Nasenzyklus
Als Nasenzyklus bezeichnet man eine wechselseitige Anschwellung (Obstruktion) der Nasenmuscheln ohne äußeren Reiz. Der Vorgang tritt bei etwa 80 Prozent[1][2] der Menschen auf und dient der Regeneration der Nasenschleimhaut.[3] Die Steuerung erfolgt durch den Hypothalamus, der den Sympathikotonus regelt.[4][5]
Das Phänomen wurde bereits in uralten indischen Yogaschriften über Pranayama dargestellt. Im Westen wurde der Effekt aber erstmals 1895 von Richard Kayser, einem Arzt in Breslau, beschrieben.[6][7][8]
Funktion

Den abgeschwollenen Zustand nennt man Arbeitsphase; in dieser strömt viel Luft durch die Nasenhöhle. Es entstehen vermehrt Turbulenzen, so dass die Atemluft besser befeuchtet werden kann.
Ist eine Seite geschwollen, befindet sie sich in der Ruhephase; in dieser gelangt weniger Luft durch die Nasenhöhle und die Bildung von Turbulenzen wird vermindert. Somit verringert sich der Kontakt der Atemluft mit der Schleimhaut, daher wird weniger Feuchtigkeit abgegeben.[3]
Beschreibung
Bei gesunden Menschen dauert der Zyklus zwischen 30 Minuten und 14 Stunden, im Durchschnitt 2,4 Stunden.[3] Zwischen Tag und Nacht zeigt sich kein großer Unterschied. Das Verhältnis des Luftstroms zwischen Arbeits- und Ruhephase ist nachts deutlich größer als am Tag.[4]
Bei Menschen mit obstruktivem Schlafapnoe-Syndrom zeigt sich eine andere Abhängigkeit des Zyklus von der Körperlage als bei Kontrollgruppen. Das lässt sich mit dem erhöhten Sympathikotonus der Patienten begründen. Bei über 80 % der betroffenen Personen schwillt die Nasenmuschel auf derjenigen Körperseite an, auf der die Person liegt.[4]
Bedeutung
Heute existiert in der englischsprachigen Fachliteratur eine Reihe von Untersuchungen zur Manipulation des Nasenzyklus durch forcierte einseitige Nasenlochbelüftung und die dadurch erreichten physiologischen und psychologischen Auswirkungen.[9]
So konnte u. a. schon 1999 in einer Versuchsserie des Neurowissenschaftlers Noam Sobel gezeigt werden, dass durch die unterschiedlichen Strömungsgeschwindigkeiten der Luft in beiden Nasenkanälen und die damit einhergehende längere oder kürzere Zeit, die ein Duftstoff zur Bindung an den „für ihn zuständigen“ langsameren oder schnelleren Rezeptor hat, ein insgesamt breiteres Spektrum an Duftstoffen wahrnehmbar wird.[10][11]
Kritik
In neuerer Zeit wird die Existenz des Nasenzyklus bestritten. Ihn mit anderen periodischen Vorgängen vor allem im Gehirn in Verbindung zu bringen sei höchst spekulativ.[12]
Einzelnachweise
- ↑ Durch die Nase atmen: Atmen wir gleichzeitig durch beide Nasenlöcher? auf wer-kann-das-wissen.de, zuletzt abgerufen am 24. August 2024.
- ↑ Ulrich Koehler und Mitarbeiter sprechen von 70 bis 90 %. Why you should know the “nose cycle” as a pneumologist and sleep medicine specialist. In: Pneumologie. Band 77, Nr. 3, März 2023, S. 158–161 (PubMed)
- ↑ a b c Vanessa Reinefeld: Rhinoresistometrische und Akustisch-Rhinometrische Untersuchungen zur Effektivität der Nd:YAG-Lasermuschelkaustik. Dissertation an der FU Berlin, abgerufen am 31. Juli 2017.
- ↑ a b c Der Nasenzyklus bei Obstruktivem Schlaf-Apnoe-Syndrom: eine vergleichende, prospektive Untersuchung mit Polysomnographie und Langzeit-Flowmetrie. In: Laryngo-Rhino-Otol. 2004; 83 - 22_5.
- ↑ E. F. Reins, C. Weindel, T. K. Hoffmann, F. Sommer, F. Stupp, A.-S. Halbig, J. Lindemann: Definition und Darstellung der verschiedenen Typen des Nasenzyklus mittels Langzeitrhinometrie. In: HNO, Springer-Medizin, Ausgabe 2/2022.
- ↑ Richard Kayser: Die exacte Messung der Luftdurchgängigkeit der Nase. In: Archiv für Laryngologie und Rhinologie (Berlin). Band 94, August 1895, S. 149–156.
- ↑ Richard Kayser: Über den Weg der Athmungsluft durch die Nase. In: Zeitschrift für Ohrenheilkunde, Band 20 (1889), S. 96–106.
- ↑ J. Scheideler: Die Messung der absoluten Luftdurchgängigkeit der menschlichen Nase. In: Archiv für Ohren-, Nasen- und Kehlkopfheilkunde (Springer-Verlag), 1. Juni 1939, Band 146, Nummer 2, S. 170–179. doi:10.1007/BF01583028.
- ↑ David S. Shannahoff-Khalsa: Selective Unilateral Autonomic Activation: Implications for Psychiatry. CNS Spectr. 2007, 12(8): 625–634.
- ↑ Noam Sobel, Rehan M. Khan, Amnon Saltman, Edith V. Sullivan, John D. E. Gabrieli: Olfaction: The world smells different to each nostril. In: Nature. 402. Jahrgang, Nr. 6757. Macmillan Magazines Ltd., 4. November 1999, ISSN 0028-0836, S. 35, doi:10.1038/46944, PMID 10573415, bibcode:1999Natur.402...35S (englisch).
- ↑ Christoph Drösser; Mit zwei Nasenlöchern riechen wir besser als mit einem, DIE ZEIT, 21. November 2024 (Bezahlschranke) Zuletzt abgerufen am 9. März 2025.
- ↑ Die Zeit, Nummer 8/2000 vom 17. Februar 2000.