Joseph Boczor

Joseph Boczor nach seiner Festnahme

Joseph Boczor, auch József Boczor oder Joseph Boczov, bürgerlich Ferenc Wolf, (* 3. August 1905 in Baia Sprie; † 21. Februar 1944 auf dem Mont Valérien) war ein ungarischer Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus, Mitglied der französischen Partisanengruppe FTP-MOI und der Gruppe Manouchian.

Leben

Joseph Boczor wurde 1905 im damals ungarischen Siebenbürgen geboren.[1] Er wurde in eine wohlhabende jüdische Familie geboren, was ihm den Besuch des Gymnasiums erlaubte und ein Studium des Chemieingenieurwesens am Polytechnischen Institut in Prag. Schon als Schüler engagierte sich Boczov bei den Jungen Kommunisten und meldete sich freiwillig zum Kampf im Spanischen Bürgerkrieg in den Reihen der Internationalen Brigaden.[1] Nach dem Sieg der rechtsgerichteten Putschisten unter General Francisco Franco wurde er in Frankreich im Lager Argelès und dann im Camp de Gurs interniert. Wie den meisten rumänischen Brigadisten wurde auch Boczov die Staatsbürgerschaft entzogen, erst 1943 bekam er die ungarische Staatsbürgschaft. Als die Nationalsozialisten beschlossen, diese Staatenlosen zu deportieren, organisierte er im April 1941 die Flucht der gesamten Gruppe und sprang von einem Zug, der sie nach Deutschland bringen sollte.[1]

Boczor blieb in Frankreich. Nach seiner Ankunft in Paris schloss er sich der Spezialorganisation „Einwandererarbeit“ (OS-MOI) an, die im Frühjahr 1941 mit ehemaligen Freiwilligen aus Spanien gegründet worden war. Er nahm das Pseudonym „Joseph Boczor“ an, den Namen eines Schulfreundes (der durch einen Schreibfehler in Boczov geändert wurde). Ende 1941 wurde er Leiter der Gruppe, nachdem der bisherige Leiter Conrado Miret-Musté verhaftet worden war.[1]

Als die FTP-MOI Anfang 1942 gegründet wurde, beschloss die Kommunistische Partei, die OS-MOI mit der FTP-MOI zusammenzulegen. Boczov wurde unter dem Pseudonym „Pierre“ Leiter der 4. Abteilung, die auf die Entgleisung von Zügen mit SS-Personal und Wehrmachtssoldaten spezialisiert war.[1] In den folgenden Monaten führte die Gruppe zahlreiche Anschläge auf Züge auf den Bahnstrecken im besetzen Frankreich durch. Boczor plante die Aktionen, war an einigen aber auch beteiligt, darunter die Entgleisung eines Zuges mit Deutschen auf der Strecke Paris-Cherbourg und am 28. Juli 1943 auf der Strecke Paris-Château-Thierry.[1]

Schon länge beobachteten Inspektoren der Brigades spéciales die wichtigsten Protagonisten der FTP-MOI, darunter war auch Joseph Dawidowicz, der politischer Anführer der 2. Abteilung.[1] Am 26. Oktober 1942 wurde dieser verhaftet und bei der Durchsuchung seiner geheimen Wohnungen Personallisten und Tätigkeitsberichte des MOI gefunden. Am 17. November 1943 wurden 67 Mitglieder der FTP-MOI verhaftet. Auch Joseph Boczor wurde verhaftet, als er sein Haus in der Rue Caillaux 9 in Paris verließ. Mehrfach wird er bei den anschließenden Verhören gefoltert.[1]

Am 18. Februar 1944 wurde Joseph Boczor mit 23 weiteren Widerstandskämpfern vor dem deutschen Militärtribunal in Paris angeklagt und zum Tode verurteilt. Er wurde am 21. Februar 1944 um 15:40 Uhr auf dem Mont-Valérien zusammen mit den 22 anderen zum Tode Verurteilten erschossen. Seine Beerdigung fand auf dem Friedhof von Ivry-sur-Seine statt.[1]

Der Name und ein Foto von Boczor erschienen auf dem Affiche rouge, einem Propagandaplakat der Nationalsozialisten, das an die Wände der Großstädte geklebt wurde. Unter dem rhetorischen Titel „Befreier?“ präsentierte es die Widerstandskämpfer als Kriminelle und zeigt einige Fotos ihrer Anschläge. Unter Boczovs Foto stand die Legende: „Boczov, ungarischer Jude, Chef-Entgleiser, 20 Attentate“.

Ehrungen

Joseph Boczors Name erscheint auf den Gedenktafeln für die Manouchian-Gruppe in der Rue au Maire 19 in Paris, in Marseille, in der Nähe des Bahnhofs Évry-Petit-Bourg, wo Missak Manouchian und Joseph Epstein verhaftet worden waren, und in Blanc-Mesnil.[1]

Im Jahr 1974 gab die ungarische Post eine von Ferenc Bokros gestaltete Sonderbriefmarke heraus, auf der neben Joseph Boczov auch Imre Békés und Thomas Elek abgebildet waren.

Literatur

  • Viviane Janouin-Benanti: Au nom de la liberté: Joseph Boczov et Olga Bancic, deux de l'Affiche rouge. L'àpart Editions, Paris 2013, ISBN 978-2360351381
Commons: Joseph Boczor – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j Boczor Joseph, dit Pierre écrit parfois BOSCOV [WOLF Fransisc ou Ferenz, dit]. In: Le Maitron – Dictionnaire biographique. Abgerufen am 26. August 2025.