Lüderbach

Lüderbach
Gemeinde Ringgau
Koordinaten: 51° 4′ N, 10° 8′ O
Höhe: 308 (293–335) m ü. NHN
Fläche: 7,62 km²[1]
Einwohner: 144 (31. Dez. 2022)[2]
Bevölkerungsdichte: 19 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1971
Postleitzahl: 37296
Vorwahl: 05659
Blick auf Lüderbach
Blick auf Lüderbach

Lüderbach ist ein Ortsteil der Gemeinde Ringgau im nordhessischen Werra-Meißner-Kreis.

Geographie

Der nahezu ovale Dorf Lüderbach mit geringer Siedlungsdichte liegt auf der Hochplateaus Ringgau in der sogenannten Netra-Ifta-Talung, ca. 3,5 km (Luftlinie) südöstlich der Gemeindeverwaltung in Netra, unmittelbar an der Grenze zum Freistaat Thüringen.[3] Das Gebiet des Ortsteils besteht aus der Gemarkung Lüderbach im Südosten des Gemeindegebiets mit einer Fläche von 761 Hektar[1], davon sind 58 Hektar Wald.[3] In der Gemarkung liegen die folgenden aktuellen bzw. historischen Siedlungsplätze:

  • Hof Lustefeld[4]
  • Wiesenmühle[5]
  • Das Schloss Lüderbach[6] am Ostrand des Dorfes wurde durch den Herren von Capellan erbaut. Zu ihm gehört noch eine 1779 vollendete Mausoleumspyramide auf einem Hügel östlich außerhalb des Dorfes.

Die Ortslage befindet sich auf 293 bis 335 m ü. NHN und der höchste Punkt der Gemarkung ist der 430 Meter hohe Schienberg im Süden der Gemarkung. An den Ortsteil Lüderbach grenzen, von Norden beginnend, im Uhrzeigersinn, die Ortsteile Ringau-Netra und -Rittmannshausen, im Osten die thüringische Gemeinde Treffurt, im Süden der Ortsteile Archfeld und Altefeld der Gemeinde Herleshausen und im Westen Ringgau-Röda und -Netra. Durch den Ort verläuft die Kreisstraße 17, die um Westen Anschluss zur Landesstraße 3437 (zwischen Netra und Altefeld) und im Osten an Bundesstraße 7 (zwischen Rittmanshausen und Treffurt-Ifta) hat.

Geschichte

Ortsgeschichte

Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Lüderbach erfolgte unter dem Namen Luderbech im Jahr 1195 in einer Urkunde des Papstes Coelestin III., in der er dem Kloster Germerode seinen Besitz bestätigt, unter anderem im Dorf Luderbech. Im Jahr 1329 verkauft Ludwig von Boyneburg Güter in Lüdenbach, die er vom Reichsabtei Hersfeld zum Lehen hat. 1344 geben die Brüder von Boyneburg ihre hersfeldischen Lehensgüter an die Augustinermönche in Eschwege ab. In den Jahren 1416 und 1458 sind Verkäufe von Gütern beurkundet die unter hessischer Lehensherrschaft stehen. 1445 liegt Lüderbach als hersfeldisches Lehen des Augustinerklosters Eschwege im Amt bzw. Gericht der Treusche vom Buttlar. Seit 1550 sind die Treusch von Buttlar als hessisch-sächsische Lehnsträger faktisch Alleineigentümer der Burg Brandenfels. In dieser Eigenschaft üben sie die Gerichtsbarkeit über die zum Gericht Brandenfels gehörenden Dörfer Markershausen, Renda, Lüderbach, Willershausen, Archfeld, Frauenborn, Holzhausen, Nesselröden, Breitzbach, Unhausen sowie die Höfe Altefeld, Berlitzgrube, Heidelberg, Rittersberg, Hohenhaus, Lüstefeld und die spätere Wüstung Woffenbach aus. Die Treusche vom Buttlar verkaufen ihr hessisches Lehen Lüderbach 1619 und 1627 an die Familien Scheffer und von Capellan. Als das Geschlecht 1779 ausstarb, fiel der Besitz an die Schefferschen Erben und gelangte später in Privatbesitz.[7]

Hessische Gebietsreform

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen fusionierten zum 31. Dezember 1971 die bis dahin selbständigen Gemeinden Grandenborn, Lüderbach, Netra, Renda und Rittmannshausen freiwillig zur neuen Gemeinde Ringgau.[8] Datterode und Röhrda schlossen sich am 1. April 1972 in der Gemeinde Netratal zusammen. Diese beiden Gemeinden wurde am 1. Januar 1974 kraft Landesgesetz zur neuen Großgemeinde Ringau zusammengeschlossen.[9][10] Sitz der Gemeindeverwaltung wurde der Ortsteil Netra. Für alle nach Ringgau eingegliederten Gemeinden wurden je ein Ortsbezirk gebildet.[11]

Verwaltungsgeschichte im Überblick

Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Lüderbach angehört(e):[3][12]

Gerichte

Die Gerichtsbarkeit über Lüderbach wurde im Mittelalter durch das Gericht der Treusche vom Buttlar ausgeübt. Nach einem Vergleich zwischen den Hessischen Landgrafen und den Herzögen von Sachsen im Jahr 1540, wurde das Gericht dem Amt Sontra angegliedert.

Die weitere Zuständigkeit entwickelte sich wie folgt:[3]

Bevölkerung

Einwohnerstruktur 2011

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Lüderbach 162 Einwohner. Darunter waren 3 (= 1,8 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 12 Einwohner unter 18 Jahren, 57 waren zwischen 18 und 49, 51 zwischen 50 und 64 und 45 Einwohner waren älter.[15] Die Einwohner lebten in 63 Haushalten. Davon waren 12 Singlehaushalte, 18 Paare ohne Kinder und 24 Paare mit Kindern, sowie 12 Alleinerziehende und keine Wohngemeinschaften. In 15 Haushalten lebten ausschließlich Senioren/-innen und in 33 Haushaltungen leben keine Senioren/-innen.[15]

Einwohnerentwicklung

Lüderbach: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2022
Jahr  Einwohner
1834
  
307
1840
  
329
1846
  
342
1852
  
360
1858
  
359
1864
  
354
1871
  
298
1875
  
319
1885
  
270
1895
  
233
1905
  
241
1910
  
250
1925
  
248
1939
  
304
1946
  
392
1950
  
392
1956
  
311
1961
  
283
1967
  
267
1970
  
260
1980
  
?
1987
  
250
2000
  
?
2011
  
162
2022
  
144
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[3]; Zensus 2011[15]

Historische Religionszugehörigkeit

• 1885: 270 evangelische (= 100 %) Einwohner[3]
• 1961: 252 evangelische (= 89,05 %), 29 katholische (= 10,25 %) Einwohner[3]

Religion

Ev. Kirche Lüderbach

Die Lüderbacher Kirchengemeinde ist die einzige evangelisch-lutherische im Kirchenkreis Eschwege.

Kirchengebäude[3]

Die Kirche in Lüderbach ist ein langgestreckter Saalbau mit dreiseitigem Schluss. Im Im Westen des Gebäudes befindet sich romanisches Mauerwerk des niedergelegten Westturms. Die Kirche wurde in den Jahren 1837/38 einschließlich des Turmes 1837/38 völlig erneuert.

Bekenntniswechsel[3]
  • um 1549 ist der erste Erster evangelischer Pfarrer Johannes Lesser nachgewiesen.
  • 1648 wird die adlige Patronatsgemeinde Lüderbach als lutherisch anerkannt.
Pfarrzugehörigkeit[3]
  • Das Kirchenpatronat ist 1569 zwischen den Landgrafen von Hessen und Sachsen-Eisenach strittig. Hessen erhielt die Kollatur und Sachen die ius episcopale (bischöflichen Jurisdiktionsgewalt).
  • 1872 Patronatspfarrei mit dem zum Rittergut gehörenden Hof Lüstefeld.
  • 1994 ist die lutherische Vikariatsgemeinde Lüberbach nach Aufhebung ihrer Pfarrstelle in das Kirchspiel Netra eingegliedert.

Politik

Für Lüderbach besteht ein Ortsbezirk (Gebiete der ehemaligen Gemeinde Lüderbach) mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung.[11] Der Ortsbeirat besteht aus fünf Mitgliedern. Bei den Kommunalwahlen in Hessen 2021 betrug die Wahlbeteiligung zum Ortsbeirat 60,48 %. Alle Kandidaten gehörten der „Wählergemeinschaft Lüderbach“ an.[16] Der Ortsbeirat wählte Karl-Heinrich Kalck zum Ortsvorsteher.[17]

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Bauwerke

Dorfkirche und Flügelaltar

Die Lüderbacher Kirche stammt mit den ältesten Steinpartien in der nord-west Ecke, aus dem 12. Jahrhundert. Im 15. Jahrhundert wurde ein Chor angebaut, 1785 bekam der Bau ein Tonnengewölbe. In den Jahren 1837/38 wurde die Kirche komplett umgebaut und der baufällige querrechteckige Westturm abgetragen.

In der Kirche befindet sich der einzige komplett erhaltene spätgotische Beweinungsaltar in Deutschland.[18] Dieser 1904 auf dem Dachboden der Kirche entdeckte geschnitzte Flügelaltar aus Lindenholz zeigt im Mittelrelief die Beweinung Christi, auf den Flügeln die Apostel und auf den Außenseiten, den sogenannten Werktagsseiten, Malreste von Szenen aus dem Garten Gethsemane und die Geißelung.

Schloss

1560 ließen die Treusch von Buttlar den Grundstock des Lüderbacher Schlosses mit angegliederten Rittergut erbauen. Dies war später Sitz der Familie von Capella(n).

Grabpyramide

Nördlich des Dorfes befindet sich auf dem sogenannten Kirchberg die Grabpyramide der Familie von Capella(n) aus dem Jahr 1776. In ihr sind die letzten beiden Mitglieder der Familie, Friederica von Cornberg und Adam Friedrich von Cappela(n), begraben, die 1776 und 1779 gestorben sind.

Observation Point India

Durch die Lage Lüderbachs direkt an der innerdeutschen Grenze wurde auf dem Sohlberg von der 3rd Squadron des 11th Armored Cavalry Regiment der US Army ein Beobachtungsposten betrieben. Heute ist von dem Camp noch der Beobachtungsturm erhalten. 2017 wurde der Turm zum Denkmal erklärt, trägt nun den Namen Point India, wurde touristisch wiedereröffnet und ist Namensgeber des Premiumwanderweges P21 Point India.

Flurdenkmale

In der Grenzlandschaft um Lüderbach sind noch einige historische Sühnekreuze, Grenz- und Erinnerungssteine zu finden, die als Zeugen vergangener Zeiten aus geschichtlichen Gründen geschützte Kulturdenkmale sind. Zu ihnen gehören ein Jagdgedenkstein am Südhang des Weinbergs, ein Steinkreuz an einem Feldweg nach Ifta und ein Hoheitsstein an der Landesgrenze zu Thüringen.[19]

Vereine

Der Ort hat einen Sportverein. Der Lüderbacher Förderverein e. V. dient als Dachverein von Heimatverein, Feuerwehrverein und Gymnastikverein.

Regelmäßige Veranstaltungen

Einmal im Jahr wird von Lüderbacher Vereinen ein Dorffest veranstaltet.

Infrastruktur

Verkehr

Nördlich des Ortes verläuft die Bundesstraße 7 (Kassel–Eisenach). Lüderbach ist durch die Buslinie 240 des Regionalverkehrs Kurhessen an den öffentlichen Personennahverkehr angeschlossen.

Öffentliche Einrichtungen

Lüderbach besitzt ein Dorfgemeinschaftshaus, das auch als Feuerwehrhaus genutzt wird. Neben der Kirche befindet sich das evangelische Gemeindehaus, das auch als Pilger- und Wanderherberge dient.

Fernwanderwege

Lüderbach ist Startpunkt für den Premiumweg P21 Point India. Der Werra-Burgen-Steig und der Fernwanderweg E6 verlaufen durch den Ort.

Persönlichkeiten

Literatur

  • Manfred Adam (Gesamtredaktion und Gestaltung), herausgegeben vom Festausschuss: 800 Jahre Lüderbach (1195–1995). Eine Heimatgeschichte unseres Dorfes. Ringgau-Lüderbach, 1995.
  • Literatur über Lüderbach nach GND In: Hessische Bibliographie
  • Literatur über Ringgau-Lüderbach nach GND In: Hessische Bibliographie
Commons: Lüderbach – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten

Anmerkungen

  1. Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung waren die Ämter und frühen Gerichte sowohl Gericht als auch Verwaltungsorgan.
  2. Trennung von Justiz (Justizamt Netra) und Verwaltung
  3. Infolge des Deutschen Krieges.
  4. Infolge des Ersten Weltkriegs.
  5. Infolge des Zweiten Weltkriegs.
  6. Weitere Gerichte siehe Justizwesen im Königreich Westphalen

Einzelnachweise

  1. a b Gemarkung Lüderbach. In: GEOindex. Abgerufen im Juli 2025.
  2. Die Einwohnerzahlen der Gemeinde Ringgau am 31.12.2022 - ausschließlich Hauptwohnungen:. Heimatverein Datterode e. V., abgerufen am 11. Juli 2024.
  3. a b c d e f g h i j k l Lüderbach, Werra-Meißner-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  4. Lustefeld, Werra-Meißner-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 4. März 2024). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  5. Wiesenmühle, Werra-Meißner-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 3. März 2025). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  6. Schloss Lüderbach, Gemeinde Ringgau. Burgen, Schlösser, Herrenhäuser. (Stand: 2. Juli 2024). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  7. Ortsteil Lüderbach. In: Webauftritt der Gemeinde Ringgau. Abgerufen im August 2025.
  8. Gemeindegebietsreform Hessen; Zusammenschlüsse und Eingliederung von Gemeinden vom 29. Dezember 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1972 Nr. 3, S. 84 ff., Punkt 94, Abs. 87 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,0 MB]).
  9. Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Eschwege und Witzenhausen (GVBl. II 330-21) vom 28. September 1973. In: Der Hessische Minister des Innern (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1973 Nr. 25, S. 353, § 4 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 2,3 MB]).
  10. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 388–389 (Statistische Bibliothek des Bundes und der Länder [PDF; 41,1 MB]).
  11. a b Hauptsatzung. (PDF; 105 kB) § 5. In: Webauftritt. Gemeinde Ringgau, abgerufen im Juli 2025.
  12. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  13. Amt Netra. Neueste Kunde von Meklenburg, Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und den freien Städten: aus den besten Quellen bearbeitet : mit Charten und Plänen, Landes-Industrie-Comptoir, 1821.
  14. Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August. (kurhess GS 1821) S. 73.
  15. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 56 und 112, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Oktober 2020;.
  16. Ortsbeiratswahl Lüderbach. In: Votemanager. Gemeinde Ringgau, abgerufen im Juli 2025.
  17. Ortsbeirat Lüderbach. In: Webauftritt. Gemeinde Ringgau, abgerufen im Juli 2025.
  18. Vgl. Karina Dänekamp: Der Lüderbacher Beweinungsaltar. In: Ulrich Schütte u. a.(Hrsg.): Werke, Kontexte, Ensembles (= Mittelalterliche Retabel in Hessen. Band 2). Michael Imhof Verlag, Petersberg 2019, S. 230–241.
  19. Karlfritz Saalfeld: Kleindenkmäler im Werra-Meißner-Kreis. S. 211 f.