Karla Spagerer

Karla Spagerer, geb. Wetterich (* 27. Oktober 1929 in Mannheim; † 16. Mai 2025 ebenda), war eine deutsche Zeitzeugin der Zeit des Nationalsozialismus und Trägerin des Bundesverdienstkreuzes.

Werdegang

Karla Spagerer stammte aus einer politisch engagierten Arbeiterfamilie aus dem Mannheimer Stadtteil Waldhof. Ihre Großmutter Babette Ries (1879–1960), eine überzeugte Kommunistin, wurde 1936 zu 18 Monaten Zuchthaus verurteilt, weil sie für notleidende Familien inhaftierter Widerstandskämpfer der Mannheimer Lechleiter-Gruppe Lebensmittel und Geld gesammelt hatte. Mit Annie Lechleiter, der Frau Georg Lechleiters, hatte die Familie ein enges Verhältnis.[1] Karla Spagerers Onkel Erwin Ries war KPD-Mitglied und floh vor drohender Verhaftung und Inhaftierung in die Sowjetunion, wo er Opfer der stalinistischen Säuberungen wurde.

Karla Spagerers Eltern betrieben ab April 1939 die Arbeiterkneipe „Waldschlössel“. Im September 1939 wurde ihr Vater in die Wehrmacht eingezogen. Die Gaststätte wurde von den drei Frauen der Familie – Großmutter, Mutter und Tochter – auch noch nach der Rückkehr des Vaters aus der Kriegsgefangenschaft im Jahr 1947 weitergeführt.[2]

Von 1947 bis zu seinem Tod im Jahr 2016 war Spagerer mit dem SPD-Politiker und Gewerkschafter Walter Spagerer verheiratet. Sie hatte zwei Söhne.

Erst nach dem Tod ihres Mannes trat Spagerer selbst verstärkt in die Öffentlichkeit. Als Zeitzeugin berichtete sie in Schulen und auf Veranstaltungen von ihrer Jugend und der politischen Verfolgung während des Nationalsozialismus sowie ihrem Erleben der Verfolgung der Juden.[3] 2022 wurde sie von der SPD als Wahlfrau in die Bundesversammlung zur Wahl des Bundespräsidenten entsandt. Sie war das älteste Mitglied der Versammlung.[4] 2024 trat sie in die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) ein.[5] Karla Spagerer starb im Mai 2025 im Alter von 95 Jahren.

Ehrungen

Am 9. September 2022 wurde Karla Spagerer durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen.[6]

Literatur

  • Fritz Salm: Im Schatten des Henkers. Vom Arbeiterwiderstand in Mannheim. Röderberg-Verlag, Frankfurt am Main 1973.
  • Erich Matthias (Hrsg.): Widerstand gegen den Nationalsozialismus in Mannheim. Ed. Quadrat, Mannheim 1984, ISBN 3-923003-27-7.
  • Karl Heinz Mehler (Hrsg.): Mannheimer Zeitzeugen erzählen über ihr privates Leben zwischen Weltwirtschaftskrise und totalem Krieg. Verlag Wellhöfer, Mannheim 2009, ISBN 978-3-939540-46-5.

Einzelnachweise

  1. Harald Stockert: Zeitzeugin-Interview mit Karla Spagerer – Erinnerungen an dunkle Zeiten Deutschlands. (Podcast) In: Der MARCHIVUM-Podcast | Folge 3. 17. Januar 2024, abgerufen am 16. Mai 2025.
  2. Wie die Mannheimerin Karla Spagerer im Job die Liebe ihres Lebens kennenlernt. In: Mannheimer Morgen. 21. August 2022, abgerufen am 19. Februar 2024.
  3. Lea Seethaler: Mannheims Mahnerin Karla Spagerer ist tot: „Seid wachsam“. 16. Mai 2025, abgerufen am 29. Mai 2025.
  4. Karla Spagerer mit 92 älteste Wahlfrau in Bundesversammlung. In: spd.de. 10. Februar 2022, abgerufen am 1. Februar 2024.
  5. Die Mannheimer Zeitzeugin Karla Spagerer wird Mitglied der VVN. In: kommunalinfo-mannheim.de. 1. Februar 2023, abgerufen am 1. Februar 2024.
  6. Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Karla Spagerer. (Foto) In: Stadt Mannheim. 22. Oktober 2022, abgerufen am 16. Mai 2025.