Josef Ohrwalder

Josef Ohrwalder (* 6. März 1856 in Lana, Kaisertum Österreich; † 7. August 1913 in Omdurman, Anglo-Ägyptischer Sudan) war ein Comboni-Missionar und Autor.
Leben
Ohrwalder schloss sich dem Missionsverein Daniele Combonis an und wurde 1880 in Kairo zum katholischen Priester geweiht. 1881 reiste er über Khartum zur Mission Delen in den Nuba-Bergen. Diese führte er gemeinsam mit Pater Luigi Bonomi. Im Zuge des beginnenden Mahdi-Aufstandes wurde die Station wiederholt angegriffen.1882 geriet Ohrwalder in Gefangenschaft der Mahdisten und wurde zunächst nach El Obeid, ab 1886 nach Omdurman gebracht. 1891 gelang ihm zusammen mit zwei italienischen Missionsschwestern die Flucht nach Ägypten.
Später hielt er sich in Kairo auf, wo er seine Erinnerungen niederschrieb. Diese Notizen dienten dem britischen Offizier Francis Reginald Wingate als Grundlage für das Buch Ten Years’ Captivity in the Mahdi’s Camp, das 1892 in London veröffentlicht wurde. Wingate ließ Ohrwalders deutsche Aufzeichnungen ins Englische übersetzen und bearbeitete sie umfassend: Er ergänzte Lücken aus eigenen Akten, fügte Hintergrundinformationen ein und brachte die Aufzeichnungen in eine zusammenhängende Erzählform. Dabei beeinflusste er auch die Tonlage des Textes, die sich durch eine ausgeprägt feindliche Darstellung der Mahdisten auszeichnete. Eine deutsche Übersetzung erschien kurz darauf in Innsbruck. Während das Werk in Großbritannien und Europa große Beachtung fand, wurde es in Ägypten von Gegnern der britischen Besatzung kritisiert. Sie sahen darin ein Mittel britischer Propaganda, das zur Rechtfertigung der geplanten Rückeroberung des Sudan durch Großbritannien beitragen sollte.[1]

Nach einem kurzen Aufenthalt in Österreich hielt sich Ohrwalder ab 1892 wieder in Ägypten und im Sudan auf. Zuerst arbeitete er in Suakin. Die Stadt war für rund 10 Jahre, neben dem ägyptischen Grenzgebiet, der einzige Punkt im Sudan, der von den Briten gegen die Mahdisten gehalten wurde. Nach der Niederschlagung des Mahdi-Aufstandes in der Schlacht von Omdurman war er, zusammen mit dem deutschen Mitbruder Pater Wilhelm Banholzer, der erste Missionar, der nach 15 Jahren wieder Khartum betrat. Bis zu seinem Tod war er in Omdurman als Missionar tätig.
Schriften
- Ten Years' Captivity in the Mahdi's Camp: 1882-1892. From the Original Manuscripts of Joseph Ohrwalder. By F. R. Wingate. S. Low, Marston & company, London, 1892.
- Deutsche Übersetzung: Aufstand und Reich des Mahdi im Sudan und meine zehnjährige Gefangenschaft dortselbst. Carl Rauchs Buchhandlung, Heinrich Schwick, Innsbruck, 1892, Digitalisat MDZ.
Literatur
- A. Gruber: Ohrwalder Josef. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 7, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1978, ISBN 3-7001-0187-2, S. 222.
- H. Pleticha: Der Mahdiaufstand in Augenzeugenberichten. Düsseldorf 1981.
- Simone Paganini: Il movimento mahdista e P. Josef Ohrwalder: il movimento mahdista e l'esperienza di missione e di prigionia di un prete sudtirolese nel Sudan della fine del 1800. Diplomarbeit, Universität Innsbruck, 1999.
- Johanna Mayr: Josef Ohrwalder, ein beeinflusster Autor. Diplomarbeit, Universität Wien, 2012, u:theses | Detailansicht (18524).
Weblinks
- Literatur von und über Josef Ohrwalder im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Reinhold Baumann: Zehn Jahre Gefangener des Mahdi. auf comboni.de
Einzelnachweise
- ↑ Richard Hill: Slatin Pasha. Oxford University Press, London 1965, S. 31–32 (englisch).