NS-Baureihe 1100
| NS-Baureihe 1100 | |
|---|---|
![]() 1110 im Lieferzustand (Juni 1955)
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| Nummerierung: | 1101–1160 |
| Anzahl: | 60 |
| Hersteller: | Alsthom |
| Baujahr(e): | 1950–1952, 1955–1956 |
| Ausmusterung: | 1985–1999 |
| Achsformel: | Bo’Bo’ |
| Spurweite: | 1435 mm (Normalspur) |
| Länge über Puffer: | 12 984 mm 14 144 mm (umgebaut) |
| Höhe: | 4416 mm |
| Breite: | 2988 mm |
| Drehzapfenabstand: | 6000 mm |
| Drehgestellachsstand: | 2950 mm |
| Gesamtradstand: | 8950 mm |
| Dienstmasse: | 80,0 t 82,7 t (umgebaut) |
| Höchstgeschwindigkeit: | 126 km/h 130 km/h (umgebaut) |
| Dauerleistung: | 2030 kW |
| Anfahrzugkraft: | 155 kN |
| Leistungskennziffer: | 25,4 kW/t 24,5 kW/t (umgebaut) |
| Treibraddurchmesser: | 1250 mm |
| Stromsystem: | 1,5 kV = |
| Stromübertragung: | Oberleitung |
| Anzahl der Fahrmotoren: | 4 × Alsthom TA 628 A |
| Antrieb: | Hohlwelle |
| Übersetzungsverhältnis: | 3,700 : 1 |
| Bauart Fahrstufenschalter: | 33-stufiger Fahrschalter und Widerstandssteuerung |
| Lokbremse: | Druckluft, Handbremse |
| Zugbremse: | Druckluft |
| Zugbeeinflussung: | ATB-EG (ab 1963) |
| Zugheizung: | elektrisch |
| Kupplungstyp: | Schraubenkupplung |
| Quellen:[1][2] | |
Die Baureihe 1100 der Nederlandse Spoorwegen (NS) ist eine Baureihe elektrischer Universallokomotiven für 1,5 kV Gleichspannung mit der Achsfolge Bo’Bo’, die in den Jahren 1950 bis 1956 basierend auf der Reihe BB 8100 der Société nationale des chemins de fer français (SNCF) von Alsthom in 60 Exemplaren gebaut wurde. Alle Fahrzeuge wurden bis 1999 ausgemustert und großenteils verschrottet. Fünf Maschinen blieben erhalten.
Geschichte
In den Jahren 1948 und 1949 bestellten die Nederlandse Spoorwegen (NS) bei Alsthom in Belfort in drei Tranchen insgesamt 50 elektrische Universallokomotiven für das niederländische 1,5-kV-Gleichspannungsnetz, welche weitgehend der 1947 eingeführten Reihe BB 8100 der Société nationale des chemins de fer français (SNCF) entsprechen sollten.[1] Vor Produktionsbeginn kamen 1949 einige Lokomotiven der älteren Reihe BB 300 leihweise in die Niederlande und verblieben dort bis 1951.[1]
Die 1101, die erste Maschine der neuen Baureihe 1100, wurde am 20. Juni 1950 fertiggestellt. Auf Probefahrten zwischen Laroche-Migennes und Dijon erreichte sie eine Spitzengeschwindigkeit von 135 km/h.[1] Am 3. Juli 1950 kam sie im Ausbesserungswerk Tilburg an, wurde zwei Tage später nach Amsterdam verlegt und von dort aus im schnellen Reise- sowie im Güterzugdienst erprobt.[1] Der Plandienst begann Ende September. Aufgrund von Qualitätsmängeln kam es vorerst zu erheblichen Lieferverzögerungen.[1] Zum Ende des Jahres 1950 waren gerade einmal fünf Fahrzeuge in Betrieb. Ende 1951 befanden sich bereits 39 und Ende 1952 alle 50 Lokomotiven mit den Nummern 1101 bis 1150 in den Niederlanden. 1954 bestellten die NS weitere zehn Maschinen, die in den Jahren 1955 und 1956 abgeliefert und mit den Nummern 1151 bis 1160 in Dienst gestellt wurden. Als letzte Lokomotive ihrer Baureihe kam die 1160 am 5. Juli 1956 in den Niederlanden an.[1]
Neben den ab 1951 für den schweren Reise- und Güterzugdienst beschafften sechsachsigen Baureihen 1200 und 1300 trugen die kurzzeitig in Amsterdam Zaanstraat, ab Mai 1951 in Maastricht stationierten Lokomotiven der Baureihe 1100 über lange Zeit die Hauptlast auf dem elektrifizierten Streckennetz der NS.[1] Eingesetzt wurden sie vor allen Zuggattungen, von lokalen Güterzügen bis hin zu hochrangigen Fernzügen wie dem TEE 7 „Rheingold“, dem TEE 10/11 „Rembrandt“ oder dem D 200 „Italien-Holland-Express“.[1] Die ursprüngliche schmutzempfindliche türkise Farbgebung wurde ab 1954 durch eine dunkelblaue und diese ab 1971 durch eine gelb-graue ersetzt.[1]
Zwei Maschinen, die 1156 am 4. Juni 1961 und die 1131 am 8. Januar 1962, wurden bei Unfällen so schwer beschädigt, dass sie vor Ort zerlegt werden mussten. Auch bei drei weiteren Unfällen in den Jahren 1970, 1975 und 1978 wurden Lokomotivpersonale schwer verletzt oder getötet. Um das Personal im Falle einer Kollision besser zu schützen, wurden zwischen 1978 und 1982 im Werk Tilburg alle 58 noch vorhandenen Fahrzeuge umgebaut und erhielten dadurch ein neues, von markanten Vorbauten geprägtes Erscheinungsbild.
Mit der Indienststellung der Baureihe 1600 ab 1981 sowie der Baureihen 1700 und DDZ ab 1991 verlor die Baureihe 1100 zunehmend an Bedeutung und wurde in untergeordnete Dienste verdrängt. Dennoch kamen die Lokomotiven bis 1998 aushilfsweise vor EuroCity- und anderen Fernzügen zum Einsatz. Mit der Aufgliederung der NS in Geschäftsfelder kamen die letzten verbliebenen Maschinen am 1. Januar 1999 zu NS Cargo.[1] Einige wurden von NS Reizigers angemietet und im Reisezugdienst oder als Heizlokomotiven genutzt.[1] Sämtliche Fahrzeuge wurden von 1985 bis 1999 ausgemustert, die meisten davon zwischen 1986 und 2003 zerlegt.[1] Die vom Nederlands Spoorwegmuseum als Ersatzteilspender gebrauchte 1111 folgte im Oktober 2009. Die Lokomotiven 1107, 1122, 1125, 1136 und 1145 blieben museal erhalten.[1] Für das 150-jährige Jubiläum der Niederländischen Eisenbahnen im Jahr 1989 wurde die 1125 als einzige wieder in den Originalzustand versetzt.[3]
Technik
Der geschweißte Lokomotivkasten ruht auf zwei kurzgekuppelten zweiachsigen Drehgestellen, an welchen auch die Zug- und Stoßeinrichtungen montiert sind.[1] Wie bei den SNCF-Maschinen sind die Radsatzlager Gleitlager und werden von Lemniskatenlenkern geführt. Die Primärfederung besteht jedoch nur noch aus Schraubenfedern, weshalb die Drehgestellrahmen verändert wurden. Jeder der vier Treibradsätze wird über eine Hohlwelle von einem Reihenschluss-Fahrmotor angetrieben.
Die Stromabnahme aus der Oberleitung, an welcher eine Gleichspannung von 1,5 kV anliegt, erfolgt über zwei Scherenstromabnehmer des Typs G5 von Faiveley.[1] Die Leistungsanpassung wird mit einem 33-stufigen Fahrschalter durch die Zuschaltung von Anfahrwiderständen vorgenommen. In den Fahrstufen 1 bis 17 sind die Fahrmotoren in Reihe, ab Fahrstufe 18 in zwei Gruppen parallel geschaltet.[1] Über einen am Fahrschalterhandrad angeordneten zusätzlichen Schalter können in den Fahrstufen 14 bis 17 und 31 bis 33 Nebenschlusswiderstände zur Feldschwächung zugeschaltet werden.[1] Ein Umformer versorgt das mit 24 V Gleichspannung betriebene Bordnetz.[1]
Bei den Fahrpersonalen waren die Lokomotiven aufgrund ihrer mangelnden Laufruhe, der unkomfortablen Gestaltung der Führerstände sowie der Lautstärke der Fahrmotor- und Widerstandslüfter sehr unbeliebt. Ab 1973 wurden daher bequemere Führersitze nachgerüstet und ab 1977 die Dämpfung der Drehgestelle überarbeitet. Außerdem bestand bei Unfällen kein ausreichender Schutz des Personals, weshalb ab 1978 Vorbauten angesetzt und die Drehgestellrahmen verlängert wurden. Eine verbesserte Schalldämmung der Führerstände wurde bei diesem Umbau ebenfalls realisiert. Darüber hinaus wurden ab 1958 eine Schleuderschutzbremse, ab 1963 eine ATB-EG-Fahrzeugausrüstung und ab 1980 Hochleistungspuffer nachgerüstet.[1]
Erhaltene Fahrzeuge
| Nummer | Indienststellung | Ausmusterung | Eigentümer | Anmerkungen |
|---|---|---|---|---|
| 1107 | 01.02.1951 | 14.04.1999 | Nederlands Spoorwegmuseum | Drehgestelle der zerlegten 1111 eingebaut; abgestellt in Blerick |
| 1122 | 07.06.1951 | 31.01.1999 | Stichting Klassieke Locomotieven | |
| 1125 | 26.07.1951 | 27.09.1987 | Nederlands Spoorwegmuseum | 1989 wieder in den Originalzustand versetzt; zeitweise als 1122 nummeriert; Drehgestelle der 1107 eingebaut |
| 1136 | 22.11.1951 | 07.05.1999 | Stoomtrein Goes–Borsele | |
| 1145 | 09.04.1952 | 15.02.1999 | k. A. | Denkmal im ehemaligen Ausbesserungswerk Tilburg |
Galerie
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Fabrikneue 1107 mit Schnellzug
(Februar 1951) -
Verunfallte 1136 bei Zoetermeer
(Januar 1968) -
1133 in dunkelblauer Farbgebung mit neuem Firmenlogo
(Mai 1969) -
1123 in gelb-grauer Farbgebung mit Schnellzug in Utrecht Centraal
(März 1977) -
Umgebaute 1147 mit deutlich erkennbarem Vorbau vor einem InterCity in Eindhoven Centraal
(Juli 1985)
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t Elektrische locomotieven serie 1100. In: Railwiki. 14. August 2025, abgerufen am 23. August 2025 (niederländisch).
- ↑ Ralph van Meer, Steef Janssens: Loc 1136 van Stichting Stoomtrein Goes Borsele. In: Nederlandse Museummaterieel Database. Abgerufen am 19. August 2025 (niederländisch).
- ↑ NS 1125. In: Spoorwegmuseum. Abgerufen am 19. August 2025 (niederländisch).
