Julius von Schlosser
%252C_Mr._94_bust_(bronze)_in_the_Arkadenhof_of_the_University_of_Vienna_2384-HDR.jpg)
Julius Alwin Franz Georg Andreas Ritter von Schlosser (* 23. September 1866 in Wien; † 1. Dezember 1938 ebenda) war ein österreichischer Kunsthistoriker. Schlosser schrieb auch unter den Pseudonymen O. Hammer und Magnino. Nach dem Adelsaufhebungsgesetz 1919 hieß er Julius Schlosser.
Leben
Julius von Schlossers Eltern waren Wilhelm Valentin von Schlosser (* 24. Mai 1820; † 9. März 1870) und Sophie Maria Eiberger (* 8. September 1830; † 28. September 1916). Sein Vater war k. u. k. Militäroberintendant und wurde vom Kaiser in den erblichen Ritterstand erhoben. Seine Großmutter mütterlicherseits stammte aus Italien, ihren Geburtsnamen Magnino verwendete Schlosser zuweilen als Pseudonym.
Ab 1884 studierte Schlosser an der Universität Wien Geschichte, Kunstgeschichte und Klassische Archäologie. Prägende akademische Lehrer waren Otto Benndorf und Franz Wickhoff, der Begründer der „Wiener Schule“ der Kunstgeschichte. Schlosser dissertierte 1889 bei Wickhoff über das Thema „Der Ordo Farfensis und die Klosteranlage des frühen Mittelalters im Abendlande“. Zusätzlich absolvierte er 1887–89 unter Theodor von Sickel den Kurs des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Thema seiner Abschlussarbeit waren Schriftquellen zur karolingischen Kunst.
Schlosser arbeitete ab 1889 in den kaiserlichen Sammlungen (dem späteren Kunsthistorischen Museum) in Wien. Dort war er ab 1897 Kustos der Sammlung mittelalterlicher und Renaissance-Kunstgegenstände. Im Jahre 1901 wurde er Direktor der Sammlung für Plastik und Kunstgewerbe des Kunsthistorischen Museums. Der seit 1892 habilitierte Schlosser bekam 1901 den Titel eines außerordentlichen und 1905 eines ordentlichen Professors verliehen. Einen Ruf an die Deutsche Universität Prag lehnte er ab, um in Wien zu bleiben.
Neben seinem akademischen Lehrer Wickhoff sowie Alois Riegl und Max Dvořák war Schlosser einer der führenden Vertreter der Wiener Schule der Kunstgeschichte. Als Nachfolger von Max Dvořák wurde Schlosser 1922 als Ordinarius am II. Kunsthistorischen Institut berufen (die Rivalität zwischen Dvořák und Schlosser einerseits und Josef Strzygowski andererseits war so groß, dass es damals an der Universität Wien zwei Institute für Kunstgeschichte gab). 1936 wurde Schlosser emeritiert.
Das Österreichische Archäologische Institut wählte Schlosser 1903 zum korrespondierenden Mitglied.[1] 1909 wurde er korrespondierendes und 1914 wirkliches Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Die Bayerische Akademie der Wissenschaften ernannte ihn 1929 zu ihrem korrespondierenden Mitglied.
Schlosser beschäftigte sich insbesondere mit der kunsthistorischen Quellenkunde, also mit den literarischen Zeugnissen, die sich theoretisch mit der Kunst auseinandersetzen, und verfasste 1924 eine Geschichte der Kunstliteratur.[2] Hier leistete er Herausragendes, aber ebenso auf dem Gebiet von spezialisierten Themen, wie dem Wachsporträt oder den Wunderkammern.
Schlosser war schon in den 1920ern aus rein nationalen Motiven ein Fürsprecher des „Anschlusses“ Österreichs an Deutschland im Sinne der großdeutschen Lösung.[3]
Ehrungen

Schlosser ruht in einem ehrenhalber gewidmeten Grab auf dem Wiener Zentralfriedhof (30D-1-5). In der Zeit des Nationalsozialismus wurde 1941 in Wien-Floridsdorf (21. Bezirk) die Schlossergasse nach ihm benannt. 1955 wurde im Arkadenhof der Universität Wien eine von Josef Thorak geschaffene Büste Schlossers aufgestellt.[3]
Kunsthistorische Werke
- Ein veronesisches Bilderbuch und die höfische Kunst des XIV. Jahrhunderts. In: Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des allerh. Kaiserhauses. Wien 1895, S. 144–230.
- Die Kunst- und Wunderkammern der Spätrenaissance. Ein Beitrag zur Geschichte des Sammelwesens. Klinkhardt & Biermann, Leipzig 1908 (Digitalisat).
- Die Geschichte der Porträtbildnerei in Wachs. 1911.
- Lorenzo Ghiberti’s Denkwürdigkeiten (I commentarii). Zum ersten Male nach der Handschrift der Biblioteca Nazionale in Florenz vollständig hrsg. und erläutert. Julius Bard, Berlin 1912 (Digitalisat).
- Die Wandgemälde aus Schloss Lichtenberg in Tirol. Wien 1916.
- Die Schatzkammer des Allerhöchsten Kaiserhauses in Wien. 1918 (Digitalisat).
- Oberitalienische Trecentisten (= Bibliothek der Kunstgeschichte. Bd. 6). E. A. Seemann, Leipzig 1921.
- Francisco Goya (= Bibliothek der Kunstgeschichte. Bd. 26). E. A. Seemann, Leipzig 1922.
- Die Kunst des Mittelalters. 1923.
- Die Kunstliteratur. Ein Handbuch zur Quellenkunde der neueren Kunstgeschichte. Wien 1924.
- Präludien. Vorträge und Aufsätze. J. Bard, Berlin 1927.
- Die Wiener Schule der Kunstgeschichte. In: Mitteilungen des Institutes für österreichische Geschichte. 1934.
- Stilgeschichte und Sprachgeschichte in der Bildenden Kunst. 1934.
- Magistra Latinitas und Magistra Barbaritas. In: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 1937.
- Leben und Meinungen des florentinischen Bildners Lorenzo Ghiberti. Prestel, München 1941.
Literatur (Auswahl)
- Hans H. Aurenhammer: Schlosser, Julius Ritter von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 23, Duncker & Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-11204-3, S. 105–107 (Digitalisat).
- M. Haja: Schlosser Julius Alwin von. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 10, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1994, ISBN 3-7001-2186-5, S. 218 f. (Direktlinks auf S. 218, S. 219).
- Julius von Schlosser (1866–1938). Böhlau, Wien, Köln 2021 (Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte; 66), ISBN 978-3-205-21443-4.
- kritische berichte 4/1988 (Themenheft anlässlich des 50. Todestages Schlossers).
Weblinks
- Literatur von und über Julius von Schlosser im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Julius von Schlosser in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Geschichte der „Wiener Schule der Kunstgeschichte“
- Julius von Schlosser bei arthistoricum.net – Wissenschaftshistorischer Kontext und digitalisierte Werke im Themenportal „Geschichte der Kunstgeschichte“
Einzelnachweise
- ↑ Beilage zur Verordnungsblatte für den Dienstbereich des Ministeriums für Kultus und Unterricht. Jahrgang 1903, Wien 1903, Stück XIII, S. 167.
- ↑ Julius von Schlosser: Die Kunstliteratur. Ein Handbuch der Quellenkunde der neueren Kunstgeschichte. Neuauflage 1985 Auflage. Kunstverlag Anton Schroll & Co., Wien 1924.
- ↑ a b Straßennamen Wiens seit 1860 als „Politische Erinnerungsorte“ (PDF; 4,2 MB), S. 304, Forschungsprojektendbericht, Wien, Juli 2013