Letscho


Letscho (ungarisch Lecsó, tschechisch und slowakisch Lečo, polnisch Leczo, spanisch Lecho, baskisch und katalanisch Letxo) ist ein Schmorgericht der ungarischen Küche, das grundsätzlich aus weißem Spitzpaprika (ungarisch: Lecsópaprika oder Magyar fehér paprika), Tomaten und Zwiebeln besteht und mit Salz und Pfeffer gewürzt ist.
Letscho ist in Ungarn eine Hauptmahlzeit und keine Beilage, deshalb wird es manchmal mit Eiergraupen (Tarhonya) zubereitet. Es können auch Lecsókolbász (eine ungarische Wurstsorte), Wein und Reis hinzugefügt werden.[1] Das Gericht hat inzwischen auch international Liebhaber gewonnen. So ist es beispielsweise ein wichtiger Bestandteil der österreichischen Küche geworden.
In Deutschland ist Letscho besonders in den neuen Ländern als Beilage zu Grillgerichten, Bratwurst und anderen Fleischgerichten, aber auch als Bestandteil von Soljanka, sehr beliebt. Dort bieten Supermärkte und Lebensmittelläden verschiedene Sorten Letscho im Glas an. Diese sind aber im Unterschied zum ungarischen Rezept nahezu alle mit Branntweinessig gesäuert und enthalten nur selten tierische Produkte.
Geschichte
Paprika und Tomaten, die ursprünglich aus der Neuen Welt stammen, gelangten über die Türkei und den Balkan nach Ungarn. Naheliegend wäre es, die türkische Speise gotit[2] und das daraus entstandene Menemen als Vorläufer des Lecsó zu betrachten. Aufgrund der mehreren Jahrhunderte zwischen der osmanischen Herrschaft und dem Auftreten des Gerichts gilt dies jedoch als unwahrscheinlich. Ab den 1870er-Jahren bereiteten die in Ungarn ansässigen bulgarischen Gärtner ein charakteristisches Gericht aus im Freien gerösteten Paprikaschoten, Tomaten und saisonalem Gemüse zu.[3]
1902 veröffentlichte die Zeitschrift A Hét ein Kochbuch mit dem Titel "A Hét szakácskönyve", das ein Rezept unter der Bezeichnung „Rácz Omácska“ enthielt. Das Wort „omácska“ bedeutet in einigen slawischen Sprachen Sauce oder Soße. In diesem Rezept wurden Paprika und Tomaten zu einer stückigen Sauce verkocht.
1924 begann die von Weiss Manfréd und Bertold gegründete Erste Ungarische Konserven- und Eisenwarenfabrik unter dem Markennamen Globus Lecsó auch zu exportieren.[4][5]
In einer Ergänzung zum österreichisch-ungarischen Handelsvertrag von 1931 wird Lecsó erstmals ausdrücklich erwähnt: „Paradicsomkonzervként kezelendők a légmentesen elzárt úgynevezett lecsóval, azaz paradicsomból, hagymából és paprikából készült salátakeverékkel megtöltött tartályok.“ („Als Tomatenkonserven gelten luftdicht verschlossene Behältnisse, die mit sogenanntem Lecsó, also einer Mischung aus Tomaten, Zwiebeln und Paprika, gefüllt sind.“)[6] Hier findet sich auch erstmals die deutsche Schreibweise Letscho.[6]
1932 wurde im Ungarischen Theater in Budapest die Operette Egy csók és más semmi von Eisemann Mihály uraufgeführt, in der das Lied „Lecsó, lecsó, lecsókolom a rúzst rólad“ vorkommt. Karinthy Frigyes beschrieb 1936 in seiner Sammlung Nevető betegek (dt. „Lachende Kranke“) Lecsó als eines seiner liebsten Kindheitsgerichte („Wurst mit Lecsó, Ei und Nockerln mit Schafskäse“).
Unter dem Namen „Lecsó“ erschienen Rezepte in Kochbüchern erst ab den frühen 1930er-Jahren. 1931 veröffentlichte sowohl das Új Idők Receptkönyve ein Rezept für „Lecsó für den Winter“, als auch die Zeitschrift Magyar Szakács ein Rezept für „Bácskaer Lecsó“.[7]
Die erste bekannte Erwähnung des Wortes „lecsó“ stammt aus dem Jahr 1914, in einem Dialektbeitrag der Zeitschrift Magyar Nyelv („lëcső, lëcsó = grüne Paprika mit Tomaten“).[8] Manche Fachleute sehen den Ursprung des Wortes im nahegelegenen slowakischen Ausdruck všeličo („alles Mögliche, gemischt“).[9]
Obwohl Paprika und Tomaten bereits seit den 1870er-Jahren in Ungarn bekannt waren,[10] waren sie in den für Lecsó typischen Mengen erst nach dem Aufschwung des bulgarischen Gemüseanbaus in den 1880er-Jahren in größerer Verfügbarkeit. Wahrscheinlich verbreitete sich das Gericht zunächst in Budapest durch nógráderische Köchinnen, die in städtischen Haushalten arbeiteten, und wurde später – auch dank der Konservenindustrie – im ganzen Land populär.
Zutaten
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Makói Zwiebel (Hungarikum)[11] -
Ungarische Weiße Spitzpaprika (auch Lecsópaprika genannt), Sorte cecei[12] -
Saftige, reife Tomate
Zubereitung
Die Grundzutaten des Lecsó sind weiße Spitzpaprika, Tomaten und Zwiebeln. Sowohl die Mengenverhältnisse als auch die Schnittweise sind Geschmackssache und führen seit Jahrzehnten zu Diskussionen unter Lecsó-Liebhabern.
Traditionell wird Lecsó nicht in Öl, sondern im ausgelassenen Fett von Räucherspeck oder – falls kein Speck vorhanden ist – in Schweineschmalz oder Gänseschmalz zubereitet. Öl gilt bei der klassischen ungarischen Variante nicht als authentisch.
Um die Bildung von aufgerollten Tomatenschalen zu vermeiden, empfiehlt es sich, die Tomaten vorher zu schälen. In Streifen geschnittene Zwiebeln und Paprika behalten ihre Konsistenz besser.[13]
Paprikaschoten mit dickerem Fruchtfleisch ergeben nach längerer Kochzeit eine weichere, musartige Basis, während dünnwandige Sorten bei kürzerer Garzeit eine festere, knackigere Konsistenz behalten. Eine Version ohne Tomaten wird „weißes Lecsó“ genannt.
Manche Zubereitungsarten sehen vor, die einzelnen Zutaten nacheinander anzubraten und erst zum Schluss zu vereinen, andere schichten sie in eine Form und garen sie im Ofen. Lecsó wird traditionell im Kessel über offenem Feuer, aber auch in Pfannen, Töpfen oder Keramikformen im Backofen gekocht. Haltbar gemacht wird es häufig durch Einkochen in Gläsern.
Über die Zugabe von Knoblauch und Paprikapulver gehen die Meinungen auseinander: Für manche sind sie unverzichtbar, für andere ein Stilbruch. In der gehobenen Gastronomie wird Lecsó auch in „dekonstruierten“ Varianten serviert, bei denen die Zutaten getrennt gegart und angerichtet werden.
Die heutzutage verbreitete Zugabe von sogenanntem Lecsókolbász ist keine ursprüngliche Tradition, sondern eine Entwicklung der letzten Jahrzehnte. Wer Lecsó nach klassischer Art kochen möchte, lässt diese Zutat weg.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Bauermuseum: Lecsó. Bauernmuseum Kecskemét, 2019, abgerufen am 2. Juli 2020 (ungarisch).
- ↑ Ben Jakob: How Shakshuka, Israel's Famous Breakfast Dish, Took the World By Storm. In: Culture Trip. Archiviert vom am 16. November 2017; abgerufen am 2. August 2018 (englisch).
- ↑ Boross Marietta: Bolgár és bolgár rendszerű kertészetek Magyarországon 1870–1945, Ethnographia, 84. évf. 1–2. sz.
- ↑ 200 éves az Appertizálás, Konzervújság, 1996, 2. szám, S. 29–32.
- ↑ Mihály Balatoni, János Kirsch, Loránd Szabó, István Tóth-Zsiga: A Magyar élelmiszeripar története. 1986, ISBN 963-232-213-4 (ungarisch, 629 S.).
- ↑ a b Österreichische Nationalbibliothek: ÖNB-ALEX - Bundesgesetzblatt 1920–1934. In: alex.onb.ac.at. Abgerufen am 1. August 2018 (deutsch, ungarisch).
- ↑ Tóth Szilárd Tibor: Újabb adatok a lecsó szó hazai és külföldi elterjedéséhez. In: Magyar Nyelv. XCIX. 2003, S. 474–477 (ungarisch, oszk.hu [PDF]).
- ↑ Magyar Nyelv – 10. évfolyam – 1914. In: adtplus.arcanum.hu. Abgerufen am 2. August 2018 (ungarisch).
- ↑ S Z Ó - É S S Z Ó L Á S M A G Y A R Á Z A T O K - PDF Free Download. In: anzdoc.com. Abgerufen am 2. August 2018 (ungarisch).
- ↑ Zilahy Ágnes: Valódi magyar szakácskönyv. In: mek.oszk.hu. Abgerufen am 2. August 2018.
- ↑ Hungarikum: Makói vöröshagyma. Archiviert vom am 4. September 2011; abgerufen am 12. Juni 2011.
- ↑ A cecei fehér. Archiviert vom am 7. März 2016; abgerufen am 12. Juni 2011 (ungarisch).
- ↑ Lecsó. In: Bűvös Szakács. 18. August 2010, abgerufen am 18. August 2020 (ungarisch).