Kloster Medingen

Das Kloster Medingen in Medingen, einem Ortsteil von Bad Bevensen in Niedersachsen, ist ein ehemaliges Zisterzienserinnenkloster, das seit der Reformation als evangelisches Damenstift besteht. Es entstand 1228 vom Zisterzienserinnenklosters Wolmirstedt aus, zunächst in Restorf (heute Ortsteil von Höhbeck, Kreis Lüchow-Dannenberg) und nach einigen Umsiedlungen seit 1336 in Medingen (damals noch Zellensen). Medingen liegt ca. 16 Kilometer nördlich der alten Hansestadt Uelzen. Das Kloster entfaltete zu seiner Blütezeit im 16. Jahrhundert eine große kulturgeschichtliche Bedeutung, vor allem durch die schriftliche Verbreitung mittelalterlicher Lieder.
Nach einem Brand im Januar 1781 wurden die Klostergebäude abgerissen, 1782 begann der Bau des heutigen Komplexes, in dem Kirche und Wohngebäude eine bauliche Einheit bilden. Architekt war Christian Ludwig Ziegler. Am 24. August 1788 wurde die Kirche geweiht.[1]
Das Kloster Medingen gehört mit den Konventen in Lüne, Ebstorf, Isenhagen, Wienhausen und Walsrode zu den fünf „Lüneburger Klöstern“ oder „Heideklöstern“, die seit dem Mittelalter in der Lüneburger Heide bestehen und heute als evangelische Damenstifte geführt werden.
Patrone
Erste Patronin der Kirche ist die Jungfrau Maria, wie bei Klosterkirchen der Zisterzienser üblich. Eine weitere Widmung gilt dem heiligen Mauritius, der um 290 auf Befehl Kaiser Maximians enthauptet worden sein soll, nachdem er sich geweigert hatte, den römischen Göttern zu opfern.[2] Er wurde seinerzeit im gesamten Magdeburgischen Land sehr verehrt.[3]
Geschichte des Klosters


Das Kloster entstand 1228 möglicherweise im Auftrag des Magdeburger Erzbischofs Albrecht II. Erste Ansiedlungsversuche unternahm der Zisterzienserbruder Johannes mit vier Zisterzienserinnen (Clementia, Floria, Antonia und Zacharia) vom Zisterzienserinnenkloster Wolmirstedt aus in Restorf/Höhbeck bei Gartow, dann in Plate bei Lüchow. Als Bruder Johannes 1237 starb, wurde den Nonnen für einen Neuanfang 1237 vom Kloster Rastede Grundbesitz in Bohndorf überlassen, wo auch eine Kirche existierte. 1240 wurde Helmerich, der Propst des Klosters, von wendischen Bauern ermordet. Die Ritter von Medingen stellten den Schwestern daraufhin die Kirche von Altenmedingen und einigen Grundbesitz zur Verfügung. So konnte am 24. August 1241 dort nach einigen Umbauten die Kirche, ein Kloster und ein Friedhof geweiht werden. Der Chor der Kirche ist in der heutigen Kirche von Altenmedingen erhalten.[4]
1336 siedelten die Religiosen ein letztes Mal um, und zwar nach Zellensen. Dieser neue Standort westlich der Ilmenau wurde in (Neu-)Medingen umbenannt, der vorhergehende Klosterort in Altenmedingen. Der Konvent erwarb den gesamten Ort mit Mühle, Fischereirechten und Holzherrschaft.[5][6]
Die Eingliederung in den Zisterzienserorden gelang den Frauen nicht. 1241 wurde vom Generalkapitel des Ordens eine kritische Besichtigung des Klosters Medingen durch einen beauftragten Abt angeordnet; sogar Papst Gregor IX. war darüber informiert, aber „eine Inkorporation Medingens [in den Orden] geschah dennoch nicht“.[7]
Unter Propst Christian (er amtierte 1311–1326) war das Kloster wirtschaftlich genügend stark, um eine strenge Klausur zu errichten. Da das Kloster an einer viel frequentierten Heerstraße stand, war eine Mauer wichtig. Gleichzeitig wurden Laienschwestern für die Krankenpflege aufgenommen. Die Arbeit in der klösterlichen Mädchenschule war den Professnonnen vorbehalten, die auch der Pflicht zum Stundengebet unterlagen.[2] Aus dem Scriptorium des Klosters sind zahlreiche handschriftliche Andachtsbücher mit Gebeten und religiösen Liedern erhalten, die die Nonnen anfertigten.
1494 wurde der Konvent zur Abtei erhoben. Erste Äbtissin wurde die Priorin des Klosters, Margarete Puffen, die die Abtei bis 1513 leitete. Neben der Äbtissin amtierte ein Propst, der jeweils für die wirtschaftlichen und geistlichen Belange zuständig war.[8] Anfang des 16. Jahrhunderts wurde die zum Teil stark beschädigte Klosterkirche wiedererrichtet und mit neuen Gewölben verstärkt. 1502 wurde eine Kapelle auf der Südseite des Klosters fertiggestellt, und 1507 wurde auf dem Kirchhof ein freistehender Glockenturm gebaut. Das Kloster hatte zu Beginn dieses Jahrhunderts seine größte Blütezeit. Zum Konvent gehörten über 100 Nonnen ohne die Laienschwestern, die getrennt untergebracht waren. Die meisten stammten aus Lüneburg, viele aus reichen Patrizierfamilien, die den Töchtern beim Klostereintritt Schenkungen mitgaben. Das Kloster Medingen besaß die Patronatsrechte über einige Pfarreien der Umgebung und erwarb u. a. Rechte an der Lüneburger Saline, an Mühlen, am Zoll und an der Schifffahrt auf der Ilmenau.[6]
Herzog Ernst der Bekenner begann in den 1520er-Jahren damit, die Reformation im Herzogtum Lüneburg einzuführen. Die Schwestern im Kloster Medingen widersetzten sich dem. Am 11. Juli 1529 wurde Propst Johann von Mahrenholtz vom Herzog nach Celle bestellt und dort für abgesetzt erklärt, weil er ebenfalls der Reformation ablehnend gegenüberstand und die Äbtissin wohl unterstützte. Die Nachfolgerin von Elisabeth von Evern, Äbtissin Margarete von Stöterogge, leistete Widerstand gegen den erzwungenen Übergang zum Protestantismus. Im Jahr 1536 besuchte Herzog Ernst Medingen und stellte die Leitung des Klosters, nach mehrfachen Versuchen des Einwirkens, vor vollendete Tatsachen, indem er den Klosterbesitz einzog und Teile des Klosters abreißen ließ.[9]
Daraufhin ergriff Äbtissin Margaretha II. die Flucht nach Hildesheim und nahm sämtliche Schätze sowie das Archiv des Klosters mit sich, anstatt sie dem Herzog zu überlassen. In der Folge stellte sich der Bischof von Verden und Erzbischof von Bremen, Christoph von Braunschweig-Wolfenbüttel, an die Seite des Klosters und reichte am Kammergericht zu Speyer eine Klageschrift gegen den Herzog ein. Dadurch kam es 1543 zu einem kaiserlichen Mandat gegen den Herzog, das für Frieden zwischen den beiden Streitparteien sorgen sollte.[10]
Erst im Jahr 1554 trat der Konvent endgültig zum Luthertum über und wird seitdem als evangelisches Damenstift, in klösterlicher Gemeinschaft mit Konvent und Äbtissin, fortgeführt.[5][9]
In seiner weiteren Geschichte musste das Kloster immer wieder Zerstörungen des Gebäudes verzeichnen, wie etwa zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Am 30./31. Januar 1781 zerstörte ein verheerendes Feuer Teile des Kreuzgangs und sämtliche Wohngebäude. Die Reste wurden ab Dezember 1782 abgerissen, auch die erhalten gebliebene Kirche, die für baufällig gehalten worden war. Zudem sollten Kirche und Wohngebäude architektonisch einheitlich neu errichtet werden. Der Konvent umfasste damals 24 Damen.[11]
In der Folge erfolgte ein Neubau im barocken und klassizistischen Stil. Dieser blieb der einzige des Protestantismus in Norddeutschland.[5] Den Auftrag für den Wiederaufbau hatte Landbaumeister Christian Ludwig Ziegler noch im Jahr der Zerstörung erhalten. Der entstandene Neubau wurde am 24. August 1788 vom Landesherrn König Georg III. von Hannover eingeweiht, der die Wiedererrichtung des Damenstiftes auch finanziell stark gefördert hatte.
Gegenwart
Das Kloster präsentiert sich heute in einer parkartigen Umgebung als schlossähnliches Gebäude im klassizistischen Stil mit einem barocken Kirchturm und einer Kirche in der Mitte. Möbel, Teppiche, Gemälde, Silber und Stickereien mit Flussperlen aus der Ilmenau zählen zu den bedeutendsten Kunstschätzen.
Klosterleben
Das Damenstift wird von der Klosterkammer Hannover, einer niedersächsischen Landesbehörde, betreut. An der Spitze steht eine Äbtissin, die es im Innern leitet und in der Öffentlichkeit vertritt. Das Stift hat 16 Plätze, die nach Absprache mit den Stiftsdamen von der Äbtissin vergeben werden. Die Frauen leben in einer persönlich gestaltbaren Wohnung im Kloster mit individueller Haushaltsführung. Sie müssen alleinstehend, verwitwet oder geschieden sein und sollten zurzeit nicht älter als Mitte 60 sein, einer evangelischen Kirche angehören und wirtschaftlich/finanziell unabhängig sein. Auch müssen sie bereit sein, Aufgaben für die Gemeinschaft zu übernehmen, z. B. Klosterführungen. Der Konvent nimmt regelmäßig an Gottesdiensten, Andachten und Chorstunden teil. Die Medinger Konventualinnen bewahren die Tradition des Hauses und fühlen sich dessen Erbe verpflichtet. Zu besonderen Anlässen tragen sie eine historische Klostertracht. Jede Frau hat neben der Gemeinschaft ein eigenes Leben mit Familie und Freunden, auch außerhalb des Stifts. Die Klosterkirche steht der Medinger evangelischen Gemeinde als Pfarrkirche zur Verfügung.[12][13] Äbtissin ist zurzeit (2025) Kristin Püttmann.
Heute werden auch Veranstaltungen im Kloster abgehalten. Das renovierte Brauhaus wird als Tagungsraum genutzt.
Pastoren
- Julius Oeltzen (1821–1831)[14]
- Katrin Dieckow (2003–2018)[15]
- Johannes Luck (seit 2018)[16]
Architektur von Kirche und Kloster
14. Jahrhundert
Die mittelalterliche Kirche, 1336 geweiht, war ein schlichter einschiffiger Bau von 45,30 m Länge mit Kreuzrippengewölbe und polygonalem Chorschluss im Osten. An den westlichen Teil schloss sich eine dreischiffige Säulenhalle an, im Stockwerk darüber lag der Nonnenchor. Nördlich der Kirche lagen der zum Teil zweistöckige Kreuzgang, 1333/1334 errichtet und 1397 erneuert, und die Konventsgebäude. An der Südwestecke des Kreuzgangs war eine kleine Grabkapelle für die Äbtissinnen eingebunden. Um das Kloster herum gruppierten sich mit der Zeit weitere Gebäude, darunter das erhaltene, um 1400 erbaute Brauhaus aus Backstein nördlich des heutigen Klosters, das 1484/85 umgebaut wurde. 1541 wurde das fürstliche Wohnhaus erbaut, ein Renaissancebau, der heute dem Gustav Stresemann Institut in Niedersachsen als Heimvolkshochschule dient.[17]
18. Jahrhundert
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Das heute bestehende Kloster erinnert an ein klassizistisches Schloss. Der Komplex wurde nach dem Großbrand von 1781 ab 1782 nach Plänen des Architekten Christian Ludwig Ziegler errichtet. Für den Bau musste das Gelände im östlichen Teil, wo das alte Flussbett der Ilmenau verlief, durch 500 Pfähle befestigt werden, die in den Boden gesetzt wurden.
Die Medinger Klosteranlage vereinigt Kirche und Wohngebäude zu einer symmetrischen baulichen Einheit. Im Zentrum steht die Kirche, seitlich schließen rechts und links die zweistöckigen Flügel der Wohntrakte an, die jeweils von einem Quergebäude abgeschlossen werden. Dadurch ergibt sich ein Baukomplex in breiter H-Form. Die Front der Kirche mit dem davorgesetzten Turm tritt vor die Flucht der Seitenflügel und akzentuiert die Bedeutung der Kirche. An der Südseite dient das Untergeschoss des Turms mit farblich abgesetzter Bandrustika mit einem schlichten Portal mit Oberlicht als kleine Vorhalle, durch die man die Kirche von außen betritt. Der Turm wird gekrönt durch eine kupferbeschlagene Glockenstube mit geschwungener Haube darüber, dem einzigen barocken Element der Anlage. Die Fassaden der Wohngebäude haben eine zweistöckige Fenstergliederung, die Mitte der Flügel wird jeweils durch einen Eingang mit flachen, rustizierten Portalrisaliten mit Giebel#Dreiecksgiebeln betont. An der Rückseite des Komplexes ragt das hohe Kirchenschiff mit der nördlich anschließenden Sakristei in das Gelände vor den Flügelbauten, auf dem sich ein kleiner Friedhof, das alte Brauhaus und das frühklassizistische Werberhaus befinden. Die Front der Anlage hat eine Länge von 113 m, der Turm in der Mitte ist 40 m hoch.[11]
Die Vorhalle im Turm führt zur größeren, in schlichten und klaren Formen gestalteten Mittelhalle, flankiert von Wandelgängen, von denen aus die Flure der Wohntrakte zu erreichen sind. Geradeaus führt der Weg zur Kirche. Die Mittelhalle mit ihrer strengen Architektur ist der Ort für die Aufbahrung verstorbener Stiftsdamen. Nur dazu wird ein sechzehnteiliger Hängeleuchter aus Bronze entzündet, der mit einem Doppeladler und einem Drachen verziert ist und einer Inschrift zufolge 1655 für „Margredta von Dassel Abbetista in Medingen“ gefertigt wurde. Über dem Eingangsbereich und der Mittelhalle liegt der Damenchor, der von der Kirche aus nicht eingesehen werden kann und um 1900 durch eine verglaste Schranke vom Kirchenraum abgetrennt wurde.
Von der Mittelhalle aus wird durch ein Vorjoch die Kirche erreicht, eine hohe, helle Rotunde in einheitlich klassizistischer Formensprache mit einem Durchmesser von 11,70 m. Die Wände sind durch flache, mehrfach gestufte Vorlagen gegliedert und erzeugen an Wänden und in der Kuppelschale eine Reliefstruktur, die sich zur Kuppel hin verjüngt. Die Farbigkeit wurde bei der letzten Renovierung wieder dem Zustand der Erbauungszeit angeglichen und beschränkt sich auf zarte Ocker-, Beige- und Rosétöne. Im Untergeschoss hat die Kirche rechteckige Fenster, im Obergeschoss Rundbogenfenster. Über den unteren Fenstern verläuft ringsum eine Empore, von der aus die Stiftsdamen früher an den Gemeindegottesdiensten teilnahmen; heute gibt es für sie dafür im Kirchenschiff reservierte „Klosterstühle“. Gottesdienste nur für den Konvent finden im Nonnenchor im Obergeschoss statt. Von der Empore aus sind über Wandelgänge die Obergeschosse der beiden Flügel direkt erreichbar.[18]
In den beiden Flügeln liegen die Wohnungen der Konventualinnen an langen einheitlichen Fluren, von denen Zimmertüren ausgehen; jede Wohnung hatte zudem eine niedrige Klappe, durch die die Zimmer vom Flur aus zu heizen waren. Im Querbau am Ende des linken, westlichen Flügels liegen im Erdgeschoss ein Festsaal und darüber der Kapitelsaal und die Wohnung der Äbtissin.[11]
Ausstattung
Kirche

An der Nordseite der Kirche befindet sich der Kanzelaltar, der thematisch der Auferstehung Jesu Christi gewidmet ist. Er ist vom Kirchenschiff durch zwei gekurvte Schranken abgesondert. Über der Altarmensa steht der geöffnete Sarkophag Jesu; vor dem Sarg liegen zwei erloschene Fackeln, ein antikes Todessymbol. Über dem Sarkophag ist in einem Medaillon das Haupt Jesu dargestellt, umgeben von den Leidenswerkzeugen. Darüber sieht man in einem goldenen Strahlenkranz ein Dreieck als Symbol für die göttliche Dreifaltigkeit; es ist mit dem Antlitz Jesu verbunden als Zeichen, dass Jesus Christus durch seine Auferstehung wieder zu Gott im Himmel heimgekehrt ist. Über dem Altar befindet sich die Kanzel in Verbindung mit der Emporenbrüstung, die dafür vorspringend gestaltet ist; direkt gegenüber liegt auf gleicher Höhe der Platz des Damenchors mit einem geschnitzten „Äbtissinnenthron“ im Scheitelpunkt. Die Altar-Kanzel-Wand wird nach oben durch einen kassettierten Rundbogen angeschlossen, in dessen Wandöffnung mehrere Orgelpfeifen angeordnet sind. Darunter ist auf dem Gesims zu lesen: „Wie heilig ist diese Stätte; hier ist nichts anderes denn Gottes Haus.“ (1 Mos 28,17 )
Die seitlichen Sitzreihen im Kirchenschiff sind halbrund entlang der Außenwände aufggestellt, der Mittelblock ist auf den Altar ausgerichtet.
Orgel
Die Orgel der Klosterkirche wurde 1910 von dem Orgelbaumeister Ernst Röver gebaut. Sie verfügt über pneumatische Spiel- und Registertraktur. Die prospektlose Orgel ist in die Altar-Kanzel-Wand integriert, einige Pfeifen sind hoch oben in die lunettenförmige Wandöffnung eingepasst.
Eine weitere Auffälligkeit der Orgel ist, dass in ihr sämtliche Pfeifen auf drei großen Windkästen stehen, wobei jede einzelne Pfeife ihr eigenes Ventil hat. Es öffnet sich nur, wenn sowohl der dazugehörige Klangfarbenzug eingeschaltet als auch die dazugehörige Taste niedergedrückt ist. Dieses System – Kastenlade genannt – wurde 1697 von Eugenio Casparini weiterentwickelt und im 19. Jahrhundert von Ernst Röver, dem Erbauer dieser Orgel, aufgegriffen. Heutzutage werden solche Systeme beim Bau einer Orgel nicht mehr benutzt.
Die Orgel wurde 1966 umdisponiert, erfuhr aber im Jahr 1986 eine zeitaufwendige Restaurierung durch Werner Bosch Orgelbau. Unter anderem waren die etwa 800 kleinen Bälge – also die Luftbehälter, die die angesaugte Luft durch Druck an einen schwingenden Körper abgeben – brüchig und porös geworden und wurden durch neue ersetzt.
Die Disposition der Orgel im Zustand von 1957 lautet:[19]
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- Koppeln:
- Normalkoppeln II/I, I/P, II/P
- Superoktavkoppel II/I
- Suboktavkoppel II/I
Glocken
Im Kirchturm hängen zwei Glocken aus Bronze an Holzjochen in einem Glockenstuhl aus Holz.
- Die große Glocke ist eine Leihglocke, die aus Mohrungen in Ostpreußen stammt. Ihr Durchmesser beträgt 710 mm, das Gewicht 212 kg. Der Schlagton ist c2 +8. Gegossen wurde sie 1680 von David Jonas aus Elbing, 2015 wurde sie restauriert und bekam einen elektrischen Antrieb. Sie trägt die Aufschrift „GOTT ALLEIN DIE EHRE ME FECIT DAVID IONAS ANNO 1680“ (‚Mich schuf David Ionas im Jahr 1680‘).
- Die kleine Glocke, gegossen um 1400 von Bertold von Rit, dient als Schlag- und Sterbeglocke und wird von Hand geläutet. Sie misst 500 mm, wiegt 75 kg und hat als Schlagton ges2 +7.[20]
Kloster
Von der mittelalterlichen Ausstattung haben sich wenige Objekte erhalten, denn durch den Brand 1781 wurden zahlreiche Kunstschätze vernichtet. Eine gotische Eichentruhe sowie das Brauhaus aus dem Jahr 1400 blieben davon verschont.[5] Eine Silberstatuette des heiligen Mauritius, 16 cm hoch und entstanden um 1480, befindet sich immer noch im klösterlichen Besitz.[21] Ein Antependium aus dem letzten Drittel des 15. Jahrhunderts (86 × 252,5 cm) ist heute im Museum August Kestner in Hannover (Inv. Nr. WM XXII, 8).[22][23] Neben der Kreuzigung im Mittelpunkt sind darauf die Patrone Medingens – Maria und Mauritius – und der nahen Stadt Lüneburg – Erzengel Michael und Johannes der Täufer – sowie zwei geistliche Frauen dargestellt. Zahlreiche Halbfiguren preisen in Spruchbandtexten Christus. Am unteren Rand des ungewöhnlichen Textils befinden sich Bilder der Geburt Jesu und der Auferstehung. Den 56 cm hohen Äbtissinnenstab des Klosters ließ die erste Äbtissin, Margarete Puffen, 1494 von Hermen Worm in Lüneburg anfertigen.[24] Anlass war die Erhebung Medingens zur Abtei in eben diesem Jahr. In der Stabskrümme stehen die Figuren des heiligen Mauritius und der Muttergottes.
Medinger Handschriften
Die Medinger Handschriften sind ein europaweit einmaliger Bestand. Nirgendwo sonst hat sich eine solche Fülle an persönlichen Gebetbüchern erhalten, die von den Frauen selbst zusammengestellt und eigenhändig geschrieben sowie ausgemalt wurden. Sie sind allerdings heute über Bibliotheken in Deutschland, Dänemark und England verstreut. Ein Online-Projekt von Henrike Lähnemann hat sich zum Ziel gesetzt, die verstreuten Handschriften und Drucke zumindest virtuell wieder zu vereinen.[25]
In Medinger Handschriften sind zahlreiche Leisen enthalten wie „Gelobet seist du, Jesu Christ“ als Antwort auf die lateinische Sequenz für die weihnachtliche Mitternachtsmesse „Grates nunc omnes“ sowie die erste Strophe des Osterlieds „Wir wollen alle fröhlich sein“. Der Musikwissenschafter Walther Lipphardt[26] hat den Bestand zuerst zusammengestellt, wenn auch seine Frühdatierungen für die Handschriften vielfach nicht haltbar sind.[27]
Quellen
- J. L. Lyßmann: Historische Nachricht von dem Ursprunge, Anwachs und Schicksalen des Klosters Meding. 1769.
Literatur
- Horst Appuhn: Kloster Medingen. (= Große Baudenkmäler. Heft 281). 3. Auflage, München/Berlin 1980.
- Hans Ernst Mittig: Kloster Medingen. (= Schnell, Kunstführer. Band 1463). 3. Auflage, München/Zürich 1990.
- Ursula Pechloff: Ev. Damenstift Kloster Medingen: ehemaliges Zisterzienserinnenkloster St. Mauritius. (= Peda-Kunstführer. Nr. 69). Passau 2004.
- Hans-Walter Stork: Eine Gruppe von Medingern Handschriften in der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg. In: Jeffrey F. Hamburger u. a. (Hrsg.): Frauen – Kloster – Kunst. Neue Forschungen zur Kulturgeschichte des Mittelalters. Brepols, Turnhout 2007, S. 131–139.
- Götz J. Pfeiffer: Tradition und Veränderung. Kunstwerke in Medingen als Zeugnisse der Klostergeschichte. In: Hans Otte (Hrsg.): Evangelisches Klosterleben. Studien zur Geschichte der evangelischen Klöster und Stifte in Niedersachsen. (= Studien zur Kirchengeschichte Niedersachsens. Band 46). V&R Unipress, Göttingen 2013, S. 361–394.
- Ulrike Hascher-Burger, Henrike Lähnemann: Liturgie und Reform im Kloster Medingen. Edition und Untersuchung des Propst-Handbuchs Oxford, Bodleian Library, MS. Lat. liturg. e. 18. (= Spätmittelalter, Humanismus, Reformation. Band 76). Mohr Siebeck, Tübingen 2013, ISBN 978-3-16-152804-0.
- Christian Wiechel-Kramüller: Kirchen, Klöster und Kapellen im Landkreis Uelzen. Wiekra Edition, Suhlendorf 2015, ISBN 978-3-940189-14-1.
Weblinks
- Website des Klosters Medingen
- Kloster Medingen im Denkmalatlas Niedersachsen
- St. Mauritius Kloster Medingen. ( vom 1. Februar 2014 im Internet Archive)
- Kloster Medingen auf der Website von Bad Bevensen
- Liste der Äbtissinnen von Medingen. In: Johann Friedrich Pfeffinger: Historie des Braunschweig-Lüneburgischen Hauses, und selbiger Landen, bis auf gegenwärtige Zeiten; […]. Erster Theil. König und Richter, Hamburg 1731, S. 236.
- Zwei Medinger Handschriften in der Dombibliothek Hildesheim
Einzelnachweise
- ↑ Ursula Pechloff: Ev. Damenstift Kloster Medingen: ehemaliges Zisterzienserinnenkloster St. Mauritius. Passau 2004, S. 2–11.
- ↑ a b U. Reinhardt: Medingen. In: Ulrich Faust (Hrsg.): Die Männer- und Frauenklöster der Zisterzienser in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg. EOS, St. Ottilien 1994, ISBN 978-3-88096-612-3, S. 521 (archive.org [abgerufen am 23. August 2025]).
- ↑ Ursula Pechloff: Ev. Damenstift Kloster Medingen: ehemaliges Zisterzienserinnenkloster St. Mauritius. Passau 2004, S. 4.
- ↑ Ursula Pechloff: Ev. Damenstift Kloster Medingen: ehemaliges Zisterzienserinnenkloster St. Mauritius. Passau 2004, S. 2 ff.
- ↑ a b c d St. Mauritius Kloster Medingen. ( vom 1. Februar 2014 im Internet Archive)
- ↑ a b Ursula Pechloff: Ev. Damenstift Kloster Medingen: ehemaliges Zisterzienserinnenkloster St. Mauritius. Passau 2004, S. 4 f.
- ↑ Zisterzienser in Norddeutschland. In: Ulrich Faust (Hrsg.): Die Männer- und Frauenklöster der Zisterzienser in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg. Germania Benedictina. Band 12. St. Ottilien : EOS, 1994, ISBN 978-3-88096-612-3, S. 22 (archive.org [abgerufen am 22. August 2025]).
- ↑ Ursula Pechloff: Ev. Damenstift Kloster Medingen: ehemaliges Zisterzienserinnenkloster St. Mauritius. Passau 2004, S. 2 ff.
- ↑ a b Christian Wiechel-Kramüller: Kirchen, Klöster und Kapellen im Landkreis Uelzen. Wiekra Edition, Suhlendorf 2015, ISBN 978-3-940189-14-1.
- ↑ Adolf Wrede: Ernst der BEkenner, Herzog von Braunschweig und Lüneburg. Halle: Verein für Reformationsgeschichte 1888, S. 109f
- ↑ a b c Horst Appuhn: Kloster Medingen. (= Große Baudenkmäler. Heft 281). 3. Auflage, München/Berlin 1980, S. 2 f.
- ↑ Ursula Pechloff: Ev. Damenstift Kloster Medingen: ehemaliges Zisterzienserinnenkloster St. Mauritius. Passau 2004, S. 7 f., 10.
- ↑ kloster-medingen.de: Unser Leitbild. Abgerufen am 16. September 2025.
- ↑ Jahrbuch der Gesellschaft für Niedersächsische Kirchengeschichte. Band 104. Vandenhoeck & Ruprecht, 2006, S. 205 (google.at [abgerufen am 26. August 2025]).
- ↑ Laatzen: Katrin Dieckow wird neue Pastorin der Thomasgemeinde. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung. 12. August 2025, abgerufen am 21. August 2025.
- ↑ Pfarramt. In: Kirche Bevensen Medingen. Abgerufen am 23. August 2025.
- ↑ Ursula Pechloff: Ev. Damenstift Kloster Medingen: ehemaliges Zisterzienserinnenkloster St. Mauritius. Passau 2004, S. 8 f.
- ↑ Ursula Pechloff: Ev. Damenstift Kloster Medingen: ehemaliges Zisterzienserinnenkloster St. Mauritius. Passau 2004, S. 11 f., 23–29.
- ↑ Medingen, PLZ 29549, Klosterkirche St. Mauritius. In: Martin Blindow: Die Orgelbauwerkstatt Ernst Röver. LIT Verlag, Münster 2020, S. 299. Abgerufen am 21. August 2025.
- ↑ glockenfinder: Evang. Mauritiuskirche (ehem. Kloster) in Bad Bevensen-Medingen, abgerufen am 19. September 2025.
- ↑ Vgl. Krone und Schleier. Kunst aus mittelalterlichen Frauenklöstern. Ausstellungskatalog. Hirmer, München 2005, S. 369, Kat. Nr. 255 (Gude Suckale-Redlefsen).
- ↑ Vgl. Henrike Lähnemann: ‚An dessem Bom wil ik stighen.‘ Die Ikonographie des Wichmannsburger Antependiums im Kontext der Medinger Handschriften. In: Oxford German Studies 34,1 (2005), S. 19–46; Krone und Schleier. Kunst aus mittelalterlichen Frauenklöstern. Ausstellungskatalog. Hirmer, München 2005, S. 526 f., Kat. Nr. 480 (Petra Marx).
- ↑ Sabine Wehking: DI 76, Lüneburger Klöster, Nr. 62. Deutsche Inschriften Online, abgerufen am 18. Juni 2024.
- ↑ Vgl. Krone und Schleier. Kunst aus mittelalterlichen Frauenklöstern. Ausstellungskatalog. Hirmer, München 2005, S. 496 f., Kat. Nr. 440a (Gude Suckale-Redlefsen).
- ↑ Medingen Manuscripts. Abgerufen am 16. Dezember 2021.
- ↑ Walther Lipphardt: Zwei neu aufgefundene Nonnengebetbücher aus der Lüneburger Heide als Quelle niederdeutscher Kirchenlieder des Mittelalters. In: Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie. 14, 1969, S. 123–129.
- ↑ Ulrike Hascher-Burger und Henrike Lähnemann: Liturgie und Reform im Kloster Medingen. Edition und Untersuchung des Propst-Handbuchs Oxford, Bodleian Library, MS. Lat. liturg. e. 18. (= Spätmittelalter, Humanismus, Reformation. Band 76). Mohr Siebeck, Tübingen 2013, ISBN 978-3-16-152804-0.
Koordinaten: 53° 5′ 30,3″ N, 10° 33′ 55,9″ O