Marshall Allen

Marshall Allen beim Moers Festival 2019

Marshall Belford Allen (* 25. Mai 1924 in Louisville, Kentucky) ist ein US-amerikanischer Altsaxophonist des Avantgarde- und Free Jazz. Er spielt außerdem Flöte, Oboe, Piccoloflöte, Kora und EVI (ein elektronisches Instrument der Firma Akai). Er wurde vor allem bekannt durch seine Zusammenarbeit mit dem Avantgarde-Keyboarder und Bandleader Sun Ra, mit dem er seit Ende der 1950er Jahre zahlreiche Alben aufnahm; seit 1995 leitet er das Sun Ra Arkestra.

Leben und Wirken

Allens Mutter war Sängerin; mit zehn Jahren begann er zunächst mit der Klarinette. Während des Zweiten Weltkriegs diente Marshall in der 92nd Infantry Division der US-Army, spielte in einer Armeeband und war in Frankreich stationiert. Nach dem Krieg studierte er Altsaxophon in Paris und spielte dort u. a. mit Art Simmons und James Moody. Nach seiner Rückkehr in die Vereinigten Staaten 1951 ließ er sich in Chicago nieder und spielte in Tanzbands. 1958 begann seine langjährige Zusammenarbeit mit Sun Ra, mit dem er bis zu dessen Tod im Jahre 1993 auftrat; daneben wirkte er an Aufnahmen mit Paul Bleys Band 1964 mit und spielte Mitte der 1960er Jahre mit Olatunjis Ensemble. Der Jazzkritiker Scott Yanow beschrieb Allens Spielweise als die eines „Johnny Hodges from another dimension“. 1995 hat er, beispielsweise in London, auch Soloauftritte absolviert.

Nach dem Tod von Sun Ra und John Gilmore übernahm Allen die Leitung des Arkestra und spielte drei Alben als dessen Leiter ein, A Song for the Sun, Music for the 21st Century und Live at the Paradox. Im Mai 2004 feierte Allen seinen achtzigsten Geburtstag auf der Bühne mit dem Arkestra im Rahmen von dessen Auftritt beim neunten Vision Festival in New York City. 2008 trat Allen an seinem Geburtstag in der Sullivan Hall in New York City auf. Allen trat in New York häufig mit dem Bassisten Henry Grimes auf und wirkte am Outerzone Orchestra-Projekt mit, das dem Werk von Sun Ra gewidmet ist. Zu hören ist er auch auf John Blums Album Deep Space (Astral Spirits, 2024).

2014 erschien die Kompilation Marshall Allen Presents Sun Ra and His Arkestra: In the Orbit of Ra. „Das Arkestra klingt auch 30 Jahre nach Sun Ras letztem Flug zum Saturn immer noch modern und zeitgemäß, es tourt unablässig und es bietet ein Spektakel, aber keinen reinen Nostalgie-Act.“ Altersbedingt geht er, nun 100-jährig, nicht mehr mit auf Tournee.[1] Im Jahr 2025 erschien sein Album New Dawn, das als „Debütalbum eines Hundertjährigen“ bezeichnet wurde.[2] Kurz danach im Jahr 2025 folgte das Album The Omniverse Oriki. Mit Mitgliedern des Arkestras- und dem Ade Ilu Ensemble aus Philadelphia werden drei psychedelische Stücke auf Yoruba geboten. Das Rockmagazin "Eclipsed" rezensierte das Album mit

Das Album verbindet uralte Riten mit spirituellen Klangerfahrungen aus den 60ern und dem Gefühl einer vierten Dimension, die sich mit rationalen Kriterien nicht erfassen lässt. Wozu braucht es Drogen, wenn man mit solcher Musik komplett ins Unterbewusstsein abtauchen kann.[3]

Preise und Auszeichnungen

Allen wurde 2024 mit einer NEA Jazz Masters Fellowship geehrt.[4] 2025 erhielt er als „Künstler des Jahres international“ den Deutschen Jazzpreis.[5]

Diskographische Hinweise

siehe auch Sun Ra/Diskografie#Alben des Sun Ra Arkestra unter der Leitung von Marshall Allen

Literatur

Commons: Marshall Allen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ralf Dorschel: Ringen mit Saturn: Sun-Ra-Arkestra-Leiter Marshall Allen wird 100. In: NDR. 27. Mai 2024, abgerufen am 27. Mai 2024.
  2. Wolf Kampmann: Marshall Allen "New Dawn". In: Eclipsed. Rock Magazin. 270, Mai, 2025, Reviews, S. 86.
  3. Wolf Kampmann: Marshall Allen "The Omniverse Oriki". In: Eclipsed. Rock Magazin. 273, September, 2025, Reviews, S. 84.
  4. Paul Grein: Gary Giddins, Chucho Valdés & More to Receive NEA Jazz Masters Fellowship. In: Billboard. 17. Juli 2024, abgerufen am 19. Juli 2024 (englisch).
  5. 22 Preisträger:innen beim Deutschen Jazzpreis 2025 ausgezeichnet. In: Pressemitteilung Deutscher Jazzpreis. 13. Juni 2025, abgerufen am 15. Juni 2025.
  6. Reiner Kobe: Legendär und kontrovers: Sibylle Zerrs Buch über Marshall Allen und das Sun Ra Arkestra. In: Neue Musikzeitung, 31. Januar 2012.
  7. Ian Patterson: Sibylle Zerr: Picture Infinity - Marshall Allen & The Sun Ra Arkestra. In: All About Jazz, 6. Juli 2012