Jay Graber

Jay Graber im August 2024

Lantian „Jay“ Graber (* 1991 in Tulsa, Oklahoma) ist eine US-amerikanische Softwareentwicklerin und seit 2021 CEO der sozialen Microblogging-Plattform Bluesky.

Leben und Karriere

Lantian Graber wurde 1991 als Tochter eines Schweizer Mathematikers und einer chinesischen Akupunkteurin in Tulsa, einer Stadt im US-Bundesstaat Oklahoma, geboren.[1] Ihre Mutter wuchs während der Kulturrevolution in China auf und wanderte in den 1980er Jahren aus.[2] Graber studierte ab 2009 an der University of Pennsylvania und schloss ihr Studium in Wissenschaft, Technologie und Gesellschaft mit einem Bachelor of Science ab.[3] In ihrer Studienzeit lernte sie während eines Praktikums in China Bitcoin kennen und erhielt – beeinflusst von der Occupy-Wall-Street-Bewegung und dem Wunsch, frei von Bankinstituten zu sein – ein Stipendium für die Gründung einer Zeitbank für Studenten.[2]

Schon früh prägten sie feministische Science-Fiction-Autorinnen wie Ursula K. Le Guin und Margaret Atwood, die ihr beibrachten, sich die Welt radikal anders vorzustellen.[4] Diese literarischen Einflüsse bilden einen Kontrast zu den neoliberalen Ideen vieler Tech-Unternehmer und spiegeln sich in Grabers skeptischer Haltung gegenüber konzentrierter Macht wider – sei sie bei Milliardären, Regierungen oder Plattformkonzernen.[4]

Im Jahr 2015 begann Graber als Softwareentwicklerin für SkuChain in Mountain View im US-Bundesstaat Kalifornien zu arbeiten. Anschließend arbeitete sie in einer Fabrik in Moses Lake im Staat Washington, wo sie Bitcoin-Mining-Equipment zusammenlötete. Ab 2016 arbeitete sie als Junior Developer für die Zcash-Kryptowährung. 2019 gründete sie eine Website zur Planung von Veranstaltungen namens Happening, Inc.[3][5][6]

Im Sommer 2021 bot Parag Agrawal, der den Gründer Jack Dorsey als CEO von Twitter abgelöst hatte, Graber die Leitung der sozialen Microblogging-Plattform Bluesky an. Sie akzeptierte unter der Bedingung, dass Bluesky als separates Unternehmen von Twitter ausgegliedert wird.[7][8][2] Sie entwickelte das AT-Protokoll, ein dezentralisiertes System, sodass nicht ein Unternehmen alle Nutzerdaten besitzt.[1] Graber war maßgeblich am Umbau von Bluesky zu einer Plattform beteiligt, die Nutzerbefähigung und Innovation in der digitalen Kommunikation in den Vordergrund stellt. Ihr Ziel ist die Schaffung eines Social-Media-Netzwerkes, das keines CEOs mehr bedarf.[4] Die dezentrale Architektur des Netzwerks soll die Kontrolle einzelner Instanzen über Daten und Inhalte verhindern.[4]

Graber bezeichnet Bluesky als „milliardärresistent“ (engl. „billionaire proof“), also resistent gegenüber dem Einfluss großer Kapitalgeber – eine Positionierung, die im Kontext der Übernahme von Twitter (das spätere X) durch Elon Musk im Jahr 2022 gesehen werden kann, der daraufhin tiefgreifende Veränderungen einleitete.[4] Bei öffentlichen Auftritten betont Graber regelmäßig ihre Vision einer Welt ohne digitale Autokraten.[4] Ihr T-Shirt mit der Aufschrift „Mundus Sine Caesaribus“ („Eine Welt ohne Herrscher“) war eine deutliche Replik auf den vorherigen Auftritt von Mark Zuckerberg.[4]

Sie betrachtet die Plattform als Teil einer größeren Bewegung zur Dezentralisierung des Internets und zur Förderung digitaler Ökosysteme.[9][10] Bluesky legt Wert auf Nutzerfreundlichkeit: Statt eines zentral kuratierten Feeds können die Nutzer eigene Feeds erstellen oder kuratierte Angebote abonnieren – etwa zum Thema Natur, Technik oder Politik.[4]

Einzelnachweise

  1. a b Tessa Szyszkowitz: Erste dunkle Wolken am blauen Himmel : Bluesky bietet Exil von X. Wer steckt hinter der neuen Plaform, und kann sie den Ansturm managen? In: Falter : die Wochenzeitung aus Wien. Nr. 48. Falter-Verlag, Wien 2024, S. 26 (falter.at).
  2. a b c Clémentine Goldszal: Who is Jay Graber, the CEO of Bluesky? In: Le Monde. 21. November 2024, abgerufen am 11. Januar 2025 (englisch).
  3. a b Michael del Castillo: Jack Dorsey-Backed Decentralized Twitter Rival Prepares To Launch With One Million Users. In: Forbes. 25. April 2023, abgerufen am 11. Januar 2025 (englisch).
  4. a b c d e f g h Katharina Stahlhofen: Bluesky-CEO Jay Graber über Social Media: Die bessere Zukunft bauen. In: Die Tageszeitung: taz. 30. April 2025, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 30. April 2025]).
  5. Ian Carlos Campbell: Twitter’s decentralized social network project finally has a leader. In: The Verge. 16. August 2021, abgerufen am 6. März 2024 (englisch).
  6. Hannah Krause: Bluesky-Chefin Jay Graber wünscht sich ein Schiff ohne Kapitän. In: DerStandard.at. 19. November 2024, abgerufen am 11. Januar 2025.
  7. Sheila Dang: A Twitter-funded company trying to build a new kind of social media taps its first leader. In: CNBC. 16. August 2021, abgerufen am 28. April 2023 (englisch).
  8. Ashley Belanger: Top Twitter influencers flee to Bluesky amid Musk’s continued debasing. In: Ars Technica. 28. April 2023, abgerufen am 28. April 2023 (englisch).
  9. Nuray Bulbul: Who is Jay Graber, the CEO of X rival Bluesky? In: Evening Standard. 21. November 2024, abgerufen am 11. Januar 2025 (englisch).
  10. Marie Boran: Who is Jay Graber? Bluesky CEO sees huge influx of users join app. In: Newsweek. 19. November 2024, abgerufen am 11. Januar 2025 (englisch).