Joachim Knape

Joachim Knape (* 12. April 1950 in Heiligenstadt) ist ein deutscher Rhetoriker und Literaturwissenschaftler, der sich v. a. mit Rhetorikgeschichte und -theorie befasst. Knape war bis zu seiner Emeritierung im Sommer 2018[1] Professor für Allgemeine Rhetorik am „Seminar für Allgemeine Rhetorik“ der Eberhard Karls Universität Tübingen.
Leben
Von 1970 an studierte Knape in Göttingen, Regensburg und Bamberg Germanistik, Politikwissenschaft, Philosophie und katholische Theologie. Im Jahre 1982 wurde er in Göttingen mit einer Arbeit zur Geschichte des Begriffs „Historie“ promoviert. Auch in der Folgezeit arbeitete er weiter auf dem Gebiet der älteren deutschen Literatur- und Sprachgeschichte.
1988 legte Knape in Bamberg seine Habilitationsschrift zu Leben und Werk des deutschen Humanisten Sebastian Brant (1457–1521) vor.
Bis 1991 war er Wissenschaftlicher Assistent in Regensburg (Neugermanistik) und Bamberg (Altgermanistik). Seit dem Jahre 1991 ist Knape Rhetorikprofessor an der Universität Tübingen. 2018 wurde er emeritiert und ist seither als Seniorprofessor tätig.
Vom Wintersemester 2004/05 bis zum Sommersemester 2009 war Knape als Dekan der Neuphilologischen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen tätig. Von 1999 bis 2021 war er erster Vorsitzender des "Rhetorikforum" (Verein zur Förderung der Rhetorik in Wissenschaft und Praxis e. V., Tübingen).
Philologisch-kulturwissenschaftliche Forschung
Knape pflegt auch weiterhin seine literarhistorischen Spezialgebiete zur älteren deutschen Sprach- und Literatur-, zur Humanismus-, Renaissance- und Frühneuzeitforschung sowie zur Ästhetiktheorie. Hier ist insbesondere auf die Bereiche Sebastian Brant, Petrarca-Rezeption und Historiographieforschung zu verweisen.
Rhetorik-Forschung
Knapes wichtigste Forschungsfelder sind die Rhetorikgeschichte und die Rhetoriktheorie. In neuerer Zeit kamen als weitere Schwerpunkte die Medienrhetorik und die Bildrhetorik hinzu. Knapes Hauptprojekt besteht in der Ausarbeitung einer modernen Rhetoriktheorie und der systematischen Neupositionierung der Rhetorikdisziplin. Der zugrundeliegende Ansatz ist neoaristotelisch und versteht Rhetorik als spezielle, handlungstheoretisch orientierte Kommunikationswissenschaft. In ihrem Mittelpunkt steht die Frage nach den Bedingungen effektiven, erfolgsorientierten, strategisch ausgerichteten und auf Persuasion setzenden Kommunikationsverhaltens im Sinne der Beeinflussung anderer mit Hilfe gesellschaftlich akzeptierter Kommunikationsmittel.
Der rhetorikhistorische Akzent liegt derzeit insbesondere auf der editorischen Aufarbeitung der ältesten deutschen Texte zur Rhetoriktheorie.[2][3]
Schriften
Zu Knapes bedeutendsten Publikationen gehören zwei im Jahr 2000 bei Reclam in Stuttgart erschienenen Bände. Der eine bietet eine moderne theoretische Standortbestimmung des Faches Rhetorik unter dem Titel „Was ist Rhetorik?“, der andere eine Theorieanalyse der wichtigsten historischen Rhetorikquellen unter dem Titel „Allgemeine Rhetorik. Stationen der Theoriegeschichte“. Des Weiteren sind die aus jüngerer Zeit stammenden Bücher „Medienrhetorik“ (2005), „Poetik und Rhetorik“ (2006) und „Bildrhetorik“ (2007) zu nennen.
- ‚Historie’ in Mittelalter und früher Neuzeit. Begriffs- und gattungsgeschichtliche Untersuchungen im interdisziplinären Kontext. Baden-Baden, Koerner, 1984 (Saecvla Spiritalia 10).
- Dichtung, Recht und Freiheit. Studien zu Leben und Werk Sebastian Brants 1457–1521. Baden-Baden, Koerner, 1992 (Saecvla Spiritalia 23).
- Was ist Rhetorik? Stuttgart, Reclam, 2000.
- Allgemeine Rhetorik. Stationen der Theoriegeschichte. Stuttgart, Reclam, 20
- zus. mit B. Roll (Hrsg.): Rhetorica deutsch. Rhetorikschriften des 15. Jahrhunderts. Wiesbaden, Harrassowitz, 2002 (= Gratia 40).
- (Hrsg.): Medienrhetorik. Tübingen, Attempto, 2005.
- Poetik und Rhetorik. Wiesbaden, Harrassowitz, 2006 (= Gratia 44).
- (Hrsg.): Bildrhetorik (= Saecula Spiritalia; Bd. 45), Baden-Baden: Verlag Valentin Koerner 2007, 504 S., ISBN 978-3-87320-445-4.
- zus. mit Stefanie Luppold (Hrsg.): Friedrich Riederers ‚Spiegel der wahren Rhetorik’ (1493). Wiesbaden, Harrassowitz, 2008 (= Gratia 45).
- (mit Stefanie Luppold): Kommentar zu Friedrich Riederers Spiegel der wahren Rhetorik (= Gratia, Bd. 46). Harrassowitz, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-447-06120-9.
- (mit Christine Thumm): Kaspar Goldtwurms "Schemata rhetorica" 1545. Ein Figurentraktat für Prediger aus der Reformationszeit. Text und Kommentar (= Gratia, Bd. 51). Harrassowitz, Wiesbaden 2014, ISBN 978-3-447-10094-6.
- (Hrsg., mit Anton Schindling): Fassaden Botschaften. Zur Denkmalgeschichte und Programmatik der Tübinger Porträt-Galerie am Bonatzbau (= Gratia, Bd. 56). Harrassowitz, Wiesbaden 2016, ISBN 978-3-447-10639-9.
- 1521. Martin Luthers rhetorischer Moment oder Die Einführung des Protests. De Gruyter, Berlin 2017, ISBN 978-3-11-054549-4.
- Autorenlexikon. Deutsche Rhetoren 1450-1700 (= Gratia, Bd. 60). Harrassowitz, Wiesbaden 2017, ISBN 978-3-447-10897-3.
- Werkeverzeichnis zu den Rhetorikdrucken Deutschlands 1450-1700 (= Gratia, Bd. 59). Harrassowitz, Wiesbaden 2017, ISBN 978-3-447-10889-8.
- Repertorium deutschsprachiger Rhetorikdrucke 1450-1700 (= Gratia, Bd. 61). Harrassowitz, Wiesbaden 2018, ISBN 978-3-447-10930-7.
- (mit Thomas Wilhelmi): Sebastian Brandt Bibliographie (= Gratia, Bd. 63). Harrassowitz, Wiesbaden 2018, ISBN 978-3-447-11152-2.
- zus. mit U. Fix, A. Gardt (Hrsg.): Rhetorik und Stilistik. 2. Bde. Berlin, New York, de Gruyter, 2008/2009 (= HSK. Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft).
- Die Dinge. Ihr Bild, ihr Design und ihre Rhetorik (= Gratia, Bd. 64). Harrassowitz, Wiesbaden 2019, ISBN 978-3-447-11237-6.
- Rhetorik als Komplementärethik. Georg Greflingers Ethica Complementoria 1643. Text und Untersuchung. Harrassowitz, Wiesbaden 2020, ISBN 978-3-447-11503-2.
- Freiheit. Zur Ideengeschichte und Ideenrhetorik der Renaissance als Aufbruch in die Moderne. Hiersemann, Stuttgart 2021, ISBN 978-3-7772-2134-2.
- (mit Thomas Zinsmaier): Peuerbachs Rhetorik und Poetik. Texte und Untersuchungen. Harrassowitz, Wiesbaden 2022, ISBN 978-3-447-11922-1.
- Ästhetische Idee und Heideggers Existenzialästhetik. Hiersemann, Stuttgart 2023, ISBN 978-3-7772-2321-6.
Weblinks
- Literatur von und über Joachim Knape im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Verein zur Förderung der Rhetorik in Wissenschaft und Praxis e. V., Tübingen
- Dozentenporträt der Universität Tübingen
Einzelnachweise
- ↑ Abschiedsvorlesung am 23. Juli 2018.
- ↑ Joachim Knape: Rhetorica deutsch. Rhetorikschriften des 15. Jahrhunderts. Hrsg.: Joachim Knape,. 2002.
- ↑ Joachim Knape, Bernhard Roll: Friedrich Riederers Spiegel der wahren Rhetorik von 1493. 2008.