Matthew Webb
Matthew Webb (* 19. Januar 1848 in Dawley, Shropshire; † 24. Juli 1883 bei den Niagarafällen[1]) war ein britischer Langstreckenschwimmer. Er war der erste erfolgreiche Ärmelkanalschwimmer. Für die Strecke von Dover nach Calais benötigte er ohne Hilfsmittel weniger als 22 Stunden.
Leben


Matthew Webb war eines von zwölf Kindern des Arztes Thomas Webb und seiner Frau Sara. Nach seiner Geburt zog die Familie nach Coalbrookdale.[3] Schwimmen lernte er bereits als Sechsjähriger im Severn River.[4] Er selbst machte eine Ausbildung als Seemann auf Handelsschiffen in China und Ostindien. Im Sommer 1863 rettete er in der Nähe von Ironbridge seinen zwölfjährigen Bruder Thomas vor dem Ertrinken.[5]
Im April 1873 diente Webb als Seemann an Bord der Russia, als ein Mann über Bord ging. Er sprang ins Wasser und versuchte 35 Minuten lang, den Verunglückten zu retten. Das gelang ihm zwar nicht, aber er wurde mit der Stanhope Gold Medal von der Royal Human Society ausgezeichnet.[6]
Im Jahr 1875 gab er sein Leben als Seemann auf und konzentrierte sich nur noch auf das Schwimmen. Am 27. April 1880 heiratete er in London Madelaine Kate Chaddock, mit der er die zwei Kinder Matthew junior und Helen hatte.[3]
1875 war Webb der erste Mensch, der ohne technische Hilfen den Ärmelkanal durchschwamm. Etwa einen Monat zuvor hatte er bereits die Strecke Dover–Ramsgate bewältigt:
„Ein englischer Schwimmkünstler, Capitän Matthew Webb, hat sich vorgenommen, Capitän Boyton in den Schatten zu stellen und ohne Schwimmanzug oder anderweitige Hilfe von Dover nach Calais über den Canal zu schwimmen. Er hat in jüngster Zeit bereits zwei Proben von so außerordentlicher Ausdauer abgelegt, daß es gar nicht unmöglich scheint, es werde ihm sein Vorhaben gelingen. Vor einigen Wochen schwamm er die Themse abwärts von Blackwall nach Gravesend, eine Strecke von 20 englischen Meilen, und gestern legte er eine gleiche Strecke im Meere von Dover nach Ramsgate in 8 Stunden 45 Minuten schwimmend zurück.“
Matthew Webb schwamm vom 24. bis 25. August 1875 die knapp 33 Kilometer lange Strecke von Dover nach Calais in 21:45 Stunden.[2]
„Capitän Webb ist bei günstiger Flut und ruhigem Wetter in 21¾ Stunden über den Canal von Dover nach Calais geschwommen. Er stieg am 24. d. M. Nachmittags wenige Minuten vor 1 Uhr zu Dover ins Wasser und kam am 25. Morgens um 10 Uhr 45 Minuten in Calais an. Ein Logger und zwei kleine Boote begleiteten ihn. […] Als er aber die Absicht kundgab, über den Canal zu schwimmen, da erhob sich in England ein allgemeines Schütteln des Kopfes. Renommirte Schwimmer sind dieser Riesenaufgabe schon erlegen und das Beispiel Capitän Boytons, der mit einem Schwimmanzuge, Segel und Ruder ausgerüstet, dem Unternehmen sich kaum gewachsen zeigte, war noch zu frisch im Gedächtnisse, als daß man hätte glauben können, Webb werde das Gleiche ohne einen anderen Schwimmanzug als den von der Mutter Natur ihm verliehenen ausführen können. […] Er hat nun aber aufs Bündigste bewiesen, daß sein Selbstvertrauen keine Selbstüberschätzung war und eine Schwimmthat vollbracht, die ihm keiner vorgemacht und nicht so bald jemand nachmachen wird. Ein mit den Strömungen im Canale wohlvertrauter Lootse war sein Wegweiser.“
Am 24. Juli 1883 starb er bei dem Versuch, die Whirlpool Rapids des Niagara River zu durchschwimmen.[1] Im Erfolgsfall hatte man ihm 10.000 US-Dollar (entspricht heute ungefähr 320.000 US-Dollar[9]) versprochen.[10]
„Das alte Sprichwort: ‚Der beste Schwimmer ertrinkt‘, hat sich wieder einmal bewahrheitet. Wie man uns aus London telegraphirt, ist Capitän Webb, wol der beste Schwimmer der Welt, gestern bei dem waghalsigen Versuche, den Niagara gerade unterhalb der Fälle zu durchschwimmen, elend ertrunken. Die ganze Kühnheit des Versuches kann nur derjenige erfassen, der die Gewalt der von ungeheurer Höhe niederstürzenden tosenden und tobenden Wassermassen kennt, welche man wol wie Blondin auf gespanntem Seile überschreiten, nicht aber schwimmend oder rudernd übersetzen kann. Capitän Webb hatte eine Wette von 10,000 Dollars eingegangen und schickte sich gestern an, den tollkühnen Versuch zu wagen. Eine ungeheure Menschenmenge, welche eine Reihe von Separatzügen bis Suspension-Bridge, die nächste Station, gebracht hatte, war Zeuge des Schauspiels. Webb sprang gerade unterhalb der Fälle in den Niagara, tauchte rasch wieder auf und durchschwamm den ersten Theil der Stromschnellen mit Erfolg. Plötzlich aber wurde er von einem der ungeheuren Wirbel, welche die aus einer Höhe von 48 Metern niederstürzenden, das Flußbett tief unterwühlenden Wassermassen bilden, erfaßt und in die Tiefe gezogen. Wiederholt kam er den Tausenden am Ufer in dem Gischt und Schaum wieder zu Gesichte. Er kämpfte mit Riesenanstrengung um sein Leben – jedoch ohne Erfolg. Gegen solche Kraft kämpfte sein Arm vergebens. Wieder und wieder zog ihn der Wirbel in die Tiefe, ohne daß es ihm gelang, sich vorwärts zu bringen. Endlich verließen ihn die Kräfte, und vor den Augen der Tausende, welche das Schauspiel mit gespanntem Interesse verfolgten, sank er endlich unter, ohne daß Jemand im Stande gewesen wäre, ihm auch nur die geringste Hilfe zu leisten. Gleich so vielen anderen hervorragenden Schwimmern hat Capitän Webb seine Tollkühnheit mit dem Tode gebüßt.“
Im Jahr 1965 wurde er postum in die Ruhmeshalle des internationalen Schwimmsports aufgenommen.
Matthew Webb war ein Mitglied im Bund der Freimaurer. Seine Loge Neptune Lodge No. 22 ist in St. John’s (Neufundland) ansässig.[12]

1910 wurde ihm zu Ehren in Dover an der heutigen Marine Parade ein Denkmal errichtet. Es besteht aus einer Büste auf einem Sockel mit einer Gedenktafel mit der Inschrift: Capt. Matthew Webb Born Dawley 1848 Died Niagra 1883 Swam from Dover to Calais Aug 24-25 1875 Erected by Public Subscription 1910.[3]
Literatur
- B. Gr.: Die besten Leistungen im Schwimmen. In: Die Gartenlaube. Heft 41, 1885, S. 679 (Volltext [Wikisource]).
- T. S.: Webb, Matthew. In: Sidney Lee (Hrsg.): Dictionary of National Biography. Band 60: Watson – Whewell. MacMillan & Co., Smith, Elder & Co., New York City / London 1899, S. 104–105 (englisch, Volltext [Wikisource]).
- Die Schwimmfahrt über den Canal, in: Saar- und Mosel-Zeitung (Trier) Nr. 205 vom 4. September 1875, S. 1–2 (nach einem zuvor in der Stuttgarter Zeitung abgedruckten Bericht des London-Korrespondenten des französischen Précurseur).
- Der Schwimmerkönig. In: Neue Freie Presse, 1. September 1875, S. 5–6 (online bei ANNO).
- Über die Stromschnellen des Niagara!! Captain Webb's Tod. In: Allgemeine Sport-Zeitung, Jahrgang 1883, S. 654–656 (online bei ANNO).
Weblinks
- Matthew Webb in der International Swimming Hall of Fame (englisch)
- Artikel über Webb. The Guardian
Einzelnachweise
- ↑ a b Capitän Webb im Niagarafall ertrunken. In: Morgen-Post, 27. Juli 1883, S. 3 (online bei ANNO).
- ↑ a b Briefwechsel mit Allen und für Alle. In: Illustrirte Zeitung, 18. September 1875, S. 6 (online bei ANNO). (Mit Porträtbild.)
- ↑ a b c Captain Webb memorial, Dover. In: channelswimmingdover.org.uk. Dover Museum, abgerufen am 4. September 2019 (englisch).
- ↑ Matthew Web schwimmt von Dover nach Calais, in: Mare, Nummer 171, August 2025, S. 125
- ↑ Captain Matthew Webb (1848–1883) ( vom 30. Mai 2013 im Internet Archive) auf der Homepage von Shropshiremining; abgerufen am 24. Oktober 2012
- ↑ Ein guter Schwimmer. In: Klagenfurter Zeitung, 10. Juli 1875, S. 2 (online bei ANNO).
- ↑ Schwimmen. In: Wiener Zeitung, 24. Juli 1875, S. 15 (online bei ANNO).
- ↑ Eine Schwimmpartie. In: Wiener Zeitung, 28. August 1875, S. 11 (online bei ANNO).
- ↑ Diese Zahl wurde mit der Vorlage:Inflation ermittelt, ist auf volle 10.000 US-Dollar gerundet und bezieht sich auf Januar 2025.
- ↑ Eine Schwimmtour auf dem Niagara. In: Wiener Allgemeine Zeitung, 7. Juli 1883, S. 4 (online bei ANNO).
- ↑ Capitän Webb ertrunken. In: Neue Freie Presse, 26. Juli 1883, S. 6 (online bei ANNO).
- ↑ Matthew Webb: Famous Masons in History. Adventurers. navesinklodge9.org, archiviert vom am 29. September 2013; abgerufen am 24. Oktober 2012 (englisch).