Klaudiopolis (Kilikien)

Klaudiopolis (altgriechisch Κλαυδιόπολις, Κλαυδιούπολις Klaudioupolis; lateinisch Claudiopolis) war eine antike Stadt im rauen Kilikien (Cilicia Tracheia) bzw. Isaurien, das heutige Mut.

Lage

Die Stadt lag rund 53 km nordwestlich von Seleukeia am Kalykadnos (heute Silifke) an der wichtigen Verbindung vom Mittelmeer über das Taurusgebirge entlang des Kalykadnos (heute Göksu) in einer fruchtbaren Ebene oberhalb des Zusammenflusses der beiden Arme des Kalykadnos. Ihre Lage ist durch eine den Namen Claudiopolis nennende Grabinschrift gesichert.[1]

Geschichte

Der ursprüngliche Name des Ortes war wahrscheinlich Ninika (Ninica). In augusteischer Zeit wurde hier eine römische Kolonie mit dem Namen Colonia Iulia Augusta Felix Ninica gegründet. Es handelte sich dabei um eine „Doppelgemeinde“ („double community“), d. h. neben der römischen Kolonie bestand eine selbstverwaltete Polis. Diese erhielt unter Claudius den Namen Claudiopolis (Colonia Iulia Augusta Felix Ninica Claudiopolis).[2] Die Stadt gehörte zur römischen Provinz Cilicia, ab der Verwaltungsreform des Diokletians zur neuen Provinz Isauria.

Ein Aufenthalt des Apostels Paulus in Claudiopolis während seiner Missionsreisen ist möglich, jedoch nicht sicher zu belegen.[3]

Münze, Vorderseite Büste des Geta; Rückseite COL NINICA CLAVΔIOPO in Kranz, 198–212
Münze, Vorderseite Büste des Geta; Rückseite COL NINICA CLAVΔIOPO in Kranz, 198–212
Münze, Vorderseite Büste des Geta; Rückseite COL NINICA CLAVΔIOPO in Kranz, 198–212

Die Colonia prägte Münzen von Trajan bis Maximus Caesar (Beischrift Col(onia) Iul(ia) Aug(usta) Feli(x) Ninic(a) Clau(diopolis) oder Kurzformen davon).[4] Die Polis prägte Münzen nur unter Hadrian (Beischrift ΚΛΑΥΔΙΟΠΟΛΕΙΤωΝ).[5]

Für das 3. Jahrhundert ist durch Münzen ein Neokorietempel bezeugt.[6] Ammianus nennt Seleukeia und Klaudiopolis im 4. Jahrhundert als führenden Städte Isauriens.[7]

Im Jahr 304 soll der aus Klaudiopolis stammende Tarachos (Ταράχος) das Martyrium erlitten haben.[8] Spätestens seit dem Konzil von Nikaia 325 war Klaudiopolis Bischofssitz, der Bischof Aidesios (Αlδέσιος Κλαυδιουπόλεως) nahm daran teil.[9] Das Bistum war Teil der Kirchenprovinz Seleukeia.[10]

Im 13. Jahrhundert war die Stadt in kleinarmenischem Besitz, um 1300 gehörte sie zum Herrschaftsbereich der Seldschuken, die hier eine Münzstätte unterhielten.

Archäologie

Abgesehen von wiederverwendeten Steinen und Inschriften[11] in Gebäuden der Stadt und in den Mauern der Burg von Mut sind in Mut heute kaum noch archäologische Überreste erhalten. Lediglich geringe Spuren der Stadtmauer, ein Theater[12] und die Nekropole mit Sarkophagen sind nachzuweisen. Reisende Forscher sahen im 19. Jahrhundert noch wesentlich mehr, etwa eine Kolonnadenstraße.[13] Auch von Überresten dreier Kirchen in der Nekropole wird berichtet.[14]

Literatur

Anmerkungen

  1. Arthur C. Headlam: Ecclesiastical Sites in Isauria (Cilicia Trachea). London 1893, S. 22–23 Nr. 1 (Digitalisat).
  2. Grundlegend dazu Stephen Mitchell: Iconium and Ninica. Two Double Communities in Roman Asia Minor. In: Historia 28, 1979, S. 409–438, bes. S. 426–434; s. auch Tobias Esch: Zur Frage der sogenannten Doppelgemeinden. Die caesarische und augusteische Kolonisation in Kleinasien. In: Engelbert Winter (Hrsg.): Vom Euphrat bis zum Bosporus. Kleinasien in der Antike. Festschrift für Elmar Schwertheim zum 65. Geburtstag. Habelt, Bonn 2008, ISBN 978-3-7749-3579-2, S. 199–216, bes. S. 214–215.
  3. Philipp Pilhofer: Das frühe Christentum im kilikisch-isaurischen Bergland. Die Christen der Kalykadnos-Region in den ersten fünf Jahrhunderten. De Gruyter, Berlin/Boston 2018, ISBN 978-3-11-057381-7, S. 117–119. 130. 271.
  4. Münzen bei Roman Provincial Coinage. Zu den Münzen auch Axel Filges: Münzbild und Gemeinschaft. Die Prägungen der römischen Kolonien in Kleinasien. Habelt, Bonn 2015, ISBN 3-7749-3947-0, S. 52–53. 78–81. 322–323. 350–351.
  5. RPC Nr. 3228.
  6. Ruprecht Ziegler: Münzen Kilikiens aus kleineren deutschen Sammlungen (= Vestigia Band 42). C. H. Beck, München 1988, ISBN 3-406-33635-3, Nr. 133; 343.
  7. Ammianus XIV 8, 2 („Et hanc quidem praeter oppida multa duae civitates exornant, Seleucia opus Seleuci regis, et Claudiopolis, quam deduxit coloniam Claudius Caesar.“); hier fälschlich als Gründung des Claudius bezeichnet.
  8. François Halkin: „Métaphrase“ anonyme de la passion des saints Tarachus, Probus et Andronic (BHG3 1574b). In: ders.: Inédits byzantins d’Ochrida, Candie et Moscou (= Subsidia Hagiographica Band 38). Société des Bollandistes, Brüssel 1963, S. 211–252.
  9. Nr. 160 in der Liste der Teilnehmer.
  10. Auf dieses spätantike Bistum geht das römisch-katholische Titularbistum Claudiopolis in Isauria zurück.
  11. Zusammenstellung bei Stefan Hagel, Kurt Tomaschitz: Repertorium der westkilikischen Inschriften. Nach den Scheden der Kleinasiatischen Kommission der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (= Ergänzungsbände zu den Tituli Asiae Minoris 22). Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1998, ISBN 3-7001-2734-0, S. 158–164; Ergün Laflı, Hadrien Bru, Samet Ikibes: Neuf inscriptions de Klaudiopolis de Cilicie (Mut). In: The Journal of Epigraphic Studies 6, 2023, S. 173–199.
  12. Theater bei theatrum.de.
  13. William Martin Leake: Journal of a Tour in Asia Minor. London 1824, S. 108–109. 117 (Digitalisat); Edwin John Davis: Life in Asiatic Turkey. A journal of travel in Cilicia (Pedias and Trachoea), Isauria, and parts of Lucaonia and Cappadocia. London 1879, S. 331–333 (Digitalisat); Louis Duchesne: Les nécropoles chrétiennes de l’Isaurie. In: Bulletin de correspondance hellénique 4, 1880, S. 195–205, hier S. 203–204 (Digitalisat); Rudolf Heberdey, Adolf Wilhelm: Reisen in Kilikien (= Denkschriften der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Klasse Band 44). Wien 1896, S. 119 (Digitalisat).
  14. Louis Duchesne: Les nécropoles chrétiennes de l’Isaurie. In: Bulletin de correspondance hellénique 4, 1880, S. 195–205, hier S. 204. Frühbyzantinische Kapitelle in Mut/Klaudiopolis: Rossana Avruscio: Sculture inedite in Isauria. I capitelli di Mut-Claudiopolis. In: Storia dell’arte e della cultura artistica bizantina. Atti della giornata di studio, Roma 4 dicembre 1986 (= Milion Band 1). Rom 1988, S. 59–73 (Digitalisat).

Koordinaten: 36° 39′ 6″ N, 33° 26′ 29,6″ O