Lucius Teidelbaum

Lucius Teidelbaum (Pseudonym, * 1984 in Dresden) ist ein deutscher freier Journalist und Publizist, der unter diesem Pseudonym zu Rechtsextremismus und angrenzenden politischen Phänomenen forscht und publiziert. Er arbeitet hauptsächlich als Autor mehrerer Bücher im linksgerichteten Unrast Verlag, als Bildungsreferent und als Rechercheur mit wissenschaftlichem Anspruch zu Themen der extremen Rechten, christlichen Rechten, Verschwörungsideologien und deren gesellschaftlichen Einflussversuchen.

Biografie

Lucius Teidelbaum wurde 1984 in Dresden geboren und wuchs dort auf. Das von ihm verwendete Pseudonym dient dem Schutz seiner Privatsphäre, was bei Journalisten, die im Bereich Rechtsextremismus recherchieren, nicht unüblich ist.[1] Seit 2003 lebt Teidelbaum in Tübingen und ist dort journalistisch und politisch aktiv. Seit 2006 ist er ehrenamtlich im Tübinger Epplehaus tätig, einem selbstverwalteten Jugendzentrum mit langer Tradition. Über fünf Jahre arbeitete er dort am Einlass und ist bis heute in der Vortrags-Veranstaltungsgruppe „Input Tübingen“ aktiv.[2]

Journalistische und publizistische Tätigkeit

Teidelbaum arbeitet als freier Journalist, Publizist und Rechercheur zum Themenkomplex extreme Rechte und anliegende Grauzonen. Sein Ansatz ist dabei wissenschaftlich fundiert und nutzt empirische Methoden zur Analyse rechtsextremer Bewegungen, wie seine Studie zu Einflussversuchen auf die Friedensbewegung zeigt. In dieser Analyse definiert er zentrale Begriffe wie „extreme Rechte“, „rechts-offen“ und „Verschwörungsideologien“ und entwickelt differenzierte Typologien politischer Akteure. Seine Arbeitsweise zeichnet sich durch sorgfältige Begriffsklärungen und die Verwendung eines weiter gefassten Extremrechtsbegriffs aus, mit dem er das enge Hufeisen-Modell der Extremismus-Theorie kritisiert und eine Analyse ermöglicht, die auch die politische Mitte einbezieht.[3]

Teidelbaum schreibt regelmäßig für verschiedene Medien, darunter Belltower.News, Die Tageszeitung und Jungle World. Seine Artikel behandeln aktuelle Entwicklungen in der extremen Rechten, Analyse von Bewegungen wie Pegida oder den „Querdenkern“ sowie die Vernetzung verschiedener rechter Akteure.[4][5][6] Besonders hervorzuheben ist seine kontinuierliche Berichterstattung über rechte Aktivitäten in Baden-Württemberg, in der er in jährlichen Rückblicken Strategien und Erfolge der regionalen Szene dokumentiert.[7]

Buchveröffentlichungen

Teidelbaum hat seit 2012 mehrere Monografien im Unrast Verlag veröffentlicht, die verschiedene Aspekte der extremen Rechten beleuchten.

  • Braunzone Bundeswehr: Rechtsum in der Männertruppe. Unrast, Münster 2012, ISBN 978-3-89771-117-4 (86 S.).
    Sein Debütwerk untersucht rechtsextreme Tendenzen in der deutschen Bundeswehr. Im Buch werden strukturelle Probleme und die historischen Kontinuitäten zwischen Wehrmacht und Bundeswehr analysiert, die rechtsextreme Einstellungen begünstigen. Die Publikation fand Beachtung in der Fachdiskussion über Rechtsextremismus in der Bundeswehr.[8][9]
  • Obdachlosenhass und Sozialdarwinismus. Unrast, Münster 2013, ISBN 978-3-89771-124-2 (80 S.).
    Diese Arbeit widmet sich einem oft übersehenen Aspekt rechter Gewalt in Form von Angriffen auf obdachlose Menschen. Teidelbaum analysiert die ideologischen Hintergründe dieser Gewalt und stellt sie in den Kontext neoliberaler Verwertungslogik. Die Bundeszentrale für politische Bildung griff seine Argumentation auf und empfiehlt, Obdachlose als eigene Kategorie von Opfern rechter Gewalt zu betrachten.[10][11]
  • PEGIDA: Die neue deutschnationale Welle auf der Straße. Unrast, Münster 2016, ISBN 978-3-89771-136-5 (91 S.).
    In dieser Publikation analysiert Teidelbaum die Entstehung und Entwicklung der Pegida-Bewegung. Er ordnet Pegida in das Spannungsfeld zwischen Neonazismus, der rechtspopulistischen Partei Alternative für Deutschland (AfD) und der Neuen Rechten ein. Das Buch erschien zu einem Zeitpunkt, als Pegida ihren Höhepunkt erreichte, und zeigt die Verbreitung der Bewegung von Dresden in die gesamte Bundesrepublik und ins Ausland auf.[12]
  • Die christliche Rechte in Deutschland: Strukturen, Feindbilder, Allianzen. Unrast, Münster 2018, ISBN 978-3-89771-142-6 (95 S.).
    Diese Studie beleuchtet wenig beachtete, christlich motivierte rechte Bewegungen. Teidelbaum verwendet „christliche Rechte“ als Ersatzbegriff für Fundamentalismus und analysiert deren Netzwerke, Kampagnen und politischen Einfluss. Besonders die Mobilisierung gegen die „Verankerung der Akzeptanz sexueller Vielfalt“ in baden-württembergischen Schulplänen wird detailliert untersucht. Die Publikation wurde in Fachkreisen als wichtiger Beitrag zur Analyse religiöser Rechter gewürdigt.[13][14]
  • Vom Querdenken zur Querfront? Corona-Proteste von rechts. Unrast, Münster 2023, ISBN 978-3-89771-153-2 (79 S.).
    Teidelbaums jüngste Monografie analysiert die Entwicklung der Corona-Protestbewegung. Er zeigt auf, wie sich aus anfänglichen Protesten gegen Pandemie-Maßnahmen eine rechtsoffene Bewegung mit verschwörungsideologischem Unterbau entwickelte. Das Buch untersucht verschiedene Akteure, deren Strategien und die Rolle der klassischen extremen Rechten in diesen Protesten.[15]
  • Elias Raatz, Lucius Teidelbaum (Hrsg.): Wir hol'n jetzt unser Haus! Edition Analyse & Subkultur, Villingen-Schwenningen 2025, ISBN 978-3-9880903-5-5 (140 S.).
    Als Co-Herausgeber gemeinsam mit Elias Raatz veröffentlichte Teidelbaum 2025 einen Sammelband zur Geschichte des Tübinger Jugendzentrums Epplehaus. Das 140-seitige, reich bebilderte Werk dokumentiert über 50 Jahre selbstverwaltete Jugendkultur von der Hausbesetzung 1972 bis zur Gegenwart. Teidelbaum steuerte mehrere Kapitel bei, darunter Analysen zu rechten Anfeindungen gegen das Epplehaus und dessen Rolle als „Schule der Basisdemokratie“.[16]

Studie zur Friedensbewegung

Bildungsarbeit

Seit Jahren ist Teidelbaum in der Vortragsreihe Input Tübingen aktiv, die regelmäßig im Epplehaus stattfindet. Diese Bildungsveranstaltungen, die in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung und der Heinrich-Böll-Stiftung Baden-Württemberg durchgeführt werden, behandeln verschiedene gesellschaftspolitische Themen mit Schwerpunkt auf Rechtsextremismus und Demokratiegefährdung.[2]

Teidelbaum hält regelmäßig Vorträge bei verschiedenen Bildungsträgern und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Themen seiner Vorträge umfassen u. a. die extreme Rechte Baden-Württembergs, Burschenschaften als deren „akademische Kaderreserve“, Verschwörungsideologien und die christliche Rechte. Dabei zeichnet er die organisatorische und ideologische Entwicklung der AfD im Südwesten nach, beleuchtet die Schnittmengen zwischen Rechtspopulismus und der christlichen Rechten und erklärt die aktuelle Entwicklung der Neuen Rechten, die meist mit dem Begriff „Rechtsruck“ bezeichnet wird.[18][6]

Teidelbaums Ansatz in der Bildungsarbeit zeichnet sich durch empirische Fundierung und differenzierte Analyse aus. Er vermeidet einfache Schwarz-Weiß-Schemata und analysiert stattdessen die komplexen Übergänge zwischen verschiedenen rechten Milieus. Dabei legt er besonderen Wert auf präzise Begriffsdefinitionen, historische Kontextualisierung und Analysen aktueller Entwicklungen.[3][6][7]

Rezeption

Teidelbaums Arbeiten werden in der Rechtsextremismus-Forschung wahrgenommen und zitiert. Besonders seine differenzierten Analysen zu weniger beachteten Phänomenen wie der christlichen Rechten oder Obdachlosenhass finden Anerkennung. Die Humanistische Union empfiehlt sein Buch Die christliche Rechte in Deutschland: Strukturen, Feindbilder, Allianzen (2018) als „Einstieg in das Thema“.[11][13] In den Medien wird Teidelbaum als kompetenter Experte für Rechtsextremismus wahrgenommen. Seine Analysen werden regelmäßig von Journalisten aufgegriffen und seine Einschätzungen in aktuellen Debatten zitiert.[19][4][6] Wie bei allen Autoren, die zu kontroversen politischen Themen arbeiten, gibt es auch kritische Stimmen zu Teidelbaums Arbeit. Insbesondere seine Verwendung des Begriffs „rechts-offen“ wird gelegentlich als zu weit gefasst kritisiert. Teidelbaum selbst reflektiert diese Kritik und verteidigt seine Begriffswahl als analytisch notwendig.[19][3]

Einzelnachweise

  1. Die Autor*innen des Sammelbands: Kurzvorstellung der Beteiligten. In: Elias Raatz, Lucius Teidelbaum (Hrsg.): Wir hol'n jetzt unser Haus! Edition Analyse & Subkultur, Villingen-Schwenningen 2025, ISBN 978-3-9880903-5-5, S. 138 f.
  2. a b Lucius Teidelbaum: Lebenslauf. LovelyBooks, abgerufen am 7. September 2025.
  3. a b c Lucius Teidelbaum: Versuche rechter und verschwörungsideologischer Einflussnahme auf die Friedensbewegung. Attac Deutschland, 2024, abgerufen am 7. September 2025.
  4. a b Simon Schramm: „Sie werden lauter“: Lucius Teidelbaum über rechte Christen. taz, 31. Oktober 2019, abgerufen am 7. September 2025.
  5. Beiträge von Lucius Teidelbaum. Jungle World, abgerufen am 7. September 2025.
  6. a b c d Bernd Woidtke: Journalist Teidelbaum entlarvt in Erftstadt die Argumente der Querdenker. Kölner Stadt-Anzeiger, DuMont Rheinland, 4. Dezember 2023, abgerufen am 7. September 2025.
  7. a b Autor*in: Lucius Teidelbaum. Belltower.News, Amadeu Antonio Stiftung, abgerufen am 7. September 2025.
  8. Lucius Teidelbaum: MAD in Germany: Der unbekannte Dritte unter den deutschen Geheimdiensten. In: Ausdruck. Jg. 6. Tübingen 2008, S. 20–22 (imi-online.de [PDF]).
  9. Sören Frerks: Wie rechts ist die Bundeswehr? In: der rechte rand. Jg. 24, Nr. 143. Hannover 2013, S. 37 (der-rechte-rand.de [PDF]).
  10. Benjamin Giffhorn: Buchbesprechungen. In: wohnungslos: Aktuelles aus Theorie und Praxis zur Armut und Wohnungslosigkeit. Jg. 56, Nr. 1. Bielefeld 2014, S. 39 f.
  11. a b Susanne Gerull: „Unangenehm“, „arbeitsscheu“, „asozial“: Zur Ausgrenzung von wohnungslosen Menschen. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Jg. 68, Nr. 25/26. Bonn 2018, S. 30–36 (bpb.de [PDF]).
  12. Roman Schweidlenka: Teidelbaum, Lucius: Pegida. Österreichisches Bibliothekswerk, abgerufen am 7. September 2025.
  13. a b Christoph Kopke: Zwei Analysen zur religiösen Rechten in Deutschland. In: vorgänge: Zeitschrift für Bürgerrechte und Gesellschaftspolitik. Jg. 57, Nr. 224. Berlin 2018, S. 100–102 (humanistische-union.de).
  14. Anahid Sowa: Das ewige Märchen von Gut und Böse. kritisch-lesen.de, 21. Januar 2025, abgerufen am 7. September 2025.
  15. Ben Kirchner: Vom Querdenken zur Querfront? In: Lotta. Nr. 91. Oberhausen 2023 (lotta-magazin.de).
  16. Sammelband „Wir hol’n jetzt unser Haus – über 50 Jahre Tübinger Jugendzentrum Epplehaus zwischen Hausbesetzung, Selbstverwaltung und Subkultur“. Jugendzentrum Epplehaus, 7. Januar 2025, abgerufen am 9. September 2025.
  17. Neue Publikation zur Friedensbewegung. Attac Trägerverein, 23. September 2024, abgerufen am 9. September 2025.
  18. Rechtspopulismus: Organisationen, Politik und ideologisches Umfeld in Baden-Württemberg. Heinrich-Böll-Stiftung Baden-Württemberg, Februar 2023, abgerufen am 9. September 2025 (Kapitel 1, 12, 14).
  19. a b Konrad Litschko: "Büge muss sich entscheiden". taz, 2. Dezember 2012, abgerufen am 9. September 2025.