Karōshi

Als Karōshi (jap. 過労死 karō shi, Tod durch Überarbeiten, Tod durch Überarbeitung) bezeichnet man in Japan einen plötzlichen berufsbezogenen Tod. Todesursache ist meist ein durch Stress ausgelöster Herzinfarkt oder Schlaganfall. Umstritten ist, ob Suizide, die auf arbeitsbedingte psychische Erkrankungen zurückzuführen sind (過労自殺 karō jisatsu), unter die Definition fallen.[1] Etwa 40 japanische Kliniken haben sich auf Karōshi-gefährdete Fälle spezialisiert.
Der Tod durch Überarbeitung, also ein Tod aufgrund verbrauchter physischer oder mentaler Kraft durch angestaute Erschöpfung von der Arbeit, tritt weltweit auf.[2][3][4][5][6] Doch häufig wird er nur im Kontext ostasiatischer Länder auf gesellschaftlichem Level diskutiert.[7][8] Japan, aber auch weitere asiatische Länder, haben Überarbeitung als gesellschaftliches Problem erforscht und erkannt. So hat bspw. Japan im Jahr 2014 gesetzliche Maßnahmen ergriffen, um Todesfälle aufgrund von Überarbeitung zu verhindern und es wird sehr genau statistisch erfasst.[4] In der internationalen, medizinischen Literatur wird der Tod durch Überarbeitung aber weltweit intensiv betrachtet.[9][2]
Geschichte
Der erste Fall von Karōshi wurde 1969 gemeldet, als ein 29-jähriger verheirateter Arbeiter in der Versandabteilung der größten japanischen Zeitung an einem Schlaganfall starb. Die Medien wurden jedoch erst Ende 1980 auf dieses Phänomen aufmerksam, nachdem mehrere geschäftsführende Manager im mittleren Alter ohne vorherige Anzeichen einer Erkrankung plötzlich gestorben waren. Dieses Phänomen wurde kurz darauf als Karōshi bezeichnet, und als 1987 die öffentliche Sorge darüber zunahm, begann das japanische Arbeitsministerium mit der Veröffentlichung von Karōshi-Statistiken.
Ursache und Folgen

Als Ursache für die Karōshi-Fälle gilt der rasante wirtschaftliche Aufstieg Japans nach dem Zweiten Weltkrieg (genauer Pazifikkrieg). Mittlerweile ist anerkannt, dass Erwerbstätige nicht über Jahre hinweg sechs bis sieben Tage pro Woche mehr als zwölf Stunden täglich arbeiten können, ohne körperlich und geistig darunter zu leiden.
Aufgrund der mittlerweile erfolgten juristischen Anerkennung als haftungspflichtige Todesart verklagen immer mehr Angehörige von Karōshi-Opfern die jeweiligen Arbeitgeber auf Entschädigungszahlungen. Bevor jedoch eine Entschädigung zuerkannt werden kann, muss die Arbeitsüberwachungsbehörde den Fall als berufsbedingten Tod anerkennen.
Literatur
- Oliver Tieste: Karôshi, ein japanisches Phänomen? Ursachen und rechtliche Hintergründe betreffend den Tod am Arbeitsplatz. Eine rechtsvergleichende Studie. Lang, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-631-36608-6.
- Oliver Tieste: Der Tod durch Überarbeitung. Arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Hintergründe, materiellrechtliche, epidemiologische und betriebliche Rahmenbedingungen des Karoshi-Phänomens in Japan und Deutschland. Lang, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-631-50869-7.
- Oliver Tieste: Haftungsfall Stresserkrankung. Grenzen und Umfang der Haftung des Arbeitgebers für stressinduzierte Erkrankungen von Beschäftigten. Wirtschaftsverlag NW Verlag für neue Wissenschaften, Bremerhaven 2004, ISBN 3-86509-245-4.
Siehe auch
Weblinks
- Christoph Neidhart: Überarbeitung in Japan – Schuften bis zum Tod. In: Süddeutsche Zeitung. Süddeutscher Verlag, 17. Mai 2010.
- Japan working itself to an early grave. Statistiken für 2006
- Bericht über Karoshi (1997) ( vom 24. November 2015 im Webarchiv archive.today)
Einzelnachweise
- ↑ 第2章 産業精神保健の動向 Dai ni shō·sangyō seishin hoken no dōkō – „Kapitel Zwei – Trend zur Fürsorge der geistigen Gesundheit in den Gewerben“. (PDF; 1003 kB) In: mhlw.go.jp. 厚生労働省 – MHLW, 2009, abgerufen am 17. März 2022 (japanisch).
- ↑ a b Haitham Ahmed Al-Madhagi: Unveiling the Global Surge: Unraveling the Factors Fueling the Spread of Karoshi Syndrome. In: Risk Management and Healthcare Policy. Band 16, 18. Dezember 2023, S. 2779–2782, doi:10.2147/RMHP.S444900.
- ↑ Long working hours and health. In: The Lancet Regional Health – Western Pacific. Band 11, 25. Juni 2021, doi:10.1016/j.lanwpc.2021.100199.
- ↑ a b Mee Sook Kim: Topics model of overwork-related deaths in Korea and the implications of SDGs’ decent work perspective. In: Safety Science. Band 166, Oktober 2023, doi:10.1016/j.ssci.2023.106239.
- ↑ Christine Ro: How overwork is literally killing us. In: BBC. 21. Mai 2021, abgerufen am 18. August 2025 (englisch).
- ↑ Der-Shin Ke: Overwork, stroke, and karoshi-death from overwork. In: Acta Neurologica Taiwanica. Band 21, Nr. 2, Juni 2012, S. 54–59, doi:10.1016/j.ssci.2023.106239.
- ↑ Ko Dong-hwan: Koreans being overworked to death in 'kwarosa'. In: koreatimes.co.kr. The Korea Times, 27. Februar 2017, abgerufen am 27. Februar 2017 (englisch).
- ↑ Shai Oster: Is Work Killing You? In China, Workers Die at Their Desks. In: bloomberg.com. Bloomberg, 30. Juni 2014, abgerufen am 27. Februar 2017 (englisch).
- ↑ Case Study: Karoshi: Death from overwork. In: ILO. 23. April 2013, abgerufen am 18. August 2025 (englisch).