Die Laguerre-Samuelson-Ungleichung, auch nur Samuelson-Ungleichung genannt, ist eine Ungleichung aus der beschreibenden Statistik. Sie gibt an, um wie viele empirische Standardabweichungen eine einzelne Beobachtung maximal vom arithmetischen Mittel aller Beobachtungen abweichen kann. Sie ist benannt nach dem amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler Paul Samuelson, der sie im Jahre 1968 beschrieb. Vor ihm hat sie aber bereits der französische Mathematiker Edmond Laguerre im Jahr 1880 im Zusammenhang mit der Größenabschätzung der Nullstellen von Polynomen gefunden.
Samuelsons Ungleichung
Für einen Datensatz
sei

das arithmetische Mittel und

die empirische Standardabweichung (hier im Unterschied zur sonst üblichen Variante
mit
bezeichnet).
Dann gilt:

für jede Einzelbeobachtung
.
Die Ungleichung ist scharf in dem Sinne, dass die rechte Seite ohne zusätzliche Annahmen über die Verteilung der Daten nicht verbessert werden kann.
Arnolds Beweis von Samuelsons Ungleichung
Im Jahre 1974 veröffentlichte Barry C. Arnold einen einfachen Beweis der Ungleichung, der sich auf die Cauchy-Schwarzsche Ungleichung stützt:
Sei
beliebig aber fest gewählt, und
.
Wendet man auf
und
die Cauchy-Schwarzsche Ungleichung
mit dem Standardskalarprodukt
an, so folgt

und daraus

Die erste Summe auf der linken Seite ist 0, daher

und

Division durch
liefert

Wurzelziehen auf beiden Seiten schließt den Beweis ab.
Gleichheit in Samuelsons Ungleichung tritt für ein
genau dann ein, wenn die anderen
Daten einander gleich sind und
als einziges davon verschieden.
Beispiel
Für den Datensatz
mit
berechnet man
und
. Für den fünften Wert gilt dann

in der Ungleichung herrscht also Gleichheit.
Laguerres Ungleichung
Im Jahr 1880 veröffentlichte Laguerre folgenden Satz über die Abschätzung der Nullstellen von Polynomen: Ist

ein Polynom mit
(nicht notwendig verschiedenen) reellen Nullstellen
, so genügen die Nullstellen folgender Ungleichung:

mit

Diese Abschätzung ist Samuelsons Ungleichung, nur mit anderen Bezeichnungen. Dazu faktorisiert man das Polynom zu

und multipliziert aus:

Koeffizientenvergleich mit der ursprünglichen Form liefert
und 
Damit ist der Term
in Laguerres Ungleichung gleich
, und eine etwas längere aber elementare Rechnung zeigt
.
Vergleich mit Tschebyscheffs Ungleichung
Tschebyscheffs Ungleichung ist eine Ungleichung aus der Wahrscheinlichkeitsrechnung über eine Zufallsvariable
mit Erwartungswert
und Standardabweichung
und lautet

Um Vergleichbarkeit mit Samuelsons Ungleichung herzustellen, wählt man für
die diskrete gleichverteilte Zufallsvariable, die die Werte
mit Wahrscheinlichkeiten
annimmt. Dann ist

und

Tschebyscheffs Ungleichung lautet dann

Sie macht eine Aussage über den Anteil der Daten, die innerhalb eines symmetrisch zu
gelegenen Intervalls liegen, und zwar unabhängig von der Größe des Datensatzes, während Samuelsons Ungleichung besagt, dass alle Werte eines
-elementigen Datensatzes innerhalb von
Standardabweichungen um
liegen, die Aussage wird mit wachsendem
also immer ungenauer.
Beispiel
Für einen Datensatz mit
Werten sagt Tschebyscheff, dass mindestens 99 % der Werte innerhalb von 10 Standardabweichungen um den Mittelwert liegen, dagegen Samuelson, dass alle Werte innerhalb von 31,6070 Standardabweichungen um den Mittelwert liegen. Der Preis für das Erfassen aller Werte ist also der viel schlechtere Faktor bei der Standardabweichung.
Literatur
- Paul Samuelson: How Deviant Can You Be? In: Journal of the American Statistical Association. Band 63, Nr. 324, 1968, S. 1522–1525 (englisch).
- Barry C. Arnold: Schwarz, Regression, and Extreme Deviance. In: The American Statistician. Band 28, Nr. 1, 1974, S. 22–23 (englisch).
- Laguerre E.: Mémoire pour obtenir par approximation les racines d'une équation algébraique qui a toutes les racines réelles. In: Nouv Ann Math 2e série. Band 19, 1880, S. 161–172, 193–202 (französisch).
- Jensen, Shane Tyler: The Laguerre–Samuelson Inequality with Extensions and Applications in Statistics and Matrix Theory (MSc). Department of Mathematics and Statistics McGill University 1999 (englisch, gc.ca [PDF]).