Konversionsfehlschluss
Als Konversionsfehlschluss (engl. „converse error“ oder „affirming the consequent“) wird in der Aussagenlogik ein logischer Fehlschluss bezeichnet, bei dem im Kontext eines Konditionals aus der Wahrheit des Sukzedens irrtümlicherweise die Wahrheit des Antezedens gefolgert wird. Er ist wie folgt aufgebaut:
- Wenn , dann .
- .
- Also: .
oder anders ausgedrückt:
- (aus folgt )
- (aus folgt also )
Beispielsweise kann die folgende Aussage als wahr angenommen werden: „Wenn es regnet, dann ist die Straße nass.“ Es ist nun jedoch im Allgemeinen unzulässig, aus der Nässe der Straße zu schlussfolgern, dass es regnet. So könnte die Straße auch dann noch nass sein, wenn der Regen schon aufgehört hat; oder vielleicht ist sie auch deshalb nass, weil jemand sie zur Reinigung bewässert hat. Mit anderen Worten: Das Sukzedens (die nasse Straße) könnte andere Antezedenzien (vergangener Regen, künstliche Bewässerung etc.) haben und somit immer noch wahr sein, wenn auch das erwähnte Antezedens falsch ist.
Konversionsfehlschlüsse sind im alltäglichen Denken und Kommunizieren häufig anzutreffen und können – unter anderem – Kommunikationsproblemen, einem mangelhaften Verständnis der Logik, und der fehlenden Erwägung anderer Ursachen entspringen.[1]
Ein verwandter Fehlschluss ist der Inversionsfehlschluss, bei dem irrtümlicherweise aus der Unwahrheit des Antezedens die Unwahrheit des Sukzedens gefolgert wird. Beide Fehlschlüsse beruhen auf der Verwechslung von logischer Implikation und logischer Äquivalenz. Ist letztere gegeben, gilt also , so folgt aus (bzw. ) tatsächlich (bzw. ). Keine Fehlschlüsse sind hingegen der Modus ponens, bei dem von der Wahrheit des Antezedens auf die Wahrheit des Sukzedens geschlossen wird, und der Modus tollens, bei dem von der Unwahrheit des Sukzedens auf die Unwahrheit des Antezedens geschlossen wird.[2]
Formelle Beschreibung
Bei der Konversion eines Konditionals werden Antezedens und Sukzedens vertauscht. So sind die Konditionale und bzw. zueinander konvers. Im Allgemeinen sind dabei ein Konditional und sein Konverses voneinander unabhängige Aussagen, die einander nicht implizieren. Ein Konversionfehlschluss liegt deshalb vor, wenn aus einem Konditional irrtümlicherweise sein Konverses gefolgert wird. Dieser Fehlschluss lässt sich formell durch oder alternativ durch zusammenfassen.[3] Die grundlegende Ursache für einen solchen Fehlschluss liegt oft darin, dass nicht erkannt wird, dass, wenngleich eine hinreichende Bedingung für ist, nicht zwingend eine notwendige Bedingung für sein muss, sodass es möglicherweise andere hinreichende Bedingungen für gibt.[4]
Ein Konversionsfehlschluss kann auch durch übermäßige Verallgemeinerung zustande kommen, da nämlich viele Konditionale tatsächlich wahre Konverse haben, weil dann Antezedens und Sukzedens äquivalent sind, sodass es in diesen Fällen möglich ist, vom Sukzedens auf das Antezedens zu schließen. Zum Beispiel ist die Aussage „Wenn heute der 24. Dezember ist, dann ist heute Heiligabend“ () ebenso wahr wie die konverse Aussage „Wenn heute Heiligabend ist, dann ist heute der 24. Dezember“ (). Beide Aussagen sind logisch equivalent und gleichermaßen wahre Schlussfolgerungen aus der Aussage „Der 24. Dezember ist Heiligabend“ ().
Unter den möglichen Formen der „gemischten hypothetischen Syllogismen“ sind zwei allgemeingültig und zwei allgemein ungültig. Der Modus ponens und der Modus tollens sind allgemeingültig, der Konversionsfehlschluss und der Inversionsfehlschluss hingegen nicht.[5]
Weitere Beispiele
Beispiel 1
Eine Möglichkeit, die allgemeine Ungültigkeit des Konversionsfehlschlusses aufzuzeigen, ist es, einen Syllogismus mit wahren Prämissen und einer offensichtlich falschen Konklusion zu konstruieren.
- Wenn eine Person in Deutschland lebt, dann lebt sie in Europa.
- Anna lebt in Europa.
- Also lebt Anna in Deutschland.
Es gibt neben Deutschland aber viele andere europäische Länder, in denen Anna leben könnte. Die Konklusion, sie müsse in Deutschland leben, ist damit offensichtlich falsch. Wenn Anna hingegen nicht in Europa lebt, lässt sich daraus sehr wohl schlussfolgern, dass sie nicht in Deutschland lebt. Dies folgt aus der Kontraposition der ersten Prämisse, die genau dann wahr ist, wenn auch die ursprüngliche Aussage wahr ist.
Beispiel 2
- Wenn ein Tier ein Hund ist, dann hat es vier Beine.
- Meine Katze hat vier Beine.
- Also ist meine Katze ein Hund.
Hierbei ist es offensichtlich, dass eine Vielzahl anderer Antezedenzien („Wenn ein Tier ein Reh ist …“, „Wenn ein Tier ein Elefant ist …“) ebenso auf das Sukzedens („… dann hat es vier Beine“) schließen lassen und dass es absurd ist, anzunehmen, dass ein vierbeiniges Tier in jedem Fall ein Hund sein muss. Dieses Beispiel eignet sich daher besonders gut für didaktische Zwecke, da die allermeisten Menschen sofort die Unwahrheit der Konklusion erkennen (intuitiv kann eine Katze kein Hund sein) und so schlussfolgern können, dass die Art und Weise, wie die Konklusion erreicht wurde, fehlerhaft sein muss.
Siehe auch
- Inversionsfehlschluss
- Konversion (Logik)
- Inversion (Logik)
- Modus ponens
- Modus tollens
- Post hoc ergo propter hoc
Einzelnachweise
- ↑ Steven Lay: Introduction to Analysis with Proof, 5th edition. Pearson, ISBN 978-0-321-74747-1.
- ↑ Patrick J. Hurley: A Concise Introduction to Logic. 11. Auflage. Cengage Learning, Boston, Massachusetts 2012, ISBN 978-1-111-34623-2, S. 362.
- ↑ Patrick J. Hurley: A Concise Introduction to Logic. 11. Auflage. Wadsworth Cengage Learning, 2010, S. 362–363.
- ↑ T. Edward Damer: Attacking Faulty Reasoning. In: Confusion of a Necessary with a Sufficient Condition. 4. Auflage. Wadsworth, 2001, ISBN 0-534-60516-8, S. 150.
- ↑ David Kelley: The Art of Reasoning. 3. Auflage. Norton, 1998, S. 290–294.