Bischöfliches Knabenseminar

Ottonianum in Bamberg, 1970er Jahre

Als bischöfliches Knabenseminar, Kleines Seminar oder Bischöfliches Studienseminar bezeichnete man ein Internat der katholischen Kirche für junge Männer, die den Wunsch haben, Priester zu werden.[1]

Geschichte

Beim Konzil von Trient (1545–1563) wurde beschlossen, dass

„jede Kathedral-, Metropolitan- oder noch höhere Kirche […] eine gewisse Zahl von Knaben aus der Stadt und der Diözese […] in einem Kollegium […] zu verpflegen, religiös zu erziehen und in den kirchlichen Wissenschaften heranzubilden verpflichtet sein soll.“ (Sess. XXIII c. 18)

Das Knabenseminar wurde von einem Rektor gemeinsam mit dem Vizerektor geleitet; einem Spiritual oblag die Gestaltung des religiösen Lebens. Die erzieherische Betreuung der Zöglinge erfolgte durch Studienpräfekten. Der Eintritt der Knaben erfolgte meist mit 10 Jahren. Sie blieben im Knabenseminar bis zur Matura bzw. bis zum Abitur. Danach hatten sie die Möglichkeit, in ein Priesterseminar einzutreten.

Im deutschsprachigen Raum wurden die ersten bischöflichen Knabenseminare bereits wenige Jahrzehnte nach dem Konzil von Trient gegründet; parallel dazu erfolgte bald die Gründung von Jesuitenschulen. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil in den 1960er Jahren wurden die Knabenseminare zunehmend für alle katholischen Schüler geöffnet und dienen einer allgemeinen christlichen Erziehung und nicht mehr speziell der Hinführung auf das Priesteramt. Vielfach sind sie heute koedukative Privatschulen mit angegliedertem Internat.

Das katholische Kirchenrecht (CIC von 1983) fördert die Einrichtung der „Kleinen Seminare“, legt aber fest, dass in jedem Fall die allgemeine Hochschulreife erworben werden muss; ein „Fachabitur“ für Theologen ist damit ausgeschlossen:

Can. 234 - § l. Wo Kleine Seminare oder andere Einrichtungen dieser Art bestehen, sind sie beizubehalten und zu fördern; in diesen ist zur Förderung von Berufungen dafür zu sorgen, dass eine besondere religiöse Bildung in Verbindung mit einer geistes- und naturwissenschaftlichen Ausbildung vermittelt wird; wo es der Diözesanbischof für nützlich hält, hat er die Errichtung eines Kleinen Seminars oder einer ähnlichen Einrichtung zu veranlassen.
§ 2. Wenn nicht in bestimmten Fällen die Umstände etwas anderes nahelegen, sind die Jugendlichen, die sich mit dem Gedanken tragen, auf das Priestertum zuzugehen, mit der geistes- und naturwissenschaftlichen Ausbildung auszustatten, mit der Jugendliche in dem jeweiligen Gebiet für das Hochschulstudium vorbereitet werden.

Liste von aktuellen und ehemaligen Knabenseminaren

Knabenseminare in Deutschland

Glasfenster im Liborianum, Paderborn. Leitspruch: Wir wachsen.
Baden-Württemberg
Bayern
Hessen
  • Bischöfliches Knabenkonvikt Bensheim, Bistum Mainz, gegründet 1888, geschlossen 1981
  • Bischöfliches Konvikt in Dieburg, Bistum Mainz, gegründet 1869 bzw. 1889, geschlossen 1975
  • Bischöfliches Konvikt zu Fulda, Bistum Fulda, gegründet 1852 bzw. 1886, geschlossen 1985
Nordrhein-Westfalen
Rheinland-Pfalz
Thüringen

Knabenseminare in Österreich

Knabenseminare in Südtirol-Trentino (Italien)

Commons: Bischöfliches Knabenseminar – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d Historisches Lexikon Bayern: Bischöfliche Knabenseminare
  2. Joseph Funk (Hrsg.): Das Bischöfliche Knabenseminar St. Joseph in Dillingen. Jubiläums-Festschrift, Dillingen 1912.
  3. Volker Laube: Das Erzbischöfliche Studienseminar St. Michael in Traunstein und sein Archiv (= Schriften des Archivs des Erzbistums München und Freising 11). Regensburg 2006.
  4. Haus St. Maximilian – RegioWiki Niederbayern. Abgerufen am 7. Juni 2025.
  5. Dionys Asenkerschbaumer, Ludger Trost, Josef Fischer: Heilig Geist Burghausen – Spital – Krankenhaus – Seminar St. Altmann – Haus der Begegnung. Burghausen 2012, ISBN 978-3-00-039565-9.
  6. Christian Vieracker: Das Bischöfliche Studienseminar St. Wolfgang in Regensburg. Schlaglichter zur Geschichte des Knabenseminars Obermünster – Westmünster. Universitätsverlag Regensburg, Regensburg 1999, ISBN 3-930480-70-0.
  7. Xaver Arbesmeier: Festschrift zum 100jährigen Bestehen des Bischöflichen Studienseminars. Straubing, Juli 1985.
  8. Bischöfliches Studienseminar Weiden in der Oberpfalz 1955–1989. Erinnerungschronik an 34 Jahre Seminar Weiden herausgegeben an alle ehemaligen Schüler anläßlich der Schließung des Seminars am 31. August 1989 vom Direktorat des Bischöflichen Studienseminars Weiden. Weiden 1989.