

Für Niederdünzebach besteht ein Ortsbezirk (Gebiete der ehemaligen Gemeinde Niederdünzebach) mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung.[8] Der Ortsbeirat besteht aus sieben Mitgliedern. Bei den Kommunalwahlen in Hessen 2021 betrug die Wahlbeteiligung zum Ortsbeirat 65,44 %. Alle Kandidaten gehörten der „Gemeinschaftsliste“ an.[12] Der Ortsbeirat wählte Maurice Schilling zum Ortsvorsteher.[13]

Kulturdenkmäler

Siehe: Liste der Kulturdenkmäler in Niederdünzebach

Fußnoten

Anmerkungen

  1. Weitere Gerichte siehe Justizwesen im Königreich Westphalen
  2. Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung waren die Ämter und frühen Gerichte sowohl Gericht als auch Verwaltungsorgan.
  3. Trennung von Justiz (Justizamt Eschwege) und Verwaltung
  4. Infolge des Deutschen Krieges.
  5. Infolge des Ersten Weltkriegs.
  6. Infolge des Zweiten Weltkriegs.

Einzelnachweise

  1. a b Gemarkung Niederdünzebach. In: GEOindex. Abgerufen im Juni 2025.
  2. a b Stadtteil Niederdünzebach. In: Webauftritt der Stadt Eschwege. Abgerufen am 11. Juli 2024.
  3. a b c d e f g h i j k l m n Niederdünzebach, Werra-Meißner-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 22. Januar 2016). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  4. Am Weinberg, Werra-Meißner-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 29. April 2024). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  5. Thomas Diehl: Adelsherrschaft im Werraraum: Das Gericht Boyneburg im Prozess der Grundlegung frühmoderner Staatlichkeit (Ende 16. - Anfang 18. Jh.). Historische Kommission für Hessen, Darmstadt/Marburg 2010.
  6. Gemeindegebietsreform Hessen; Zusammenschlüsse und Eingliederung von Gemeinden vom 29. Dezember 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1972 Nr. 3, S. 84 ff., Punkt 94, Abs. 86 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,0 MB]).
  7. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 388 (Statistische Bibliothek des Bundes und der Länder [PDF; 41,1 MB]).
  8. a b Hauptsatzung. (PDF; 238 kB) § 6. In: Webauftritt. Stadt Eschwege, abgerufen im Juni 2025.
  9. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  10. Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August. (kurhess GS 1821) S. 73.
  11. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 52 und 1068, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Oktober 2020;.
  12. Ortsbeiratswahl Niederdünzebach. In: Votemanager. Stadt Eschwege, abgerufen im Juli 2025.
  13. Ortsbeirat Stadtteil Niederdünzebach. In: Gremienportal. Stadt Eschwege, abgerufen im Juli 2025.
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