Jethro Tull (Agronom)

Jethro Tull, unbekannter Künstler
Grabstein auf dem Friedhof von St Bartholomew in Lower Basildon

Jethro Tull (getauft 30. März 1674 in Basildon, Berkshire; † 21. Februar 1741 in Shalbourne, Berkshire) war ein englischer Agronom.

Leben

Tull war ein Sohn seines gleichnamigen Vaters Jethro Tull († 1713) und dessen Frau Dorothy Buckeridge. Er immatrikulierte sich am 7. Juli 1691 am St John’s College in Oxford. Am 11. Dezember 1693 wurde er als Student in Gray’s Inn aufgenommen und am 19. Mai 1699 als Anwalt zugelassen. Offenbar hatte er nicht die Absicht, als Anwalt zu praktizieren, sondern studierte Jura als Vorbereitung auf eine politische Laufbahn. Am 5. Mai 1724 wurde er zum „Bencher“ des Gray’s Inn ernannt, nahm dieses Amt jedoch nicht an.

Tull heiratete am 26. Oktober 1699 Susannah Smith aus Burton Dassett (Warwickshire). Das Paar hatte einen Sohn und vier Töchter.

Tull ließ sich auf dem Hof seines Vaters in Howberry, in der Nähe von Crowmarsh Gifford (Oxfordshire), nieder und begann sich mit Landwirtschaft zu beschäftigen. Dort erfand er, wahrscheinlich 1701, seine Sämaschine. Um 1709 zog er auf die „Prosperous Farm“ in Shalbourne in der Nähe von Hungerford in Berkshire um.

Im April 1711 zwang ihn sein Gesundheitszustand ins Ausland zu reisen. Er bereiste Frankreich und Italien und beobachtete dabei die landwirtschaftlichen Praktiken dieser Länder. So bemerkte er die gepflügten Weinberge in der Nähe von Frontignan im Languedoc. Unter anderem hielt Tull sich in Montpellier auf. Wahrscheinlich 1714 kehrte er nach Hause zurück. Dort erfand er seine Pferdehacke („horse-hoe“), eine von Pferden gezogene Hacke, und seinen Vierscharpflug („four-coultered plough“), die beide zusammen mit der Sämaschine für sein neues System des Getreideanbaus notwendig waren.

Wirken

Tulls Sämaschine (Horse-hoeing husbandry 4th edition, 1762)
Tulls Pflug

Tull ist für zahlreiche Verbesserungen auf diesem Gebiet verantwortlich, besonders für die Sämaschine (engl. seed drill) (1708), durch deren Hilfe die Saat nicht mehr mit der Hand unregelmäßig über den Boden gestreut werden musste. Die Sämaschine öffnete ein Loch von voreingestellter Größe, legte ein Saatkorn hinein und verschloss das Loch. Es wurden drei Reihen auf einmal bearbeitet. Die Keimungsrate sowie der Ertrag wurden erhöht. Tulls Kollege John Worlidge, der 1669 das Buch Systema Agriculturae verfasste, hatte bereits ein solches Gerät vorgeschlagen, ein Nachweis für den Bau während seiner Schaffensperiode kann aber nicht erbracht werden.

Tull erfand außerdem eine von einem Pferd gezogene Hacke zum Jäten von Unkraut und brachte Änderungen in das Aussehen des Pflugs, die noch im modernen Design vorhanden sind. Sein Interesse am Pflügen stammte von seinem Kampf gegen Unkraut und seiner Überzeugung, dass Pflanzen ihre Nahrung ausschließlich aus den Mineralien des Bodens ziehen und dass organische Anreicherungen nicht nötig sind. Ihm war bekannt, dass Pferdemist Unkrautsaat enthält, und er hoffte, diesen als Dünger vermeiden zu können, indem er den Boden pulverisierte, um die Mineralien besser zugänglich zu machen.

Seine Erfindungen sind Teil der Grundlagen moderner Landwirtschaft. Zu seiner Zeit stießen seine Erfindungen auf wenig Verständnis und wurden erst viele Jahre später genutzt.

Schriften

  • Horse-hoeing husbandry: or, An essay on the principles of vegetation and tillage. London 1731 (Digitalisat).
    • Dublin 1731 – Raubdruck.
    • London 1733 (Digitalisat).
    • A supplement to the essay on horse-hoing husbandry. London 1736.
    • 2. Auflage: The horse-hoing husbandry; compleat in four parts: Or, an essay on the principles of tillage and vegetation. A. Millar, London 1743.
    • 3., korrigierte Auflage, A. Millar, London 1751 (Digitalisat).
    • 4., korrigierte Auflage, A. Millar, London 1762 (Digitalisat).
  • William Cobbett (Hrsg.): Horse-hoeing husbandry […]. London 1822 (Digitalisat).

Übersetzungen

Ehrungen

Die Rockband Jethro Tull wurde nach ihm benannt.

Literatur

Ältere

  • A biographical sketch of the life of the celebrated Jethro Tull, Esq. In: The agricultural magazine, Or Farmers’ monthly journal of husbandry and rural affairs. Band 9, Nr. 53, 1811, S. 261–267 (Digitalisat).
  • Jethro Tull. In: Journal of the Royal Society of Arts. Band 39, 18. September 1891, S. 826–829 (Digitalisat).
  • Earl Cathcart: Jethro Tull: his life, times, and teaching. In: Journal of the Royal Agricultural Society. 3. Folge, Band 2, 1891, S. 1–40 (Digitalisat).
  • T. H. Marshall: Jethro Tull and the ‘New Husbandry’ of the eighteenth century. In: Economic History Review. Band 2, Nr. 1, 1929, S. 41–60 (JSTOR:2589872).
  • Rowland Edmund Prothero: Jethro Tull and Lord Townshend. 1700–1760. In: Rowland Edmund Prothero: English farming. Past and present. London 1912, S. 148–175 (Digitalisat).

Neuere

  • George Edwin Fussell: Jethro Tull: his influence on mechanized agriculture. Osprey, Reading 1973, ISBN 0-85045-105-1.
  • Norman Hidden: Jethro Tull I, II, and III. In: Agricultural History Review. Band 37, Nr. 1, 1989, S. 26–35 (JSTOR:40274637, PDF).
  • G. E. Mingay: Tull, Jethro (bap. 1674, d. 1741). In: Henry Colin Gray Matthew, Brian Harrison (Hrsg.): Oxford Dictionary of National Biography, from the earliest times to the year 2000 (ODNB). Oxford University Press, Oxford 2004, ISBN 0-19-861411-X; doi:10.1093/ref:odnb/27812 (Lizenz erforderlich), Stand: 10. Februar 2022.
  • Laura B. Sayre: The pre-history of soil science: Jethro Tull, the invention of the seed drill, and the foundations of modern agriculture. In: Physics and Chemistry of the Earth, Parts A/B/C. Band 35, Nr. 15–18, 2010, S. 851–859 (doi:10.1016/j.pce.2010.07.034).
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