Lex Cornelia de edictis

Die lex Cornelia de edictis war ein Plebiszit aus dem Jahr 67 v. Chr. Es normierte die Bindungswirkung des Prätors an die in seinem Edikt festgehaltenen Grundsätze und Richtlinien. Hintergrund der Maßnahme war, dass der Gefahr von Vetternwirtschaft begegnet werden sollte und auch sonstigem Machtmissbrauch in Amtseigenschaft.[1]

Der Gesetzeserlass löste die Entwicklung eines Redaktionsbetriebes über die Edikte aus.[2] Nicht das einzelne Gesetz inhaltlich, wohl aber das Format des Edikt, konnte fortan stabilisiert werden, sodass eine widerstandsfähige lex annua Sicherheit gewährte. Cicero, der das prätorische Recht noch dem ius civile zugeordnet hatte,[3] dokumentierte in seinem Werk De legibus, dass das Gesetz über seine Zwecksetzung der Schaffung von Verbindlichkeit hinweg, den juristischen Zeitgenossen Anregungen zur Kreierung einer neuen Literaturform gegeben habe, die Ediktskommentare (libri ad edicta).[4] Zwar war und blieb der Prätor frei in der Gestaltung seiner Rechtsregeln und behielt auch die Hoheit, über Anordnungen seiner Vorgänger nach seinen Vorstellungen zu verfahren, gleichwohl kristallisierte sich ein kontinuierlicher ediktaler Grundbestand heraus. Dieser blieb für die folgenden Generationen zumeist unangetastet und wurde für die eigene einjährige Amtszeit fortgeschrieben. Bezeichnet wurde er auch als „tralatizisches Edikt“.[5]

Soweit also die lex den Prätor an seine deklarierten Maßnahmen band und damit den Rahmen für seine Handlungsoptionen vorgab, konnte er die darin vorhandenen Spielräume nach freiem Ermessen zur Entscheidungsfindung nutzen. In einzelnen Fällen war die Ermessensausübung per Edikt sogar angeordnet, beispielsweise um nach Ursachen zum Parteienstreit (causae cognitio) zu forschen.[6] Die pflichtgemäße Ausübung seines Ermessens war auch dann notwendig, wenn es galt, ediktal verordnete Generalklauseln sinnvoll auszukleiden (beneficium praetoris).[7]

Anmerkungen

  1. Zur lex, Filippo Gallo, in: Studia e documenta historiae et iuris (SDHI), 62 (1996), S. 16 f. und 21 f.; auf den Seiten 18–20 vertritt Gallo die Auffassung, dass sich das prätorische Recht mit der lex aus dem ius civile herausgelöst habe.
  2. Ulrike Babusiaux: Römische Rechtsschichten. In: Ulrike Babusiaux, Christian Baldus, Wolfgang Ernst, Franz-Stefan Meissel, Johannes Platschek, Thomas Rüfner (Hrsg.): Handbuch des Römischen Privatrechts. Mohr Siebeck, Tübingen 2023, ISBN 978-3-16-152359-5. Band I, S. 114–192, hier S. 155 (Rn. 140–142).
  3. Cicero, Topica 28; dazu Max Kaser: ‚Jus honorarium‘ und ,ius civile‘, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (Romanistische Abteilung), Band 101, Heft 1, 1984. S. 1–114, hier S. 75 f.
  4. Cicero, De legibus 1, 17.; Cicero, In Verrem II 1, 109.
  5. Egon Weiß: Vorjulianische Ediktsredaktionen, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (Romanistische Abteilung), Band 50, Heft 1, 1930, S. 249–271, hier S. 251–255.
  6. Moriz Wlassak: Cognitio. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band IV,1, Stuttgart 1900, Sp. 207–211.
  7. Vgl. Quellen: Julian, Digestorum libri XC, in Digesten 4, 4, 41; Ulpian, 12 ad edictum libri LXXXIII, in Digesten 4, 6, 17, 1; dazu Ausführungen bei Max Kaser: Das römische Zivilprozeßrecht (= Handbuch der Altertumswissenschaft. Abteilung 10: Rechtsgeschichte des Altertums. Band 3.4). München 1966; 2. Auflage 1996 bearbeitet von Karl Hackl. ISBN 3-406-40490-1. S. 189 f. mwN.