Klaus Rühlmann

Klaus Rühlmann, 2004

Klaus Alfred Rühlmann (* 8. November 1929 in Neumark im Geiseltal; † 12. März 2024) war ein deutscher Chemiker (Siliziumorganische Chemie) und Professor der Technischen Universität Dresden.[1]

Werdegang

Nach dem Abitur in Halle studierte er ab 1948 Biologie und ab 1949 Chemie an der Martin-Luther-Universität seiner Heimatstadt. Rühlmann diplomierte dort 1953 unter Anleitung seines Lehrers Wolfgang Langenbeck, nachdem er bereits 1952 eine Assistentenstelle am Institut für Organische Chemie angetreten hatte. 1956 promovierte er am gleichen Institut. Diplom- und Promotionsarbeit hatten Themen der organischen bzw. bioorganischen Chemie zum Inhalt. Bis 1961 betreute er als Oberassistent Diplomanden von Friedrich Asinger.[1]

Internationale Bekanntheit erlangte Rühlmann zu Beginn seiner Forschungsarbeiten mit der bis dahin unbekannten Silylierung und gaschromatographischen Trennung von Aminosäuren[2][3]. Ab 1960 befasste er sich mit der Acyloinsynthese durch Umsetzung von Carbonsäureestern mit Natrium (Bouveault-Blanc-Kondensation) und anschließender Hydrolyse[4]. Neu war, dass er als Abfangreagenz Chlortrimethylsilan einsetzte.[5] Dadurch konnten basenkatalysierte Nebenreaktionen vermieden werden, die Ausbeuten am gewünschten Produkt stark erhöht sowie die Anwendungsbreite der klassischen Bouveault-Blanc-Kondensation erweitert werden. Später ging diese Reaktion als Rühlmann-Kondensation in die Literatur ein.

1961 habilitierte er sich zu diesen Themenkreisen und wurde noch nicht ganz 32-jährig als Professor an die Hochschule für Verkehrswesen nach Dresden berufen. Ein Jahr später folgte der Ruf auf eine Professur an das II. Chemische Institut der Humboldt-Universität zu Berlin. In Berlin befasste sich Rühlmann vor allem mit optisch und biologisch aktiven Siliziumverbindungen.[1][6]

Mit der Hochschulreform und den damit verbundenen Umprofilierungen kam Rühlmann an die Technische Universität nach Dresden und konnte hier an Traditionen auf dem Gebiet der Silikonchemie anknüpfen. Richard Müller hatte an der Technischen Hochschule von 1954 bis 1968 Vorlesungen zu diesem Gebiet gehalten. Müller ist zusammen mit Eugene G. Rochow aus den USA Erfinder der „Direkten Synthese“ von Chlormethylsilanen aus Chlormethan und Silizium. Müller ist es zu verdanken, dass in Dresden-Radebeul das Institut für Silikon- und Fluorcarbonchemie gegründet und im Schwerchemikalienwerk der ehemaligen Chemischen Fabrik von Heyden in Nünchritz (später VEB Chemiewerk Nünchritz) eine Silikonproduktion in Gang gesetzt wurde.

Die schon seit 1959 währende Zusammenarbeit mit dem Institut in Radebeul und dem Chemiewerk in Nünchritz wurde nun durch die örtliche Nähe weiter verstärkt, was auch eine Hinwendung zur industrienahen Forschung brachte.

Von 1971 bis 1995 war Rühlmann ordentlicher Professor für Chemie der Hochpolymeren an der TU Dresden.[1] Im Jahr 1978 wurde dann unter seiner Leitung ein Problemlabor des Chemiewerkes Nünchritz an der TU Dresden gegründet. Hauptforschungsthemen in Dresden waren: kinetische Untersuchungen zu Basisreaktionen der Silikonproduktion[7], Kinetik und Stereochemie der nukleophilen Substitutionen siliziumorganischer Verbindungen[8][9], siloxangebundene Polymerstabilisatoren,[10] schwefelhaltige Silanhaftmittel[11][12], Herstellung telecheler Siloxane mit C- und Si-funktionellen Gruppen[13], Synthese von Polycarbosiloxanen und -silazanen als Precursoren zur Herstellung keramischer Verbundwerkstoffe und in letzter Zeit auch wieder die Synthese und Testung von biologisch aktiven Siliziumverbindungen[14]. Von 1987 bis 1991 war Rühlmann Leiter des Wissenschaftsbereichs Organische Chemie an der Sektion Chemie. Ab 1992 hatte er diese Position am Institut für Anorganische Chemie der Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften der TU Dresden inne.[1]

Nach der Wende erlaubte die jahrelange Beschäftigung mit angewandter Chemie Kooperationsverträge mit der Goldschmidt-AG, Bayer, Bosch und Ciba-Geigy. Dazu kamen Projekte, die vom BMFT, DFG und der VW-Stiftung gefördert wurden.

Rühlmann betreute 45 Doktoranden und zwei Habilitanden, verfasste fast 150 Veröffentlichungen und 40 Patente sowie die deutsche Auflage des Buches von Michail G. Voronkov „Silizium und Leben“[15] sowie zwei Tagungsbände (Silikonekolloquium, KOSIL) herausgebracht.

Rühlmann war verheiratet. Er hinterließ drei Töchter.

Einzelnachweise

  1. a b c d e Catalogus professorum dresdensis - TU Dresden. TU Dresden, abgerufen am 29. Mai 2025.
  2. Klaus Rühlmann, Günter Michael: Silylierung von Aminosäure-hydrochloriden. In: Zeitschrift fur Naturforschung - Section B Journal of Chemical Sciences. Band 15, Nr. 12, 1960, S. 811.
  3. Klaus Rühlmann: Über die Si-N‐Bindung, VI. Silylierung von Aminosäuren. In: European Journal of Inorganic Chemistry. Band 94, Nr. 7, 1961, S. 1876-78.
  4. Ulrich Schräpler, Klaus Rühlmann: Über die Umsetzung von Säurederivaten und Halogensilanen mit Alkalimetallen, II. Die Synthese von Acyloinen aus Monocarbonsäureestern durch Darstellung und Hydrolyse der Bis‐trimethylsiloxy‐alkene. In: European Journal of Inorganic Chemistry. Band 96, Nr. 10, 1963, S. 2780 - 2785.
  5. K. Rühlmann: Reaction of carboxylic acid esters with sodium in presence of trimethylchlorosilane. In: Synthesis – International Journal of Organic Chemistry. 5(1971), S. 236 ff.
  6. Klaus‐Dieter Kaufmann, Holger Bormann, Klaus Rühlmann, Günter Engelhardt, Heinrich Kriegsmann: Über die Si—N‐Bindung, XXIX. Die Addition des optisch aktiven N‐[Methyl‐phenyl‐α‐naphthyl‐silyl]‐methylamins an Phenylisocyanat. In: European Journal of Inorganic Chemistry. Band 101, Nr. 3, 1968, S. 984 - 989.
  7. Klaus Käppler, Uwe Scheim, Andrea Porzel, Klaus Rühlmann: Bestimmung der Reaktionskonstanten ρ und δ für die Umsetzung von Organyldimethylchlorsilanen mit Lithlumtrimethylsilanolat. In: Zeitschrift für Chemie. Band 29, Nr. 9, 1989, S. 339–340.
  8. Rainer Gewald, Uwe Scheim, Reinhard Lang, Klaus Rühlmann, Robert Lehnert: Synthesis of siloxanes: XX. Stereochemical investigations of substitution reactions at cyclotrisiloxanes with new types of model compounds. In: Journal of Organometallic Chemistry. Band 446, Nr. 1, 9. März 1993, ISSN 0022-328X, S. 79–82, doi:10.1016/0022-328X(93)80037-C.
  9. Rainer Gewald, Uwe Scheim, Klaus Rühlmann, Helmut Goesman, Dieter Fenske: Synthesis of siloxanes. XXII. Synthesis and crystal structure of 2-t-butoxy-2,4,6-trimethyl-4,6-diphenyl-(2α,4α 6α)-cyclotrisiloxane. In: Journal of Organometallic Chemistry. Band 450, Nr. 1-2, 1993, S. 73–77.
  10. Holger Friedrich, Irene Jansen, Klaus Rühlmann: Polymeric light stabilizers based on siloxanes. In: Polymer Degradation and Stability. Band 42, Nr. 2, 1. Januar 1993, ISSN 0141-3910, S. 127–144, doi:10.1016/0141-3910(93)90105-R.
  11. Uwe Dittrich, Sigrid Dathe, Hartmut Raabe, Rolf Sourisseau, Klaus Ruehlmann: PROCESS FOR THE PREPARATION OF OLIGO[4-(2-ORGANOORGANOOXYSILYLALKYL)CYCLOHEXANE-1,2-DIYL]-BIS-OLIGOSULFIDES. In: DD 299589 A7. 30. April 1992.
  12. Uwe Dittrich, Sigrid Dathe, Hartmut Raabe, Rolf Sourisseau, Klaus Ruehlmann, Wilfried Mertens: Verfahren zur Herstellung von schwefelhaltigen Organosiliciumverbindungen. In: DD 299187 A5. 2. April 1992.
  13. Holger Friedrich, Irene Jansen, Klaus Rühlmann: Unsymmetric telechelic siloxanes with SiH and stabilizer end groups. In: Polymer Degradation and Stability. Band 46, Nr. 1, 1994, S. 9–18.
  14. Falk Liebner, Uwe Bankwitz, Klaus Rühlmann: Synthese von fungicid wirksamen (1H‐1,2,4‐Triazol‐1‐yl‐methyl)silanen und ‐siloxanen. In: European Journal of Organic Chemistry. Band 1994, Nr. 2, 1994, S. 145–150.
  15. Silizium und Leben: Von M. G. Voronkov, G. I. Zelchan und E. Lukevitz, als deutschsprachige Ausgabe bearbeitet und herausgegeben von K. Rühlmann; Akademie-Verlag, Berlin 1975; 370 Seiten mit 4 Bildern und 29 Tabellen; Format 17,5 × 24,5 cm, Ln. 48, - M. Bestell-Nr. 7618828 (6239). In: Zeitschrift für Chemie. Band 17, Nr. 10, 1977, ISSN 0044-2402, S. 391–392, doi:10.1002/zfch.19770171036.