Kwitajny

Kwitajny
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Kwitajny (Polen)
Kwitajny (Polen)
Kwitajny
Basisdaten
Staat: Polen Polen

Woiwodschaft: Ermland-Masuren
Powiat: Elbląg
Gmina: Pasłęk
Geographische Lage: 54° 1′ N, 19° 48′ O
Einwohner: 167 (2021[1])
Telefonvorwahl: (+48) 55
Kfz-Kennzeichen: NEB
Wirtschaft und Verkehr
Straße: DW 527: DzierzgońPasłęk–Surowe ↔ Kalnik–MorągOlsztyn
KroninZielno → Kwitajny
Eisenbahn: kein Bahnanschluss
Nächster int. Flughafen: Danzig

Kwitajny (deutsch Quittainen) ist ein Ort in der Gmina Pasłęk, Woiwodschaft Ermland-Masuren, im Norden Polens.

Blick auf Kwitajny im Jahre 2021
Die ehemalige Gutsanlage Quittainen in Kwitajny im Jahre 2014

Geographische Lage

Der Ort liegt im ehemaligen Ostpreußen in der Landschaft Ermland-Masuren, etwa wlf Kilometer südöstlich der ehemaligen Kreisstadt Pasłęk (Preußisch Holland), 29 Kilometer südöstlich der heutigen Kreismetropole Elbląg (Elbing) und 53 Kilometer nordwestlich der Woiwodschaftshauptstadt Olsztyn (Allenstein) in einem fruchtbaren Tal, das von Hügeln, Wäldern und Hainen umgeben ist.

Westlich der Ortschaft fließt das Flüsschen Zalle (polnisch Sała).

Geschichte

Ortsgeschichte

Bis Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 gehörte das Gebiet zum Kreis Preußisch Holland im Regierungsbezirk Königsberg der Provinz Ostpreußen.

Die Ortschaften Groß und Klein Quittainen wurden am 8. April 1431 in einer Handfeste erwähnt, die der Elbinger Ordenskomtur Konrad von Beldersheim in Preußisch Holland beurkundet hatte.[2] Laut einer in Königsberg i. Pr. ausgestellten Handfeste war Groß und Klain Qittainen am 4. Dezember 1557 von Herzog Albrecht von Preußen zusammen mit zahlreichen anderen Gütern für treue Dienste Anton von Borke überlassen worden; in einer weiteren in Königsberg am 17. April 1573 ausgestellten Handfeste wurde der Familie Borke dieser Besitz durch Herzog Albrecht Friedrich von Preußen bestätigt. Im Zeitraum von 1681 bis 1695 war der kurfürstlich-brandenburgische Generalfeldmarschall Freiherr Georg von Derfflinger (* 1606; † 1695) Lehnsherr der Quittainenschen Güter. Nach dessen Ableben kamen die Güter an den kurfürstlich-brandenburgischen Generalfeldmarschall Johann Albrecht von Barfuß, der sie seinem Sohn Karl Friedrich Ludwig von Barfuß hinterließ; dieser stammte aus zweiter Ehe mit Eleonore von Dönhoff.

1710 wurde Quittainen von der in Ostpreußen ausgebrochenen Pest erfasst, die zahlreichen jungen und alten Menschen den Tod brachte.[3]

Karl Friedrich Ludwig von Barfuß ließ im Zeitraum 1714–1719 in der Mitte des Dorfes unweit des Schlosses eine neue Kirche im barocken Stil errichten. Diese wurde im zeitlichen Wechsel sowohl von der evangelisch-reformierten als auch von der evangelisch-lutherischen Gemeinde genutzt. Für den Neubau hatte er selbst ein Orgelwerk sowie die Turmuhr und die Glocke beschafft.[4]

Im Jahr 1785 wird Quittainen als ein adliges Gut mit einem gräflichen Schloss, Dorf und Vorwerk sowie einer Ziegelei am Flüsschen Zalle mit insgesamt 31 Feuerstellen (Haushaltungen) beschrieben.[5] Die Gerichtsfunktion wurde vom Stifts- und Armengericht Quittainen wahrgenommen.

Im 19. Jahrhundert verfügte Quittainen über eine eigene Poststation.[6]

Um 1920 waren Rittergut und Forst Quittainen Teil der gleichnamigen Herrschaft. Zur Herrschaft Quittainen gehörten außerdem noch das Dorf Schönau, das Gut Komthurhof, das Rittergut Lägs, das Rittergut Matzweissen, das Rittergut Amalienhof, das Rittergut Mäken, das Rittergut Skollmen sowie das Rittergut Nauten mit den beiden Rittergütern Kanditten und Einhöfen; als Besitzer der Herrschaft war die Graf von Dönhoffsche Familien- und Armenstiftung eingetragen, deren Kurator Stanislaus Graf von Dönhoff, Majoratsherr auf Skandau, war.[7]

Im Frühjahr 1945 wurde die Region von der Roten Armee besetzt. Bald darauf wurde die südliche Hälfte Ostpreußens mit dem Kreis Preußisch Holland und Quittainen von der Sowjetunion gemäß dem Potsdamer Abkommen dem kommunistischen Regime der Volksrepublik Polen zur Verwaltung unterstellt. Quittainen wurde in Kwitajny umbenannt. Soweit die deutschen Einwohner nicht vor Kriegsende geflohen oder bei Kriegshandlungen ums Leben gekommen waren, wurden sie in der Folgezeit größtenteils vertrieben und durften später nicht in ihren Besitz zurückkehren.

Demographie

Bevölkerungsentwicklung bis 1945
Jahr Einwohnerzahl Anmerkungen
1782 31 Feuerstellen (Haushaltungen), davon drei Feuerstellen auf dem abgebauten Vorwerk Amalienhof[5]
1818 330 adliges Dorf und Vorwerk im Besitz der Graf Dönhoffschen Stiftung[8]
1858 285 sämtlich Evangelische, auf einer Fläche von 4220 Morgen[9]
1864 286 am 3. Dezember[10]
1867 322 am 3. Dezember[11]
1871 300 am 1. Dezember, sämtlich Evangelische[11]
1910 239 am 1. Dezember[12][13]
1933 422 [14]
1939 379 [14]

Amtsbezirk Quittainen (1874–1945)

Am 28. Mai 1874 wurde Quittainen Amtsdorf und damit namensgebend für einen Amtsbezirk im ostpreußischen Kreis Preußisch Holland, Regierungsbezirk Königsberg. Anfangs umfasste er drei Kommunen, um 1908 wurden es 20, von denen aufgrund struktureller Veränderungn jedoch nur sechs bis 1945 bestanden:[15]

Deutscher Name Polnischer Name Anmerkungen
Quittainen Kwitajny
Schönau Surowe 1928 nach Quittainen eingegliedert
Solainen Zielno 1928 nach Krönau (Amtsbezirk Grünhagen) eingemeindet
um 1908:
Amalienhof Malinowo 1928 nach Lägs eingegliedert
Einhöfen Siedlisko 1928 nach Nauten eingegliedert
Großainen Grużajny 1928 nach Nauten eingegeliedert
Groß Thierbach (Dorf) Grądki
Groß Thierbach (Gut) 1928 nach Groß Thierbach eingemeindet
Kanditten Kandyty 1928 nach Nauten eingegliedert
Klein Thierbach 1928 nach Groß Thierbach eingemeindet
Komthurhof Kudyny 1928 nach Krönau eingemeindet
Lägs Leżnica
Mäken Majki
Matzweissen Maciejowizna 1928 nach Lägs eingegliedert
Memento Nowy Folkwark nach Groß Thierbach eingemeindet
Nauten Nawty
Pergusen Piergozy
Skollmen Skolimowo 1928 nach Mäken eingegliedert
Weinings Wągniki 1928 nach Pergusen eingegliedert

Im Jahre 1945 bildeten nur noch die Dörfer Groß Thierbach, Lägs, Mäken, Nauten, Pergusen und Quittainen den Amgtsbezirk Quittainen.

Schloss Quittainen

Schloss Quittainen, Mai 2007

Das Schloss wurde im Auftrag von Christoph Graf zu Dohna-Schlodien nach Plänen von Jean de Bodt um 1700 erbaut, wobei von diesen Plänen nur ein Stockwerk des Hauptgebäudes und ein Seitenflügel realisiert wurden.[16]

Schloss und Gut Quittainen wechselten 1742 von der Familie Barfus an Philipp Otto Graf Dönhoff. Dieser erweiterte den Besitz durch Ankauf der Güter Schönau-Gehlfeldt, Nauten und Samrodt. In Quittainen ließ er das Schulhaus ausbauen.[4]

Das Schloss wurde bis 1944 von Christoph Graf Dönhoff (1906–1992) bewohnt, der Diplomat gewesen war. Seine Schwester, die später bekannte Publizistin Marion Gräfin Dönhoff, bewohnte das gegenüberliegende Rentamt. Sie leitete den Gutsbetrieb während der Kriegsjahre. Sie begann im Januar 1945 von hier aus ihre Flucht Richtung Westen. In einem Brief an die Gräfin berichtete eine Bewohnerin von Quittainen über das Schicksal der zurückgebliebenen Dorf- und Gutsbewohner: Zehn Männer, sechs Frauen und Kinder waren erschossen und vierzehn Einwohner in die Sowjetunion deportiert worden.[17]

Das Schlossgebäude wurde um 1985 renoviert und danach als Verwaltungs- und Wohngebäude genutzt. Das ehemalige Rentamt verfiel und ist nur noch als Ruine erhalten.

Religion

Die Gutskirche

Gutskirche

Die Gutskirche in Quittainen ist ein Bau aus der Zeit von 1714 bis 1781.[18] Es handelt sich um einen achteckigen gestreckten Ziegelbau mit einem Turm, der mit eine welschen Haube und Laterne abschließt.

Der Kircheninnenraum bildet ein längliches Oval und ist in gotischen Formen gehalten. An der Ostseite steht der Altar von 1876, darüber befindet sich die Kanzel. An der Westseite ist unter der Orgel der Gutsstand platziert. Die Glocken wurde 1786 und 1789 gegossen. Die letztere stiftete Philipp Otto Graf Dönhoff.

Kirchengemeinde

Evangelisch

Die Gutskirche wurde wechselseitig von der evangelisch-lutherischen und der evangelisch-reformierten Kirche genutzt. Im Jahre 1721 wurde die Kirchengemeinde Quittainen eigenständig, auch wenn sie bis 1945 mit der Kirchengemeinde in Groß Thierbach eine Vereinigte Kirchengemeinde bildete, deren Pfarrsitz Groß Thierbach war.[19] Das Kirchenpatronat oblag der Gräflich Dönhoffschen Familien- und Armenstiftung in Quittainen. Der Sprengel Quittainen der Vereinigten Kirchengemeinde umfasste lediglich das Gutsdorf Quittainen mit (im Jahre 1925) 253 Gemeindegliedern von 657 insgesamt. Groß Thierbach-Quittainen gehörte bis 1945 zum Kirchenkreis Preußisch Holland (Pasłęk) in der Kirchenprovinz Ostpreußen der Kirche der Altpreußischen Union.

Heute in Kwitajny lebende evangelische Gemeindeglieder gehören zur St.-Georgs-Kirche Pasłęk, einer Filialkirche von Ostróda (Osterode) in der Diözese Masuren der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen.

Römisch-katholisch

In Quitinen gabe es vor 1945 keine römisch-katholische Kirche. Die Kirchenglieder gehörten zur Pfarrei St. Josef in der Kreisstadt Preußisch Holland (Pasłęk) im Bistum Elbing.

Verkehr

Kwitajny liegt an der polnischen Woiwodschaftsstraße 527 (ehemalige deutscher Reichsstraße 133), die von Dzierzgoń (Christburg) über Pasłęk (Preußisch Holland) und Morąg (Mohrungen) bis nach Olsztyn (Allenstein) verläuft. Eine von Kronin (Krönau) über Zielno (Solainen) führende Nebenstraße endet in Kwitajny.

Eine Anbindung an den Bahnverkehr besteht nicht.

Literatur

Commons: Kwitajny – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Polska w Liczbach: Osada Kiwtajny w liczbach
  2. Joachim Stephan: Die Handfesten des Elbinger Komtureibuches. In: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands. Band 54. Saur, München 2008, S. 110; books.google.de
  3. Wilhelm Sahm: Geschichte der Pest in Ostpreußen. Duncker & Humblot, Berlin 1905, S. 117.
  4. a b H. F. Elsner: Einige historische Nachrichten von den Evangel. Reformirten und Simultan-Kirchen zu Samrodt und Quittainen im Ostpreußischen Oberlande, nebst einem Wort über Union. In: Preußische Provinzial-Blätter. Band 18. Königsberg 1837, S. 237 ff.; books.google.de
  5. a b Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preussen. Teil I: Topographie von Ost-Preussen. Marienwerder 1785, S. 148; Textarchiv – Internet Archive.
  6. Amtsblatt der Preussischen Regierung zu Königsberg, Ausgabe 14, 4. April 1872, S. 85–86, Nr. 166; Textarchiv – Internet Archive.
  7. Paul Niekammer: Güter-Adreßbuch für die Provinz Ostpreußen mit Anhang: Memelland. 4. Auflage. Reichenbach, Leipzig 1922, S. 302–303; portal.dnb.de
  8. Alexander August Mützell, Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preussischen Staats. Band 4: P–S. Halle 1823, S. 100, Ziffer 116; Textarchiv – Internet Archive.
  9. Adolf Schlott: Topographisch-statistische Uebersicht des Regierungs-Bezirks Königsberg, nach amtlichen Quellen. Hartung, Königsberg 1861, S. 120, Ziffer 151; books.google.de
  10. Die Ergebnisse der Grund- und Gebäudesteuerveranlagung im Regierungsbezirk Königsberg: 9. Kreis Pr. Holland. Preußisches Finanzministerium, Berlin 1966, S. 18, Ziffer 121; books.google.de
  11. a b Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Preussen und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. December 1871 bearbeitet und zusammengestellt. Königliches Statistisches Bureau, Berlin 1874, S. 178–179, Ziffer 152; books.google.de
  12. Kreis Preußisch Holland - gemeindeverzeichnis.de (U. Schubert, 2021)
  13. Quittainen, Kreis Preußisch Holland. In: Meyers Gazetteer (mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, und alter Landkarte der Umgebung von Quittainen).
  14. a b Michael Rademacher: Ostpreußen – Kreis Preußisch Holland. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  15. Rolf Jehke: Amtsbezirk Quittainen
  16. Helmut Sieber: Schlösser und Herrensitze in Ost- und Westpreußen. Verlag Wolfgang Weidlich, 1958, S. 52–53.
  17. Marion Gräfin Dönhoff: Namen die keiner mehr nennt. 3. Auflage. Eugen Diederichs, München 1991, ISBN 3-424-00977-6, S. 74 ff.
  18. Walther Hubatsch: Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens, Band 2 Bilder ostpreussischer Kirchen, Göttingen 1968, S. 73
  19. Walther Hubatsch: Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens, Band 3 Dokumente, Göttingen 1968, S. 471