Aloe (Droge)

Aloe ist eine durch Eindampfen bis zur Trocknung aus dem Blattsaft der Echten Aloe gewonnene pharmazeutische Droge. Auch andere Aloe-Arten, insbesondere Aloe ferox und Aloe succotrina (in Frage kommen auch Aloe africana und Aloe adigratana), wurden früher zur Herstellung des als Aloe bezeichneten eingedickten Saftes verwendet.[1][2] Der Saft fließt nach dem Abschlagen der Blätter an der Basis der Pflanze spontan aus. Durch langsames, schonendes Eindampfen an der Sonne oder im Vakuum entsteht der mattbraune Aloe-hepatica-Typ („Leberaloe“), durch rasches, strapazierendes Eindampfen entsteht der tiefbraune, glasige Aloe-lucida-Typ mit glänzenden Bruchflächen.

Als hochwertige Aloe-Sorten galten die gelblich-klare „Aloe cicotrina“ (im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit auch aloe succotrina und succotrinum genannt) und „Aloe hepatica“ (auch aloe hepaticum, epaticum und aloepatica genannt), als minderwertige („gefälschte“) schwarze, scheinbar allein für Pferde geeignete Sorte „Aloe caballina“[3][4] (auch caballinum).[5][6]

Die aus der Echten Aloe gewonnene „Curaçao-Aloe“ enthält als wesentlichen Inhaltsstoff den 1,8-Dihydroxyanthracen-Abkömmling Aloin (25 bis 40 %,[7] bzw. 35 bis 38 %[8]), welches ein Diastereomerengemisch aus Aloin A und Aloin B darstellt. Weiterhin enthalten sind die Anthranoide Aloeemodin und Chrysophanol sowie das bitterschmeckende Polyketid Aloeresin (hauptsächlich Aloeresin B). Charakteristisch ist das Vorkommen von 7-Hydroxyaloin A und B, das der Abgrenzung gegenüber der „Kap-Aloe“, gewonnen aus Aloe ferox, dient. Aloinoside fehlen weitgehend.[8][9]

Das in der Aloe enthaltene Aloin wirkt stark abführend,[10] weswegen standardisierte Aloe bzw. deren Zubereitungen zur kurzfristigen Behandlung gelegentlich auftretender Obstipation (Verstopfung) verwendet werden kann. Bei längerer Einnahme von Aloe kann es zu Störungen im Wasser- und Elektrolythaushalt kommen, insbesondere zu Kaliumverlusten. Im Urin können Eiweiß und Blut auftreten (Proteinurie, Hämaturie). Bei Überdosierung kommt es zu Vergiftungserscheinungen, die sich in krampfartigen Schmerzen und schweren Durchfällen äußern, die zu lebensbedrohlichen Elektrolyt- und Wasserverlusten führen können.[11][12] Auch Nephritis (Nierenentzündung) ist beschrieben. Die therapeutische Bedeutung der „Aloe“ ist zurückgegangen vor dem Hintergrund, dass es besser verträgliche Stoffe gibt.[7]

Einzelnachweise

  1. Gundolf Keil: Die „Cirurgia“ Peters von Ulm. Untersuchungen zu einem Denkmal altdeutscher Fachprosa mit kritischer Ausgabe des Textes (= Forschungen zur Geschichte der Stadt Ulm. Band 2). Stadtarchiv, Ulm. 1961. (Zugleich Philosophische Dissertation Heidelberg 1960: Peter von Ulm. Untersuchungen zu einem Denkmal altdeutscher Fachprosa mit kritischer Ausgabe des Textes), S. 350–351 [Aloe: (eingedickter) Saft verschiedener Aloe-Arten].
  2. Vgl. auch Irmgard Müller: Aloe. In: Lexikon des Mittelalters. Band 1, 1978, Sp. 453.
  3. Wouter S. van den Berg (Hrsg.): Eene Middelnederlandsche vertaling van het Antidotarium Nicolaï (Ms. 15624–15641, Kon. Bibl. te Brussel) met den latijnschen tekst der eerste gedrukte uitgave van het Antidotarium Nicolaï. Hrsg. von Sophie J. van den Berg, N. V. Boekhandel en Drukkerij E. J. Brill, Leiden 1917, S. 198.
  4. Konrad Goehl: Beobachtungen und Ergänzungen zum „Circa instans“. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 34, 2015 (2016), S. 69–77, hier: S. 70.
  5. Gundolf Keil: Die „Cirurgia“ Peters von Ulm. Untersuchungen zu einem Denkmal altdeutscher Fachprosa mit kritischer Ausgabe des Textes. 1961, S. 351 (Aloepatica).
  6. Vgl. auch Wilhelm Hassenstein, Hermann Virl: Das Feuerwerkbuch von 1420. 600 Jahre deutsche Pulverwaffen und Büchsenmeisterei. Neudruck des Erstdruckes aus dem Jahr 1529 mit Übertragung ins Hochdeutsche und Erläuterungen von Wilhelm Hassenstein. Verlag der Deutschen Technik, München 1941, S. 112 (Aloe: „[…] daraus wird der Saft gemacht. Der ist dreierlei: das oberste in dem Saft, an der Sonne gedörrt, nennt man succutrinam: das in der Mitte liegt, nennt man oleum epaticam, ist nicht so klar als das erste; und das am Grund liegt, cabalina ist wie dicke Hefen in einem Faß. […]“).
  7. a b K. Hardtke et al. (Hrsg.): Kommentar zum Europäischen Arzneibuch Ph. Eur. 4.00, Curaçao-Aloe. Loseblattsammlung, 17. Lieferung 2004, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
  8. a b E. Teuscher: Biogene Arzneimittel. 5. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 1997, ISBN 3-8047-1482-X, S. 218 f.
  9. T. Dingermann, K. Hiller, G. Schneider, I. Zündorf: Schneider Arzneidrogen. 5. Auflage, Elsevier 2004, ISBN 3-8274-1481-4, S. 158 ff.
  10. David Hoffmann: Natürlich gesund – Kräutermedizin. Über 200 Kräuter und Heilpflanzen und ihre Wirkung auf die Gesundheit. Hrsg.: Element Books. 1. Auflage. Element Books, Shaftesbury, England, Vereinigtes Königreich 1996, Teil Drei: Das Pflanzenverzeichnis, S. 58 (256 S., englisch: The Complete Illustrated Holistic Herbal. Shaftesbury, England 1996. Übersetzt von Mosaik Verlag).
  11. Final community herbal monograph on Aloe barbadensis Miller and on Aloe (various species, mainly Aloe ferox Miller and its hybrids) (PDF; 0,3 MB) Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel der Europäischen Arzneimittelagentur, 26. Oktober 2006
  12. Aloe, Kooperation Phytopharmaka GbR, abgerufen am 7. Juni 2012