Maura O’Donohue

Maura O’Donohue (* 2. März 1933 in Likeen, Kilfenora, County Clare, Irland, als Mary Brigid O’Donohue; † 3. Mai 2015) war seit 1950 eine römisch-katholische Ordensschwester in der Ordensgemeinschaft der Medizinischen Missionarinnen Marias (MMM). Sie war als Ärztin und in verschiedenen Leitungsaufgaben tätig[1] und machte 1994 den Vatikan auf den weit verbreiteten sexuellen Missbrauch an Nonnen durch Priester aufmerksam.[2]

Leben und Wirken

Mary Brigid O’Donohue wurde als zweites von vier Kindern des Bauern Andrew O’Donohue und seiner Frau Kate, geborene O’Brien, im Westen Irlands geboren.

Im September 1950 trat sie den Medizinischen Missionarinnen Marias (MMM) bei, einem Orden, der 1937 in Mountmellick, County Laois, gegründet wurde. Sie erhielt den Namen Schwester M. Andrew, in den Sechzigerjahren nahm sie den Namen Maura an. Sie studierte von 1951 bis 1957 Medizin an der University College Dublin, wo sie je einen Bachelor in Notfallmedizin und Geburtshilfe erhielt. Praktika absolvierte sie im St Vincent’s Hospital in Dublin und im Spital Our Lady of Lourdes in Drogheda. 1958 wurde sie nach Anua, in eine Kleinstadt im Süden Nigerias geschickt, ein Jahr später wurde sie als jüngste Schwester in den Generalrat des Ordens berufen[3], wo sie bis 1962 diente. Sie wurde gleichzeitig Assistentin der Oberin Mary Martin und besuchte in dieser Funktion über zwanzig Länder, vorwiegend in Afrika.

O’Donohue studierte von 1960 bis 1961 Theologie am Regina Mundi Institute in Rom, sie lernte von 1962 bis 1964 Spanisch in Spanien und arbeitete danach kurz mit Kardinal Léon-Joseph Suenens zusammen in Rom und Brüssel. Kardinal William Conway berief sie 1966 ins Beratergremium des Maynooth College, wo sie sich für Gleichstellung von Mann und Frau im Theologiestudium einsetzte. Ab 1967 wirkte sie erneut im Rat des Ordens, wo sie als Leiterin für Europa bis 1969 diente und ab 1969 fünfmal den weltweiten Rat für ein Jahr führte. Von 1970 bis 1971 war sie als medizinische Beraterin am Edinburgh Royal Infirmary und von 1971 bis 1973 als medizinische Koordinatorin für Missionsprojekte in Obudu, Nigeria, tätig. Einen Master of Science in International Community Health erhielt sie 1978 an der Liverpool School of Tropical Medicine.

Wegen mehreren Malariaerkrankungen wurde sie vom Orden von Nigeria nach Äthiopien versetzt. In Gambo, südlich von Addis Abeba, kümmerte sie sich von 1974 bis 1977 als einzige Ärztin vor allem um Leprapatienten und lernte deren Sprache Amharisch. Nach einem kurzen Aufenthalt in Kenia kehrte sie 1979 erneut nach Äthiopien zurück, um sich wegen der drohenden Hungersnot bei den Behörden und internationalen Organisationen für die Nahrungsmittelhilfe einzusetzen. In Zusammenarbeit mit anderen Organisationen gelang es ihr, Lebensmittel für etwa 36.000 Menschen zu beschaffen, deren Hygiene zu verbessern und ansteckende Krankheiten zu vermeiden oder einzudämmen.[4]

Als erfahrene Ärztin und Entwicklungshelferin wirkte sie in 83 Ländern aller Kontinente, u. a. in Afrika ab 1988 als Aids-Koordinatorin für CAFOD, die katholische Übersee-Entwicklungsagentur. Als Aids-Koordinatorin für Cafod, einen Katholischen Hilfsfonds, verbrachte sie sechs Jahre in Afrika.[5] Es folgten weitere weltweite Einsätze – auch über mehrere Jahre in Afrika.

Sie gehörte zu den Protagonistinnen der im Januar 2009 in Kenia gegründeten Initiative Global Inter-Faith Alliance Against Human Trafficking (GIFAAHT) gegen Menschenhandel.[6]

Bericht zum sexuellen Missbrauch von Nonnen

O’Donohue verfasste einen vertraulichen Bericht über sexuellen Missbrauch von Nonnen durch Priester und Bischöfe, den sie im Februar 1994[7] an den damaligen Präfekten der Ordenskongregation, Kardinal Eduardo Martínez Somalo, sandte.[5] Sie benannte Fälle in 23 Ländern, darunter in Indien, Irland, Italien, Philippinen, Vereinigte Staaten und in einigen Ländern Afrikas.[8]

Laut einem Generalvikar verstünden viele afrikanische Priester den Zölibat nur als Pflicht zur Ehelosigkeit, jedoch nicht als sexuelle Enthaltsamkeit und Kinderlosigkeit. O'Donohue berichtete darüber, dass Priester eine Ordensoberin baten, Schwestern für sexuelle Dienste zur Verfügung zu stellen. Als die Verantwortliche dieses Ansinnen ablehnte, entgegneten die Männer, dass sie andernfalls im Dorf Frauen finden, sich jedoch mit Aids infizieren würden. In Malawi wurden 29 Ordensschwestern von Diözesanpriestern geschwängert. Als die Oberinnen neue, einschränkendere und strengere Regeln in den Klöstern für Priester aufstellen wollten, wurden sie von den Vorgesetzten entfernt. Eine konvertierte Muslimin wollte Nonne werden und bat ihren Pfarrer um die nötigen Dokumente, dieser vergewaltigte und schwängerte sie. Der zuständige Bischof verurteilte diesen Pfarrer zu zweiwöchigen Exerzitien. In einem Fall hatte ein Priester eine Schwester, die er selbst geschwängert hatte, zur Abtreibung gezwungen, bei der sie starb. Daraufhin hielt er für sie die Totenmesse.[9][10]

Am 18. Februar 1995 wurde O’Donohue nach Rom eingeladen, um ein Gespräch mit Kardinal Martínez Somalo und einigen seiner Mitarbeiter zu führen, mit dabei war auch die amerikanische Kirchenrechtlerin Sharon Holland. Sie machte konkrete Vorschläge zum besseren Schutz der Nonnen und bot ihre Unterstützung an, doch ihre Ideen wurden nicht aufgenommen. In den folgenden Jahren meldeten sich auch die Ordensfrauen Mary McDonald und Esther Fangman und der Benediktiner Notker Wolf, um ihre Besorgnis über die gravierenden Vorfälle zum Ausdruck zu bringen, doch der Vatikan war noch nicht willens, angemessen auf die Missbrauchsvorwürfe zu reagieren.[11] Er berief später eine Untersuchungskommission ein, um Missbrauch und Vergewaltigungen an Nonnen durch Priester zusammen mit O’Donohue zu prüfen. Die Fälle bestätigten sich.[12]

Im März 2001 gelangte der Bericht durch den National Catholic Reporter an die Öffentlichkeit. Bis dahin hatte die Kirche geschwiegen. Am 22. November 2001 verurteilte Papst Johannes Paul II. zumindest jene Fälle sexualisierter Gewalt durch Kleriker, die sich „in gewissen Regionen Ozeaniens“ zugetragen hätten. Anlass war der Abschluss der Synode der ozeanischen Bischöfe. Der Papst bestätigte deren Einschätzung, wonach sexueller Missbrauch ein Hindernis für die Verkündigung des Evangeliums darstelle, und zitierte auch den Beschlusstext der Synode, wonach „die Synodenväter sich uneingeschränkt gegenüber den Opfern für die verursachten Schmerzen und die Enttäuschung zu entschuldigen wünschten“.[13]

Einzelnachweise

  1. Turlough O'Riordan: O'Donohue, Maura, Dictionary of Irish Biography, Website dib.ie (August 2022, englisch, abgerufen am 23. August 2025)
  2. Doris Reisinger: Eine Stimme, die nachhallt. Die irische Ordensfrau und Ärztin Maura O’Donohue hat sich weltweit gegen Machtmissbrauch von Priestern engagiert. Mit Disziplin und Feingefühl half sie Betroffenen, Christ & Welt, Website zeit.de (21. Mai 2021, abgerufen am 23. August 2025)
  3. Doris Reisinger: Eine Stimme, die nachhallt. Die irische Ordensfrau und Ärztin Maura O’Donohue hat sich weltweit gegen Machtmissbrauch von Priestern engagiert. Mit Disziplin und Feingefühl half sie Betroffenen, Christ & Welt, Website zeit.de (21. Mai 2021, abgerufen am 23. August 2025)
  4. Turlough O’Riordan: O'Donohue, Maura, Dictionary of Irish Biography, Website dib.ie (August 2022, englisch, abgerufen am 23. August 2025)
  5. a b Thomas Götz: Priester und Bischöfe missbrauchen Nonnen sexuell. In: Berliner Zeitung. 22. März 2001, archiviert vom Original am 8. Juni 2015; abgerufen am 6. Februar 2022.
  6. Faith Group Wants More to End Human Trade. In: AllAfrica. 16. Juni 2009, abgerufen am 6. Februar 2022 (englisch).
  7. John L. Allen junior und Pamela Schaeffer: Reports of abuse AIDS exacerbates sexual exploitation of nuns, reports allege, Website natcath.org (16. März 2001, englisch, abgerufen am 25. August 2025)
  8. Ronald Eberley: My Call to Priesthood: One Married Man’s Struggle to Become a Roman Catholic, S. 111.
  9. Eine katholische Zeitschrift veröffentlicht Berichte vor allem aus Afrika über Vergewaltigungen und Abtreibungen: Priester und Bischöfe missbrauchen Nonnen sexuell, Website berliner-zeitung.de (22. März 2001, abgerufen am 24. August 2025)
  10. Vatikan: Sexuelles Potenzial. In: Der Spiegel. 13/2001, 25. März 2001, abgerufen am 6. Februar 2022.
  11. Doris Reisinger: Maura O’Donohue: A voice that resonates, Website bishop-accountability.org (21. Mai 2021, englisch und deutsch, abgerufen am 26. August 2025)
  12. Frances Kennedy: Vatican confirms report of sexual abuse and rape of nuns by priests in 23 countries. In: The Independent. 21. März 2001, archiviert vom Original am 27. Februar 2009; abgerufen am 6. Februar 2022 (englisch).
  13. Johannes Paul II.: Post-Synodal Apostolic Exhortation Ecclesia in Oceania. Kapitel 49. 22. November 2001, abgerufen am 6. Februar 2022 (englisch).
    Sexueller Missbrauch: Entschuldigung von Papst Johannes Paul II. In: We-are-church.org Südtirol. 22. November 2001, archiviert vom Original am 16. Mai 2008; abgerufen am 8. April 2021 (Anders als die Überschrift dieser Meldung vorgibt, hat der Papst selber keine Entschuldigung ausgesprochen. Auch im Text dieser Meldung ist davon keine Rede.).