Leopold Franz Friedrich Lehr
Leopold Franz Friedrich Lehr (* 3. September 1709 in Kronberg im Taunus; † 26. Januar 1744 in Magdeburg) war ein deutscher evangelisch-lutherischer Geistlicher und Kirchenlieddichter des Pietismus.
Leben
Leopold Franz Friedrich Lehr war der Sohn von Johann Jakob Lehr, nassau-idsteinscher Kammer- und Hofrat. Er besuchte bis 1727 das Gymnasium in Idstein. Prägend für sein Leben war eine Begegnung als Junge mit August Hermann Francke, als dieser sein Elternhaus besuchte und ihn auf Bitten des Vaters segnete.[1]
Ab 1729 studierte er Evangelische Theologie, zunächst an der Universität Jena, insbesondere bei Johann Franz Buddeus. Nach einem Jahr wechselte er an die Universität Halle. Er fand das Vertrauen von Franckes Nachfolger Johann Anastasius Freylinghausen, der seine Kinder von Lehr unterrichten ließ.
1731 berief ihn Fürst August Ludwig von Anhalt-Köthen zum Erzieher seiner Töchter, der Prinzessinnen Agnes Leopoldine (1724–1766), Christiane Anna Agnes (1726–1790) und Johanna Wilhelmine (1728–1786). Später kamen noch die Töchter aus der dritten Ehe des Fürsten, Charlotte Sophie (1733–1770) und Marie Magdalene (1735–1783) hinzu.
1740 wurde Lehr zum Diaconus (2. Pastor) an der lutherischen Kirche St. Agnus in Köthen ernannt. Mehrere Berufungen an andere Kirchen nahm er nicht an. Im Geist des Hallischen Pietismus schrieb er eine ganze Reihe an geistlichen Liedern. Zusammen mit dem Hofprediger Johann Ludwig Konrad Allendorf und den Stiftsdamen im Gisela-Agnes-Stift prägte er die „Rolle Köthens als Zentrum des pietistischen Lieds“.[2] Mit Allendorf war er Mitherausgeber der Sammlung Cöthnische Lieder, die die zuvor einzeln gedruckten Lieder ab 1736 in mehreren Auflagen einer weiten Öffentlichkeit zugänglich machte.[3]
Leopold Franz Friedrich Lehr war verheiratet mit Christina Maria, einer Tochter des Kaufmanns Hans Paul Stilcke aus Magdeburg. Bei einem Besuch dort im Januar 1744 wurde er schwerkrank und starb im Alter von nur 33 Jahren. Sein früher Tod löste große Betroffenheit bei seinen Kollegen und Freunden aus. Dies wird in ihren zahlreichen zu seinem Andenken veröffentlichten Trauerschriften und -gedichten deutlich.[4]
Lieder
In den Cöthnischen Liedern finden sich 20 von Lehr verfasste Lieder. Nach seinem Tod gab Pastor Samuel Helmich, der Lehrs Witwe heiratete, eine vollständige Sammlung der 28 Lieder mit anderen Gebeten Lehrs unter dem Titel Himmlisches Vergnügen in Gott und Christo, bestehend in Geistlichen Gedichten. heraus. Lehrs Lieder waren zu seiner Zeit und auch noch in der Generation nach seinem Tod sehr populär; dies änderte sich jedoch mit dem Abflauen des klassischen Pietismus und dem Einzug der Aufklärungstheologie in die Gesangbücher. Im 19. Jahrhundert waren noch diese Lieder Lehrs bekannt und zum Teil in Gesangbüchern vorhanden:
- Mein Heiland nimmt die Sünder an[5], auch ins Englische übersetzt als My Savior sinners doth receive
- So hab' ich nun den Fels erreichet[6]
- Was hinket ihr, betrogne Seelen[7]
Im 20. Jahrhundert war Mein Heiland nimmt die Sünder an noch im Gesangbuch der Brüdergemeine sowie im Gesangbuch der Erweckungsbewegung Reichs-Lieder vertreten.[8]
Werke
- Franz Friedrich Leopold Lehrs, weiland Diaconi der evangel. Lutheris. Kirche zu Cöthen, erbauliches Gespräch von der gläubigen Ergreiffung der Gerechtigkeit Christi, zu einiger Aufrichtung einer Heils- und Gnadenbegierigen Seele / unter der guten Hand Gottes ehemals von ihm selbst aufgesetzt, nunmehro aber zum allgemeinen Gebrauch heraus gegeben. Gedruckt auf Kosten guter Freunde, 1754 (Digitalisat)
- Samuel Helmich (Hrsg.): Leopold Frantz Friderich Lehrs, ehemaligen wohlverdienten und gesegneten Predigers der Evang. Lutherischen Gemeine in Cöthen, himlisches Vergnügen in Gott und Christo: bestehend in geistlichen Gedichten. Zusammen getragen und mit einer Vorrede durch den Druck bekant gemacht, auch mit einigen geistlichen Oden vermehret. Halle 1756 (Digitalisat)
Literatur
- Gottlieb Christian Giese: Leben und Lieder Herrn Leopold Franz Friedrich Lehrs, Ehemaligen Diaconi der luther. Gemeine in Cöthen Leipzig und Görlitz: Richter 1746 (Digitalisat)
- Karl Friedrich Ledderhose: Das Leben des Leopold Franz Friedrich Lehr nebst seinen Liedern. Schaffhausen 1850
- Eduard Emil Koch: Geschichte des Kirchenlieds und Kirchengesangs. Band I/4, 3. Auflage, Stuttgart: Belser 1868, S. 446
- Karl Friedrich Ledderhose: Lehr, Leopold Franz Friedrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 18, Duncker & Humblot, Leipzig 1883, S. 151 f.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ ADB (Lit.)
- ↑ Klaus Conermann: Köthen, in: Wolfgang Adam, Siegrid Westphal (Hrsg.): Handbuch kultureller Zentren der Frühen Neuzeit: Städte und Residenzen im alten deutschen Sprachraum. Band 1, Berlin: de Gruyter 2013, S. 1211–1252, hier S. 1211 und 1239
- ↑ Die ehedeß eintzeln gedruckte Cöthnische Lieder. Zum Lobe des Dreyeinigen Gottes und zur gewünschten reichen Erbauung vieler Menschen. Köthen: Wäysenhaus 1736; Die ehedeß eintzeln gedruckte Cöthnische Lieder Zum Lobe des Dreyeinigen Gottes und zur gewünschten reichen Erbauung vieler Menschen, mit einem Dreyfachen Register nach den Biblischen Sprüchen Inhalt, und Anfang der Lieder, zusammen herausgegeben. Köthen: Wäysenhaus 1740 (Digitalisat)
- ↑ Siehe Normdatensatz und Druckschriften von und über Lehr, Leopold Franz Friedrich im VD 18.
- ↑ Mein Heiland nimmt die Sünder an auf hymnary.org, mit Nachweisen in 65 Gesangbüchern
- ↑ So hab' ich nun den Fels erreichet auf hymnary.org, mit Nachweisen in 5 Gesangbüchern
- ↑ Was hinket ihr, betrog'ne Seelen auf hymnary.org, mit Nachweisen in 33 Gesangbüchern
- ↑ Mein Heiland nimmt die Sünder an, abgerufen am 8. September 2025