Mineralogisches Museum der Philipps-Universität Marburg

Mineralogisches Museum der Philipps-Universität Marburg

Museum im Kornhaus am Firmaneiplatz (2015)
Daten
Ort Marburg Welt-Icon
Art
Mineralogisches Museum
Gründungsdatum 1790
Betreiber
Leitung
Sebastian Müller
Website
ISIL DE-MUS-156212

Das Mineralogische Museum der Philipps-Universität Marburg ist eine umfangreiche wissenschaftliche Sammlung mineralogischer und geologischer Objekte in Marburg. Sie geht auf das Ende des 18. Jahrhunderts zurück und beherbergt rund 60.000 Mineralien, 55.000 Gesteinsproben, 15.000 Edelsteinrohproben und 150 Meteoriten.[1] Damit gilt es als größte Mineralien- und Gesteinssammlung in Hessen.

Das Museum dient als Lehr- und Forschungssammlung des Fachbereichs Geographie der Philipps-Universität Marburg. Es ist im historischen Kornhaus am Firmaneiplatz untergebracht, einem ehemaligen Backhaus und Kornspeicher des Deutschen Ordens aus dem frühen 16. Jahrhundert. Seit 2019 ist das Gebäude und damit ein Großteil der Sammlung für die Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich.

Geschichte

Die Ursprünge gehen auf den Geologen und Naturforscher Nathanael Gottfried Leske zurück, der 1786 eine bedeutende Sammlung von Mineralien und Gesteinen besaß, das sogenannte Museum Leskeanum. Als er im selben Jahr von Kassel nach Marburg reiste, um dort eine Professur für Finanzwesen und Ökonomie anzutreten, verunglückte er und verstarb kurz darauf. So gelangte seine Sammlung, die er vorausgeschickt hatte, in die Hände von Johann Gottlieb Waldin, einem Mathematikprofessor in Marburg. Waldin unterbreitete dem Landgrafen Wilhelm IX. den Vorschlag, die Sammlung zu kaufen, um ein Hessisches Mineralienkabinett zu errichten. Dem Landgrafen war der Preis von 6000 Reichstalern für das Museum Leskeanum zu hoch, weshalb er den Erwerb verweigerte. Waldin versuchte ihn nun von einer günstigeren Lösung zu überzeugen. Er schlug vor, dass man die verantwortlichen Bergleute anweisen solle, Erzstufen, Gesteinsproben und Versteinerungen aus allen hessischen Gruben an die Marburger Universität zu schicken. Am 29. Juli 1790 übertrug der Landgraf Waldin per Dekret die Aufsicht über das Hessische Mineralien Kabinett. Bereits kurze Zeit später erhielt Waldin große Mengen von Gesteinsproben, Mineralien und Fossilien. Diese stammten aus den Bergwerken und Hütten in Frankenberg, Homburg und weiteren.[2]

1791 veröffentlichte Waldin den ersten Teil seines Werkes „Das Hessische Mineralien-Kabinett bey der Fürstlichen Hessischen Universität Marburg“. Zusammen mit der Übersendung der Teile zwei und drei, schickte Waldin die Bitte an den Landgrafen, ihm die öffentliche Aufsicht über die Sammlung zu erteilen. Waldin erhielt die Zustimmung des Landgrafen. Zu dieser Zeit befand sich die Sammlung in einem Raum im so genannten Collegio unter der Bibliothek.

Nach Waldins Tod 1795 übernahm Johann Christoph Ullmann, Professor für Philosophie, Finanzwissenschaften, sowie Berg- und Hüttenkunde, die Leitung. Er ordnete die chaotisch aufgestellte Sammlung neu und schrieb rückblickend:

Waldin erhielt aus allen hessischen Grubenbezirken eine Menge größtenteils unförmiger Fossilien, er häufte alles was ihm geschickt wurde auf und hinterließ mir ein Chaos, das ich erst nach einigen Jahren in Ordnung zu bringen im Stande war.[2]

Sein Versuch, die Sammlung zu erweitern, scheiterte allerdings weitestgehend an Geldmangel und fehlender Unterstützung durch die Kasseler Regierung. Der Mangel sowohl an Geld, als auch an Unterstützung durch die Kasseler Regierung dürfte zweifellos auf den vorübergehenden Untergang des kurhessischen Staates als Folge des Untergangs des Heiligen Römischen Reiches 1806 zurückzuführen sein.

1821 wurde Friedrich Hessel, außerordentlicher Professor für Mineralogie und Bergbaukunde, Leiter des Kabinetts. Er katalogisierte die Sammlung und wurde 1829 erster ordentlicher Professor der Mineralogie an der Universität.

1849 berief man Carl Adolf Heinrich Girard zum neuen Direktor des Mineralien-Kabinetts. Zu diesem Zeitpunkt umfasste die Sammlung mehr als 5000 Stücke. Auf Girards Betreiben hin wurde 1852 für 4500 Taler die so genannte Herz’sche Sammlung gekauft, welche über 4000 Stücke umfasste. So kam der Gesamtumfang der Sammlung auf über 10.000 Stücke. Unter seinem Nachfolger Wilhelm Dunker wurden 1877 aus Platzmangel Dubletten, also alle Minerale, die doppelt vorlagen, aus der Hauptsammlung entfernt. Das Museum wuchs durch Schenkungen beständig weiter. Die reorganisierte Sammlung umfasste dadurch nur noch 8000 Stücke. In dieser Zeit war das Museum äußerst knapp bei Kasse, sodass man auf gezielte Ankäufe von Fossilien verzichten musste. Die Lage besserte sich erst als man 1882 in das Deutsche Haus umziehen konnte. Hier jedoch fehlte es an Mobiliar, um die Sammlung zweckmäßig aufzustellen. Dazwischen fiel im Jahr 1878 die Aufteilung des Lehrstuhls Mineralogie-Geologie. Danach erfolgte die Teilung der Sammlung: Die paläontologische Sammlung verblieb bei der Geologie, ebenso wie ein Teil der Gesteinssammlung. Der andere Teil der Gesteinssammlung und die Mineraliensammlung fielen an die Mineralogie. Friedrich Georg Klocke wurde 1881 zum Leiter des Mineralogischen Museums. Er brachte ein – für diese Zeit – reiches privates Instrumentarium mit, das er dem Institut übereignete, darunter ein Mikroskop und ein Goniometer. Zudem gelang es Klocke, die Sammlung durch Ankauf mineralogischer Bestände zu erweitern und bereichern.

1915 wurde Oskar Weigel neuer Direktor des Mineralogisch-Petrographischen Instituts. Aufgrund des Ersten Weltkriegs konnte er die Stelle erst 1918 antreten. Unter ihm lagerte man die petrographische Sammlung in den ersten Stock des Kornspeichers aus, der sich in unmittelbarer Nähe zum Deutschen Haus befindet. 1917 gelangte man an den 64 kg schweren so genannten 'Meteorit von Treysa' und gliederte diesen in die Sammlung ein. Im weiteren Verlauf gestaltete man die Räume der Mineralogie neu und richtete ein chemisches Labor ein, wodurch man letztendlich Zuschüsse einzustreichen vermochte. So erhielt das Museum 1924 Sondermittel in der Höhe von 5000 Reichsmark. Ab 1930 wurden neben dem ersten Stock auch Räume im zweiten Stockwerk und im Dachgeschoss des Kornspeichers mit Mineralien aus der Sammlung belegt.

Nach Weigels Tod 1944 blieb die Leitung im Zweiten Weltkrieg unbesetzt. Während dieser Zeit sorgte der langjährige Präparator und Hausmeister des Instituts Heinrich Thürmann dafür, dass die Sammlung erhalten blieb. In den 50er Jahren wurde die Sammlung des Instituts laufend erweitert.

1964 wurde Erwin Hellner auf den Lehrstuhl der Marburger Mineralogie berufen. Er ernannte Georg Birke als Kurator. In der Folge wurden die ersten Grundsteine dafür gelegt, die Lehr- und Forschungssammlung der Öffentlichkeit präsentieren zu können. Parallel sorgten Georg Birke und Erwin Hellner dafür, dass der Kornspeicher bis 1973 vollständig renoviert und zum Museum ausgebaut wurde.

1971 zog das Mineralogische Institut zusammen mit dem Institut für Geologie und Paläontologie als Fachbereich Geowissenschaften aus Platzgründen auf die Lahnberge um.

1976 ersetzte Reinhard Helmbold Georg Birke und richtete das Museum ein. Er wurde zum ersten Leiter des Mineralogischen Museums. Das Museum eröffnete anlässlich der 450-Jahr-Feier der Philipps-Universität seine Pforten, zunächst mit zwei Ausstellungen.

1983 wurde Kay Schürman der Leiter des Mineralogischen Museums. Er verstärkte die internationalen wissenschaftlichen Kontakte des Museums. Dies war ein wichtiger Schritt um den Tausch und die Leihgabe von Exponaten zu erleichtern. Des Weiteren wurde ein dritter Ausstellungssaal eröffnet, wodurch das Museum seine heutige Ausstellungsfläche erreichte.

1990 gründete sich der Freundeskreis des Marburger Mineralogischen Museums e. V. zur Unterstützung des Hauses.

Von 2004 bis 2019 leitete Peter Masberg das Museum, Anfang 2020 wurde die Leitung von Sebastian Müller übernommen. Inzwischen ist die Auflösung des Fachbereichs Geowissenschaften praktisch vollzogen, weshalb das Museum seit 2007 zum Fachbereich Geographie gehört.

Im Mai 2013 erwarb das Mineralogische Museum ein Fragment Marsgestein. Das Fragment war durch einen Meteoriteneinschlag vom Mars abgetrennt worden und gelangte selbst als so genannter Marsmeteorit in das Anziehungsfeld der Erde. Bereits 2011 landeten insgesamt 12 kg Marsgestein in Marokko, darunter auch der Neu-Erwerb des Mineralogischen Museums. Dieses Stück stellt eine Besonderheit dar, da bisher nur etwa 155 solcher Marsmeteoriten auf der Erde dokumentiert sind.[3]

2019 musste der Standort im Kornhaus wegen Brandschutzauflagen bis auf weiteres geschlossen werden. Die Ausstellung „MINERALE – Schätze der Erde“ ist seitdem im Waldeckersaal des Landgrafenschlosses zu sehen (bis Juli 2026).[4]

Ausstellungen

Seit 1977 sind der Öffentlichkeit rund 3.000 Objekte der kompletten Sammlung in drei großen Ausstellungsräumen zugänglich:

  • Erster Raum: Dunkelkammer für fluoreszierende Mineralien
  • Zweiter Raum: 150 bedeutendste Stücke aus der Sammlung des Apothekers Gerhard Schweinsfurth (vor allem Erzmineralien aus dem Siegerländer Erzrevier)
  • Dritter Raum: Dauerausstellung „Rio Grande do Sul – Brasilien“ (Dauerleihgabe von Reinhard Balzer, 2002, anlässlich des 475-jährigen Jubiläums der Universität)[5]

Besondere Objekte sind der Treysa-Meteorit und ein Fragment eines Marsmeteoriten.

Freundeskreis

Der Freundeskreis des Marburger Mineralogischen Museums e. V. wurde 1990 durch Reinhard Balzer ins Leben gerufen, um den Erhalt des Mineralogischen Museums zu gewährleisten. Aufgrund des Mangels an öffentlichen Mitteln befand sich das Museum vor dem Aus. Der Freundeskreis kümmert sich seitdem um das Museum. Man renovierte die Räumlichkeiten, kaufte Vitrinen und Beleuchtung. Des Weiteren schafft der Freundeskreis Sammelstücke an und organisiert Führungen und Exkursionen.

Literatur

  • Hessisches Landesmuseum Darmstadt (Hrsg.): Kunst in Hessen und am Mittelrhein, Darmstadt 1985.
  • Hessischer Museumsverband e. V. (Hrsg.): Museen in Hessen – Ein Führer zu 370 hessischen Museen, Kassel 2008.
  • Meyer, Andreas (Hrsg.): Elisabeth und kein Ende … – zum Nachleben der Heiligen Elisabeth von Thüringen, Leipzig 2012.
  • Schürmann, Kay (Hrsg.): 200 Jahre Hessisches Mineralien-Kabinett 1790–1990, Marburg 1990.
  • Wittstock, Paul Jürgen (Red.): Elisabeth in Marburg: Der Dienst am Kranken, Kassel 2007.
  • Freundeskreis des Marburger Mineralogischen Museums e. V. (Hrsg.): 20 Jahre Freundeskreis des Marburger Mineralogischen Museums e. V., Marburg 2011.
Commons: Mineralogisches Museum der Philipps-Universität – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Sammlung des Mineralogischen Museums, abgerufen am 1. Dezember 2014
  2. a b Freundeskreis des Marburger Mineralogischen Museums e. V. (Hrsg.): 20 Jahre Freundeskreis des Marburger Mineralogischen Museums e. V., Marburg 2011, S. 5
  3. Mar(s)burg: Mineralogen erwerben Meteoriten vom Roten Planeten
  4. Informationen zum Besuch des Mineralogischen Museums. Abgerufen am 28. Mai 2025.
  5. Verborgener Zauber der Natur Sehenswert: das Mineralogische Museum der Philipps-Universität