Luise Elias
Luise Elias (geborene Luise Steinweg, * 30. Juli 1865 in Rheda; gestorben 22. Oktober 1923 in Schwerte) war eine deutsche Politikerin der SPD und Abgeordnete im Stadtparlament der Stadt Schwerte und Dichterin.
Leben
Luise Steinweg wurde am 30. Juli 1865 in Rheda geboren.[1] Sie war die Tochter des Lehrers Abraham Steinweg (1831–1901) und seiner Frau Sibilla (1838–1891), geborene Treu. Steinweg arbeitete in Oelde und Rheda als Lehrer. Luise Steinweg hatte acht Geschwister. Sie heiratete am 12. November 1893, im Alter von 28 Jahren den Mode- und Textilhändler Sally Elias (1865–1928). Das Paar zog nach Schwerte. Ihr Mann eröffnete dort eine Filiale von Treu & Co, von seinem Schwager Daniel Treu, der mit der älteren Schwester von Luise Elias, Minna, verheiratet war und sich mit ihr in Hagen niedergelassen hatte. Sally Elias stand ab 1896 der jüdischen Synagogengemeinde vor. Sie hatten drei Söhne, Berthold, geboren 1894, Erich, geboren 1897, der 1899 starb, und Erwin, 1900 geboren.[2][3]
Schriftstellerisches Werk
Ab 1898 veröffentlichte Luise Elias unter dem Pseudonym „Ernst Heiter“ Gedichte in der Schwerter Zeitung. Dadurch wollte sie ihre Anonymität sichern, denn in Schwerte, das eine sehr eng bebaute Altstadt hatte, lebten zu der Zeit rund 10.000 Einwohner. Das Pseudonym nutzte vor ihr schon Adolf Glaßbrenner (1810–1876), der 1848/49 eine humoristische Zeitschrift herausgab. Die Schwerter Zeitung hatte sich von einem Wochenblatt, welches zweimal in der Woche erschien, zu einer Tageszeitung entwickelt. Die Gedichte von Elias erschienen unregelmäßig, meist samstags. Teilweise lagen einige Wochen zwischen den Erscheinungsterminen. Es wurden zwischen 1898 und 1923 durchschnittlich zwei Gedichte pro Monat veröffentlicht.[2]
Zum Internationalen Frauen-Kongress 1904 veröffentlichte Elias das Gedicht „Zum Frauen-Kongress!“. Durch den Kongress und die Öffentlichkeit, die dieser auch durch mehrere Hundert Delegierte aus 16 Mitgliedsstaaten erzielte, versprachen sich die Teilnehmerinnen einen Schub für die Forderung nach dem Frauenstimmrecht im Deutschen Reich, auch wenn das Thema nicht explizit Thema des ICW-Kongresses war. Der Verein für Frauenstimmrecht tagte mit der International Woman Suffrage Alliance, um die fehlende Thematisierung des Frauenwahlrechts auf dem ICW-Kongress sichtbar zu machen, und so wurden beide Tagungen durch die Presse positiv aufgenommen. Mit ihrem Gedicht griff Luise Elias in den öffentlichen Diskurs ein und so wurde auch in Schwerte das Wahlrecht ein Thema. Auch griff sie mit dem Gedicht die alte „Burschenherrlichkeit“ an, die sie für überwunden ansah. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts nahmen zunehmend Frauen ein Studium an den Universitäten auf und stellten das hergebrachte Selbstverständnis des universitären Milieus infrage. Für Luise Elias zählte stattdessen die „Frauenherrlichkeit“. Dazu benötigte es Bildung für Frauen, Mädchen, die das Gymnasium besuchen, und Frauen, die studieren.[2]
Zeitgemäße Reime zum Frauen-Kongreß[4]
(...)
Und wieder tagte ein Kongreß
In diesen Frühlingstagen,
Bei dieser ‚Tagung‘ hat indeß
Kein Mann ein Wort zu sagen,
(...)
Denn nach ‚Reform‘ lechzt allerwärts
Das sehnsuchtsvolle Frauenherz,
seit sich der Wunsch bemächtigt
Des Wörtchens ‚gleichberechtigt‘!
(...)
Manch Ehemann sitzt still beiseit
Und singt von schönen Stunden:
O alte Burschenherrlichkeit,
Wohin bist Du entschwunden!
Die Frau indes zur selben Zeit
Beginnt: O Frauenherrlichkeit,
wie bist du im Entstehen,
Die Welt wird Wunder sehen!
(...)
Ernst Heiter
Viele weitere ihrer Gedichte hatten die Kriegszeit zum Thema. Zunächst mahnte sie noch den Frieden an, später machte sie die Mobilisierung zum Thema und rief zum Kriegsdienst auf. Noch zum Ende hin verbreitete sie Durchhalteparolen und selbst im Oktober 1918 warb sie noch für die Zeichnung von Kriegsanleihen und propagierte: „Stark und treu, dann wird das Schwerste überwunden.“ Der Archivar und Historiker Wilfried Reininghaus, der ihr Werk sichtete, zog das Fazit, dass sie, wie auch andere Autoren der Zeit, den nationalistischen Duktus des deutschen Heldentums forcierte und stereotype Feindbilder pflegte, wie auch eine Heroisierung des Soldatentums. Sie stellte in ihren Gedichten auch die Lebenswirklichkeit der Menschen dar, wie die Rationierung von Lebensmitteln und den Verzicht auf Fleisch.[2]
Politikerin
In die Sozialdemokratische Partei (SPD) trat Luise Elias 1918 ein. Für das Schwerter Stadtparlament kandidierte sie mit dem Beruf „Schriftstellerin“. Zusammen mit Anna Lex aus Dortmund trat sie im Wahlkampf auf. Überliefert ist die Ankündigung zu ihrem Vortrag „Antisemitismus und Wahlagitation“ am 11. Januar im Westfälischen Hof. Sie warb für die Wahl mit ihrem Gedicht „Auf zur Wahl“, welches in der Schwerter Zeitung am 18. Januar 1919 erschien mit dem Aufruf: „Es darf bei dieser Damenwahl kein deutsches Mädchen fehlen.“ Sie stand bei der Kommunalwahl auf Platz 3 der Wahlliste der SPD. Bei der Wahl am 2. März 1919 errang die SPD 12 Sitze, so zog Luise Elias für die Sozialdemokratische Partei in das Stadtparlament ein. Neben ihr wurde mit Sophie Ludwig für die Zentrumspartei eine weitere Frau in das Stadtparlament gewählt. Eine dritte Kandidatin, Agnes Tütel für die DDP, wurde nicht gewählt, da sie einen Listenplatz hatte, der nicht mehr berücksichtigt werden konnte.[5] Als die Stadtverordnetenversammlung am 20. März 1919 erstmalig nach der Wahl zusammentrat, befanden sich zahlreiche weibliche Besucher auf der Tribüne, als Frau Elias und Fräulein Ludwig inmitten ihrer Fraktionen Platz nahmen.[2]
Für Luise Elias war es als bürgerliche Frau eines Textilkaufmanns ungewöhnlich, mit den zumeist aus gewerkschaftlich organisierten Metallarbeitern bestehenden Politikern, die aus den beiden großen Schwerter Fabriken, den Nickelwerken und der Eisenindustrie stammten, zusammenzuarbeiten. Sie war zudem die einzige Angehörige der jüdischen Synagogengemeinde im Schwerter Stadtrat.[2] Aus dem Stadtrat schied sie 1921 aus.[1]
Ihr letztes Gedicht erschien am 3. Februar 1923 in der Schwerter Zeitung. Nach schwerer Krankheit starb Luise Elias am 22. Oktober 1923.[2]
Ehrungen
- Nach ihr wurde das Luise-Elias-Zentrum in Schwerte benannt. In ihm sind die Schwerter Musikschule und eine Kita beheimatet.[6]
- Luise Elias wurde am 21. März 2024 zusammen mit Sophie Ludwig mit einem FrauenOrt NRW geehrt.[7]
Einzelnachweise
- ↑ a b FrauenOrte NRW: Luise Elias. In: frauenorte-nrw.de. 1865, abgerufen am 23. August 2025.
- ↑ a b c d e f g Luise Elias – frauen/ruhr/geschichte. In: frauenruhrgeschichte.de. Abgerufen am 23. August 2025.
- ↑ Frauen/Ruhr/Geschichten (PDF), abgerufen am 29. August 2025
- ↑ Schwerter Zeitung vom 11. Juni 1904, Text (unten), unter dem Pseudonym Ernst Heiter, einen Tag vor der Eröffnung des Kongresses
- ↑ Schwertes Aufbruch zur Demokratie. In: Bürgerstiftung Schwerter Mitte. Abgerufen am 23. August 2025.
- ↑ Ansprechpersonen (A-Z). In: schwerte.de. Abgerufen am 23. August 2025.
- ↑ Luise Elias Eröffnung des FrauenOrts NRW (PDF), abgerufen am 23. August 2025