Monte Viso

Monte Viso
Ostseite des Monviso im Winter
Ostseite des Monviso im Winter
Höhe 3841 m s.l.m.
Lage Piemont, Italien
Gebirge Cottische Alpen
Dominanz 60,4 km → Mont Pelvoux
Schartenhöhe 2062 m ↓ Le Mauvais Pas
Koordinaten 44° 40′ 4″ N, 7° 5′ 20″ O
Monte Viso (Piemont)
Monte Viso (Piemont)
Erstbesteigung 30. August 1861 durch Michel Croz, Jean Baptiste Croz, William Mathews und Frederik Jacomb
Normalweg Kletterei meist bis II, eine Stelle III
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Monte-Viso. Historisches Luftbild von Werner Friedli (1957)

Der Monviso (auch: Monte Viso, franz. Mont Viso, okzitan. Vìsol, piemont.: Ël Viso) ist mit 3841 m Höhe der höchste Gipfel der Cottischen Alpen. Er liegt im Nordwesten Italiens nahe der Grenze zu Frankreich. Seit dem 29. Mai 2013 gehört das Gebiet als grenzüberschreitendes Biosphärenreservat (mit Frankreich) zum UNESCO-Welterbe.[1]

Lage und Landschaft

Der Monte Viso ist der höchste Gipfel der Cottischen Alpen. Mit rund 500 Metern Höhenunterschied ragt er deutlich über alle umliegenden Berge hinaus und ist daher weithin sichtbar. Bei klarem Wetter ist der Monviso von der gesamten westlichen Po-Ebene bis nach Piacenza zu sehen. Aufgrund seiner markanten Erscheinung spielt er eine wichtige Rolle in der regionalen Kultur. Dies unterstreicht auch die gebräuchliche Bezeichnung des Bergs als re di pietra („König aus Stein“).

An den nördlichen Hängen des Monte Viso befindet sich das Quellgebiet des Po, beim sogenannten Pian del Re (2020 m). Die Monviso-Gruppe ist weiterhin umgeben vom Valle Varaita und, auf französischer Seite, dem Guil-Tal und der Landschaft Queyras. Der nördliche Bereich der Gruppe, von der Punta Gastaldi bis zum Col de la Traversette, befindet sich an der französischen Grenze.

Geologie

Das Massiv wird vor allem aus den Gesteinen Serpentinit, Metagabbro und Metabasit (Monviso-Metaophiolith-Komplex) gebildet.[2]

Im Jahr 2003 wurde von Pierre Pétrequin von der Université de Franche-Comté in Besançon und seiner Frau Anne-Marie eine früh-jungsteinzeitliche Abbaustelle des sehr seltenen Gesteins Jadeitit entdeckt.[3][4] Es findet sich in Blöcken, die aus dem anstehenden Serpentinit auserodiert und talwärts verfrachtet wurden.[5]

Geschichte

Datiert wird der 2003 entdeckte Jadeitit-Steinbruch auf zwischen 5200 und 4000 vor Chr.[6][5] Der weitere Abbau des extrem zähen Materials kann nur durch Hitzesprengung erfolgt sein, bei der plattige Zerkleinerung möglich ist.[5] Aus dem Mineral, das sonst nur noch am Monte Beigua (südöstlich im Ligurischen Apennin) abgebaut wurde, wurden Steinbeilklingen hergestellt, die bis in die Bretagne (der Typ Rarogne), nach Bulgarien, Irland und Niedersachsen (Bermbeck)[7] getauscht wurden.[5][8]

Wegen seiner Höhe und Fernsicht galt der Monviso bei den Römern als der höchste Berg der Alpen und des Römischen Reiches.[9]

Der Gipfel wurde bereits von Vergil in der Aeneis erwähnt,[10] später in Dantes Göttlicher Komödie und Geoffrey Chaucers Canterbury Tales.

Erste Bergsteigungsversuche

Der erste dokumentierte Versuch, den Monviso zu besteigen, wurde 1836 vom Geometer Domenico Ansaldi aus Saluzzo unternommen. Aufgrund schlechter Wetterbedingungen in der Höhe scheiterte er jedoch und erreichte lediglich eine Höhe von 3700 m.

Um 1850 wurde ein weiterer Versuch von einem anonymen Zollhauptmann aus Abriès im Tal des Guil verzeichnet.

Paul Gullielmin schrieb:

Der Viso zeigt sich vom Tal des Guil aus in einem furchterregenden Aspekt. Die Feder weigert sich, diese senkrechte Wand zu beschreiben, die bis zum Gipfel von Eiskanälen durchzogen ist.

1851 scheiterte ein weiterer Versuch, ebenfalls an der Nordwestwand, durch den Amerikaner Black aus Boston am Gletscher des Triangolo, kurz unterhalb des Gipfels.

1860 misslang der erste Versuch der Gruppe um den Engländer William Mattews, zu der Croz, Bonney und Hawkschaw gehörten, ebenfalls an der Nordwestwand.

In den Jahren 1860 und 1861 unternahm Edward Whymper (später Erstbesteiger des Matterhorns) Erkundungstouren in der Gegend des Monviso, eröffnete einige Routen wie das Couloir del Porco und berichtete seinem Freund Mattews von seinen Eindrücken über die Geografie der Region.

1861 formierte sich die Gruppe von William Mattews neu, bestehend aus den Brüdern Michel und Jean Baptiste Croz, Bergführern aus Chamonix, sowie dem Engländer William Jacomb. Von Turin aus stiegen sie das Varaita-Tal hinauf bis nach Casteldelfino und erreichten mit Hilfe einheimischer Bergbewohner das Vallone delle Forciolline südlich des Monviso. Sie übernachteten auf 3400 m auf einer Felsplattform an der Südwand und erreichten am folgenden Morgen um 9:20 Uhr den Gipfel am 30. August 1861. Die von den Alpinisten begangene Route wurde später als Mattews-Route oder Südroute bezeichnet und gilt heute als Normalweg, also als die einfachste und am häufigsten genutzte Route zum Gipfel.[11]

1862 erreichte eine zweite Gruppe unter der Führung des Engländers Tuckett den Gipfel über die Mattews-Route.

1863, in einer Zeit des patriotischen Enthusiasmus nach der italienischen Einigung, organisierte der Senator Quintino Sella die erste italienische Expedition zum Monviso. Aufgrund der Bedeutung und Sichtbarkeit des Gipfels sollte dies eine propagandistische Botschaft des nationalen Aufschwungs sein. Die italienische Expedition erreichte den Gipfel am 12. August 1863. Am selben Tag wurde in Turin von den Teilnehmern der Club Alpino Italiano gegründet.

1864 fand die erste weibliche Besteigung durch Alessandra Boarelli und Cecilia Fillia statt.[12]

Routen und Hütten

Südwand (Normalweg) auch Via Mattews

Normalroute auf der Südwand, auch Mattews-Route genannt

Den Normalweg, der über die Südseite auf den Gipfel führt, erreicht man von Osten (Italien) vom Ausgangsort Crissolo im oberen Po-Tal über die Hütten Pian del Re und Quintino Sella am See Lago Grande di Viso (2640 m). Von Westen (Frankreich) erreicht man den Normalweg über die Hütte Rifugio Vallanta. Ein Stützpunkt für die Besteigung auf dem Normalweg ist das auf 3277 Metern Höhe gelegene Bivacco Andreotti, von dem aus man in 2 Stunden den Gipfel erreicht.

Ostgrat

Die erste offizielle Besteigung des Ostgrats erfolgte am 7. August 1902 durch Adolfo und Elena Kind, Ubaldo Valbusa und Alberto Weber.[13]

Die Besteigung weist alpinistische Schwierigkeiten vor allem des Grades AD (assez difficile) auf, mit Kletterpassagen bis zum Grad IV, insbesondere am Turm Saint Robert. Das Klettern ist nicht übermäßig technisch, erfordert jedoch große Aufmerksamkeit aufgrund der Exposition und der körperlichen Anstrengung, die erforderlich ist, um den langen und steilen Grat zu bewältigen.[14]

Der Startpunkt des Ostgrats ist die Quintino-Sella-Hütte (ca. 2020 m) und der Gipfel des Monviso liegt auf 3841 m, was einem Gesamt Höhenunterschied von ca. 1900 m entspricht. Der Aufstieg dauert je nach gewählter Route 5-7 Stunden und verläuft im oberen Teil überwiegend auf dem Grat.[15]

Nordwand (Couloir Coolidge)

Route der Nordwand entlang des Coolidge-Couloirs

Die Erstbesteigung der Nordwand erfolgte am 28. Juli 1881 durch den amerikanischen Theologen und Bergsteiger William Augustus Brevoort Coolidge zusammen mit den Bergführern Christian und Ulrich Almer. Angesichts der extremen Schwierigkeit und der Umweltbedingungen der Wand galt diese Leistung damals als Pionierleistung und als sehr avantgardistisch.[12]

Die Nordwand zeichnet sich durch ihre kältere und anspruchsvollere Lage im Vergleich zu den anderen Wänden des Monviso aus. Sie befindet sich nordöstlich des Hauptgipfels oberhalb des Lago Chiaretto entlang der Coolidge-Rinne, die oft auch im Sommer schneebedeckt ist. Die Besteigung weist alpinistische Schwierigkeiten vor allem des Grades D+ (difficile) auf.[16]

Nordwestroute (voie Guillemin)

Wanderwege

Der Monte Viso wird vom Wanderweg Giro di Viso umrundet, der auch durch den Tunnel Buco di Viso führt.[17]

Seit einigen Jahren findet – klassischerweise Ende August – auf Wegen im Gebiet um den Gipfel ein Traillauf-Wettkampf, die Tour Monviso Trail, statt. Diese umfasst drei Einzelwettkämpfe: Die 11 Kilometer lange Tour Monviso Walk mit 450 Höhenmetern im Aufstieg, die 23,3 Kilometer lange Tour Monviso Race mit 1825 Höhenmetern im Aufstieg und als längste Disziplin die 43 Kilometer lange Tour Monviso Trail mit 3066 Höhenmetern im Aufstieg.[18]

Kultur und Naturschutz

Das Monviso-Massiv ist als UNESCO-Biosphärenreservat ausgewiesen. Die Jadeitit-Abbaustellen sind ebenso ein Geotop wie archäologisches Denkmal von überragender Bedeutung.[8]

Literatur

Geologie:

  • Gianni Balestro, Gianfranco Fioraso, Bruno Lombardo: Geological map of the Monviso massif (Western Alps). In: Journal of Maps 9:4 (2013), S. 623–634, doi:10.1080/17445647.2013.842507 (pdf, tandfonline.com)

Alpinismus:

  • Sabine Bade, Wolfram Mikuteit: Piemont Wandern. Michael-Müller-Verlag, Erlangen 2010, ISBN 978-3-89953-566-2.
  • Sabine Bade, Wolfram Mikuteit: Giro del Monviso – Rund um und kreuz und quer durch die Region des Re di Pietra, Fernwege.de, Roxheim 2010, ISBN 978-3-941366-11-4.
  • Sabine Bade, Wolfram Mikuteit, Partisanenpfade im Piemont. Orte und Wege des Widerstands zwischen Gran Paradiso und Monviso, Querwege Verlag, Konstanz 2012, ISBN 978-3-941585-05-8.
  • Iris Kürschner: Piemont Süd Wanderführer, 50 Touren zwischen Monviso und den Ligurischen Alpen, Bergverlag Rother München, 1. Auflage 2008, ISBN 978-3-7633-4359-1.
  • Iris Kürschner: Hüttentrekking, Band 3: Westalpen, Bergverlag Rother München; 1. Auflage 2010; 3., aktualisierte Auflage 2017; ISBN 978-3-7633-3040-9.
Commons: Monte Viso – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. El Monviso è la nona riserva della biosfera. Parco del Po Cuneese, archiviert vom Original am 29. Dezember 2013; (italienisch).
  2. Lit. Balestro et al.: Geological map 2013;
    Vergl. The Monviso meta-ophiolite complex in the frame of the Penninic domain of southwestern Cottian Alps. Abb. 4. in Daniele Castelli et al.: Crust-mantle interactions during subduction of oceanic & continental crust. Juni 2014, DOI:10.3301/GFT.2014.03 (Abb. auf researchgate.net).
  3. P. Pétrequin, A. M. Pétrequin et al.: Beigua, Monviso e Valais. All'origine delle grandi asce levigate di origine alpina in Europa occidentale durante il V millenio. In: Rivista di Scienze Preistoriche LV, 2005, S. 265–322.
  4. Pierre Petrequin, Serge Cassen, Michel Errera, Lutz Klassen, Alison Sheridan; Anne-Marie Petrequin (Red.): Jade. Grandes haches alpines du Neolithique europeen. Ve et IVe millenaires av. J.-C. (= Les Cahiers de la MSHE Ledoux Band 17; Presses Universitaires de Franche-Comte et Centre de Recherche Archeologique de la Vallee de lAin Band 1224), Besançon 2012, ISBN 978-2-84867-412-4 (Besprechung, B. Ramminger, in Germania 95, dt., pdf, ub.uni-heidelberg.de).
  5. a b c d Ein 6000 Jahre altes Symbol der Macht. Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt: Fund des Monats: Januar 2008; insb. auch Abb. 3: Die Lage von Monte Viso und Monte Beigua und die Verbreitung großer Beile aus seltenen Gesteinen von diesen beiden Bergen.
  6. Pierre Pétrequin, Michel Errera, Anne-Marie Pétrequin, Pierre Allard: The Neolithic Quarries of Mont Viso, Piedmont, Italy: Initial Radiocarbon Dates. In: European Journal of Archaeology 9(1), April 2006, S. 7–30, doi:10.1177/1461957107077703 (researchgate.net).
  7. [https://www.google.com/search?client=firefox-b-e&q=jadebeil+bermbeck Jadebeil
  8. a b Franco Rolfo et al.: The Monviso Massif and the Cottian Alps as Symbols of the Alpine Chain and Geological Heritage in Piemonte, Italy. In: Geoheritage, März 2015, Volume 7, Issue 1, S. 65–84 (link.springer.com).
  9. Gesine: Monviso (3.841m) – höchster Alpengipfel der Antike 🏔️ • Rother Wanderglück. In: Rother Wanderglück. 6. August 2021, abgerufen am 28. August 2025.
  10. Vergil: Aeneis, X, 708–9: „Actus aper, multos Vesulus quem pinifer annos defendit multosque palus Laurentia“. Vergleiche dazu etwa Vergil: Aeneis. Zweiter Teil. Siebentes bis zwölftes Buch: Die Waffen. Herausgegeben von Carl Thiel. Berlin 1838, S. 525. Abgerufen am 29. Januar 2017 um 19:55 Uhr.
  11. Die Erstbesteigungen des Monviso. Blog, Wolfram Mikuteit, auf westalpen.wordpress.com, 27. Februar 2009 (zuletzt abgerufen am 6. Oktober 2019).
  12. a b Roberto Mantovani: Mont Viso L'icone des montagnes piémontaieses. In: Fusta Editore (Hrsg.): Sammelband.
  13. Storie di vie. La Cresta Est del Monviso. Abgerufen am 31. August 2025 (italienisch).
  14. Storie di vie. La Cresta Est del Monviso. Abgerufen am 31. August 2025 (italienisch).
  15. Storie di vie. La Cresta Est del Monviso. Abgerufen am 31. August 2025 (italienisch).
  16. Monte Viso (m.3841), Parete Nord - Canalone Coolidge - Scuola Guido Della Torre. Abgerufen am 31. August 2025.
  17. vgl. Kürschner 2017, Seite 198–203.
  18. Tour Monviso Trail. Abgerufen am 27. Januar 2017 um 22:30 Uhr.