Jasmin Schreiber

Jasmin Schreiber (* 1988 in Frankfurt am Main) ist eine deutsche Biologin und Autorin.[1]
Leben
Jasmin Schreiber legte ihr Abitur am Frankfurter Lessing-Gymnasium ab. Sie studierte Biologie mit dem Schwerpunkt Zoologie und Ökologie an den Universitäten in Marburg, Hamburg und Wien. Heute lebt sie mit ihrem Mann Lorenz Adlung in Hamburg und ist neben ihrer schriftstellerischen und wissenschaftlichen Tätigkeit auch als Wissenschaftsjournalistin, Podcasterin, Illustratorin, Fotografin und Übersetzerin tätig.[2]
Schreiber engagiert sich außerdem ehrenamtlich, unter anderem in der Sterbebegleitung und Sternenkinder-Fotografin.[3] 2019 erhielt sie für ihren Blog Sterben üben, in dem sie über ihre Arbeit als Sterbe- und Trauerbegleiterin schrieb, die Auszeichnung „Bloggerin des Jahres“ von Die Goldenen Blogger.[4]
Werk
Wissenschaftliche Tätigkeit
Jasmin Schreiber forschte im Rahmen ihres Masterstudiums in der Arbeitsgruppe von Dr. Dagmara Żyła am Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels. Ihr Schwerpunkt liegt auf der Käferfamilie der Staphyliniden(Kurzflügler), insbesondere im Hinblick auf ihre Biodiversität in Moorlebensräumen. Sie untersucht, wie verschiedene Arten dieser bedeutsamen Käfergruppe in spezialisierten Habitaten, etwa unter Rinde, in Laubstreu, Termitennestern oder in Symbiose mit Ameisen, leben und sich anpassen.[5] Außerdem lehrte sie von 2022 bis 2025 am Nationalen Institut für Wissenschaftskommunikation (NaWiK). Sie war Finalistin beim LifeScienceXplained Award 2021 und belegte 2023 den dritten Platz beim Young Scientist Award von FastForwardScience. Des Weiteren betreibt sie gemeinsam mit ihrem Ehemann Lorenz Adlung seit 2020 den Wissenschaftspodcast „Bugtales.fm“.[6]
2022 wurde Schreiber Insektenbotschafterin für den Naturschutzbund Deutschland (NABU).[7]
Literarische Tätigkeit
Ihre Werk sind im Allgemeinen stark von naturwissenschaftlichem Denken und Themen wie Biodiversität, Klimawandel und Artensterben geprägt. Außerdem verknüpfen Schreibers Romane und Kolumnen persönliche Erfahrungen mit gesellschaftlichen Krisen und naturwissenschaftlichem Wissen. Wiederkehrende Themen sind Verlust, Trauer, Verantwortung, psychische Gesundheit und das Verhältnis von Mensch und Natur.
Als Wissenschaftsjournalistin publizierte sie unter anderem in Spektrum der Wissenschaft, GEO und im Magazin Andererseits. In ihrem populärwissenschaftlichen Buch Biodiversität. 100 Seiten beleuchtet sie Ursachen und Auswirkungen des Artensterbens sowie die ethischen und gesellschaftlichen Implikationen des Biodiversitätsverlusts.[8] Darüber hinaus gründete sie gemeinsam mit Johannes Floehr und Fabian Navarro das Projekt „Streamkultur“ auf Twitter,[9] wo sie Links zu Online-Streams von Kulturschaffenden sammeln.
2020 erschien beim Eichborn Verlag ihr Debütroman Marianengraben.[10] Auch dort werden der Tod, Trauer und Verlustängste thematisiert. Noch vor Erscheinen war die erste Auflage von 10.000 Exemplaren ausverkauft.[11] Das Buch stieg Anfang März 2020 auf Platz 13 in der Bestsellerliste ein.[12] Im Jahr 2024 erschien zum Roman Marianengraben der gleichnamige Kinofilm.[13]
Endling
2023 erschien Schreibers dystopischer Roman Endling im Eichborn Verlag. Die Handlung spielt im Jahr 2041, nach einem umfassenden Arten- und Baumsterben und in einer Welt die von Umweltzerstörung, patriarchalen Strukturen, gesellschaftlichem Zerfall und Rechtspopulismus geprägt ist. Die Protagonistin Zoe, eine Biologin, begibt sich mit ihrer Schwester Hanna und ihrer Tante Auguste auf eine Reise durch Europa um nach Augustes verschwundener Freundin Sophie zu suchen. Auf ihrer Reise durch das kollabierte Europa begegnen Zoe, Hanna und Auguste abgelegenen Frauengemeinschaften, in denen patriarchale Strukturen keinen Platz mehr haben und die Natur sich auf mysteriöse Weise regeneriert.[14]
Zentraler Begriff des Romans ist der Endling – das letzte überlebende Individuum einer ausgestorbenen Art. Die Weinbergschnecke HP14 dient als emotionales Symbol für Isolation und Verlust. Auf ihrer Reise begegnet Zoe autonomen Frauengemeinschaften, die fernab der technisierten Gesellschaft alternative Lebensweisen pflegen.[15]
Diese Frauengemeinschaften können im Sinne Michel Foucaults als Heterotopien fungieren – real existierende Gegenräume, die andere gesellschaftliche Ordnungen reflektieren, infrage stellen oder umkehren.[16] Sie zeichnen sich hier durch eine hohe, teils übernatürlich wirkende Biodiversität aus und stehen für alternative Lebensmodelle jenseits patriarchaler Machtstrukturen. Männer und technologische Systeme scheinen dort nicht zu funktionieren oder zu überleben, was symbolisch als Bruch zu den zerstörerischen Zivilisationsmodellen gesehen werden kann.
Die Erzählstruktur des Romans ist personal gestaltet, mit interner Fokalisierung, Rückblenden und Brüchen in der Zeitlogik – insbesondere in den naturgeprägten Rückzugsräumen. Endling lässt sich außerdem teilweise dem literarischen Feld des Ökofeminismus zuordnen, das ökologische Fragestellungen mit feministischen Perspektiven verbindet. Die Frauendörfer des Romans zeigen alternative Formen von Fürsorge, Gleichgewicht und Verantwortung gegenüber Natur und Gemeinschaft und setzen sich von der zerstörerischen Logik patriarchaler Systeme ab.
Veröffentlichungen
- Marianengraben. Eichborn, 2020, ISBN 978-3-8479-0042-9.
- Marianengraben. Lübbe Audio, 2020, ISBN 978-3-7857-8078-7 (Hörbuch gelesen von Maximiliane Häcke).
- Jasmin Schreiber, Lorenz Adlung: Liebe, Sex & Erblichkeit. Ein Streifzug durch die kuriosesten Schlafzimmer der Natur. Eichborn, 2020, ISBN 978-3-8479-0168-6.
- Abschied von Hermine. Goldmann, 2021, ISBN 978-3-442-31581-9.
- Der Mauersegler. Eichborn, 2021, ISBN 978-3-8479-0079-5.
- Der Mauersegler. Lübbe Audio, 2021, ISBN 978-3-7540-0314-5 (Hörbuch gelesen von Jona Mues).
- 100 Seiten über: Biodiversität. Reclam, 2022, ISBN 978-3-15-020673-7.
- Schreibers Naturarium. Eichborn, 2023, ISBN 978-3-8479-0136-5.
- Endling. Eichborn, 2023, ISBN 978-3-8479-0145-7.
- Endling. Lübbe Audio, 2023, ISBN 978-3-7540-0999-4 (Hörbuch gelesen von Julia Nachtmann).
- Jasmin Schreiber: Im Schatten von Giganten. Das Leben im Moos, auf Blüten und unter Steinen. Ein Blick in kleinste Ökosysteme mit Bestseller-Autorin Jasmin Schreiber. Kosmos, 2025, ISBN 978-3-440-17987-1.
Übersetzungen
- T. Kingfisher (Ursula Vernon): Wie man einen Prinzen tötet. Eichborn, 2023, ISBN 978-3-8479-0133-4 (amerikanisches Englisch: Nettle and Bone. Übersetzt von Jasmin Schreiber).
- Elizabeth Gaskell: Lassie und die Halbbrüder. Reclam, 2024, ISBN 978-3-15-011482-7. (Übersetzt und illustriert von Jasmin Schreiber).
Auszeichnungen
- 2018: Digital Female Leader Award[17] (Kategorie: Audience)
- 2019: „Bloggerin des Jahres“[18] (Die Goldenen Blogger)
- 2021: Finalistin bei LifeScienceXplained Award[19]
- 2023: 3. Platz beim FastForwardScience Young Scientist Award[20]
Weblinks
- Literatur von und über Jasmin Schreiber im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Website von Jasmin Schreiber
- Biologin Jasmin Schreiber: „Ich bin den meisten Tieren ziemlich egal.“ Deutschlandfunk Nova
- WDR 3 (Westdeutscher Rundfunk) Mosaik. Gespräch am Samstag vom 13. Januar 2024: Biologin und Autorin Jasmin Schreiber mit Kornelia Bittmann
Einzelnachweise
- ↑ Jasmin Schreiber. Abgerufen am 29. August 2025.
- ↑ Jasmin Schreiber. Abgerufen am 29. August 2025.
- ↑ Jasmin Schreiber. In: BUCHSZENE.DE. Abgerufen am 29. August 2025.
- ↑ Das Team: Goldene Blogger für #wirsindmehr, News für Jugendliche auf Instagram und mehr Debatte über das Thema Tod und Sterben. In: Die Goldenen Blogger. 29. Januar 2019, abgerufen am 29. August 2025.
- ↑ Woran forsche ich eigentlich? Abgerufen am 29. August 2025.
- ↑ Jasmin Schreiber. Abgerufen am 29. August 2025.
- ↑ NABU – Naturschutzbund Deutschland e.V. /. Abgerufen am 29. August 2025.
- ↑ Jasmin Schreiber. Abgerufen am 29. August 2025.
- ↑ streamkultur (@streamkultur) | Twitter. Abgerufen am 2. April 2020.
- ↑ Erich Kocina: Ein Roadmovie mit Urne: „Marianengraben“. In: Die Presse. 28. Februar 2020, abgerufen am 4. März 2020.
- ↑ deutschlandfunk.de: Debütroman von Jasmin Schreiber - Tod und Twitter. 21. Februar 2020, abgerufen am 29. August 2025.
- ↑ Buchcharts – die aktuellen Bestsellerlisten / Mario Barth stürmt an die Spitze. Abgerufen am 4. März 2020.
- ↑ Marianengraben (2024) | Film, Trailer, Kritik. Archiviert vom am 3. Dezember 2024; abgerufen am 29. August 2025.
- ↑ tagesschau.de: KULTUR: Welturaufführung der Lukas-Passion, Lang Langs „Reise in die französische Romantik”, Roman „Endling“. Abgerufen am 29. August 2025.
- ↑ faz: Das traurigste Wort der Welt: Jasmin Schreiber über ihren Roman „Endling“ – FAZ Bücher-Podcast auf YouTube, 25. November 2023, abgerufen am 29. August 2025.
- ↑ Heterotopie. In: Das Lexikon der Filmbegriffe. Abgerufen am 29. August 2025.
- ↑ Jasmin Schreiber: Ausbruch aus dem Friedhof der angeschriebenen Manuskripte - Wie man eine Buchidee durch den Alltag jongliert und wirklich zu Ende bringt | Leipziger Autor*innenrunde. 14. Januar 2020, abgerufen am 29. August 2025.
- ↑ Das Team: Goldene Blogger für #wirsindmehr, News für Jugendliche auf Instagram und mehr Debatte über das Thema Tod und Sterben. In: Die Goldenen Blogger. 29. Januar 2019, abgerufen am 29. August 2025.
- ↑ YouTuber erhält ersten LifeScienceXplained-Preis. 143, abgerufen am 29. August 2025 (englisch).
- ↑ Die FFSci 22/23 Gewinner*innen stehen fest! In: Fast Forward Science. 17. Juni 2023, abgerufen am 29. August 2025.