Lucius Orbilius Pupillus

Figur unbekannter Bedeutung am Dom von Benevent, die im Volksglauben für die von Sueton erwähnte Orbilius-Statue gehalten wird[1]

Lucius Orbilius Pupillus, meist einfach Orbilius (* um 113 v. Chr. in Benevent; † um 13 v. Chr. in Rom), war ein lateinischer Grammatiker und Pädagoge.

Nach dem frühen Verlust seiner Eltern, die am selben Tag durch eine Intrige von Feinden ums Leben kamen, wuchs Orbilius verarmt auf. Zunächst diente er laut Sueton als Verwaltungsbeamter, dann in Makedonien als Cornicularius und später als Reiter im Heer. Nach seiner Militärzeit wandte er sich wieder dem Studium zu, das er schon als Knabe begonnen hatte, und eröffnete in seiner Heimatstadt Benevent eine eigene Schule. Im 50. Lebensjahr 63 v. Chr. zog er nach Rom, wo er unterrichtete. Er gewann dort zwar fachliches Ansehen, jedoch keinen Wohlstand; selbst im Alter bekannte er in einer Schrift, arm zu sein und „unter Dachziegeln“ zu wohnen.

Orbilius lebte fast hundert Jahre und starb hochbetagt um 13 v. Chr. Wie Sueton berichtet, wurde ihm in Benevent auf dem Kapitol eine Marmorstatue errichtet, die ihn sitzend und im Mantel darstellt, mit zwei Schriftrollenbehältern (scrinia) zu seinen Seiten. Er hinterließ einen Sohn gleichen Namens, der ebenfalls als Grammatiker wirkte. Auch sein Schüler und ehemaliger Sklave Scribonius Aphrodisius wurde nach seiner Freilassung ein bekannter Lehrer.

Zu Orbilius’ Werken gehörte ein Buch mit dem Titel Peri algeos („Über den Schmerz“), in dem er die Missstände beklagte, die Lehrer durch die Nachlässigkeit oder den Ehrgeiz der Eltern zu ertragen hätten. Außerdem erwarb er Schriften des Dichters Marcus Pompilius Andronicus und sorgte dafür, dass diese im Namen ihres ursprünglichen Autors wieder veröffentlicht wurden.

Sein Charakter galt als hart und reizbar: Nicht nur seine Gegner, die er heftig attackierte, sondern auch seine Schüler erfuhren dies. So prägte Horaz, der Schüler des Orbilius war, in seinen Episteln den Ausdruck plagosus Orbilius („der Schläge austeilende Orbilius“), was ihn sprichwörtlich machte. Auch Domitius Marsus spottete über die Züchtigungen mit Stock und Rute, die er seinen Schülern zufügte. Darüber hinaus scheute Orbilius nicht davor zurück, auch hochgestellte Persönlichkeiten mit Spott zu treffen – etwa Varro Murena,[2] den er wegen seines Buckels verhöhnte, oder Gaius Sulpicius Galba, den Vater des späteren Kaisers. Horaz erwähnt, dass er als Kind die Gedichte des Livius von ihm diktiert bekam.[3]

Orbilius wurde so zum Sinnbild des kleinlichen, zornigen und prügelnden Lehrers, dessen Name sprichwörtlich blieb.

Quellen

  • Sueton: De grammaticis 9 (online)
  • Horaz: epistulae 2, 1 (online)

Literatur

Einzelnachweise

  1. Goffredo Coppola: Ich kann versichern, dass die Leute von Benevent noch heute unter den alten Statuen an der Fassade des Doms eine zeigen, von der sie sagen, es sei die des Orbilius; aber die meisten wissen nicht, wer Orbilius war, und halten ihn für einen Heiligen oder wenigstens einen Mann der Kirche. (Il Gobbo al sole in Il Popolo d'Italia, 5. Juli 1939, S. 3)
  2. Vielleicht Aulus Terentius Varro Murena oder Marcus Terentius Varro Gibba, Volkstribun im Jahr 43 v. Chr.
  3. Horaz, Episteln 2,1,69-71.