Karletta Chief

Ehemalige Kohlemine der Peabody Coal Comany in Black Mesa
Der Abwasserunfall der Gold King Mine im Jahr 2015 leitete giftiges Abwasser in das Einzugsgebiet des Animas Rivers

Karletta Chief (* um 1976 in Black Mesa, Navajo Nation, Arizona) ist eine US-amerikanische Hydrologin der Diné (Navajo), Professorin und Extension Specialist für Umweltwissenschaften an der University of Arizona (UA). Sie leitet das Indigenous Resilience Center, ist Expertin für Wasser‑, Energie‑ und Ernährungssicherheit indigener Gemeinschaften sowie für Umweltgerechtigkeit in der Navajo Nation Reservation.[1]

Biografische Hintergründe und Ausbildung

Karletta Chief wuchs in Black Mesa ohne Elektrizität und fließendes Wasser auf. Von den 1940er bis in die 1980er Jahre baute die Regierung der Vereinigten Staaten Millionen Tonnen Uran in der Region ab und hinterließ radioaktive Rückstände in Häusern und Trinkwasserquellen.[2] In Black Mesa betrieb die Peabody Western Coal Company eine Kohlemine. Die Kohle wurde durch eine Pipeline aus dem Tagebau zum 439 km entfernten Mojave-Kohlekraftwerk gebracht. Für den Transport in der Rohrleitung musste die feingemahlene Kohle mit Wasser vermengt werden, wofür jährlich 1,2 Milliarden Liter aus den Navajo-Grundwasservorkommen und dem Coconino-Grundwasservorkommen abgepumpt wurden. Die dadurch verursachte Absenkung des Grundwasserspiegels gefährdete das Überleben des Stammes akut. Es führte zur Erschöpfung des einzigen regionalen Aquifers und zur Belastung der Luft mit Kohlenstaub. Dies war ein Antrieb, um Hydrologin zu werden. Chief war eine der ganz wenigen der Navajos, die studieren konnte. Sie absolvierte ihren Bachalor- und Masterabschluss in Bau- und Umwelttechnik an der Stanford University (1998, 2000) und promovierte 2007 in Hydrologie und Wasserressourcen an der University of Arizona mit der Dissertation Soil Air Permeability and Saturated Hydraulic Conductivity (deutsch: Bodenluftdurchlässigkeit und gesättigte hydraulische Leitfähigkeit). Anschließend war sie Postdoktorandin am Desert Research Institute in Las Vegas (2007–2011).[1]

Wissenschaftliche Tätigkeit

Seit 2011 ist sie Chief Associate Professor sowie Extension Specialist im Department of Environmental Science der University of Arizona. Sie leitet das Indigenous Resilience Center, ein Netzwerk für universitäre Forschung mit und für indigene Völker zur Stärkung der Klima‑ und Umweltresilienz. Zudem verantwortet sie das Förderprogramm „Indigenous Food, Energy, and Water Security and Sovereignty (Indige‑FEWSS)“, in dem 38 bis 39 Graduiertenstudierende (Stand 2021–2023) ausgebildet werden.[1]

Zu ihren Leitprojekten zählen:

  • Das Gold King Mine Spill Diné Exposure Project, bei dem Wasserproben und Risikokommunikation nach dem Unglück von 2015 untersucht wurden, mit Fokus auf community-basierte Ansätze und Rückmeldung auf Navajo.[3]
  • Das Pyramid Lake Paiute Tribe Climate Adaptation and Traditional Knowledge Project, das traditionelles Wissen mit wissenschaftlicher Forschung kombiniert.
  • Erstellung von Schulungsmaterialien für Stammeshochschulen zu Umweltrisiken und Superfund‑Standorten.[1]

Auszeichnungen und Ehrungen (Auswahl)

  • Most Promising Scientist or Scholar, American Indian Science and Engineering Society (AISES), 2011[4]
  • Distinguished Alumni Scholar, Stanford University, 2013[5]
  • Native American 40 Under 40, National Center for American Indian Enterprise Development, 2015[5]
  • AISES Professional of the Year, 2016[4][5]
  • Woman of the Year, Phoenix Indian Center, 2016[6]
  • Ambassador Award & Fellow der American Geophysical Union (AGU), 2020[7]
  • Weitere lokale und university-interne Auszeichnungen (z. B. Museum of Contemporary Art Tucson, 2023)[1]
  • Fellow, American Geophysical Union

Forschungsthemen und Beiträge

Karletta Chief erforscht die Auswirkungen von Bergbau- und Umweltverschmutzung auf indigene Wasserquellen, wie beispielsweise die Belastung durch Arsen bei der Coloradowasserverschmutzung. Sie fragt auch nach kulturellen Wasserverwendungsformen und Umweltgerechtigkeit. In einem Interview zur Women of Discovery 2022 betont sie, dass Wasser für die Gesundheit indigener Völker genutzt wird – nicht nur zum Trinken, sondern auch spirituell, kulturell und landwirtschaftlich.[8]

Chief setzt sich für die Integration traditioneller ökologischer Kenntnisse („Indigenous Knowledge“) in Wissenschaft und Bildung ein und entwickelt dafür Trainingsmodule zu Ethik, Daten‑Souveränität und kultureller Demut.[1]

Publikationen (Auswahl)

  • Mit Emanuel, R. E. & Conroy‑Ben, O. (2019). Indigenous symposium on water research, education, and engagement. In: Eos, 100.
  • Mit Chew, E. S. (2023). „Community‑engaged participatory climate research…“ *Ecology and Society*.
  • Chief, K. (2020). Water in the Native world. In: Journal of Contemporary Water Research and Education, 169: 1–7.[1][9]

Literatur

  • Ornelas Van Horne, Y. et al. (2023). Using environmental health dialogue in a Diné‑centered approach… In: Environmental Research, 231(2).
  • Clausen, R. J. et al. (2023). „Diné‑centered research reframes the Gold King Mine Spill…“ *Journal of Rural Studies*, 97.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g Karletta Chief. In: University of Arizona. Abgerufen am 30. Juni 2025 (englisch).
  2. Mary Shinn: Navajo researcher leads search for answers about contamination. In: Durango Herald. 5. August 2016, abgerufen am 30. Juni 2025 (englisch).
  3. Mary Shinn: Navajo researcher leads search for answers about contamination. In: Durango Herald. 5. August 2016, abgerufen am 21. Dezember 2022 (englisch).
  4. a b 2016 AISES Professional of the Year Award Winners Announced. In: AISES. 24. August 2016, abgerufen am 29. Oktober 2019 (englisch).
  5. a b c Celebrating Women in STEM: Dr. Karletta Chief - University News |. In: info.umkc.edu. Abgerufen am 29. Oktober 2019 (amerikanisches Englisch).
  6. Keynote Speakers – SACNAS. Archiviert vom Original am 29. Oktober 2019; abgerufen am 29. Oktober 2019 (amerikanisches Englisch).
  7. Karletta Chief Receives AGU Ambassador Award and Conferred Fellowship | Indigenous Resilience Center (IRes). In: resilience.arizona.edu. Abgerufen am 30. März 2024 (englisch).
  8. 2022 Women of Discovery: Q&A with Karletta Chief. In: Wings. Abgerufen am 30. Juni 2025 (englisch).
  9. Karletta Chief. PhD Hydrology & Water Resources, University of AZProfessor (Assistant) at University of Arizona. In: researchgate.net. Abgerufen am 30. Juni 2025 (englisch).