Heinrich von Lazan
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Heinrich von Lazan (auch Heinrich Lef(fe)l von Lazan, selten Heinrich von Seydlitz; tschechisch Jindřich Lefl z Lažan; † 1. November 1420) war Landeshauptmann des Herzogtums Breslau und Kämmerer des böhmischen Königs Wenzel.
Herkunft und Familie
Heinrich von Lazan erscheint erstmals 1393 in den Quellen. Seine Geschwister hießen Thamme, Gunzel, Nickel, Heinrich (meist Heinz) und Heinrich (auch Heinz Rabe) und Elisabeth. Er entstammte dem schlesischen Adelsgeschlecht von Seydlitz.[2] Der Beiname von Lazan leitet sich von der bei Schweidnitz im Ort Lazan liegenden Wasserburg[3] her. Heinrichs Vater – der Ritter Günzel von Lasan – stand im Dienst des Herzogs Bolko II. und später der verwitweten Herzogin Agnes von Schweidnitz-Jauer. Er besaß neben Lazan auch Kniegnitz, Kunzendorf, Landau, Tunkendorf, Sänitz, Weigelsdorf, die Burg Freudenberg und das Burglehn von Striegau.[4]
Heinrichs war spätestens seit 1410 mit einer Katharina verheiratet. Möglicherweise war sie eine Tochter des Kuttenberger Münzmeisters Nikolaus Augustin.[5] Heinrichs Söhne hießen Hynek und Jan bzw. Ignaz und Johann.
Hofkarriere
Heinrich gehörte 1402 zum engeren Kreis der Prager Hofgesellschaft und teilte die sogenannte Zweite Gefangenschaft König Wenzels in Wien. Wahrscheinlich hatte er Anteil an der Flucht Wenzels, da ihm noch am 9. November 1403 – dem Tag der Flucht Wenzels aus Wien – das Landgeschoss von Landeshut verliehen wurde. In der Verleihungsurkunde ist er auch erstmals als Kämmerer Wenzels bezeugt.[6] Seine Stellung in unmittelbarer Nähe zum König vermochte Heinrich von Lazan in große Besitzerwerbungen in Böhmen umzusetzen. 1410 erwarb er die Herrschaft Krakovec 50 km westlich von Prag.[7] Außerdem besaß er bis 1416 die Burg Okoř bei Prag[8] und seit 1411 Herrschaft Nachod mit der Herrschaft Hummel, die er 1414 an den Oberstlandschreiber Boček II. von Podiebrad veräußerte[9] und stattdessen die Stadt und Herrschaft Bechyně in Südböhmen erwarb.[10] Nach dieser Herrschaft nannten sich seine Nachkommen Bechinie von Lazan.
1413 bis 1419 war Heinrich Lefl Hauptmann von Breslau und Namslau. Als seine Unterhauptleute wirkten sein Bruder Heinze von Lazan – der spätere Landeshauptmann von Schweidnitz – und Johann von Wiltberg.[11] Seit 1416 war Heinrich vom König ermächtigt, an Wenzels statt schlesische Lehen zu verleihen.[12] Außerdem gehörte Heinrich Lefl seit spätestens 1413 dem Böhmischen Kronrat an.[13] Im gleichen Jahr wirkte Heinrich Lefl als einer der Ältesten der Böhmischen Landsmannschaft an der Verabschiedung der Statuten der Gesellschaft des Rüdenbandes, einer vor allem in Schlesien, Böhmen und der Oberlausitz verbreiteten Adelsgesellschaft, mit.[14]
Stellung zu Jan Hus
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Heinrich Lefl wird einer gemäßigten kirchenreformatorischen Adelspartei am Prager Hof zugerechnet. Als zentraler Beweggrund seiner Handlungen im Kontext der religiösen Auseinandersetzungen in Böhmen wird aber die Treue zu König Wenzel hervorgehoben.[15] Den Zeitgenossen galt er jedoch als Unterstützer der Lehren von Jan Hus. 1411 wird er wegen der Unterstützung des Reformators vor die Römische Kurie zitiert.[16] In Streitschriften der katholischen Partei wird er ebenfalls angegriffen. So vergleicht ihn eine von einem Priester der St. Veits Kapelle verfasste Heiligenlegende der Ludmilla mit den Mördern der Heiligen. Das anonyme Spottlied „Sermo ad consilium regis“ (dt. Predigt an den königlichen Rat) greift ihn ebenfalls namentlich an.[17] Vielleicht auf Befehl Wenzels beherbergte Heinrich 1414 Jan Hus auf seiner Burg Krakovec, bevor sich dieser auf die Reise zum Konstanzer Konzil begab.[18] An dem Konzil nahm Heinrich Lefl auch selbst teil, nachdem er als Angehöriger der böhmischen Delegation bei der Krönung Sigismunds, das letztlich wirkungslose Geleit für Jan Hus erwirkt hatte.[19]
Das Jahr 1419, insbesondere der Tod König Wenzels, führte Heinrich Lefl schließlich in die Partei Sigismunds. Nach dem Treffen in Skalitz, auf dem Sigismund seinen Bruder Wenzel zu einem schärferen Vorgehen gegen die hussitische Häresie veranlassen wollte, ließ Heinrich Lefl in seiner Herrschaft Bechyně die Kelchkommunion verbieten. 1420 nahm er auf der Seite Sigismunds an der Schlacht bei Vyšehrad teil. Bei den Kämpfen wurde er verwundet und starb kurz darauf. Eine hussitische Quelle behauptet, er habe vor seinem Tod noch die Kommunion in beiderlei Gestalt empfangen.[20]
Wappen und Siegel
Das Siegel Heinrich Lefls zeigt das schräg gestellte Wappen der Bechyne von Lazan bzw. der von Seydlitz: In Silber drei rote Fische, auf dem Helm zwei Büffelhörner und zwei wilde Männer als Wappenträger. Die Umschrift lautet henrici zedilicz de lazan.[21]
Literatur
- Sven Ekdahl: Das Soldbuch des Deutschen Ordens 1410/1411, Teil 2: Indices mit personengeschichtlichen Kommentaren (= Veröffentlichungen aus den Archiven Preußischer Kulturbesitz. Band 23.2). Böhlau, Köln 2010, S. 160 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche – v. a. über seinen Bruder Heinz).
- Viktor Pohanka: Cesta Husova ochránce do služeb Zikmunda Lucemburského. Ponznámky ke dvorské kariéře Jindřicha Lefla z Lažan. (dt. Vom Beschützer Hus' in den Dienst Sigismunds von Luxemburg. Anmerkungen zur Hofkarriere von Heinrich Lefl von Lazan). In: Historica Olomucensia. Band 41, 2012, S. 117–139 (upol.cz [PDF; 9,0 MB]).
- Viktor Pohanka: Jindřich Lefl z Lažan. Reinterpretace jedné politické kariéry. (dt. Heinrich Lefl von Lasan. Neuinterpretation einer politischen Karriere). In: Husitský Tabor. Band 19, 2015, S. 127–148 (academia.edu).
Einzelnachweise
- ↑ Bartosz Paprocki: Diadochos id est svccessio. Ginák poslaupnost knijžat a kralůw Cžeskych biskupůw y arcybiskupůw pražskych a wssech trech stawůw slawneho Kralowstwj Cžeskeho to gest Panského, Rytjřského a Městského krátce sebraná. Band 3. Prag 1603, S. 245 (polona.pl).
- ↑ Vgl. Pohanka 2012, 127f; 2015, 129. Tomasz Jurek: Landbuch Księstw Świdnickiego i Jaworskiego. Band 2, 2000, Nr. 1247 (poznan.pl).
- ↑ Vgl. Dominik Nowakowski: Siedziby pańskie na Śląsku w świetle źródeł pisanych. Studium nad średniowieczną nomenklaturą. (Herrenhäuser in Schlesien im Licht der schriftlichen Quellen. Eine Studie der mittelalterlichen Nomenklatur). In: Przegląd Archeologiczny. Band 69, 2021, S. 191–220, hier S. 196. 1369 belegt als gesesse (Adelssitz) mit einem Wirtschaftshof, Tomasz Jurek: Landbuch Księstw Świdnickiego i Jaworskiego. Band 1, 2004, Nr. 351 (poznan.pl).
- ↑ Vgl. Tomasz Jurek: Landbuch Księstw Świdnickiego i Jaworskiego. Band 1, 2004, Nrr. 341, 723, 728, 763, 909, 995, 1054, 1082 (poznan.pl).
- ↑ Diese Vermutung äußert František Michálek Bartoš: Ceské dejiny. II/6. Cechy v dobe Husove 1378–1415. 1947, S. 471. Ihm folgt darin Pohanka 2012, S. 124f. Die Annahme stützt sich auf eine Hinterlassenschaft, die sich später im Besitz Heinrichs befunden hat, s. Registra zápisůw králowských i obecných roku 1454. In: Archiv česky. Band 2, 1842, S. 193, Nr. 360-363.
- ↑ Vgl. . Maria Theisen: König Wenzels Ritt über den Werd. Die Wiener Zeit Wenzels IV. mit Blick auf seine illumierten Handschriften. In: Petr Elbel, Alexandra Kaar, Jiří Němec, Martin Wihoda (Hrsg.): Historiker zwischen den Zeiten. Festschrift für Karel Hruza zum 60. Geburtstag. Böhlau, Wien 2021, S. 269–277, hier S. 273 und 277. Zu Wenzels Gefangenschaft allgemein vgl. Ondřej Schmidt: Druhé zajetí Václava IV. z italské perspektivy. In: Studia Mediaevalia Bohemica. Band 9, Nr. 2, 2017, S. 163–214 (digitalniknihovna.cz). Ivan Hlaváček: Die Wiener Haft Wenzels IV. der Jahre 1402–1403 aus diplomatischer und verwaltungsgeschichtlicher Sicht. In: Jaroslav Pánek, Miloslav Polívka, Noemi Rejchrtová (Hrsg.): Husitství – Reformace – Renesance. Praha 1994, S. 225–238. Und Ivan Hlaváček: König Wenzel (IV.) und seine zwei Gefangennahmen (Spiegel seines Kampfes mit dem Hochadel sowie mit Wenzels Verwandten um die Vorherrschaft in Böhmen und Reich). In: Quaestiones Medii Aevi Novae. Band 18, 2013, S. 115–149 (com.pl [PDF; 5,9 MB]).
- ↑ Vgl. August Sedláček: Hrady zámky a tvrze království Českého. Band 8. imáčka, Prag 1891, S. 102 f. (archive.org).
- ↑ Vgl. August Sedláček: Hrady zámky a tvrze království Českého. Band 8. imáčka, Prag 1891, S. 233 (archive.org).
- ↑ Vgl. Franz Albert: Die Geschichte der Herrschaft Hummel und ihrer Nachbargebiete, Erster Teil: Die Herrschaft Hummel bis zum Jahre 1477. Glatz 1932, S. 144–148 (net.pl).
- ↑ Vgl. August Sedláček: Hrady zámky a tvrze království Českého. Band 7. imáčka, Prag 1890, S. 22 f. (archive.org).
- ↑ Vgl. Pohanka 2012, 127f. Ivan Hlaváček: Prolegomena do historii kancelarii i dyplomatyki Czeskiego Królewskiego Urzędu Starościńskiego we Wrocławiu w czasach przedhusyckich. (dt. Prolegomena zur Geschichte der Kanzlei und der Diplomatik der böhmischen königlichen Starostei in Wrocław in der vorhussitischen Zeit). In: Śląski kwartalnik historyczny Sobótka. Band 36, Nr. 1, 1981, S. 100–115, hier S. 105 (wroc.pl). Der erste Beleg für den Antritt der Hauptmannschaft vom 12. Oktober 1413 s. Josef Dobiáš: Dějiny královského města Pelhřimova a jeho okolí, Band 2, Teil 1: Doba reformační. Pelhřimov 1936, S. 5, FN 10 (digitalniknihovna.cz). Das Heinrich schon 1419 oder Anfang 1420 durch Albrecht von Kolditz abgelöst wurde, weil er im Ruf eines Anhängers der Hus'schen Lehre stand, vgl. Pohanka 2015, S. 136.
- ↑ Vgl. Franz Martin Pelzel: Lebensgeschichte des Römischen und Böhmischen Königs Wenceslaus. Band 2. Schönfeldisch-Meißnerische Buchhandlung, Prag 1790, S. 653 (digitale-sammlungen.de). Nach Bartosz Paprocki: Diadochos. Prag 1602, Tl. 3, S. 245 (polona.pl).
- ↑ Vgl. Ivan Hlaváček: Das Urkunden- und Kanzleiwesen des böhmischen und römischen Königs Wenzel (IV.) 1376–1419. Ein Beitrag zur spätmittelalterlichen Diplomatik (= MGH-Schriften. Band 23). Hiersemann, Stuttgart 1970, S. 463.
- ↑ Vgl. Hermann Markgraf: Über eine schlesische Rittergesellschaft am Anfange des 15. Jahrhunderts (Rüdenband). In: Ders. (Hrsg.): Kleine Schriften zur Geschichte Schlesiens und Breslaus. Breslau 1915, S. 95 (org.pl).
- ↑ Vgl. Pohanka 2015, S. 140f. František Šmahel: Die hussitische Revolution (= MGH-Schriften. Band 43). Hahn, Hannover, S. 264, 906 ff.
- ↑ Vgl. Chronicon Universitatis Pragensis. In: Karl Adolf Constantin Höfler (Hrsg.): Geschichtschreiber der hussitischen Bewegung in Böhmen (= Fontes Rerum Austriacarum. Band I.2). Band 1, S. 13–47, hier S. 26 (cas.cz).
- ↑ Vgl. František Michálek Bartoš: Předvečer Husitské Revoluce v osvětlení pražského duchovního. In: Jihočeský sborník historický. Band 8, 1935, S. 43–51, hier S. 47 (digitalniknihovna.cz). Sermo ad consilium regis. In: Karl Adolf Constantin Höfler (Hrsg.): Geschichtschreiber der hussitischen Bewegung in Böhmen (= Fontes Rerum Austriacarum. Band I.2). Band 1, S. 546 f., hier S. 547 (cas.cz).
- ↑ Vgl. David Kozler: Jan Hus a hrad Krakovec. K historicitě pobytu a počátům mistní husovské tradice. In: Husitský Tábor. Band 23/24, 2019, S. 29–87 (academia.edu).
- ↑ Vgl. František Šmahel: Die hussitische Revolution (= MGH-Schriften. Band 43). Hahn, Hannover, S. 911 f. Auf dem Konzil: Ulrich Richental: Die Chronik des Konzils von Konstanz. Hrsg.: Thomas Martin Buck (= MGH DE. Band 1). 2019, c. 454 (mgh.de).
- ↑ Vgl. Laurentius de Březina: De gestis et variis accidentibus regni Boemiae 1411–1422. Historia Hussitica. In: Karl Adolf Constantin Höfler (Hrsg.): Geschichtschreiber der hussitischen Bewegung in Böhmen (= Fontes Rerum Austriacarum. Band I.2). Band 1, S. 422 (cas.cz). Dass es sich bei der Konversion wahrscheinlich um eine Erfindung handelt, vgl. Pohanka 2015, S. 141f. Sein Tod mit anderen böhmischen Großen wird auch in der "Chronik des alten Prager Kollegiaten" vermerkt, Ebd. S. 82. Das Verbot der Kommunion in beiderlei Gestalt in den dem Tabor bei der Burg Bechyně benachbarten Kirchen, s. Ebd. S. 339.
- ↑ Vgl. August Sedláček: Atlas erbů a pečetí české a moravské středověké šlechty. Atlas der Wappen und Siegel des mittelalterlichen tschechischen und mährischen Adels. Band 3. Academia, Prag 2001, S. 248. August Sedláček: Českomoravská Heraldika. Band 2. České Akademie Věd a Uměni, Prag 1925, S. 159 (hranet.cz [PDF; 1,3 MB]).