Löbstedt
Löbstedt Stadt Jena
| ||
|---|---|---|
| Koordinaten: | 50° 57′ N, 11° 37′ O | |
| Höhe: | 140 (138–249) m ü. NN | |
| Fläche: | 56 ha | |
| Einwohner: | 841 (31. Dez. 2024)[1] | |
| Bevölkerungsdichte: | 1.502 Einwohner/km² | |
| Eingemeindung: | 1. Oktober 1922 | |
| Postleitzahl: | 07743 | |
| Vorwahl: | 03641 | |
Lage von Löbstedt in Thüringen
| ||
![]() Blick auf Löbstedt vom Heiligenberg aus
| ||
Löbstedt ist eine ehemalige Gemeinde in Thüringen und heutiger Stadtteil der kreisfreien Stadt Jena.
Lage und Geografie

Löbstedt liegt etwa 3 Kilometer nördlich des Stadtzentrums und westlich der Saale. Das historische Gemeindegebiet, die Gemarkung Löbstedt, verläuft von der Saale als östlicher Grenze über etwa 3 Kilometer nach Westen bis zu den Ausläufern des Windknollens auf etwa 330 Metern Höhe über NN. Ihre größte Nord-Süd-Ausdehnung beträgt jedoch nur etwa 1,4 Kilometer, ihre Fläche ursprünglich 262,4, später 264,2 Hektar[2]. Die nördliche Gemarkungsgrenze wird hauptsächlich von den Straßen Flurweg und Am Heiligenberg sowie dem Steinbach gebildet, die südliche Grenze verläuft grob entlang der Straßen Unterm Schützenhof, Lützener Straße und Schwarzaweg.[3]
Nach der Ausgliederung des Stadtbezirks Nord II im Jahr 2006 besteht der Ortsteil Löbstedt, neben dem alten Dorfkern und einem Gebiet bis zur Saale, im Wesentlichen aus einem langgestreckten Flurstreifen zwischen der Straße Rautal und der historischen Gemarkungsgrenze nördlich davon. Seine Katasterfläche beträgt nur noch 56 Hektar.[4]
An Löbstedt angrenzende Ortsteile sind Zwätzen im Norden, Kunitz im Osten und Jena-Nord im Süden und Westen. Westlich von Löbstedt liegt das Rautal, das durch sein großes Vorkommen von Winterlingen bekannt ist. In der Löbstedter Saaleaue befinden sich das FFH-Gebiet „Glatthaferwiesen Löbstedt“ sowie die 10 Hektar große Fläche des Jena-Experiments[5], eines Langzeitprojektes zur Erforschung der Biodiversität.
Geschichte
Im Jahr 1218 wurde das Dorf Löbstedt erstmals urkundlich genannt.[6] Der ursprüngliche Ortsname Lobegestitz hat slawische Wurzeln und war bis in das 16. Jahrhundert gebräuchlich.[7]:9 Vom 14. Jahrhundert an gehörte das Dorf vollständig dem Zisterzienserinnen-Kloster Jena bis zu dessen Auflösung, wobei es den größten Vermögensanteil der vier „Klosterdörfer“ (Closewitz, Cospeda, Hainichen, Löbstedt) aufbrachte.[7]:67
Im Jahr 1536 bestand noch der Bierzwang, d. h. Bier durfte nur in einem von der Gemeinde begrenzten Bereich („Biermeile“) ausgeschenkt werden, um unliebsame Konkurrenz auszuschalten und die Einfuhr auswärts hergestellter Biere zu verhindern. Die Wirte durften nur einheimisches Bier ausschenken. Den Bierzwang übten auf dem Lande die Herrschafts- und Klosterbrauereien aus. Diese Vorschriften der Gemeinden und Städte fielen, wenn noch vorhanden, gegen Ende des 18. Jahrhunderts. Zu besagter Zeit kamen an einem Pfingstmontag 200 Bürger aus Jena nach Löbstedt, um den hiesigen Einwohnern die Bierfässer zu stehlen. – 1836 werden 306 Einwohner in Löbstedt genannt.[8]:154
Zwischen der Eingemeindung 1922 und dem Zweiten Weltkrieg entstanden auf Löbstedter Flur zwei kleine Wohngebiete (Stifterstraße und Paul-Weber-Straße) und umfangreiche Militäranlagen östlich der Naumburger Straße[9], die nach 1945 von der Sowjetarmee genutzt und unter anderem um eine Schule als DDR-Typenbau[10] (Lage) erweitert, nach dem Truppenabzug in den 1990er Jahren aber beseitigt wurden. Von 1960 bis 1968 wurden die bisher landwirtschaftlich genutzten Flächen zwischen Naumburger Straße, Rödigenweg und Rautal mit dem Großwohngebiet Nord II bebaut; unter anderem entstanden dabei etwa 2000 Wohnungen.[11] Wegen dieser Bautätigkeit hatte der Ortsteil Löbstedt nach der Gründung in den historischen Gemarkungsgrenzen gemäß Stadtratsbeschluss vom 6. Mai 1992[12] über 5000 Einwohner. Mit Wirkung zum 31. Dezember 2002 wurde das Gebiet westlich der Naumburger Straße und südlich der Straße Rautal, mit Ausnahme der Fläche östlich der Erich-Kuithan-Straße, als eigener statistischer Bezirk Nord II (209 Hektar, 5091 Einwohner) vom alten Ortskern Löbstedt abgeteilt[13] und 2006 dem neu gegründeten Ortsteil Jena-Nord zugeschlagen.[14] Damit entstand der Ortsteil Löbstedt in seinen heutigen Grenzen.
Im Jahre 1998 wurde das Löbstedter Brauhaus abgerissen. Heute befindet sich an diesem Ort ein Spielplatz. Eine Gedenktafel erinnert an das einzige Löbstedter Brauhaus. Der am Verkehrsmittelpunkt des Ortsteils gelegene Gasthof zu den zwei Linden, nach 1945 als einziger Löbstedter Gasthof verblieben, wurde nach 1990 geschlossen und an ein Handelsunternehmen veräußert. In den 2000er Jahren stürzte ein Teil des Gebäudes ein; der notgesicherte Rest steht seitdem leer.

Die Dorfkirche St. Marien-Magdalena

Am 31. Juli 1712 wurde die St.-Marien-Magdalenen-Kirche eingeweiht.[15]
Wirtschaft
Löbstedt war bis in das 20. Jahrhundert durch die Landwirtschaft geprägt. 1836 wird für die Flur ein Anteil von 48,4 % Äckern, 21,8 % Wiesen und 20,4 % Wald genannt; Siedlungen und Gärten nahmen lediglich 2,9 % der Fläche ein (umgerechnete Werte aus[8]:154). Zeitweise wurden Hopfen und Wein angebaut.[16]:130 Ein Wirtschaftsfaktor war auch das Brau- und Gastgewerbe: Löbstedt hatte drei Gaststätten[16]:134 und gehörte zu den „Bierdörfern“, die von den Studenten der Jenaer Universität in der Freizeit häufig aufgesucht wurden.
Nach der Eingemeindung Löbstedts nach Jena 1922 wuchs die Bedeutung des Ortsteils als Flächenreserve für die schnell wachsende Stadt. Nach dem Bau der Militärobjekte in den 1930er Jahren folgte 1954–1956 der Milchhof (nach 1990 geschlossen). Mit Errichtung des Wohngebiets Nord II verschwand die Landwirtschaft bis auf unbedeutende Restflächen, jedoch entstanden mehrere neue Gartenanlagen. Größtes Unternehmen im Ortsteil ist heute der Kaufland-Markt in der Erich-Kuithan-Straße (frühere Milchhof-Fläche), der wegen seiner günstigen Lage (von den umgebenden Wohngebieten fußläufig erreichbar, Straßenbahnhalt vor dem Markt) hoch frequentiert ist. In Löbstedt befinden sich außerdem ein Betriebsteil von Veolia Umweltservice und einige Handwerksbetriebe.
Verkehr
Mitten durch Löbstedt verläuft die Bundesstraße 88 (Naumburger Straße), deren Ortsdurchfahrt von 2018 bis 2020 komplett erneuert wurde. Von der Naumburger Straße zweigen im Ortsteil die Kreisstraßen nach Closewitz und Rödigen ab.
Östlich des alten Ortskerns entstand in den 1990er Jahren die Wiesenstraße als schnelle Verbindung zur Innenstadt Jena, die zukünftig zur B 88 umgestuft werden soll; die dafür nötige Brücke über die Bahnstrecke Großheringen–Saalfeld nördlich von Zwätzen wurde jedoch noch nicht gebaut. Nächstgelegener Bahnhof ist der Haltepunkt Jena-Zwätzen an ebendieser Strecke (etwa 1100 m Fußweg vom Ortskern).
Löbstedt erhielt bereits mit der Eröffnung der Straßenbahn Jena 1901 Anschluss an die damalige Hauptstrecke Zwätzen–Schubertsburg; die eingleisige Ortsdurchfahrt blieb bis 2018 in ursprünglicher Form erhalten. Jahrzehntelang gab es zwei Haltestellen im Ort: die Ausweichstelle in Ortsmitte (Lage) und die Haltestelle am später abgebrochenen Neuen Gasthof.[17][18] Letztere wurde in den 1960er Jahren eingezogen und erst um 1995 unter dem Namen Naumburger Straße wieder eröffnet. Von 2018 bis 2020 erfolgte ein erneuter Umbau mit Wendegleis und die Umbenennung in Löbstedt als jetzt einzige Haltestelle im Ortsteil. Die nördlich der Kreuzung Naumburger Straße/Flurweg 2020 neu errichtete Haltestelle Flurweg liegt bereits im benachbarten Ortsteil Zwätzen.[19]
Städtische Einrichtungen
Spätestens seit Mitte des 17. Jahrhunderts gab es in Löbstedt eine Schule[16]:131, die in den 1970er Jahren einen Neubau erhielt (heutige Grundschule Am Rautal). Löbstedt besitzt zwei Kindergärten und ein von der Arbeiterwohlfahrt betriebenes Pflegeheim (Seniorenzentrum am Heiligenberg) mit 86 Plätzen. Unmittelbar an der Ortsteilgrenze, jedoch außerhalb des Ortsteils, befindet sich das Carl-Zeiss-Gymnasium.
Ortsteilrat und Ortsteilbürgermeister
Seit dem 22. September 2002 hat der Ortsteil Jena-Löbstedt einen Ortsteilbürgermeister und Ortsteilrat (bis 2003 noch als Ortsbürgermeister und Ortschaftsrat bezeichnet), der sich um die kulturellen Belange und die Pflege des Brauchtums im Ortsteil kümmert. Erster Ortsteilbürgermeister (damals Ortsbürgermeister) war Gerhard Seifert, anschließend folgte von 2004 bis 2019 Karsten Seyfarth und von 2019 bis 2024 Carola Döpel. Seit der Kommunalwahl am 26. Mai 2024 ist Claudia Sippach die Ortsteilbürgermeisterin von Löbstedt.[20]
Sonstiges
Seit den 1960er Jahren hatte der Ortsteil ein kleines Freibad im Rautal auf der Flurgrenze zu Zwätzen, das vom Steinbach gespeist wurde (Lage)[10]. Das Becken wurde jedoch in den 1980er Jahren wieder verfüllt und später beseitigt; heute sind keine Reste mehr sichtbar.
Im Ortsteil befindet sich das Übungsgelände des Jenaer Schützenvereins Erlkönig e.V. (Am Steinbach 15), das aus einem Schießstand der Gesellschaft für Sport und Technik hervorging.[21] Der Verein führt die Traditionen der Schützengesellschaft Jena fort, die bis zurück zum Jahr 1304 nachweisbar ist.
Weblinks
- Ortsteilporträt Löbstedt. In: Schriften zur Stadtentwicklung N° 8: Dörfer in Jena Redaktion: Manuel Meyer, Reinhard Jonscher, Matthias Lerm. Herausgeber: Stadt Jena, Dezernat Stadtentwicklung und Umwelt, 2016, als Webtext veröffentlicht (PDF, 156 Seiten). Seiten 130 bis 135
- Homepage des Ortsteilrates Jena-Löbstedt
Einzelnachweise
- ↑ Informationsdienst des Teams Datenmanagement und Statistik der Stadt Jena: Jenaer Statistik, Quartalsbericht IV/2024, S. 32, Tabelle 2.6.1
- ↑ Statistikstelle im Einwohnermeldeamt der Stadt Jena: Jenaer Statistik, Quartalsberichte I/1992, S. 7 und IV/1997, S. 44
- ↑ einsehbar im Geoportal Thüringen: GDI-Th Freistaat Thüringen: Geoproxy Thüringen. Abgerufen am 30. November 2019.
- ↑ Informationsdienst des Teams Controlling und Statistik der Stadt Jena: Jenaer Statistik, Quartalsbericht IV/2018, Tabelle 1
- ↑ Nico Eisenhauer: The Jena Experiment. Abgerufen am 31. August 2025 (englisch).
- ↑ Wolfgang Kahl: Ersterwähnung Thüringer Städte und Dörfer. Ein Handbuch. Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza, 2010, ISBN 978-3-86777-202-0, S. 169
- ↑ a b Herbert Koch: Geschichte der Stadt Jena Unveränd. Nachdruck der Ausg. v. 1966. Jena; Stuttgart; Lübeck; Ulm: Gustav Fischer 1996. ISBN 3-437-35130-3
- ↑ a b Jonathan Carl Zenker: Historisch-topographisches Taschenbuch von Jena und seiner Umgebung besonders in naturwissenschaftlicher u. medicinischer Beziehung. Mit dem Plane von Jena und einem geognostischen Profile. Frommann, Jena 1836.
- ↑ Luftbild Nr. 4220, Bildflug-Nr. 1945105 am 15.03.1945, abrufbar unter GDI-Th Freistaat Thüringen: Geoportal-Th.de: Download Luftbilder und Orthophotos. Abgerufen am 8. Dezember 2019.
- ↑ a b Luftbild Nr. 0282, Bildflug-Nr. 198712 am 29.06.1987, abrufbar unter GDI-Th Freistaat Thüringen: Geoportal-Th.de: Download Luftbilder und Orthophotos. Abgerufen am 5. September 2025.
- ↑ Gotthard Brandler u. a.: Architekturführer DDR, Bezirk Gera. VEB Verlag für Bauwesen, Berlin 1981, S. 126.
- ↑ Statistikstelle der Stadt Jena: Jenaer Statistik, Quartalsbericht I/1992, S. 2
- ↑ Statistikstelle der Stadt Jena: Jenaer Statistik, Quartalsbericht III/2002, S. 3
- ↑ Stadtratsbeschluss vom 15. Februar 2006, siehe Stadtverwaltung Jena: Amtsblatt 13/06 vom 30. März 2006, S. 119
- ↑ Inschrift an der Kirche
- ↑ a b c Stadt Jena: Schriften zur Stadtentwicklung N° 8: Dörfer in Jena. Abgerufen am 2. September 2025.
- ↑ Stadtplan Jena 1967. VEB Landkartenverlag Berlin, Druckgenehmigungs-Nr. 4/3/67-7
- ↑ Bild auf Ortsteilrat-Webseite, etwa 1910. Abgerufen am 10. September 2025.
- ↑ Jenaer Nahverkehr GmbH: Fahrplanwechsel: Freie Fahrt in den Norden der Stadt. Abgerufen am 6. September 2020.
- ↑ Wahlen in Thüringen, Ortsteil-/Ortschaftsbürgermeisterwahl 2024 in Thüringen, Jena OT Löbstedt. Thüringer Landesamt für Statistik, abgerufen am 27. Juli 2024.
- ↑ Volker Helmig: Jenaer Schützenverein ERLKÖNIG e.V., Sportstätte. Abgerufen am 8. September 2025.

