Museo Casorella
Der Palazzo Casorella in Locarno | |
| Daten | |
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| Ort | Via Bartolomeo Rusca 6600 Locarno |
| Art |
Moderne und zeitgenössische Kunst
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| Gründungsdatum | 10. April 1965 (Museo d’Arte Moderna) 14. März 1987 (Pinacoteca comunale Casa Rusca) |
| Eröffnung | 6. April 2019 (als Museo Casorella) |
| Besucheranzahl (jährlich) | 9'080[1] |
| Leitung |
Sébastien Peter
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| Website | |
Das Museo Casorella (Casorella-Museum) in Locarno in der Schweiz beherbergt seit 2019 die städtische Kunstsammlung, die sich zuvor in der Casa Rusca befand. Die Sammlung und das Renaissance-Gebäude, die Casorella, sind Kulturgüter von nationaler Bedeutung.[2]
Gebäude
Die Casorella (Orelli-Haus) steht neben dem Castello Visconteo, in dem sich das Museo civico e archeologico befindet, und ist zu Fuss in einer Viertelstunde vom Bahnhof Locarno aus erreichbar.
Der älteste Teil des Gebäudes wurde wohl gegen Ende des 16. Jahrhunderts im Gebiet des ehemaligen Burggrabens von Andrea Lussi erbaut.[3] Dabei wurde die alte Burgmauer mit einbezogen. Um 1615 ist Melchior Lussi, Landschreiber der Vogtei Locarno und Neffe des Landammanns Melchior Lussi, als Besitzer dokumentiert, der es seiner Tochter Anna Barbara als Mitgift in ihre Ehe mit Giovan Antonio Orelli gab, womit es langfristig in den Besitz der Orelli dei Capitani gelangte. 1678/79 weigerten sich die Orelli, das Haus der Alten Eidgenossenschaft zu verkaufen, die daraus den neuen Sitz des Landvogts machen wollte. Noch im 17. Jahrhundert wurde die nunmehrige «Casorella» (Casa Orelli) im barocken Stil umgebaut und erweitert. Umgestaltungen im Innern erfolgten 1773 (hier entstand auch das Gemälde Das Urteil des Paris von Giuseppe A. F. Orelli im Ehrensaal), 1787 und 1850.[4] Ehe es von der Stadt Locarno aufgekauft wurde, befand sich das Gebäude zuletzt im Besitz der Rusca, weswegen es noch im 20. Jahrhundert bisweilen auch «Casa Rusca» genannt wurde.[3]
In den 1980er Jahren war die Casorella in einem «Zustand tadelnswerter Verwahrlosung». 1984 gewährte das Gemeindeparlament von Locarno einen Kredit von 1,5 Millionen Franken zu ihrer Renovierung, um sie künftig wieder als Teil des Stadtmuseums zu nutzen.[5] Die budgetierten Kosten wurden massiv überschritten und beliefen sich zuletzt auf etwa 4 Millionen Franken.[6] Die Einweihung fand am 6. November 1993 statt. Ab dem Folgetag waren zwei Ausstellungen zugänglich, eine mit Gemälden von Filippo Franzoni und eine numismatische mit Münzen aus der Magna Graecia und Sizilien.[7]
Geschichte der städtischen Sammlung
Teil des Stadtmuseums (1965–1987)
Die Sammlung war ursprünglich als Museo d’Arte Moderna (Museum für moderne Kunst) in Sälen des Stadtmuseums Museo civico e archeologico untergebracht. Ihren Grundstein legte Hans Arp (1886–1966), indem er seiner Wahlheimat Locarno kurz vor seinem Tod 41 Kunstwerke schenkte. Darunter befanden sich sechs Skulpturen und zwanzig Reliefs von ihm selbst, ferner Werke von Sophie Taeuber-Arp, Theo van Doesburg, Victor Vasarely, Marcel Janco und Arthur Segal. Sein Freund, der Bildhauer Remo Rossi, gewann Alberto Magnelli, Hans Richter, Italo Valenti, Zoltán Kemény und Julius Bissier zu weiteren Schenkungen ihrer Werke. Die Dauerausstellung mit den so zusammengekommenen etwa fünfzig Werken wurde am 10. April 1965 eingeweiht. Kurator wurde Rossi.[8]
1973 vermachte der Verleger und Intellektuelle Nesto Jacometti (1898–1973) der Stadt Locarno seine Sammlung von Drucken, Zeichnungen und Gemälden aus dem Umkreis der École de Paris und von anderen Künstlern der Nachkriegszeit, darunter Pablo Picasso, Georges Braque, Marc Chagall, Cuno Amiet, Gino Severini, Alfred Manessier, Karel Appel und Sugai Kumi. Jacomettis Nachlass wurde als zweite permanente Kunstausstellung in das Museum integriert und am 2. April 1977 eingeweiht. Verantwortlich für die Organisation zeichnete abermals Remo Rossi.[9][10]
Kommunale Pinakothek in der Casa Rusca (1987–2019)
In den 1980er Jahren litt das Museum unter zunehmenden Platzproblemen. Ausserdem mussten die Exponate dringend restauriert und die Ausstattung modernisiert werden. Der Museumsdirektor Rudy Chiappini erarbeitete deswegen gemeinsam mit den Architekten Vittorio Pedrocchi und Paolo und Franco Moro ein Konzept, das die Auslagerung der Kunstsammlung in die kürzlich erworbene Casa Rusca vorsah. Das Castello sollte ein reines Heimatmuseum mit archäologisch-historischer Ausrichtung und die Verwaltung, das Archiv und der Lesesaal sollten in die benachbarte Casorella ausgelagert werden. Alle Gebäude sollten umgebaut werden.
Am 17. Februar 1984 unterbreitete Chiappini den Plan dem Stadtpräsidenten Diego Scacchi.[11] Im April 1984 bat der Stadtrat das Gemeindeparlament um einen Kredit von 3,35 Millionen Franken für den Umbau der Casa Rusca und der Casorella, der schliesslich bewilligt wurde. Die neue kommunale Pinakothek (Pinacoteca comunale Casa Rusca) wurde am 14. März 1987 mit einer prestigeträchtigen Ausstellung über den Barockmaler Giovanni Serodine eröffnet,[12] die unter dem Patronat des Schweizer Bundespräsidenten Pierre Aubert und des italienischen Staatspräsidenten Francesco Cossiga stand und Werke aus weltberühmten Museen wie dem Prado, dem Louvre und der Scottish National Gallery zeigte.[13] Am 30. Mai folgte eine Ausstellung mit Gemälden von Ennio Morlotti.[14] Die offizielle Einweihung fand am 5. Dezember statt, als die Dauerausstellung zugänglich gemacht wurde.[15]
Kunstmuseum in der Casorella (seit 2019)
Am 7. April 2019 wurde die Casorella als neuer Sitz der Dauerausstellung der städtischen Kunstsammlung eingeweiht. In der Casa Rusca finden seither nur noch Wechselausstellungen statt.[16]
Sammlung
Die Sammlung umfasst rund 4'500 Gemälde, Skulpturen und Drucke. Nebst den bereits erwähnten Künstlern sind auch einige Gemälde von Filippo Franzoni zu sehen. Auf der Wiese vor dem Museum steht ein Skulpturenpark mit Werken von Max Bill.[16]
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Filippo Franzoni: Jugendbildnis des Dienstmädchens Margherita Massera (um 1888) -
Paul Klee: Wohin? (1920) -
Giovanni Bianconi: Selbstbildnis mit Sonne (1920er Jahre)
Literatur
- Virgilio Gilardoni: La Casorella. In: Locarno e il suo circolo (= Die Kunstdenkmäler der Schweiz. Band 60). Birkhäuser, Basel 1982, S. 75–82 (ekds.ch).
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Rapporto statistico sul settore culturale nel Cantone Ticino. Quaderno 24/2024, S. 32 (PDF; 1,15 KB).
- ↑ Inventario PBC 2021: Lista cantonale del Canton TI (Stato: 1.1.2024). In: admin.ch. S. 9 (PDF; 147 kB).
- ↑ a b Lo storico edificio. Museo Casorella, abgerufen am 28. August 2025.
- ↑ Virgilio Gilardoni: La Casorella. In: Locarno e il suo circolo (= Die Kunstdenkmäler der Schweiz. Band 60). Birkhäuser, Basel 1982, S. 75–82 (ekds.ch).
- ↑ Restauro e riattazione di Casa Rusca e Casorella. In: Gazzetta Ticinese. 19. April 1984, S. 8 (online).
- ↑ Restauro alla meta. In: Eco di Locarno. 21. Juli 1992, S. 15 (online).
- ↑ Casorella, le porte aperte domani. In: Giornale del Popolo. 6. November 1993, S. 11 (online).
- ↑ Il Museo d’arte moderna nel Castello dei Visconti. In: Eco di Locarno. 5. April 1965, S. 2 (online).
- ↑ Enrico Brenna: Nella collezione che Nesto Jacometti ha lasciato al Comune, i più bei nomi della pittura moderna. In: Eco di Locarno. 2. April 1977, S. 2 (online).
- ↑ Aperta al castello la collezione d’arte donata alla città da Nesto Jacometti. In: Giornale del Popolo. 4. April 1977, S. 7 (online).
- ↑ Per una miglior attività museografica a Locarno. In: Gazzetta Ticinese 18. Februar 1984, S. 12 (online).
- ↑ La nuova pinacoteca. In: Eco di Locarno. 14. März 1987, S. 4 (online).
- ↑ Serodine-Ausstellung. In: Neue Zürcher Zeitung. Nr. 62, 16. März 1987, S. 21 (online).
- ↑ Oggi si aprirà a Casa Rusca l’attesa mostra su Morlotti. In: Eco di Locarno. 30. Mai 1987, S. 12 (online).
- ↑ Tutto pronto per l’apertura della pinacoteca cittadina. In: Eco di Locarno. 3. Dezember 1987, S. 6 (online).
- ↑ a b Eröffnung des neuen Museo Casorella, Locarno. Museo Casorella, 2019 (Pressemitteilung; PDF; 1,27 MB).