Joseph Bowen

Joseph „Joe-Joe“ Bowen (* 15. Januar 1948[1]) gehört zu den gefährlichsten Strafgefangenen der Vereinigten Staaten und verbüßt eine Lebenslange Freiheitsstrafe ohne Möglichkeit einer Bewährung im Hochsicherheitsgefängnis SCI Fayette in Pennsylvania (Stand: 2024).[2]

Straftaten und Verurteilungen

Bowen stammt aus Philadelphia und war ein junges Mitglied der Straßengang „30th and Norris“, wobei er sich während seiner späteren Haftzeit auch der Black Liberation Army anschloss.[3]

Am 21. Februar 1971 erschoss er während eines versuchten Autodiebstahls im Stadtteil Roxborough von Philadelphia den 45-jährigen Police Officer Joseph Vincent Kelly vom Philadelphia Police Department und wurde 17 Stunden später in einem Versteck in Sichtweite des Tatorts festgenommen. In der Nacht zuvor hatte er zudem einen 72-jährigen Mann und dessen 78-jährige Frau angeschossen und verletzt, als sie ihre Wohnung in Germantown betraten, in welche Bowen eingebrochen war. Nur drei Tage vor der Tat war er aus dem Gefängnis entlassen worden, nachdem er eine sechsjährige Haftstrafe wegen Einbruchs verbüßt hatte.[4][5] In Gedenken an Officer Kelly, der fünf minderjährige Töchter hinterließ, wurde ein Park in Roxborough nach ihm benannt.[6][7]

Am 31. Mai 1973 betraten Bowen, der noch auf seine Verhandlung wartete, und sein ebenfalls wegen Polizistenmordes inhaftierter Mitgefangener Fred Burton unter Verwendung eines gefälschten Ausweises das Büro des stellvertretenden Gefängnisdirektors im Holmesburg Prison, Robert Fromhold (51), um angeblich eine Beschwerde zu besprechen. Dann töteten sie Fromhold und den eintreffenden Gefängnisdirektor Patrick Curran (48) mit Stichwaffen, wobei auch der Wachbeamte Leroy Taylor verletzt wurde.[8][9] Fromhold und Curran sind die bislang einzigen im Dienst getöteten Mitarbeiter des Philadelphia Department of Prisons. Bowen und Burton wurden bei ihrer anschließenden Überwältigung leicht verletzt und in das Philadelphia General Hospital gebracht. Bürgermeister Frank Rizzo hatte den Polizeipräsidenten Joseph O’Neill zuvor ermächtigt, mit aller nötigen Gewalt vorzugehen und erneuerte später seine Forderung nach der Wiedereinführung der Todesstrafe.[10] Als eine Sofortmaßnahme wurde im Juni 1973 die Verlegung von 235 als Problemhäftlingen bezeichneten Insassen in Staatsgefängnisse in anderen Teilen Pennsylvanias angeordnet, um die Überbelegung der Bezirksanstalt zu verringern. Holmesburg wurde für weniger als 700 Häftlinge gebaut, beherbergte jedoch mehr als 1200 Männer, von denen etwa 80 Prozent auf ihren Prozesstermin warteten, welcher sich bis zu zwei Jahre hinzog. Die Untersuchung hatte ergeben, dass von Sicherheitsvorschriften abgesehen wurde, um die durch die beengten Verhältnisse im Gefängnis verursachte Spannung abzubauen. So konnten auch Bowen und Burton den Verwaltungsbereich des Gefängnisdirektors ohne die übliche Durchsuchung betreten. Ebenfalls noch im Juni 1973 verabschiedete das Repräsentantenhaus des Bundesstaates aufgrund der Morde einen Gesetzentwurf, der die Todesstrafe für Personen wieder einführt, die wegen bestimmter Morde verurteilt werden, darunter an Polizisten und Gefängnisbeamten. Der Gesetzentwurf wurde an den Senat des Bundesstaates weitergeleitet und angenommen. Im März 1974 wurde die Todesstrafe in Pennsylvania trotz des Vetos von Gouverneur Milton Shapp wieder eingeführt.[11] Es war erst das zweite Mal in 50 Jahren, dass die Legislative das Veto des Gouverneurs aufhob.[12] Die Morde veranlassten zudem den Obersten Gerichtshof des Staates im selben Monat dazu, strenge neue Regeln für alle Gerichte in Pennsylvania zu erlassen, um Strafprozesse zu beschleunigen und die Überbelegung der Haftanstalten in Großstädten zu verringern. Die Prozesse gegen alle Angeklagten im Steuerjahr, das am 1. Juli beginnt, müssten innerhalb von neun Monaten beginnen, und die Prozesse gegen die Fälle, die im darauffolgenden Steuerjahr anfallen, müssten innerhalb von sechs Monaten beginnen. Das endgültige Ziel, so das Gericht, bestehe darin, alle Strafsachen innerhalb von 180 Tagen zu verhandeln.[13] Nach der Schließung des Holmesburg Prison wurde 1995 eine neu errichtete Haftanstalt in Philadelphia nach den beiden getöteten Gefängnisleitern in Curran-Fromhold Correctional Facility benannt.[14][15] Im März 1974 wurde Bowen des vorsätzlichen Mordes an dem Polizisten aus dem Jahr 1971 für schuldig befunden und zu lebenslanger Haft verurteilt. 1975 wurde er auch des Mordes an den beiden Gefängnisleitern und in einem weiteren Anklagepunkt des versuchten Mordes für schuldig befunden und erneut zu zwei aufeinanderfolgenden lebenslangen Haftstrafen verurteilt.[16] Bowen hatte in der Einvernahme gestanden, die Morde an den Gefängnisleitern allein begangen zu haben, während Burton lediglich ein unschuldiger Zuschauer gewesen sei. Burton wurde dennoch im Juni 1976 des Mordes schuldig gesprochen und ebenfalls zu lebenslanger Haft verurteilt.[17]

Am 28. Oktober 1981 versuchte Bowen mit drei Mitgefangenen aus dem Graterford Prison in Montgomery County auszubrechen. Die vier Gefangenen waren an Schusswaffen gelangt, hatten eine Küchentüre aufgebrochen und versuchten abends die Gefängnismauer zu überwinden, wurden jedoch von der Besatzung eines Wachturmes entdeckt. Nach einem kurzen Schusswechsel zogen sich die Gefangenen in die Anstaltsküche zurück, wo sie über 30 Personen, darunter drei Angestellte des Küchenpersonals und drei Aufseher als Geiseln nahmen. Die Geiselnahme endete erst nach fünf Tagen, als die Sicherheits- und Justizbehörden bereit waren, einige der gestellten Forderungen zu erfüllen; dazu gehörte die Überstellung der Geiselnehmer in das Bundesgefängnis Lewisburg und finanzielle Straffreiheit für entstandene Sachschäden. Gouverneur Dick Thornburgh hatte Chuck Stone, einen schwarzen Kolumnisten der Philadelphia Daily News in die Verhandlungen mit einbezogen und den Geiselnehmern für den Fall ihrer Aufgabe auch ein Treffen mit diesem in Aussicht gestellt. Nach der Aufgabe der Häftlinge kündigte der Gouverneur an, eine Kommission zur Untersuchung der bei dem Vorfall festgestellten Probleme einzusetzen und forderte eine strengere Behandlung von Kriminellen, die für Polizeibeamte und Gefängnispersonal gefährlich werden könnten. Laut Stone hätten die Häftlinge den Zustand des alten Gefängnisses sowie rassistische Einstellungen und Misshandlungen seitens der Wärter als Gründe für den Fluchtversuch angegeben.[18][19]

Bowen verbüßt weiterhin eine Lebenslange Freiheitsstrafe ohne Möglichkeit einer Bewährung im Hochsicherheitsgefängnis SCI Fayette in Pennsylvania (Stand: 2024).

Einzelnachweise

  1. Bowen, Joseph AM-4272
  2. Free Them All! Political Prisoners and the Black Radical Tradition
  3. Joseph Bowen
  4. Police Officer Joseph V. Kelly
  5. 2 Youths Seized in Philadelphia Police Slaying
  6. About kelly park
  7. Joseph V. Kelly shooting
  8. Deputy Warden Robert Frederick Fromhold
  9. Warden Patrick N. Curran
  10. Philadelphia Warden and Aide Stabbed to Death by 2 Inmates
  11. Pennsylvania History of the Death Penalty
  12. DEATH PENALTY VETO FAILS IN HARRISBURG
  13. Philadelphia Prison Shifts 235 After Slaying of Two Officials
  14. Philadelphia Warden and Aide Stabbed to Death by 2 Inmates
  15. Philadelphia Department of Prisons
  16. Joe-Joe Bowen, Black Liberation Army Prisoner of War
  17. Com. v. Burton
  18. TALKS TO FREE 38 DRAG ON IN PRISON
  19. GUARDS 'SHAKE DOWN' GRATERFORD PRISON FOR ARMS