Landtag für Württemberg-Hohenzollern

Kloster Bebenhausen – Sitz des Landtags für Württemberg-Hohenzollern

Der Landtag für Württemberg-Hohenzollern war das erste frei gewählte Parlament des nach dem Zweiten Weltkrieg in der französischen Besatzungszone entstandenen Landes Württemberg-Hohenzollern. Der Landtag war das Nachfolgegremium der durch kommunale Delegierte gewählten Beratenden Landesversammlung für Württemberg-Hohenzollern. Die Wahl fand am 18. Mai 1947 zeitgleich mit der Abstimmung über die von der Beratenden Landesversammlung ausgearbeiteten Landesverfassung statt.

Die konstituierende Sitzung des Landtags fand am 3. Juni 1947 im Kloster Bebenhausen statt. Der Landtag war für vier Jahre gewählt; die Neuwahl hätte also im Frühjahr 1951 stattfinden müssen. Wegen des geplanten Zusammenschlusses von Württemberg-Hohenzollern mit Baden und Württemberg-Baden wurde die Wahlperiode durch eine Verordnung von Staatspräsident Gebhard Müller bis zur Vereinigung der drei Länder verlängert. Die hierfür notwendige Verfassungsänderung wurde von der Bevölkerung gemeinsam mit der Volksabstimmung über die Vereinigung der drei Länder am 9. Dezember 1951 gebilligt. Sie war notwendig geworden, nachdem das Bundesverfassungsgericht das Erste Neugliederungsgesetz des Bundes[1], das eine Verlängerung der Wahlperiode bis zum 31. März 1952 vorsah, für ungültig erklärt hatte.

Präsidium

Modell des Landtags im Winterrefektorium des Klosters

Auf der konstituierenden Sitzung wurde Karl Gengler (CDU) zum Präsidenten des Landtags gewählt. Erster Stellvertreter war Fritz Fleck (SPD), zweiter Stellvertreter Karl Kübler (DVP). Das Präsidium entsprach damit exakt dem der Beratenden Landesversammlung. Nachdem Karl Kübler sein Amt niederlegte, wurde Eduard Leuze (DVP) am 22. Juni 1948 zu seinem Nachfolger als zweiter Stellvertreter des Landtagspräsidenten gewählt.

Direktor des Landtags war Friedrich Seethaler.

Sitzverteilung

Landtagswahl 1947[2]
Wahlbeteiligung: 66,4 %
 %
60
50
40
30
20
10
0
54,2 %
20,8 %
17,7 %
7,3 %
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Aus der Landtagswahl vom 18. Mai 1947 ging die CDU mit einem Stimmenanteil von 54,2 Prozent als klarer Sieger hervor, die SPD erhielt 20,8 Prozent, die DVP 17,7 und die KPD 7,3 Prozent.[3] Daraus ergab sich folgende Mandatsverteilung:[4]

Partei Sitze Fraktionsvorsitzende
CDU 32 Sitze Franz Gog
SPD 12 Sitze Oskar Kalbfell
DVP 11 Sitze Eduard Leuze
KPD 05 Sitze Wilfried Acker
Gesamt 60 Sitze

Zusätzlich waren mit Wilhelm Göttler und Josef Schmid zwei Abgeordnete aus dem bayerischen Landkreis Lindau im Landtag vertreten, weshalb die Gesamtzahl zunächst 62 betrug. Beide Abgeordnete gehörten der CDU an. Der Kreis Lindau gehörte als einziger bayerischer Landkreis zur französischen Besatzungszone und war deshalb verwaltungstechnisch Württemberg-Hohenzollern angegliedert. Mit dem Übergang der Vertretung des Kreises an Bayern am 19. Dezember 1950 schieden diese beiden Abgeordneten aus dem Landtag aus.

Ausschüsse

Ausschuss Vorsitzender
Finanzausschuss Paul Binder, CDU
Sozialausschuss Oskar Kalbfell, SPD
Landwirtschafts- und Ernährungsausschuss Bernhard Bauknecht, CDU
Geschäftsordnungs- und Petitionsausschuss Ferdinand Zeeb, KPD
Verwaltungs- und Rechtsausschuss Eduard Leuze, DVP

Mitglieder

Name Lebens-
daten
Fraktion Wahlkreis/
Liste
Anmerkung
Wilfried Acker 1908–1979 KPD Rottweil
Wilhelm Baessler 1878–1975 CDU Freudenstadt
Bernhard Bauknecht 1900–1985 CDU Ravensburg
Ludwig Becker 1892–1974 KPD Liste
Paul Binder 1902–1981 CDU Liste
Lorenz Bock 1883–1948 CDU Rottweil Staatspräsident, gestorben am 3. August 1948 (Nachfolger: Josef Schinle)
Alfons Brenner 1889–1966 SPD Calw eingetreten am 12. Oktober 1949 als Nachfolger für Dieter Roser
Karl Bürker 1891–1967 CDU Biberach
Emil Dittus 1885–1965 CDU Calw eingetreten am 29. November 1949 als Nachfolger für Fritz Schuler
Hermann Dold 1892–1953 CDU Tuttlingen
Franz Dreher 1898–1977 CDU Hechingen
Fritz Erler 1913–1967 SPD Biberach Mandat niedergelegt am 3. Juli 1947 (Nachfolger: Karl Raaf)
Margarete Fischer-Bosch 1888–1972 DVP Tübingen eingetreten am 25. Mai 1950 als Nachfolgerin für Eberhard Wildermuth
Fritz Fleck 1890–1966 SPD Liste
Sebastian Ganser 1882–1957 CDU Biberach
Karl Gengler 1886–1974 CDU Rottweil
Wilhelm Göttler 1890–1953 CDU Lindau ausgeschieden beim Übergang der Vertretung des Kreises Lindau auf das Land Bayern am 19. Dezember 1950
Franz Gog 1907–1980 CDU Sigmaringen
Fritz Graf 1892–1976 DVP Freudenstadt eingetreten am 30. Januar 1952 als Nachfolger für Hermann Schieferer
Ernst Gräßle 1894–1958 CDU Liste eingetreten am 18. April 1952 als Nachfolger für Jakob Hermann
Konstantin Gsell 1896–1978 CDU Horb
Eugen Hahn 1874–1959 CDU Münsingen
Albert Hartmann 1899–1991 CDU Wangen
Adolf Hartmeyer 1886–1953 SPD Tübingen
Friedrich Haux 1887–1966 DVP Balingen
Gottlieb Hennefarth 1897–1976 KPD Calw Mandat niedergelegt am 1. Juni 1948 (Nachfolger: Ernst Laich)
Jakob Hermann 1872–1952 CDU Liste gestorben am 28. März 1952 (Nachfolger: Ernst Gräßle)
Herbert Holtzhauer 1906–1987 SPD Rottweil
Otto Jäger 1882–1965 CDU Tübingen eingetreten am 5. November 1947 als Nachfolger für Emil Niethammer
Oskar Kalbfell 1897–1979 SPD Reutlingen
Ernst Kinkelin 1916–1991 DVP Tuttlingen
Hans Kohler 1893–1962 DVP Rottweil
Anton Kramer 1908–1983 CDU Ehingen
Siegfried Krezdorn 1914–1982 CDU Liste
Karl Kübler 1880–1955 DVP Ravensburg
Otto Künzel 1903–1966 SPD Reutlingen
Ernst Laich 1900–1982 KPD Calw eingetreten am 22. Juni 1948 als Nachfolger für Gottlieb Hennefarth
Johann Leibinger 1903–1993 CDU Liste
Eduard Leuze 1906–1973 DVP Reutlingen
Bernhard Lieb 1894–1978 CDU Tettnang
Josef Lutz 1911–1998 CDU Wangen
Jakob Mast 1904–1994 CDU Calw
Eugen Maucher 1912–1991 CDU Ravensburg
Judas Thaddäus Mayer 1897–1972 CDU Saulgau
Gertrud Metzger 1908–1993 SPD Biberach eingetreten am 9. Dezember 1947 als Nachfolgerin für Karl Raaf
Gebhard Müller 1900–1990 CDU Liste Staatspräsident
Karl Müller 1897–1982 SPD Ravensburg
Emil Niethammer 1869–1956 CDU Tübingen Mandat niedergelegt am 31. Oktober 1947 (Nachfolger: Otto Jäger)
Josef Ott 1883–1978 CDU Ehingen
Franz Pfender 1899–1972 CDU Biberach
Karl Raaf 1902–1980 SPD Biberach eingetreten am 3. Juli 1947 als Nachfolger für Fritz Erler, Mandat niedergelegt am 5. November 1947 (Nachfolger: Gertrud Metzger)
Hans Rager 1896–1971 DVP Liste
Anton Reiner 1896–1994 CDU Saulgau
Viktor Renner 1899–1969 SPD Balingen
Dieter Roser 1911–1975 SPD Calw Mandat niedergelegt am 3. September 1949 (Nachfolger: Alfons Brenner)
Albert Sauer 1902–1981 CDU Ravensburg
Hermann Schieferer 1901–1995 DVP Freudenstadt Mandat niedergelegt am 15. Oktober 1951 (Nachfolger: Fritz Graf)
Josef Schinle 1896–1965 CDU Rottweil eingetreten am 13. August 1948 als Nachfolger für Lorenz Bock
Jakob Schlotterbeck 1884–1961 DVP Reutlingen
Carlo Schmid 1896–1979 SPD Liste
Josef Schmid 1888–1979 CDU Lindau ausgeschieden beim Übergang der Vertretung des Kreises Lindau auf das Land Bayern am 19. Dezember 1950
Nikolaus Heinrich Schmitt 1890–1973 SPD Freudenstadt
Josef Schneider 1893–1978 CDU Tübingen
Josef Schnell 1886–1966 SPD Tuttlingen [5]
Fritz Schuler 1885–1955 CDU Calw Mandat niedergelegt am 31. Oktober 1949 (Nachfolger: Emil Dittus)
Thomas Schwarz 1903–1974 CDU Balingen
Ludwig Wieland 1901–1988 KPD Reutlingen
Eberhard Wildermuth 1890–1952 DVP Tübingen Mandat niedergelegt am 4. April 1950 (Nachfolgerin: Margarete Fischer-Bosch)
Eugen Wirsching 1891–1983 CDU Reutlingen
Wilhelm Wirthle 1874–1960 DVP Liste
Ferdinand Zeeb 1894–1954 KPD Tübingen
Oswald Zobel 1878–1964 DVP Calw

Literatur

Commons: Der Sitzungssaal heute – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen und Anmerkungen

  1. Erstes Gesetz zur Neugliederung in dem die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern umfassenden Gebiete gemäß Artikel 118 Satz 2 des Grundgesetzes
  2. Archivierte Kopie (Memento vom 28. August 2011 im Internet Archive)
  3. Ergebnis siehe auch auf Ergebnisse der Landtagswahlen in der Bundesrepublik Deutschland#Landtag in Württemberg-Hohenzollern und auf http://home.arcor.de/gozer/wahlen/whz.html - abgerufen am 5. Juni 2008
  4. Landtag von Baden-Württemberg (Hrsg.): MdL, die Abgeordneten der Landtage in Baden-Württemberg 1946-1978. Stuttgart 1978, ISBN 3-12-911930-2, Seite 200
  5. Eingetreten am 8. Juli 1947, nachdem das Mandat von Eugen Rosenfeldt in der ersten Sitzung des Landtags für ungültig erklärt wurde, weil dieser als aktiver Angehöriger der Landespolizei nicht Mitglied des Landtags sein konnte. Vgl. Plenarprotokoll der 1. Sitzung des Landtags für Württemberg-Hohenzollern am 3. Juni 1947, S. 2; 3. Sitzung am 8. Juli 1947, S. 1.