Mandarinoit

Mandarinoit
Mandarinoit aus der „El Dragón Mine“, Provinz Antonio Quijarro, Potosí, Bolivien (Sichtfeld 2 mm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1977-049[1]

IMA-Symbol

Mda[2]

Chemische Formel Fe3+2(SeO3)3·6H2O[3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Oxide und Hydroxide
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

IV/K.08-010

4.JH.15
34.03.04.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m[4]
Raumgruppe (Nr.) P21/c[3] (Nr. 14)
Gitterparameter a = 16,81 Å; b = 7,88 Å; c = 10,02 Å
β = 98,3°[3]
Formeleinheiten Z = 4[3]
Häufige Kristallflächen {100}, {110}, {011}, {101}
Zwillingsbildung nach (100)
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 2,5
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,93(3); berechnet: 3,04[5]
Spaltbarkeit Absonderung nach {100}
Bruch; Tenazität nicht definiert
Farbe hellgrün, gelblichgrün, grünlichweiß, fast farblos in dünnen Schichten
Strichfarbe sehr hellgrün, blassgrün
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz Glasglanz bis schwacher Fettglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,715
nβ = 1,797 bis 1,800
nγ = 1,860 bis 1,870[6]
Doppelbrechung δ = 0,145 bis 0,155[6]
Optischer Charakter zweiachgis negativ
Achsenwinkel 2V = 80 bis 85° (gemessen); berechnet: 80°[6]

Mandarinoit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“. Es kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der Zusammensetzung Fe3+2(SeO3)·6H2O[3], ist also chemisch gesehen ein wasserhaltiges Eisen-Selenit.

Mandarinoit entwickelt nur millimetergroße Kristalle mit tafeligem, schwertähnlichem Habitus, die nach der c-Achse gestreckt und meist in rosettenförmigen Mineral-Aggregaten angeordnet sind. Die Oberflächen der durchsichtigen bis durchscheinenden Kristalle weisen einen glasähnlichen Glanz auf. Seine Farbe variiert überwiegend zwischen hellgrün, gelblichgrün und grünlichweiß, allerdings erscheint er in dünnen Schichten fast farblos. Auf der Strichtafel hinterlässt Mandarinoit einen blassgrünen Stich.

Etymologie und Geschichte

Erstmals entdeckt wurde Mandarinoit 1977 im Silberbergwerk „Virgen de Surumi“ (auch Pacajake bzw. Pakajake, benannt nach dem Pakajake Canyon), die etwa zwanzig Kilometer nordöstlich von Colquechaca im bolivianischen Departamento Potosí liegt. Beschrieben wurde das Mineral 1978 von Pete J. Dunn, Donald R. Peacor und Bozidar Darko Sturman, die es nach dem amerikanisch-kanadischen Mineralogen und ehemaligen Kurator des Royal Ontario Museums Joseph Anthony Mandarino (1929–2007) benannten.

Typmaterial des Minerals werden im Royal Ontario Museum in Kanada (Register-Nr. 35273), in der Harvard University in Massachusetts (Register-Nr. 111364 und 111368D) sowie im National Museum of Natural History in Washington (Register-Nr. 142878) aufbewahrt.[5]

Klassifikation

In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz war der Mandarinoit noch nicht aufgeführt.

In der zuletzt 2018 überarbeiteten Lapis-Systematik nach Stefan Weiß, die formal auf der alten Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage basiert, erhielt das Mineral die System- und Mineralnummer IV/K.08-010. Dies entspricht der Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort der Abteilung „Sulfite, Selenite und Tellurite“, wo Mandarinoit zusammen mit Alfredopetrovit und Telluromandarinoit eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer IV/K.08 bildet.[7]

Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[8] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Mandarinoit in die Klasse der „Oxide (Hydroxide, V[5,6]-Vanadate, Arsenite, Antimonite, Bismutite, Sulfite, Selenite, Tellurite, Iodate)“ und dort in die Abteilung „Arsenite, Antimonite, Bismutite, Sulfite, Selenite, Tellurite; Iodate“ ein. Hier ist das Mineral in der Unterabteilung „Selenite ohne zusätzliche Anionen; mit H2O“ zu finden, wo es als einziges Mitglied eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer 4.JH.15 bildet.

In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Mandarinoit die System- und Mineralnummer 34.03.04.01. Das entspricht der Klasse der „Sulfate, Chromate und Molybdate“ und dort der Abteilung „Selenite, Tellurite und Sulfite“. Hier findet er sich innerhalb der Unterabteilung „Selenite - Tellurite - Sulfite“ als einziges Mitglied in einer unbenannten Gruppe mit der Systemnummer 34.03.04.

Bildung und Fundorte

Mandarinoit bildet sich in der Oxidationszone selenreicher Erz-Lagerstätten. Als Begleitminerale können unter anderem Chalkomenit, Chlorargyrit, Goethit, Kruťait, Penroseit, Poughit, Pyrit, Quarz und Siderit auftreten.

Als seltene Mineralbildung konnte Mandarinoit nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher (Stand: 2013) etwas mehr als 10 Fundorte als bekannt gelten.[9] Neben seiner Typlokalität „Virgen de Surumi“ in der Provinz Chayanta trat das Mineral in Bolivien noch im Bergwerk „El Dragón“ in der Provinz Antonio Quijarro zutage.

Weitere bekannte Fundorte sind unter anderem Cobar in Australien; Enshi in China; Ojojona in Honduras; Villaputzu in Italien; De Lamar (Owyhee County, Idaho), Elko und Maggie Creek (Eureka County, Nevada) und Polar Mesa (Grand County, Utah) in den Vereinigten Staaten von Amerika sowie Skouriotissa auf Zypern.[10]

Kristallstruktur

Mandarinoit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe P21/c (Raumgruppen-Nr. 14)Vorlage:Raumgruppe/14 mit den Gitterparametern a = 16,81 Å; b = 7,88 Å; c = 10,02 Å und β = 98,3° sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Siehe auch

Literatur

  • Pete J. Dunn, Donald R. Peacor, B. D. Sturman: Mandarinoite, A New Ferriciron Selenite from Bolivia, In: The Canadian Mineralogist, Band 16 (1978), S. 605–609
  • Michael Fleischer, J. A. Mandarino, Adolf Pabst: New Mineral Names, In: American Mineralogist, Band 65 (1980), S. 205–210 (PDF 758 kB; Mandarinoite S. 2)
  • Frank C. Hawthornee: The crystalstructure of Mandarinoite, Fe3+Se3O9·6H2O, In: Canadian Mineralogist, Band 22 (1984), S. 475–480 (PDF 503,2 kB)
Commons: Mandarinoite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 273.
  4. Webmineral - Mandarinoite
  5. a b Mandarinoite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 68,5 kB)
  6. a b c Mindat - Mandarinoite
  7. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  8. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  9. Mindat - Anzahl der Fundorte für Mandarinoit
  10. Fundortliste für Mandarinoite beim Mineralienatlas und bei [ Mindat]