Luise Seitz-Zauleck

Luise Seitz-Zauleck (* 14. August 1910 in Weidenau; † 11. Oktober 1988 in Hamburg) war eine deutsche Architektin, die als Mitarbeiterin des sogenannten Kollektivplans einen wichtigen Beitrag zum Wiederaufbau Berlins nach dem Zweiten Weltkrieg leistete.
Leben und Werk
Sie wurde als Tochter des evangelischen Pastors August Adolf Johannes Zauleck und dessen Ehefrau Maria Theresia Elisabeth Zauleck, geb. Spennemann[1] geboren. Ab 1931 studierte Luise Zauleck Architektur an der Technischen Hochschule Berlin, heute Technische Universität Berlin. Im Juli 1936 machte sie ihr Diplom bei Heinrich Tessenow. Ab September arbeite sie zunächst bei Tessenows Assistenten Walter Loeffler.
Nach ihrer Hochzeit mit dem Bildhauer Gustav Seitz im November 1937 trug sie den Namen Luise Seitz. Gelegentlich erscheint in der Literatur auch der Doppelname Seitz-Zauleck. Hatte sie im Frühjahr 1937 eine Anstellung bei Architekt Günther Wentzel angenommen, für den später auch Hermann Henselmann tätig war, reduzierte sie ab Mai 1938 ihre Tätigkeit, bevor sie sich selbständig machte.
Luise Seitz war ab 1938 Mitglied der Abteilung Baukunst der Reichskulturkammer. Kerstin Dörhöfer nennt als maßgebliche Werke das Haus Urban in Potsdam-Bornim (1942) und womöglich ein weiteres in der Nachbarschaft. Im selben Jahr war sie mit der Planung und Gestaltung des Ortsteils Rehbrücke beauftragt. Für drei Monate beschäftigte sie der Auftrag des österreichischen Architekten Otto Rauter, landwirtschaftliche Bauten zu planen. Dieser Auftrag kam, wie sie der Reichskulturkammer mitteilte, vom Reichskommissar für die Erhaltung deutschen Volkstums im Osten.[2] Während der Kriegszeit war sie mit anderen Architekten befreundet, die wie sie keine Anhänger der nationalsozialistische Ideologie waren und dennoch Aufträge des NS-Regimes annahmen, beispielsweise Egon Eiermann[3] oder Hans Scharoun.[4][5]
In der frühen Nachkriegszeit arbeitete Luise Seitz als Referentin für Wohnungsplanung im Hauptamt für Planung II beim Magistrat der Stadt Berlin, das von Hans Scharoun geleitet wurde. Das wichtigste Projekt im Werk von Luise Seitz war die Mitwirkung am sogenannten Kollektivplan, der 1945 bis 1946 erstellt wurde und einen Neuaufbau der Siedlungsstruktur von Berlin vorsah. Luise Seitz war Teil der Kerngruppe des Planungskollektivs, die den Plan erarbeitete und 1946 eine Ausstellung zum Thema Wiederaufbau im Berliner Stadtschloss zusammenstellte. Seitz war für Fragen des Wohnungsbaus verantwortlich. Obwohl der Kollektivplan keine verbindliche Planungsgrundlage wurde, wirkte er sich als ideeller Bezugspunkt über Jahrzehnte auf die Berliner Stadtentwicklung aus. Dass mit Ludmilla Herzenstein und Luise Seitz dem Planungskollektiv zwei weibliche Architekten angehörten, war zu jenem Zeitpunkt keinesfalls selbstverständlich. An dem von Scharoun gegründeten „Institut für Bauwesen der Deutschen Akademie zu Berlin“ war sie als Mitarbeiterin tätig.
1958 zogen sie und ihr Mann Gustav Seitz nach Hamburg. Aus der Zeit nach ihrem Umzug sind keine weiteren Planungen bekannt. Nachdem Gustav Seitz 1969 starb, widmete sie sich der Pflege seines Nachlasses, den sie öffentlich zugänglich machte. Ebenso engagierte sie sich für das Andenken an ihren früheren Professor Heinrich Tessenow. Sie war Gründerin und 1971 Vorsitzende der Tessenow-Gesellschaft in Hamburg.[6] 1988 starb Luise Seitz in Hamburg.
Literatur
- Kerstin Dörhöfer: Pionierinnen in der Architektur – eine Baugeschichte der Moderne. Ernst Wasmuth, Tübingen 2004, ISBN 978-3-8030-0639-4.
- Corinna Isabel Bauer: Bauhaus- und Tessenow-Schülerinnen – Genderaspekte im Spannungsverhältnis von Tradition und Moderne. Dissertation, Universität Kassel, 2003
Einzelnachweise
- ↑ Kerstin Dörhöfer: Pionierinnen in der Architektur – eine Baugeschichte der Moderne. Ernst Wasmuth, Tübingen 2004, ISBN 3-8030-0639-2, S. 187 f.mit vielen weiteren Nachweisen
- ↑ Kerstin Dörhöfer: Pionierinnen in der Architektur – eine Baugeschichte der Moderne. Ernst Wasmuth, Tübingen 2004, ISBN 3-8030-0639-2, S. 156.
- ↑ Immo Boyken und Wulf Schirmer: Egon Eiermann 1904–1970. Bauten und Projekte. Deutsche Verlags-Anstalt 1984, Stuttgart 1984, ISBN 978-3-421-02805-1, S. 289.
- ↑ Johann Friedrich Geist: Das Berliner Mietshaus, 1945–1989. Band 3. München 1989, ISBN 978-3-7913-0719-0, S. 451 f.
- ↑ Elke Sohn: Zum Begriff der Natur in Stadtkonzepten. anhand der Beiträge von Hans Bernhard Reichow, Walter Schwangenscheidt und Hans Scharoun zum Wiederaufbau nach 1945. In: Klaus-Jürgen Scherer, Adalbert Schlag, Burkard Thiele (Hrsg.): Schriftenreihe der Stipendiatinnen und Stipendiaten der Friedrich-Ebert-Stiftung. Band 30. Lit Verlag, Hamburg 2008, ISBN 978-3-8258-9748-2, S. 178 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Praktikum Kreisarchiv: Dipl.-Ing. Luise Seitz-Zauleck (1910–1988) – eine Einladung zum Weiterforschen. In: siwiarchiv.de. 8. März 2021, abgerufen am 11. Dezember 2021 (deutsch).