Loher und Maller

Loher und Maller ist eine von vier frühneuhochdeutschen Bearbeitungen französischer Chansons de geste, die im Umfeld von Elisabeth von Lothringen um 1437 in Saarbrücken entstanden sind.

Inhalt

Das Prosaepos „Loher und Maller“ handelt von Intrigen, Verrat, Kämpfen und auch von Freundschaft. Loher ist der Sohn von Karl dem Großen von Frankreich und der jüngere Bruder von Ludwig. Sein Freund Maller ist der Sohn von König Galien und Rosemonde. Der Text lässt sich in zwei Teile einteilen.

In dem ersten Teil wird Loher zu Beginn wegen seiner zahlreichen romantischen Affären am Hof von seinem Vater für sieben Jahre verbannt. Sein Freund Maller erklärt sich sofort bereit, ihn zu begleiten. So gelangen sie nach Konstantinopel an den Hof von König Orscher. Dort erwartet Loher und Maller ein Kampf gegen die Andersgläubigen, die König Orscher belagern. Da Loher so erfolgreich bei diesem Kampf war, bekommt er die Erlaubnis von König Orscher, seine Tochter Zomerin zu heiraten und der zukünftige König Konstantinopels zu werden. Als Loher später in Rom für den Papst gegen Andersgläubige kämpft, stirbt seine Frau Zormerin bei der Geburt ihres gemeinsamen Sohnes Marphone. Bei diesen Kämpfen begegnet Loher zudem seinem Bruder Ludwig, der sich nach dem Tod von König Karl als König von Frankreich krönen ließ. Dadurch entsteht ein Erbstreit zwischen den beiden Brüdern, den der Papst regelt, indem er Loher zum Kaiser von Rom ernennt, was Ludwig zunächst befürwortet. Jedoch wird Ludwig von seinen Räten umgestimmt, weswegen Loher heimtückisch kastriert wird. Allerdings wissen die Räte nicht, dass Loher einen Sohn hat, und nach ein paar Jahren kommt es zum Krieg zwischen Ludwig und Loher, da Loher sich bei den Räten rächen möchte. Bei diesem Krieg kämpft zudem sein Sohn Marphone mit. Nach dem Sieg kehrt Maller dem Leben als Kämpfer den Rücken und entschließt sich, als Einsiedler zu leben. Als Loher nichts mehr von Maller hört, kehrt er nach einer langen Suche nach Rom zurück und trauert um seinen Freund Maller. Als Maller nach einiger Zeit dort eintrifft, bringt Loher ihn um, da er ihn nicht erkennt. Anschließend erklären Mallers Verwandte sowohl Loher als auch Ludwig den Krieg. Diesen Krieg kann Loher ebenfalls siegreich mit der Hilfe von Maorphone beenden.

Im zweiten Teil geht es um die Auseinandersetzung zwischen Ludwig und seinem Neffen Isenbart, der zuvor für Loher gekämpft hat. Diese Auseinandersetzung entsteht, da Ludwig Isenbarts Schwester mit einem Nachkommen des Mannes verheiraten will, der für Lohers Kastration verantwortlich war. Isenbart stimmt der Hochzeit seiner Schwester deshalb nicht zu und wird aus allen Ländern der Christenheit verbannt. Deshalb flüchtet er in die Herrschaftsgebiete der Andersgläubigen, wo er wie Loher Ruhm und Ehre erlangt. Außerdem heiratet er dort die andersgläubige Königstochter Margelij und konvertiert zu ihrem Glauben. Anschließend zieht Isenbart mit seinem Schwiegervater König Gorman gegen seinen Onkel König Ludwig in den Krieg. Diesen Krieg gewinnt König Ludwig, da Isenbart, Gorman und Ludeman getötet und die Andersgläubigen zur Flucht gezwungen werden. Jedoch stirbt auch Ludwig an den Folgen des Kriegs. Die Räte haben ihn vergiftet. Der Text endet mit dem Tod von Ludwig, wobei auch die karolingische Dynastie zu Ende geht, weil Ludwig keinen Erben hinterlässt. Der Text endet mit einem kurzen Ausblick auf den Huge Scheppel, dem erzählchronologisch folgenden Saarbrücker Prosaepos.

Überlieferung

Loher und Maller ist in mehreren Drucken und Handschriften aus dem 15. bis 19. Jahrhundert überliefert. Die älteste Handschrift befindet sich heute in der Hamburger Staats- und Universitätsbibliothek. Sie wird auf das Jahr 1456 datiert.

Der erste Druck entstand im Jahr 1514 in Straßburg durch Johannes Grüninger unter dem Titel „Ein schöne warhaftige hy//story von Keiser Karolus sun genant Loher“. Es entstanden weitere Drucke bis in das Jahr 1805, die unter verschiedenen Titeln veröffentlicht wurden.

Handschriften
  • Hamburg, Staats- und Universitätsbibliothek, Cod. 11 in scrino, 143 Blätter (illustriert), um 1456, rheinfrk.
  • Heidelberg, Universitätsbibliothek, Heid. Hs. 1012 (olim Ashburn Place, Cod. 486), Bl. 24r - 248 v , datiert 1463
  • Krivoklát (Pürglitz), Burgbibliothek, I a 3, 143 Blätter, datiert 1482
  • Köln, Historisches Archiv, Cod. W 337, Bl. 1 r -149 r , um 1486, mittelfrk.
  • Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2816, 174 Blätter (illustriert), datiert 1493.
Drucke
  • Frankfurt, Johannes Grüninger 1514: „Ein schöne warhaftige hy//story von Keiser Karolus sun genant Loher“.
  • Frankfurt, Weigland Han [um 1561]: „Von Keiser Loher / vnd Koenig Maller“.
  • Frankfurt, Weigand Hans Erben 1567: „Von Keiser Loher / vnd // Koenig Maller“.
  • Leipzig, Nicol und Christoff Nerlich 1613/14: „Eine schoene warhafftige Geschicht: // Von Keyser Loher // eines Koeniges Sohn aus // Franckreich.“
  • Frankfurt a. M., Friedrich Willmans 1805: „Loher und Maller // eine // Rittergeschichte // Aus einer ungedruckten Handschrift.“

Forschungsgeschichte

Die aktuellen Forschungsbeiträge zum Prosaepos „Loher und Maller“ sind überschaubar und geben einen Einblick in die Themenfelder, die in der Handlung des Werkes behandelt werden. Die Forschung setzt einen Schwerpunkt auf das Thema „Gewalt“,[1] beispielsweise in der kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Christen und Andersgläubigen,[2] im Bruderkonflikt zwischen Loher und Ludwig oder in der Fehde zwischen Loher und Otte. Außerdem wird der Freundschaft zwischen Loher und Maller, die nach der Ermordung Mallers in dieser Form nicht weiter existieren kann, eine bedeutende Rolle innerhalb der Erzählung zugewiesen.[3] Ein weiteres Themenfeld ist die Verbergung der Identität einzelner Figuren. Diese führt beispielsweise dazu führt, dass Loher seinen Freund Maller unwissentlich tötet.

Textausgaben

  • Loher und Maller. Kritische Edition eines Loher und Maller. Kritische Edition eines spätmittelalterlichen Prosaepos. Hg. von Ute von Bloh (= Texte des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit. Band 50). Erich Schmidt Verlag, Berlin 2013.
  • Loher und Maller • Herzog Herpin. Kommentar und Erschließung. Hg. von Ute von Bloh u. Bernd Bastert. (= Texte des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit. Band 55). Erich Schmidt Verlag, Berlin 2017.

Sekundärliteratur (Auswahl)

  • Anika Soraya Meißner: Von welsch zu dütsch. Kulturelle und literarische Transferprozesse am Beispiel der Saarbrücker Prosaepen (= Philologische Studien und Quellen. Band 291). Erich Schmidt Verlag, Berlin 2024.
  • Ute von Bloh: Elisabeth von Nassau-Saarbrücken, ›Loher und Maller‹ (Nr. 79.). In: Katalog der deutschsprachigen illustrierten Handschriften des Mittelalters (KdiH). Begonnen von Hella Frühmorgen-Voss und Norbert H. Ott. Hrsg. von Kristina Freienhagen-Baumgardt, Pia Rudolph und Nicola Zotz. Band 8. München 2019.
  • Ronny F. Schulz. u. Wiebke Witt: Der Zauberer an der Grenze. Grymmoner als Schlüssel-Figur in der ‘Königin Sibille‘ und im ‘Loher und Maller‘. In: Danille Buschinger, Anne Ibos-Augé u. Mathieu Olivier (Hrsg.): Magie, féerie, sorcellerie. Actes du colloque international des 13, 14 et 15 mars 2019 (Logis du Roy, Amiens). Amiens 2019, S. 252–266.
  • Silke Winst: „Heiden“, Riesen, Gotteskrieger/in. Intersektionale Differenzierungsprozesse in den spätmittelalterlichen Prosaepen „Herzog Herpin“ und „Loher und Maller“. In: Susanne Schul, Mareike Böth u. Michael Mecklenburg (Hrsg.): Abenteuerliche „Überkreuzungen“. Vormoderne intersektional (= Aventiuren. Band 12). Göttingen 2017, S. 193–220.
  • Anne-Katrin Federow: Freundschaft zwischen narrativer Ausformung und sprichwörtlicher Rede. Der Zusammenhang von paradigmatischer und dialogischer Struktur im 'Loher und Maller'. In: Kritische Ausgabe. Zeitschrift für Germanistik & Literatur. Nr. 30. Verlag Dreiviertelhaus, Berlin 2016, ISBN 978-3-96242-030-7.
  • Albrecht Classen: Schrecken und Grauen, Mord und Totschlag. Das Entsetzen literarisch eingefangen. Spiegelungen des Schmerzes und brutaler Misshandlungen in Elisabeths von Nassau Saarbrücken ,Loher und Maller‘ (1437). In: Neuphilologische Mitteilungen. Band 116/1, 2015. S. 133–148.
  • Maren Großenbröhmer: Erzählen von den Heiden. Annäherungen an das Andere in den Chanson de geste-Adaptationen 'Loher und Maller' und 'Herzog Herpin' (=Philologische Studien und Quellen. Band 261). Erich Schmidt Verlag, Berlin 2015.
  • Ute von Bloh: Literar- und kunsthistorische Einführung und kodikologische Beschreibung. In: Loher und Maller : Hamburg, Staats- und Universitätsbibliothek, Cod. 11 und 11a in scrinio / übertr. aus dem Franz. von Elisabeth von Nassau-Saarbrücken. – Farbmikrofische – Ed. München, Ed. Lengenfelder, 1995.

Quellen

Einzelnachweise

  1. Classen, Albrecht: Schrecken und Grauen, Mord und Totschlag. Das Entsetzen literarisch eingefangen. Spiegelungen des Schmerzes und brutaler Misshandlungen in Elisabeths von Nassau Saarbrücken Loher und Maller (1437). In: Neuphilologische Mitteilungen. Band 116, 2015, S. 133.
  2. Silke Winst: „Heiden“, Riesen, Gotteskrieger/in. Intersektionale Differenzierungsprozesse in den spätmittelalterlichen Prosaepen „Herzog Herpin“ und „Loher und Maller“. In: Susanne Schul, Mareike Böth u. Michael Mecklenburg, (Hrsg.): Abenteuerliche „Überkreuzungen“. Vormoderne intersektional. Göttingen 2017, S. 193–220.
  3. Anne-Katrin Federow: Freundschaft zwischen narrativer Ausformung und sprichwörtlicher Rede. Der Zusammenhang von paradigmatischer und dialogischer Struktur im 'Loher und Maller'. In: Kritische Ausgabe. Zeitschrift für Germanistik & Literatur. Nr. 30. Verlag Dreiviertelhaus, Berlin 2016, ISBN 978-3-96242-030-7.