Julius Schwabe (Mediziner)

Julius Rudolph Schwabe[1] (* 29. Januar 1821 in Weimar[2]; † 1. Februar 1892 in Jena[3]) war ein deutscher Arzt in Blankenburg bei Rudolstadt.

Leben

Julius Schwabe war ein Sohn des Weimarer Bürgermeisters Carl Lebrecht Schwabe und seiner Ehefrau Louise geb. Schmidt, Schwester der Henriette von Herder geb. Schmidt. Er veröffentlichte 1852 die Aufzeichnungen seines Vaters über die Beisetzung des Dichters Friedrich Schiller (1805) und die erneute Beisetzung seiner Gebeine (1826) in bearbeiteter Form; auch 1859 und 1890[4] bemühte er sich, darüber Klarheit zu schaffen.[5] Er war auch bei der etwa 1880 einsetzenden Forschung zur Authentizität des Schiller-Schädels behilflich.[6][7]

Schwabe studierte in Jena von Herbst 1839[8] bis Herbst 1842[9]; im ersten Semester für Jura eingeschrieben, danach für Medizin. Während der letzten vier Semester gehörte er der burschenschaftlichen Verbindung Zum Felsenkeller an.[10] Es schlossen sich drei Semester in Göttingen an;[11] schließlich nochmal ein Semester in Jena[12]. Im Oktober 1844 schloss er das Studium durch die Promotion ab.

Im Oktober 1846 wurde er Amts-Physikus in Tiefenort.[13] Zum April 1852 wurde ihm das Amtsphysikat von Blankenhain übertragen.[14] Damit war die Leitung des Carl-Friedrichs-Hospitals verbunden, einer Versorgungsanstalt für „Hilfsbedürftige, die an unheilbaren Krankheiten des Geistes und des Körpers“ litten. Nach einer Erweiterung 1854 hatte die Anstalt 80 Betten;[15] durch einen Neubau konnten ab Oktober 1861 110 Patienten untergebracht werden.[16]

Werbung im Kladderadatsch
vom 12. Juni 1870[17]

Zum 1. Juli 1870 eröffnete Schwabe in Blankenburg ein Pensions- und Kurhaus, in dem er in der Art eines Kurarztes tätig war.[17] Im März darauf verließ er den Staatsdienst; im April erhielt er den Titel Medizinalrat.[18] Diese Kurarzt-Tätigkeit verfolgte er bis etwa Mitte 1873.[19] In der Zeit entwickelte er die Konzeption einer „offenen Anstalt“ zur Behandlung beginnender Psychosen[20] und ließ die ergänzende Villa Emilia bauen, die er als offene Heilanstalt bewarb.[21] Ab 1. Januar 1874 arbeitete der Arzt Karl Bindseil bei ihm mit.[22] Bindseil wurde am 1. Oktober 1879 Mitinhaber.[23]

Schwabe überließ Bindseil die Anstalt zum 1. Oktober 1884 und zog nach Weimar,[24] im folgenden Jahr nach Jena.[25]

Schwabe war zweimal verheiratet. Der ersten Ehe mit Pauline Koch, geschlossen im August 1847 in Tiefurt,[26] entstammte seine Tochter Sophie, die 1877 seinen Kollegen Karl Otto Bindseil (* 1848 in Aken; † 1917 in Wiesbaden) heiratete. Der zweiten Ehe mit Emilie Henriette Sophie Horn aus Tondern (* 1840; † 27. März 1902 in Jena)[27], geschlossen in Blankenburg, entstammte als einziges Kind die Tochter Antonie „Toni“ Julie Friederike Marianne (* 31. März 1877 in Blankenburg, Taufe am 3. Januar 1878; † 17. Oktober 1951 ebenda)[28], die sich einen Namen als Schriftstellerin[29] und lesbische Aktivistin machte.

Schriften (Auswahl)

  • De polypis et rationibus quibus curentur. Inauguraldissertation Jena 14. Oktober 1844.[30]
  • Dr. A. Rivallié über die erfolgreiche Behandlung des Krebses, der skrophulösen Verschwärungen und Geschwülste, sowie verschiedener anderer Uebel, durch eine verbesserte Verwendung der Aetzmittel […]. Nach dem Französischen bearbeitet von Dr. Julius Schwabe, Amtsphysikus zu Tiefenort. Weimar 1851. Digitalisat.
  • Schiller’s Beerdigung und die Aufsuchung und Beisetzung seiner Gebeine. (1805, 1826, 1827.) Nach Actenstücken und authentischen Mittheilungen aus dem Nachlasse des Hofraths und ehemaligen Bürgermeisters von Weimar Carl Leberecht Schwabe von Dr. Julius Schwabe. Leipzig 1852. Digitalisat.
  • Schiller’s Beerdigung (1805) und die Aufsuchung seiner Gebeine (1826). In: Die Gartenlaube 1859, S. 668–672 und 683–686.
  • Die offene Heilanstalt für beginnende Psychosen. In: Deutsche Klinik. Zeitung für Beobachtungen aus deutschen Kliniken und Krankenhäusern. Band 26, Jg. 1874, S. 17–19 und 25–27.
  • Bericht über die Wirksamkeit der Heilanstalt für Nervenkranke Villa Emilia bei Blankenburg in Thüringen in den Jahren 1874 bis 1881. [Zusammenfassung] In: Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie und psychisch-gerichtliche Medizin. 40. Band 1884, S. 453f.
  • Die seeklimatische Cur für neurasthenische und anämische Kinder. In: Deutsche medicinische Wochenschrift. 14. Jg. 1888, S. 78f.
  • Harmlose Geschichten. Erinnerungen eines alten Weimaraners. Frankfurt a. M. 1890. Digitalisat.

Literatur

  • Blankenburg. In: Thüringenʼs Bade- und Kurorte und Sommerfrischen. Wien 1872, S. 128–130.
  • H. v. C.: Von drei Perlen die eine. In: Die Gartenlaube 1872, Nr. 26, S. 427–429. (Abb. des Schweizerhauses S. 427; Text zu Schwabes Klimatischer Curanstalt S. 429.)
  • Privat-Heilanstalt für Nervenkranke (Villa Emilia) bei Blankenburg in Thüringen. In: Statistisches Universal-Handbuch Ortslexikon und Landeskunde für Deutschland. Band X. Fürstenthum Schwarzburg-Rudolstadt. [1881], S. 53f. und 125f.
  • Blankenburg. Villa Emilia. In: Correspondenz-Blätter des Allgemeinen ärztlichen Vereins von Thüringen vom 25. Mai 1885, S. 149–151.
  • Todesnotiz in Leopoldina. 28. Heft, Jg. 1892, S. 57.
  • Schwabe, Julius. In: Alma Kreuter: Deutschsprachige Neurologen und Psychiater. Ein biographisch-bibliographisches Lexikon von den Vorläufern bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Band 3. München 1996, ISBN 3-598-11196-7, S. 1334.
  • Hubertus Averbeck: Von der Kaltwasserkur bis zur physikalischen Therapie. Betrachtungen zu Personen und zur Zeit der wichtigsten Entwicklungen im 19. Jahrhundert. Bremen 2012, ISBN 978-3-86741-782-2. (J. Schwabe: S. 58, 86, 755, 876.)

Einzelnachweise

  1. Nicht zu verwechseln mit Julius Schwabe aus Buttstädt, der von Herbst 1835 bis Ostern 1839 in Jena studierte und später Pfarrer in Utzberg war.
  2. Getauft im Februar 1821 (Weimarisches Wochenblatt vom 25. März 1821, S. 130).
  3. Todesanzeige in Jenaische Zeitung vom 2. Februar 1892, 4. Seite; beigesetzt am 4. Februar (Jenaische Zeitung vom 10. Februar 1892, 3. Seite, Kirchenliste).
  4. Harmlose Geschichten, 4. Kapitel.
  5. Seine Bearbeitung hat allerdings Kritik gefunden (Max Hecker: Schillers Tod und Bestattung. Leipzig 1935, S. 280).
  6. Hermann Welcker: Schiller’s Schädel und Todtenmaske, nebst Mittheilungen über Schädel und Todtenmaske Kant’s, Braunschweig 1883, S. 2.
  7. Auch seine Tochter leistete einen Beitrag: Toni Schwabe, Ein Beitrag zum Kampf um den „echten Schädel“ Schillers. In: Deutsche Rundschau Band 160, 1914, S. 157f.
  8. Eingeschrieben als „Julius Schwabe“ aus Weimar am 24. Oktober 1839; Verzeichniß der Studirenden auf der Universität Jena Nr. 27, S. 21.
  9. Verzeichniß der Studirenden Nr. 32, S. 22.
  10. Harmlose Geschichten 1890, S. 182. Vgl. L. Wild: Das funfzigjährige Jubiläum der deutschen Burschenschaft. Jena 1865, S. 169.
  11. Eingeschrieben am 29. Oktober 1842 als „Julius Rudolf Schwabe“ aus Weimar (Die Matrikel der Georg-August-Universität zu Göttingen 1837–1900. Hildesheim 1974, S. 60); Verzeichniß der Studirenden 1843/1844 S. 22.
  12. Verzeichniß der Studirenden Nr. 36, S. 21.
  13. Weimarische Zeitung vom 3. Oktober, S. 313; Staats-Handbuch für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach 1851, S. 192.
  14. Weimarische Zeitung vom 7. April 1852, S. 299.
  15. Staats-Handbuch für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach 1855, S. 106; dazu S. 125.
  16. Staats-Handbuch 1869, S. 98.
  17. a b Anzeige in Beiblatt zum Kladderadatsch vom 12. Juni 1870, Erstes Beiblatt, 2. Seite, Bad Blankenburg.
  18. Blätter von der Saale vom 14. März 1871, 3. Seite, Weimar, und vom 29. April, 3. Seite, Weimar.
  19. Vgl. die Literatur von 1872 und die Anzeige in Beiblatt zum Kladderadatsch Nr. 16 vom 6. April 1873, Zweites Beiblatt, 4. Seite, An Blutarmuth, Rheumatismus.
  20. Vgl. seinen Aufsatz von 1874.
  21. Anzeigen in Beiblatt zum Kladderadatsch Nr. 3 vom 18. Januar 1874, Erstes Beiblatt, 3. Seite, Gemüthsleidende, und in Anzeigeblatt zur Deutschen Klinik Nr. 18, zu Deutsche Klinik vom 12. Dezember 1874, S. 44, Die offene Heilanstalt.
  22. Averbeck 2012, S. 876 Anm. 1495.
  23. Vgl. Anzeigen in Berliner Klinische Wochenschrift vom 31. März 1879, S. 192, und vom 27. Oktober, S. 651.
  24. Adreß-Buch der Großherzoglichen Haupt- und Residenzstadt Weimar. 1885, S. 65.
  25. Adreßbuch der Residenz- und Universitätsstadt Jena. 1886, 506e Felsenkellerstraße; Adreßbuch 1889, Villengang 1.
  26. Heiratsanzeige in Beilage zur Weimarischen Zeitung Nr. 68 vom 25. August 1847, S. 390.
  27. Todesanzeige und Kirchenliste (Feuerbestattung) in Jenaische Zeitung vom 30. März 1902, 4. Seite, und vom 3. April, 2. Seite.
  28. Angaben nach Hans-Helmut Lawatsch: Leben der Toni Schwabe mit genealogischem Vorspann. In: Rudolstädter Heimathefte. 36. Jg. 1990, Heft 11/12, ISSN 0485-5884, S. 243–246. Toni ist in Weimar bei dem Vater und dem Onkel von Julius beigesetzt.
  29. Vgl. ihre Darstellung in Brümmers Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts […], 6. Aufl. [1913], 6. Band, S. 365f..
  30. Seinem medizinischen Lehrer Heinrich Haeser gewidmet und seinem Bruder Carl (* 1807), Arzt in Großrudestedt.