Kaufhaus Lewin

Kaufhaus Lewin, Blick aus Nordwesten (2016)
Blick von den Hausmannstürmen der Marktkirche Unser Lieben Frauen auf das Kaufhaus Lewin (2016)

Das Kaufhaus Lewin ist ein 1929 errichtetes und bis heute bestehendes Kaufhaus auf dem Grundstück Marktplatz 3–7 in Halle (Saale) in Sachsen-Anhalt. Im örtlichen Denkmalverzeichnis ist das Gebäude unter der Erfassungsnummer 094 04857 als Baudenkmal aufgeführt.[1]

Geschichte

Die Wurzeln des Kaufhauses gehen auf den Textilhändler Julius Lewin (1819–1887) zurück, der bereits seit 1859 ein Geschäft im Colbatzkyschen Hause (ehemals im Besitz von Friedrich Wilhelm von Colbatzky) am Marktplatz Nr. 4 (ab 1893 Nr. 3) in Halle betrieb. Im Jahr 1877 firmierte das Unternehmen als „Confections-, Seiden-, Mode-, Leinen- und Baumwollwaren-Handlung en gros &. en detail“.

Vorgängerbau

Vorderansicht des Vorgängerbaus „Glaspalast“ (1910)

In den folgenden zehn Jahren wuchs das Unternehmen weiter, so dass Julius Lewin 1987 den Neubau eines fünfstöckigen Kaufhauses am bisherigen Unternehmenssitz am Marktplatz Nr. 3 nach Plänen des Architekten Oscar Stengel in Auftrag gab. Nach Julius Tod noch im selben Jahr vollendeten seine Söhne Leo, Simon und Wilhelm Lewin das Projekt im Jahr 1888, das seinerzeit wegen seiner großzügigen Fensterfronten auch als „Glaspalast“ bekannt war. Das Kaufhaus galt zur damaligen Zeit als größtes Kaufhaus der preußischen Provinz Sachsen. Im Jahr 1918 wurde das Unternehmen in die Offene Handelsgesellschaft Julius Lewin oHG umgewandelt. Zu dieser Zeit befanden sich die Verkaufsräume nicht nur im damals neuen Kaufhaus am Marktplatz 3, sondern aufgrund der weiteren Expansion auch im gesamten Erdgeschoss des unmittelbar benachbarten halleschen Stadthauses am Marktplatz 2.

Neubau 1930

In den Jahren 1929 und 1930 erwarb die Julius Lewin oHG weitere Nachbargrundstücke am Unternehmenssitz auf dem Marktplatz. Nach Abriss aller bis dahin vorhandenen Bauten auf den Grundstücken Marktplatz 3–7 und Bechershof 11 wurde an deren Stelle ein Kaufhausneubau geplant.

Das Kaufhaus Lewin wurde am 10. Oktober 1930 eröffnet und hatte zu dieser Zeit etwa 50 männliche sowie 125 weibliche Angestellte, darunter 25 Näherinnen. Zum Sortiment gehörten Kleider- und Seidenstoffe, Teppiche, Möbelstoffe, Leinen- und Baumwollwäsche sowie Damen- und Kinderbekleidung.

Durch politischen Druck nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten kam das Unternehmen im Jahr 1935 in finanzielle Schwierigkeiten und meldete Konkurs an. Im Rahmen der Arisierung wurde es enteignet und liquidiert. Das Kaufhaus wurde zwangsversteigert und später von Biermann & Semrau übernommen, die das Geschäft als Kaufhaus Biermann & Semrau fortführten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg und nach der Enteignung von Biermann & Semrau wurde das Unternehmen verstaatlicht und ging 1951 als staatliches Einzelhandelsunternehmen zur DDR Handelsorganisation, die es zunächst als Centrum Warenhaus und nach der Eröffnung des neuen Centrum Warenhauses an der Mansfelder Straße ab 1983 als Haus der 1000 Dinge weiterbetrieb. Ab 1995 firmierte es unter dem Namen „Kaufhaus Fischer“ und wurde 1997 an eine private Immobiliengesellschaft veräußert.

Ab 1998 mieteten sich Wöhrl sowie eine Filiale von Thalia Bücher in das Gebäude ein. Nach dem Auszug von Wöhrl im Jahr 2013 bezog eine Filiale von TK Maxx 2015 die Räumlichkeiten.[2][3] Neben Thalia und TK Maxx befinden sich Büroräume und Wohnungen im Gebäude.[4]

Architektur

Im Jahr 1929 erhielt der Architekt Bruno Föhre den Auftrag für den Entwurf eines Kaufhaus-Neubaus und konzipierte einen kubischen Stahlbetonskelettbau. Für die künstlerische Gestaltung war Paul Juckoff verantwortlich, der an der Westseite des Gebäudes beispielsweise die Skulptur Das Symbol der Mode errichtete. Diese Plastik stellt eine stehende weibliche Person dar, die sich ein Tuch überwirft beziehungsweise bereits übergeworfen hat.[5]

Der platzbildbeherrschende Bau nimmt allein mit seinen Ausmaßen und Proportionen eine dominante Position am halleschen Marktplatz ein. Die eklektizistisch gestaltete Fassade mit Gestaltungselementen des Neuen Bauens, des Neoklassizismus und des Art déco wurde mit graublau getöntem Kirchheimer Muschelkalk verkleidet. An das kubusförmige, östlich und westlich mit einer Kolonnade versehene fünfgeschossige Hauptgebäude, schließt sich südlich ein siebengeschossiger turmartiger Flügelbau an. Die Kolonnaden sind bis heute erhalten, wurden später an einzelnen Stellen als Schaufenster umgebaut. Mit Stand 2025 bestehen die Kolonnaden wieder im Originalzustand. Die Dächer des Hauptgebäudes und des Turms wurden teilweise als pyramidenförmige Glasdächer errichtet, um das oberste Geschoss mit Tageslicht zu erhellen. Im obersten Geschoss befanden und befinden sich teilweise bis heute Büroräume, in den unteren vier Geschossen Verkaufsflächen.[6] Jeweils im Obergeschoss des Hauptgebäudes und des Turms bildet ein Bildhauerfries das Gegenstück zum Turm des halleschen Ratshofs. Zeitgenössische hallesche Presseberichte vermeldeten: „Das Warenhaus soll dem halleschen Marktplatz neue großstädtische Züge’ verleihen“.

Einzelnachweise

  1. Denkmalverzeichnis des Landes Sachsen-Anhalt (PDF; 9,9 MB) – Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung (der Abgeordneten Olaf Meister und Claudia Dalbert; Bündnis 90/Die Grünen) – Drucksache 6/3905 vom 19. März 2015 (KA 6/8670), abgerufen am 22. August 2025.
  2. Berühmte Hallenser: Lewin, Julius
  3. Marktplatz Halle: TK Maxx zieht ins Buchkaufhaus
  4. Bauhaus entdecken, Kaufhaus Lewin
  5. Symbol der Mode. Halle im Bild, abgerufen am 22. August 2025
  6. Halle und die Moderne: Kaufhaus J. Lewin
Commons: Kaufhaus Lewin (Halle) – Sammlung von Bildern

Koordinaten: 51° 28′ 55,24″ N, 11° 58′ 10,84″ O