N-Vinylformamid

Strukturformel
Strukturformel von N-Vinylformamid
Allgemeines
Name N-Vinylformamid
Andere Namen
  • N-Ethenylformamid
  • VFA
Summenformel C3H5NO
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 13162-05-5
EG-Nummer 236-102-9
ECHA-InfoCard 100.032.806
PubChem 83191
ChemSpider 75058
Wikidata Q1959616
Eigenschaften
Molare Masse 71,08 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig[1]

Dichte

1,02 g·cm−3[1]

Schmelzpunkt

−8,9 °C[1]

Siedepunkt

210 °C[2]

Dampfdruck

40 Pa (30 °C)[1]

Löslichkeit

mit Wasser vollständig mischbar[1]

Brechungsindex

1,492 (25 °C)[3][4]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[5]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 302​‐​318​‐​360FD​‐​373
P: 201​‐​280​‐​301+312+330​‐​302+352​‐​305+351+338+310​‐​308+313[5]
Toxikologische Daten
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C

N-Vinylformamid (VFA), auch als N-Ethenylformamid bezeichnet, ist ein Amid der Ameisensäure.

Eigenschaften

N-Vinylformamid ist eine klare, fast farblose Flüssigkeit, die mit Wasser beliebig mischbar ist. Die Löslichkeit in polaren organischen Lösungsmitteln ist sehr gut. Im Vakuum ist N-Vinylformamid destillierbar. Bei 13 mbar beträgt der Siedepunkt 84 °C, bei 5 mbar 80 °C. Der berechnete Siedepunkt bei Normaldruck beträgt ca. 210 °C.[6] Unstabilisiert ist es bei Temperaturen oberhalb von 40 °C nicht stabil, da es zur Zersetzung beziehungsweise zur selbstkatalysierten Polymerisation neigt. Bei −10 °C kann es dagegen über ein Jahr unverändert gelagert werden. In wässriger Lösung ist VFA im pH-Bereich 7 bis 8 relativ stabil, während es im Sauren (pH-Wert <4) oder im Alkalischen (pH-Wert >8,5) schnell hydrolysiert.[6]

VFA ist nicht mutagen.[6]

Herstellung

N-Vinylformamid wurde erstmals 1964 – mehr zufällig – synthetisiert.[7] Dabei wurde ursprünglich versucht 2-Formylamino-propionitril durch Pyrolyse zu erhalten. Das gewünschte Produkt reagierte jedoch unter Abspaltung von HCN zu N-Vinylformamid weiter.[6]

Der weltgrößte Hersteller von VFA ist die BASF in Ludwigshafen am Rhein, die es unmittelbar zu dem vor allem in der Papierindustrie verwendeten Polyvinylamin weiterverarbeitet.[8] In der von diesem Unternehmen entwickelten großtechnischen Synthese wird N-Vinylformamid aus Acetaldehyd und Formamid hergestellt (vgl. auch Abbildung). Zunächst wird dabei Acetaldehyd (1) mit Blausäure zu Milchsäurenitril (2) umgesetzt. An dieses wird unter Wasserabspaltung Formamid kondensiert, so dass 2-Formylamino-propionitril (3) entsteht. Dieses spaltet bei erhöhten Temperaturen Blausäure ab, so dass schließlich N-Vinylformamid (4) entsteht. Die Blausäure geht dabei in den Reaktionskreislauf zurück.

Die großtechnische Synthese von N-Vinylformamid
Die großtechnische Synthese von N-Vinylformamid

Verwendung

Seit Beginn des 21. Jahrhunderts wird N-Vinylformamid großtechnisch hergestellt. Es dient als Monomer für die Polymerisation zu Polyvinylformamid, das wiederum teilweise oder vollständig zu Polyvinylamin hydrolysiert wird.

Literatur

  • W. Auhorn, F. Linhart: Polyvinylamin – Eine neue Klasse von Polymeren für die Papierherstellung mit umweltfreundlichen Eigenschaftsprofil. In: Das Papier 46/1992, S. 38–45.
  • W. J. Auhorn: Spezialchemikalien für Spezialpapiere – Chemikalien zur Erzielung multifunktioneller Eigenschaften. In: Wochenblatt für Papierfabrikation 8/1999, S. 505–510.
  • Alexander Madl, Stefan Spange, Norbert Mahr: Bromine as an initiator for the oligomerization of vinylformamide (VFA). In: Polymer Bulletin. Band 44, Nr. 1, 2000, S. 39–46, doi:10.1007/s002890050571.
  • Torsten Meyer, Stefan Spange, Stephanie Hesse, Christian Jäger, Cornelia Bellmann: Radical Grafting Polymerization of Vinylformamide with Functionalized Silica Particles. In: Macromolecular Chemistry and Physics. Band 204, Nr. 4, 2003, S. 725–732, doi:10.1002/macp.200390042.
  • Alexander Madl, Stefan Spange: Synthesis and application of oligo(vinylamine). In: Macromolecular Symposia. Band 161, Nr. 1, 2000, S. 149–158, doi:10.1002/1521-3900(200010)161:13.0.CO;2-P.

Einzelnachweise

  1. a b c d e G. Hommel, H. F. Bender: Handbuch der gefährlichen Güter. Springer, ISBN 3-540-20370-2, Merkblatt 2481.
  2. Datenblatt N-Vinylformamide bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 13. Januar 2021 (PDF).
  3. Robert K. Pinschmidt Jr., Walter L. Renz, W. Eamon Carroll, Khalil Yacoub, Jennifer Drescher, A. F. Nordquist, Ning Chen Air Products: N-Vinylformamide – Building Block for Novel Polymer Structures. In: Journal of Macromolecular Science, Part A. Band 34, Nr. 10, 1997, S. 1885–1905, doi:10.1080/10601329708010315.
  4. S. Jendrzejewski, W. Steglich: Thermolyse von Oxazolin-5-onen, XI1)N-Acylimine und Enamide durch Gasphasenpyrolyse von 4-Alkyl-2-oxazolin-5-onen. In: Chemische Berichte. Band 114, Nr. 4, 1981, S. 1337–1342, doi:10.1002/cber.19811140412.
  5. a b Eintrag zu N-Vinylformamid in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 3. Januar 2023. (JavaScript erforderlich)
  6. a b c d e f A. Madl: Die kationisch induzierte Oligomerisation von N-Vinylformamid. Chemnitz 2000, DNB 962394262, urn:nbn:de:bsz:ch1-200000482 (Dissertation, TU Chemnitz).
  7. P. Kurtz, H. Disselnkötter: Enamide. In: Justus Liebigs Annalen der Chemie. Band 764, Nr. 1, 1973, S. 69–93, doi:10.1002/jlac.19727640110.
  8. Polyvinylformamid und Polyvinylamin (Memento vom 28. Juni 2007 im Internet Archive). In: Nachrichten aus der Chemie 49/2001.