Römisch-katholische Kirche in Ungarn

Die römisch-katholische Kirche in Ungarn zählt sechs Millionen katholische Christen. Neben zwölf Diözesen, wovon vier Erzdiözesen sind, besteht für die ca. 290.000 griechisch-katholischen Christen des Landes, die ihren Gottesdienst nach byzantinischem Ritus feiern, drei Eparchien (Erzeparchie: Hajdúdorog). Der Erzbischof von Esztergom-Budapest ist zugleich Primas von Ungarn.

Liste der Bistümer Ungarns

Die Bistümer der lateinischen Kirche in Ungarn
Lateinische Kirche
Die Diözesen der Ungarischen griechisch-katholischen Kirche
Ungarische griechisch-katholische Kirche

Das Zentralorgan der ungarischen Bischöfe ist die Ungarische Katholische Bischofskonferenz.

Geschichte

Nach 1945 kam es 1949 formal zu einer Trennung von Staat und Kirche, de facto aber zu einer Unterwerfung der römisch-katholischen Kirche unter den kommunistischen Staat. Bereits im März 1945 verlor die katholische Kirche durch eine Bodenreform ihren gesamten Grundbesitz, der bis dahin fünf Prozent der gesamten Anbaufläche Ungarns ausgemacht hatte. Im Juni 1948 wurden mehr als 3.300 katholische Schulen verstaatlicht.

Nachdem im Sommer 1950 mehr als 3.800 Ordensleuten verhaftet wurden und staatlicherseits immer schärfere Worte ergriffen wurden, stimmten die Bischöfe Verhandlungen mit dem Staat zu. Schließlich unterzeichneten Erzbischof József Grősz und Kultusminister Joszef Darvas am 30. August 1950 ein Abkommen, das die Kirche unter völlige staatliche Kontrolle stellte und die den Klerus „zur Hilfe beim ‚Aufbau des Sozialismus‘“ verpflichtete. So verlasen die Priester im staatlichen Kirchenamt entstandene Hirtenbriefe, die die Kollektivierung der Landwirtschaft oder die Fünf-Jahres-Pläne befürworteten. Der Staat ließ 1950 die „Friedenspriesterbewegung“ gründen; sie „sollte eine ‚aktive Mitarbeit der Kirchen am Aufbau des Sozialismus‘ gewährleisten und unterwanderte nach und nach alle kirchlichen Strukturen.“ Es kam zu Massenverhaftungen von Katholiken. Gegen Kardinal József Mindszenty, Erzbischof József Grősz und andere wurden Schauprozesse veranstaltet.

Erst nach 1990 kam es zu einem Religionsgesetz, das eine Neuregelung im Verhältnis von Staat und Kirche ermöglichte. Die Vereinbarung vom 30. August 1950 wurde durch eine Erklärung von Kardinalprimas László Paskai und Ministerpräsident Miklós Németh annulliert.[1]

Gerichtsbarkeit

Entsprechend der territorialen Gliederung bestehen als Kirchengerichte in der lateinischen Kirche 8 Diözesan- und 4 Metropolitangerichte,[2] in der griechisch-katholischen Kirche 2 Diözesan- bzw. Eparchialgerichte und ein Metropolitangericht.[3] Eine ungarische Besonderheit ist das Primatialgericht (lateinisch tribunal primatiale, ungarisch Prímási Bíróság), das ähnlich wie die Spanische Rota befugt ist, in dritter Instanz zu entscheiden.[4]

Verzeichnis der Nuntien

Der erste Apostolischer Nuntius des Heiligen Stuhls in Ungarn wurde 1920 durch Papst Benedikt XV. eingesetzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die diplomatischen Beziehungen bis 1990 unterbrochen. Die Nuntiatur befindet sich in der Hauptstadt Budapest.

Siehe auch

Literatur

  • Norbert Spannenberger: Die katholische Kirche in Ungarn, 1918–1939. Positionierung im politischen System und „Katholische Renaissance“. Steiner, Stuttgart 2006, ISBN 3-515-08668-4.
  • Gabriel Adriányi: Kleine Kirchengeschichte Ungarns. Schäfer, Herne 2003, ISBN 3-933337-30-5.
  • Gabriel Adriányi: Die Geschichte der katholischen Kirche in Ungarn. Böhlau Wien-Köln-Weimar 2004, ISBN 3-412-10404-3.

Einzelnachweise

  1. Zum ganzen Abschnitt: Alexander Brüggemann: Noch immer leidet Ungarns Kirche unter den Jahrzehnten des Kommunismus. In: katholisch.de. 30. August 2025, abgerufen am 30. August 2025.
  2. Egyházi bíróságok Magyarországon. In: jegyes.hu. 2012, archiviert vom Original am 18. Oktober 2021; abgerufen am 30. August 2025 (ungarisch).
  3. Hajdúdorogi Metropolitai Bíróság. In: gorogkatolikus.hu. Abgerufen am 30. August 2025 (ungarisch).
  4. Péter Erdő: Das Primatialgericht von Esztergom-Budapest. In: De processibus matrimonialibus 6 (1999), S. 39–53. Siehe auch Römische Rota, Urteil vom 2. Juni 1911, AAS 4 (1912) 108, 109.